TE Vwgh Erkenntnis 2015/2/25 Ra 2014/02/0179

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Veröffentlicht am 25.02.2015
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §25 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Braunau in 5280 Braunau am Inn, Hammersteinplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 28. Oktober 2014, Zl. LVwG-600433/2/Bi/JW, betreffend Übertretung des KFG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: BH Braunau am Inn; mitbeteiligte Partei: Dr. P in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der BH Braunau am Inn vom 23. Juni 2014 wurde über den Mitbeteiligten wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 80,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt, weil er es als Zulassungsbesitzer eines näher genannten Kraftfahrzeuges unterlassen habe, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 13. November 2013 innerhalb der Frist von zwei Wochen bekannt zu geben, wer das Fahrzeug am 12. Oktober 2013 an einem näher bezeichneten Ort gelenkt habe.

Der Mitbeteiligte teilte der Behörde mit Schreiben vom 25. November 2013 mit, der Pkw sei zu den angeführten Daten von seiner Tochter, seiner Gattin und seiner Schwiegertochter verwendet worden.

Gegen das darauf ergangene Straferkenntnis erhob der Mitbeteiligte Beschwerde, der das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 2. Alt. VStG eingestellt, sowie ausgesprochen hat, dass gegen sein Erkenntnis eine ordentliche Revision unzulässig sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der BH Braunau als der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht, die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde. Der Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und die Abweisung der Revision beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

§ 103 Abs. 2 KFG lautet:

"(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück."

Eine Verletzung der Auskunftspflicht im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG ist schon dann gegeben, wenn der Zulassungsbesitzer zwei oder mehrere Personen nennt, denen er das Lenken seines Kraftfahrzeuges überlassen hat; den Zulassungsbesitzer trifft die Verpflichtung zur vollständigen Auskunftserteilung innerhalb der vorgeschriebenen Zeit. Wenn auch der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kfz Personen, sohin einer Mehrzahl, überlassen darf und es daher zulässig ist, diesen ein Kfz etwa zur abwechselnden Benützung innerhalb eines Zeitraumes zu überlassen, so ist der Zulassungsbesitzer in einem solchen Fall dennoch verpflichtet, die betreffende einzelne Person zu benennen. Insoweit wird dann erforderlichenfalls die Vorschrift des § 103 Abs. 2 dritter Satz zweiter Halbsatz KFG über die Verpflichtung zur Führung von entsprechenden Aufzeichnungen Platz greifen. Sollte der Beschwerdeführer zur Erteilung einer gesetzlichen Auskunft mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht in der Lage sein, so fällt ihm dies zur Last (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zB das Erkenntnis vom 24. Februar 2012, Zl. 2011/02/0140).

Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG ist erfüllt, wenn eine Lenkerauskunft des Zulassungsbesitzers nicht richtig und vollständig erfolgt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 2000, Zl. 2000/02/0194, mwH).

Der oben wieder gegebenen Lenkerauskunft ist nicht zu entnehmen, dass der Mitbeteiligte durch die Nennung der drei Namen jene Personen gemeint hat, die die Auskunft erteilen könnten, was zu einem Übergang der Auskunftspflicht auf jene geführt hätte. Der Mitbeteiligte hat lediglich zum Ausdruck gebracht, nicht zu wissen, wer von den drei Frauen zum besagten Zeitpunkt mit seinem Fahrzeug gefahren ist. Dies ist vor dem Hintergrund der dargestellten Judikatur jedenfalls keine dem Gesetz entsprechende Lenkerauskunft.

Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 25. Februar 2015

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014020179.L00

Im RIS seit

11.03.2015

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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