TE Vwgh Erkenntnis 2015/1/29 2012/15/0012

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Veröffentlicht am 29.01.2015
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1994 §16 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer-Jenkins, über die Beschwerde des L R als Masseverwalter im Konkurs der D GmbH in W, vertreten durch die Proksch & Partner Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Am Heumarkt 9/1/11, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 6. Dezember 2011, Zl. RV/0703-S/11, betreffend Umsatzsteuerfestsetzung für Mai 2011, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluss vom 17. Juni 2011 wurde über das Vermögen der D GmbH (im Folgenden GmbH) der Konkurs eröffnet.

Infolge der Insolvenz nahm das Finanzamt mit Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für Mai 2011 eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 16 UStG 1994 vor. Die Berichtigung umfasste laut Prüfungsbericht des Finanzamtes die in den unbeglichenen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen bzw. Leasinggeschäften enthaltene Umsatzsteuer von 90.537,31 EUR bzw. 94.035,77 EUR. Insgesamt wurde somit eine Berichtigung in Höhe von 184.573,08 EUR vorgenommen.

In der gegen den Festsetzungsbescheid erhobenen Berufung wandte der Masseverwalter (der nunmehrige Beschwerdeführer) ein, der Geschäftsführer der GmbH habe ihm mitgeteilt, dass die geltend gemachten Vorsteuerguthaben vom Finanzamt zu keinem Zeitpunkt akzeptiert und gebucht worden seien. In der Folge habe die GmbH auch keine Vorsteuergutschriften mehr beansprucht. Es bestünde daher kein Anlass für eine Vorsteuerkorrektur. Folge das Finanzamt dieser Argumentation nicht, sei jedenfalls zu berücksichtigen, dass sich die angemeldeten Insolvenzforderungen nicht nur aus Bruttobeträgen, sondern aus Kapital, Schadenersatzansprüchen, Prozesskosten und Zinsen zusammensetzten. Unter Berücksichtigung der angemeldeten Bruttokosten errechne sich eine Vorsteuerberichtigung von 166.322,61 EUR.

Über die Berufung wurde zunächst durch Erlassung einer Berufungsvorentscheidung im Sinne des zuletzt gestellten Berufungsantrages entschieden und die Umsatzsteuer für Mai 2011 mit 166.322,61 EUR festgesetzt.

Der dagegen eingebrachte Vorlageantrag wurde damit begründet, das Finanzamt habe im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung festgestellt, dass die GmbH seit längerer Zeit schon keine Leasingraten mehr bezahlt habe und aus diesem Grund keine Vorsteuer zuzuerkennen sei (vgl. dazu auch das dieselbe GmbH betreffende hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2012/15/0007 und 0008). Solcherart könne keine Vorsteuerkorrektur vorgenommen werden, weil dies eine doppelte Belastung der Schuldnerin zur Folge hätte. Es sei davon auszugehen, dass die Leasinggesellschaften die offenen Leasingraten im Insolvenzverfahren angemeldet haben. Diese Forderungsanmeldungen der Leasinggeber habe das Finanzamt bei der Vorsteuerberichtigung wiederum berücksichtigt. Es könne nicht sein, dass einerseits die von der Schuldnerin begehrten Vorsteuerrückzahlungen wegen Nichtzahlung der Rechnungen nicht anerkannt würden und andererseits jedoch eine Vorsteuerberichtigung an Hand nicht bezahlter Rechnungen durchgeführt werde. Durch diese Vorgangsweise werde die Schuldnerin (die GmbH) doppelt belastet.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge, indem sie ihrer Entscheidung eine Vorsteuerberichtigung in Höhe von 114.489,80 EUR zu Grunde legte.

Aus den aufgenommenen Beweisen ergebe sich, dass die GmbH in den Monaten Jänner bis Dezember 2010 insgesamt Vorsteuern in Höhe von 402.284,99 EUR geltend gemacht habe. Im Zuge der Umsatzsteuerprüfung für den Zeitraum Jänner bis September 2010 seien Vorsteuern in Höhe von 162.564,85 EUR wegen Fehlens der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht anerkannt worden. Für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2010 seien Vorsteuern in Höhe von 123.663,55 EUR geltend gemacht und vom Finanzamt nicht anerkannt worden.

Ausgehend vom Anmeldeverzeichnis und den vom Beschwerdeführer übersandten Unterlagen hätten die Gläubiger eine Korrektur der in ihren Lieferungen und Leistungen ausgewiesenen Umsatzsteuer in Höhe von 201.330,92 EUR vorgenommen. Dieser Betrag übersteige aber den nach Abzug der nichtanerkannten Vorsteuerbeträge geltend gemachten Vorsteuerabzug 2010 um 86.841,42 EUR, sodass für eine Vorsteuerkorrektur nur mehr ein Betrag von 114.489,90 EUR verbliebe.

