TE Vfgh Beschluss 2015/2/19 E1101/2014

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.02.2015
beobachten
merken

Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

VfGG §33, §82 Abs1
ZPO §148 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrags sowie der Beschwerde als verspätet

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1.              Mit Beschluss vom 21. August 2014 gab der Verfassungsgerichtshof dem Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. Juli 2014 in vollem Umfang statt. Der von der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer zum Vertreter zur Verfahrenshilfe für das gesamte Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof bestellte Rechtsanwalt wurde von seiner Bestellung mit Schreiben des Verfassungsgerichtshofes vom 29. August 2014 in Kenntnis gesetzt; der Rechtsanwalt wurde dabei darauf hingewiesen, gemäß §82 Abs1 und 3 VfGG die Beschwerde innerhalb von sechs Wochen einzubringen. Dieses Schreiben wurde dem bestellten Rechtswalt laut Rückschein am 4. September 2014 zu eigenen Handen zugestellt. Innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist wurde beim Verfassungsgerichtshof keine Beschwerde eingebracht.

2.              Mit Bescheid vom 2. Dezember 2014 bestellte die Steiermärkische Rechtsanwaltskammer die einschreitende Rechtsanwältin als Vertreterin zur Verfahrenshilfe im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, weil der bisher bestellte Vertreter mit 10. November 2014 auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtet habe.

3.              Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der sechswöchigen Frist zur Erhebung einer Beschwerde nach Art144 B-VG. Seinen Antrag begründet der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit, dass sein vormaliger Verfahrenshelfer eine Beschwerde innerhalb offener Frist zwar vorbereitet, aber versehentlich nicht eingebracht habe. Der Rechtsanwalt leide nämlich an schweren Depressionen und Burn-Out, weshalb er seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgeben habe müssen. Das Auftreten von Erinnerungs-, Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisproblemen gehöre zum Krankheitsbild. Erst am 27. November 2014 habe der Rechtsanwalt bemerkt, dass er die Beschwerde nicht eingebracht habe; am 28. November 2014 habe er den Akt seinem mittlerweiligen Stellvertreter übergeben, der sofort eine Umbestellung des Verfahrenshelfers veranlasst habe. Das Versäumen der Frist sei somit allein auf den Gesundheitszustand des vormaligen Verfahrenshelfers des Beschwerdeführers zurückzuführen, weshalb ein unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis vorliege, das die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertige. Unter einem erhebt der Beschwerdeführer eine näher begründete Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. Juli 2014.

Der Beschwerdeführer brachte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Beschwerde am 12. Dezember 2014 mittels elektronischen Rechtsverkehrs beim Bundesverwaltungsgericht ein. Nach postalischer Übermittlung durch das Bundesverwaltungsgericht langten der Antrag und die Beschwerde am 12. Jänner 2015 beim Verfassungsgerichtshof ein.

4.              Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das Verfassungsgerichtshofgesetz die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 VfGG die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden.

4.1.              Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. §149 Abs1 ZPO sieht vor, dass zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag auch die versäumte Prozesshandlung nachzuholen ist.

Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung muss gemäß §148 Abs2 ZPO innerhalb von 14 Tagen bei dem Gericht gestellt werden, bei dem die versäumte Prozesshandlung vorzunehmen war (§148 Abs1 ZPO). Diese Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an welchem das Hindernis, das die Versäumung verursachte, weggefallen ist; sie kann nicht verlängert werden. Offenbar verspätet eingebrachte Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen (§148 Abs3 ZPO).

4.2.              Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer die Frist des §148 Abs2 ZPO nicht gewahrt:

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, gilt eine zwar innerhalb der maßgeblichen Frist zur Post gegebene, jedoch an eine unzuständige Stelle adressierte und von dort erst nach Fristablauf weitergeleitete Eingabe als verspätet eingebracht (vgl. in diesem Sinne etwa VfSlg 10.782/1986, 11.224/1987 oder 14.112/1995). Der Beschwerdeführer übermittelte den Wiedereinsetzungsantrag samt Beschwerde zwar am 12. Dezember 2014 mittels elektronischen Rechtsverkehrs, brachte seine Eingabe aber bei einer unzuständige Stelle ein: Gemäß §148 Abs1 ZPO wäre der Antrag auf Wiedereinsetzung nämlich beim Verfassungsgerichtshof einzubringen gewesen, weil auch die Beschwerde gemäß Art144 B-VG ursprünglich bereits an den Verfassungsgerichtshof zu richten gewesen wäre. Die per elektronischen Rechtsverkehr an das unzuständige Bundesverwaltungsgericht adressierte Eingabe wurde von diesem dem Verfassungsgerichtshof erst nach Ablauf der 14-tägigen Frist weitergeleitet. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher als verspätet zurückzuweisen (vgl. VfSlg 15.132/1998 mwN).

5.              Die Beschwerde ist demgemäß wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist (§82 Abs1 VfGG) als verspätet zurückzuweisen.

6.              Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 litb VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Fristen, Beschwerdefrist, elektronischer Rechtsverkehr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2015:E1101.2014

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2015
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten