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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
GSpG 1962 §52 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Holeschofsky und Hofrätin Maga Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag Brandl als Richterin bzw Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Maga Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 29. Mai 2013, VwSen-360061/7/WEI/ER/Ba, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (mitbeteiligte Partei: A W in T), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. Oktober 2012 wurde die Mitbeteiligte als zur Vertretung nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs 1 VStG der P GmbH der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 des Glücksspielgesetzes (GSpG) iVm §§ 1, 2 und 4 GSpG für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe von EUR 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 152 Stunden) verhängt.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Mitbeteiligten Folge, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, sie habe gegen die Mitbeteiligte des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens mit Schreiben vom 20. Februar 2013 der zuständigen Staatsanwaltschaft Anzeige wegen "Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung" erstattet. Mit Schreiben vom 26. April 2013 sei die belangte Behörde von der Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt worden, dass das Ermittlungsverfahren gegen die Mitbeteiligte gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt worden sei. Im Ergebnis komme der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltlichen Einstellung aufgrund der mittlerweile eingetretenen Verjährung der Tat jedenfalls die Bedeutung eines Freispruchs iSd Art 4 7. ZPEMRK zu, der eine weitere Verfolgung oder Bestrafung der Mitbeteiligten ausschließe. Im Übrigen führe aber auch eine von der belangten Behörde selbstständig vorgenommene Beurteilung zum Vorliegen eines gerichtlich zu ahndenden Tatbestandes. Und zwar liege "aufgrund der eindeutig belegten Ausgestaltung der Geräte mit einer Automatic-Start-Taste" der "strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung" vor. Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall daher grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts könne im Ergebnis jedenfalls keine Verwaltungsübertretung mehr vorliegen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, ebenso wie die Mitbeteiligte, in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass nach einer Verfahrenseinstellung oder einem freisprechenden Urteil durch die Gerichte die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen habe (vgl etwa VwGH 22. März 1999, 98/17/0134 und 9. September 2013, 2012/17/0576). Aus der Einstellung ergibt sich nicht, dass die Staatsanwaltschaft vom Vorliegen eines gerichtlich strafbaren Tatbestandes ausgegangen wäre, sodass hier - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend - die belangte Behörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen hatte (vgl VwGH 30. August 2013, 2012/17/0533).
Der Beschwerdefall gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit hg Erkenntnis vom 23. Juli 2013, 2012/17/0249 entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Wie sich aus dem genannten Erkenntnis ergibt, hätte die belangte Behörde Feststellungen in Bezug auf die möglichen Höchsteinsätze an den Glücksspielgeräten treffen müssen, da nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,-- vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit auszugehen ist.
Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zu möglichen Serienspielen sind schon deshalb nicht ausreichend, weil nicht erkennbar ist, welche Beträge in welchen Zeiträumen eingesetzt bzw verspielt werden konnten (vgl VwGH 7. Oktober 2013, 2013/17/0210 bis 0211).
Der angefochtene Bescheid war somit aus den in dem genannten Erkenntnis vom 23. Juli 2013 dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Wien, am 9. Februar 2015
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2015:2013170424.X00Im RIS seit
05.03.2015Zuletzt aktualisiert am
26.05.2015