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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1452;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des G S in K, vertreten durch Mag. Astrid Roblyek, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 3/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 22. Juli 2013, Zl. 08-ALL-1747/2013, betreffend Abweisung eines Antrags auf Wiederverleihung eines Wasserrechtes (mitbeteiligte Partei: F P), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (BH) vom 10. Februar 1950 wurde dem Rechtsvorgänger des Revisionswerbers gemäß § 9 Abs. 2 WRG 1934 die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Wasserversorgungsanlage auf dem Grundstück Nr. 174 KG R für Trink- und Nutzwasserzwecke, befristet auf die Dauer von 60 Jahren, erteilt.
Das Grundstück, auf dem sich die Quelle befindet, stand damals im Eigentum des Rechtsvorgängers des Mitbeteiligten; es steht nunmehr im Eigentum des Mitbeteiligten. Hinsichtlich der Entschädigungsansprüche des Rechtsvorgängers des Mitbeteiligten heißt es im Spruch des genannten Bescheides, dass die beiden Beteiligten auf den Zivilrechtsweg verwiesen würden.
Dies wurde damit begründet, dass "die beiden Beteiligten schon vor Jahren ein Übereinkommen hinsichtlich der Entschädigung des Eigentümers des dienenden Grundstückes abgeschlossen haben, welches eindeutig zivilrechtlicher Natur ist, und ein Übereinkommen in dieser Sache nicht zu erreichen war, weshalb diese Frage der Entscheidung des Gerichts anheim gestellt werden musste."
Mit Eingabe vom 20. Mai 2009 suchte der Revisionswerber um die Wiederverleihung dieses Wasserrechtes an.
Am 21. Februar 2013 fand vor der BH eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Mitbeteiligte zu Protokoll gab, er sei einverstanden, dass der Revisionswerber seine Quelle weiterhin nutzen könne. Er verweigerte aber die Unterzeichnung der Verhandlungsschrift.
Der Revisionswerber ersuchte daraufhin die Behörde um eine zweimonatige Verlängerung der Frist zur Vorlage der Zustimmungserklärung des Grundeigentümers.
Im Zuge einer persönlichen Vorsprache bei der BH teilte der Mitbeteiligte dieser am 10. April 2013 ausdrücklich mit, dass er als Grundeigentümer der weiteren Nutzung der Quelle auf seinem Grundstück durch den Revisionswerber nicht zustimme.
Die BH wies daraufhin den Antrag des Revisionswerbers auf Wiederverleihung des Wasserrechtes mit Bescheid vom 28. Mai 2013 ab.
Der Revisionswerber erhob Berufung, in der er auf die bei der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2013 erteilte Zustimmung des Mitbeteiligten verwies. Weiters machte er geltend, die Wassernutzung für seine Liegenschaft sei als zeitlich unbeschränkte Dienstbarkeit im seinerzeitigen zivilrechtlichen Übereinkommen festgelegt worden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein solches Übereinkommen nicht zustande gekommen sei, sei das gegenständliche Nutzungsrecht (präzis ausgedrückt die Dienstbarkeit, das Wasservorkommen auf Grundstück Nr. 174 als Trink- und Nutzwasser zu beziehen und die dafür erforderlichen Anlagen zu errichten, zu betreiben und zu erhalten) durch über sechzigjährige unbeanstandete und gutgläubige Ausübung längst ersessen. Zur Nutzungsbefugnis von Privatgewässern genüge aber ein Privatrechtstitel, wie zum Beispiel eine Dienstbarkeit; eine solche liege zugunsten seiner Liegenschaft vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 22. Juli 2013 wurde die Berufung des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen.
Die belangte Behörde legte den Gang des Verwaltungsverfahrens und die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen dar und verwies darauf, dass die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung - von der Einräumung von Zwangsrechten abgesehen - dann, wenn durch ein wasserrechtlich bewilligungspflichtiges Vorhaben bestehende Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959, etwa das Grundeigentum, betroffen seien, nur zulässig sei, wenn der Inhaber des betroffenen Rechts dem Eingriff in sein Recht zustimme. Im vorliegenden Fall habe der Grundeigentümer und Quellbesitzer im Rahmen der mündlichen Verhandlung zwar seine Zustimmung erteilt, sich dann aber bereits geweigert, die Verhandlungsschrift zu unterfertigen. Deutlicher sei er im Rahmen der persönlichen Vorsprache bei der BH am 10. April 2013 geworden, wo er die Nutzung der Quelle ausdrücklich untersagt habe. Weder eine Nichtteilnahme an der Verhandlung noch das Unterlassen von Einwendungen seitens des betroffenen Grundeigentümers könne die zivilrechtlich notwendige Übereinkunft zwischen den Beteiligten ersetzen. Dem Grundeigentümer komme daher in jeder Phase des Verfahrens das Anrecht auf Einwendungen zu.
Der Einwand des Revisionswerbers, dass es sich bei der Nutzung der Quelle um ein ersessenes Recht handle, werde auf den Zivilrechtsweg verwiesen, in dem das bei Bedarf zu klären sein werde. Jedoch werde festgehalten, dass davon ausgegangen werden könne, dass die Zustimmung vom Rechtsvorgänger zur Nutzung nur für die Dauer der Bewilligung erteilt worden sein dürfte und eine Ersitzung nicht zum Tragen komme. Schließlich sei auch die Einräumung von Zwangsrechten nicht in Erwägung gezogen worden, da weder ein öffentliches Interesse gegeben sei, noch die Benutzung der Quelle die einzige Möglichkeit der Wasserversorgung darstelle.
Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 21. Februar 2014, B 1002/2013-4, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Revisionswerber unter anderem geltend, für die Annahme, dass die Zustimmung nur für die Zeit der Bewilligung erteilt worden sein dürfte und eine Ersitzung des Rechts nicht zum Tragen komme, fehle jegliche Grundlage. Diese Auslegung stelle eine unrichtige Mutmaßung dar, für die es keine Anhaltspunkte gebe, zumal die Behörde die genannte Vereinbarung nicht beigeschafft und diesbezüglich auch kein Ermittlungsverfahren geführt habe. Weiters meint der Revisionswerber, die Voraussetzungen des § 21 WRG 1959 für die Wiederverleihung des Wasserrechts seien erfüllt. Der Liegenschaftseigentümer habe bereits seine "rechtskräftige" Zustimmung erteilt, und es hätte die Behörde auch das dem Bescheid vom 10. Februar 1950 zugrunde liegende Übereinkommen zu berücksichtigen gehabt. Sonstige Voraussetzungen für die Nichtwiederverleihung des Wasserbezugsrechtes seien nicht gegeben. Des Weiteren gehe aus § 21 Abs. 3 WRG 1959 nicht hervor, dass die Zustimmung des Liegenschaftseigentümers Voraussetzung für die Wiederverleihung des Wasserrechtes sei. Der Liegenschaftseigentümer habe zu keinem Zeitpunkt im Jahr 1950 seine Zustimmung nur für die Dauer des dem Bescheid vom 10. Februar 1950 verliehenen Wasserbenutzungsrechtes, sondern zu diesem Zeitpunkt bereits uneingeschränkt erteilt. Daher sei er auch entschädigt worden. Schließlich habe die Behörde übersehen, dass § 21 WRG 1959 eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung und einen schonenden Umgang mit der Ressource Wasser in sich berge und nicht den Schutz des Liegenschaftseigentümers. Die Befristung im ursprünglichen Bewilligungsbescheid sei nur an den nunmehrigen Revisionswerber gerichtet und nicht an den Liegenschaftseigentümer, sodass der Liegenschaftseigentümer aus der Befristung des Wasserbezugsrechtes kein Recht ableiten könne. Der Liegenschaftseigentümer sei nicht Bescheidadressat. Im Wiederverleihungsverfahren müsse der Liegenschaftseigentümer die ursprünglich bereits abgegebene Zustimmungserklärung auch nicht wiederholen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die Abweisung der Revision unter Ersatz der Vorlagekosten.
Der Mitbeteiligte hat sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 VwGbk-ÜG vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG nach dem Ablauf des 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass für die Behandlung der Revision nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. in diesem Sinne etwa die hg. Beschlüsse vom 25. April 2014, Ro 2014/10/0029, und vom 17. Juni 2014, Ro 2014/05/0044).
Es ist unstrittig, dass sich die Quelle, um deren Nutzung es im vorliegenden Fall geht, ihre Fassung und ein Teil der Leitung auf dem Grundstück des Mitbeteiligten befinden.
Nach § 9 Abs. 2 WRG 1959 bedarf die Benutzung der privaten Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hierdurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluss geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.
Der Revisionswerber behauptete in der Berufung, er habe zwischenzeitig die Dienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung (im Sinne des § 477 Z 2 ABGB) ersessen. Der Revisionswerber behauptete somit, über einen - durch Ersitzung erworbenen - Privatrechtstitel zur Nutzung der verfahrensgegenständlichen Quelle zu verfügen.
Diesem Einwand begegnete die belangte Behörde mit dem Verweis auf den Zivilrechtsweg, "in dem das bei Bedarf zu klären sein" werde; dennoch vertrat sie ohne nähere Begründung die Ansicht, dass eine Ersitzung "nicht zum Tragen käme." Damit verkannte die belangte Behörde aber die mögliche Bedeutung eines ersessenen Wasserbezugsrechts für die Bewilligungspflicht des § 9 Abs. 2 WRG 1959.
Erfolgt nämlich die Benutzung der privaten Tagwässer oder die Errichtung von Anlagenteilen einer Wasserversorgungsanlage auf fremden Liegenschaften auf der rechtlichen Grundlage eines Privatrechtstitels, dann wurde auf fremde Rechte im Sinne des § 9 Abs. 2 WRG 1959 Einfluss nicht durch die Benutzung der privaten Tagwässer und die Errichtung der hiezu dienenden Anlagen, sondern lediglich durch diesen Privatrechtstitel geübt, was es nicht mehr rechtfertigte, eine Bewilligungsbedürftigkeit der Wasserversorgungsanlage aufgrund von § 9 Abs. 2 WRG 1959 zu erkennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, 2011/07/0230, sowie Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 11 zu § 9 WRG 1959).
Läge also der behauptete Privatrechtstitel (ersessene Dienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung) tatsächlich vor und wären auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Bewilligung nach § 9 Abs. 2 WRG 1959 nicht gegeben (diesbezüglich finden sich keine ausreichenden Hinweise in den Aktenunterlagen), wäre die Bewilligungspflicht nach § 9 Abs. 2 WRG 1959 nicht gegeben.
Nun hat der Revisionswerber einen Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung gestellt und gleichzeitig (in der Berufung) rechtliche Behauptungen aufgestellt, die der Bewilligungsbedürftigkeit entgegenstehen.
Bei der Prüfung, ob der Antrag einer meritorischen Erledigung zuzuführen ist oder nicht, hat die Behörde aber von den Angaben des Revisionswerbers auszugehen.
Sachbehauptungen des Revisionswerbers, welche einer Bewilligungsbedürftigkeit des Vorhabens entgegen stehen, wären daher zum Anlass der Zurückweisung des Antrages auf wasserrechtliche Bewilligung aus dem Grunde der Unzuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zu nehmen gewesen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 28. Juli 1994, 92/07/0085, und vom 23. Mai 2002, 2002/07/0037).
Der Antrag des Revisionswerbers wäre daher zurückzuweisen gewesen.
Für die Entscheidung in der Sache fehlte es der Wasserrechtsbehörde somit an der Zuständigkeit.
Da die belangte Behörde das Berufungsvorbringen des Revisionswerbers nicht zum Anlass dafür genommen hat, den vor ihr bekämpften Bescheid im Sinne einer Zurückweisung des Antrages auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung abzuändern, sondern über die beantragte wasserrechtliche Bewilligung ungeachtet eines die Bewilligungsfreiheit des Vorhabens ergebenden Sachvorbringens des Revisionswerbers in der Sache entschieden hat, leidet der angefochtene Bescheid an inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. auch dazu das Erkenntnis vom 28. Juli 1994, 92/07/0085).
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl II Nr. 8/2014.
Wien, am 29. Jänner 2015
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1Besondere RechtsgebieteInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2015:RO2014070058.J00Im RIS seit
03.03.2015Zuletzt aktualisiert am
10.03.2015