Im Falle eines hier vorliegenden Insolvenzverfahrens ergebe sich für den Gemeinschuldner die Verpflichtung, die Vorsteuern im Zeitpunkt der Uneinbringlichkeit zu berichtigen. Das Ausmaß der Berichtigung müsse im Einzelfall ermittelt werden. Auf Grund der Höhe der angemeldeten Forderungen von über 4,2 Mio. EUR und einer vom Beschwerdeführer eingewendeten Masseunzulänglichkeit sowie seines Antrages auf Schließung des Unternehmens sei von einer vollständigen Uneinbringlichkeit auszugehen und eine Korrektur der geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von 114.489,90 EUR vorzunehmen.

Dagegen wendet sich die Beschwerde u.a. mit dem Einwand, dass die Korrektur auch Zeiträume des Jahres 2011 beträfe, in denen die GmbH gar keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr eingereicht habe und es daher auch keine Vorsteuer zu korrigieren gäbe. Der wesentlichste Teil des Betrages der von den Gläubigern korrigierten Mehrwertsteuerbeträge von 201.330,92 EUR resultiere aus eben diesen gar nicht mehr geltend gemachten Vorsteuerbeträgen der letzten Monate vor der Konkurseröffnung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 16 Abs. 1 UStG 1994 lautet:

"§ 16. (1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben

1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und

2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist."

Gemäß Abs. 3 leg. cit. gilt Abs. 1 sinngemäß, wenn das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist.

Vorauszuschicken ist, dass der Grund für die Uneinbringlichkeit gleichgültig ist (vgl. Achatz/Ruppe, UStG4, § 16 Tz. 77). Auf den in der Beschwerde auch erhobenen Einwand, im Beschwerdefall sei "jede Art von Vorsteuerrückrechnung" unzulässig, weil der "gesamte Konkurs im Verschulden der Finanz" liege, ist daher nicht weiter einzugehen.

Im Fall der Uneinbringlichkeit darf einerseits der Gläubiger seine Umsatzsteuerschuld korrigieren, andererseits hat der Schuldner den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu korrigieren.

Das Gesetz erläutert nicht, wann das Entgelt uneinbringlich geworden ist. Bei Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners wird jedenfalls von der Uneinbringlichkeit auszugehen sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, 2001/14/0128).

Im Beschwerdefall steht die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners außer Streit; strittig ist hingegen die Höhe der von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommenen Vorsteuerberichtigung. Die belangte Behörde glaubte, dem Einwand des Beschwerdeführers, in den Gläubigerforderungen seien auch solche enthalten, die von vornherein keinen Vorsteuerabzug aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hätten vermitteln können, dadurch Rechnung zu tragen, dass sie die Vorsteuerberichtigung der Höhe nach mit den von ihr selbst für das Jahr 2010 anerkannten Vorsteuerbeträgen begrenzte (vgl. nochmals das schon angeführte hg. Erkenntnis 2012/15/0007 und 0008).

Diese Vorgangsweise entbehrt der Schlüssigkeit. Sie lässt die Frage außer Acht, worauf in der Beschwerde zutreffend hingewiesen wird, "ob die von ihr rechnerisch in den Berechnungsblättern ermittelten Beträge (EUR 114.489,80 einerseits und EUR 184.573,08 andererseits) überhaupt überschneidende Zeiträume betreffen".

Die vorgenommene Berechnung erwiese sich als richtig, wenn überhaupt nur Geschäftsfälle des Jahres 2010 zu beurteilen wären und die GmbH für das Jahr 2010 keinerlei Vorleistungen, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, beglichen, also insbesondere keinerlei Bargeschäfte getätigt hätte. Sie könnte auch dann zutreffen, wenn die GmbH 2010 zwar noch Vorleistungen beglichen hätte, aber die angemeldeten Forderungen in gleicher Höhe Zeiträume vor 2010 betreffen würden. Einen derartigen Sachverhalt hat die belangte Behörde jedoch nicht festgestellt. Solcherart könnte die von der belangten Behörde vorgenommene "Deckelung" der Vorsteuerberichtigung in Höhe des für 2010 gewährten Vorsteuerabzugs allenfalls zufällig zum richtigen Ergebnis geführt haben, die Schuldnerin aber auch begünstigen (soweit angemeldete Forderungen Leistungsbezüge vor 2010 betreffen). Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid - wie von ihm behauptet - im Ergebnis in Rechten verletzt wurde, weil in den angemeldeten Beträgen auch Vorsteuern des Jahres 2011 im entscheidungsrelevanten Ausmaß enthalten waren, die einen Vorsteuerabzug von vornherein nicht vermittelt haben.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; er war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 29. Jänner 2015

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2015:2012150012.X00

Im RIS seit

04.03.2015

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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