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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Abweisung des Asylantrags eines somalischen Staatsangehörigen infolge Abgehen vom Akteninhalt und Ignorieren des Parteivorbringens hins einer Verfolgung durch die "al-Shabaab"-MilizenRechtssatz
Der Beschwerdeführer gab nie zu Protokoll, dass er von den Regierungstruppen gesucht werde. Vielmehr gab er wiederholt und bei allen Befragungen gleichlautend an, dass er von Regierungstruppen gezwungen worden sei, sie mit seinem Minibus - der Beschwerdeführer gab an, als Busfahrer gearbeitet zu haben - mitzunehmen. Dies sei seiner Ansicht nach der Grund dafür gewesen, dass er von den "al-Shabaab"-Milizen als Kollaborateur mit den Regierungstruppen angesehen und in der Folge entführt worden sei. Daneben gab der Beschwerdeführer lediglich zu Protokoll, dass er sich vor keiner der Kriegsparteien - also auch nicht vor den Regierungstruppen - sicher fühle. Eine Verfolgung auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit hat der Beschwerdeführer, wie sich aus den Einvernahmeprotokollen ergibt, ebenfalls nicht behauptet.
Auch das angeblich widersprüchliche Aussageverhalten zu seinem Aufenthaltsort in Somalia unmittelbar vor seiner Flucht ist aus den Einvernahmeprotokollen nicht nachvollziehbar. Das Bundeverwaltungsgericht gibt die angebliche Behauptung des Beschwerdeführers unter Anführungszeichen wieder, dass er "ständig in seinem Elternhaus" gelebt habe, was darauf hindeutet, dass es sich um eine wörtliche Wiedergabe handelt. Tatsächlich findet sich eine solche Behauptung in keinem der Einvernahmeprotokolle.
Völlig unbeachtet lässt das Bundesverwaltungsgericht (und davor auch das BAA) im Zuge seiner Glaubwürdigkeitsprüfung die beiden Narben, die dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu Folge von den Misshandlungen durch die "al-Shabaab"-Milizen stammen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist damit leichtfertig vom Inhalt der Akten abgegangen, hat das Parteivorbringen in wesentlichen Punkten ignoriert und damit Willkür geübt. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung vor dem (damals zuständigen) AsylGH beantragt hat und in der Beschwerde an den AsylGH der im Bescheid des BAA vorgenommenen Beweiswürdigung entgegengetreten ist. Wie der VfGH bereits festgestellt hat, bewirkt das Unterbleiben einer im Lichte des §21 Abs7 BFA-VG zweifellos gebotenen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art47 Abs2 GRC.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Ermittlungsverfahren, Entscheidungsbegründung, EU-Recht, Verhandlung mündliche, VerwaltungsgerichtsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2015:E1278.2014Zuletzt aktualisiert am
20.03.2015