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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrPolG 2005 §31 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Beschwerde der M, vertreten durch Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 8. Jänner 2013, Zl. UVS-FRG/9/9732/2011-7, betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (im Folgenden als "Behörde" bezeichnet) gegen die Beschwerdeführerin, eine georgische Staatsangehörige, gemäß § 52 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 6 erster Fall Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot.
Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, über die Beschwerdeführerin sei mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 2. August 2010 ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 iVm § 63 Abs. 1 FPG idF vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 (FrÄG 2011) verhängt worden. Die Bundespolizeidirektion hätte es damit begründet, dass die Beschwerdeführerin am 22. Jänner 2009 von Organen des Finanzamtes bei einer Schwarzarbeit (Serviertätigkeit) betreten worden sei und in der Folge trotz Belehrung fortgesetzt der Beschäftigung im Betrieb nachgegangen sei, die sie nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht ausüben hätte dürfen, weil sie nur über eine Aufenthaltsberechtigung für den Aufenthaltszweck "Schüler" verfügt hätte.
Im Berufungsverfahren sei der Behörde ein Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22. September 2010 übermittelt worden. Demnach sei die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens der Geldwäscherei nach § 165 Abs. 5 erster Fall StGB, des Vergehens der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten - vom Oberlandesgericht Wien sei (nur) ein Teil der verhängten Strafe in der Dauer von zwölf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden - verurteilt worden. Weiters stellte die Behörde das strafrechtliche Verhalten der Beschwerdeführerin dar.
In rechtlicher Hinsicht führte die Behörde zunächst aus, der Aufenthalt der Beschwerdeführerin erweise sich "vor diesem Hintergrund (gemeint offenbar: der strafrechtlichen Verurteilung) als unrechtmäßig, sodass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG dem Gesetz" entspreche.
Weiters stellte die Behörde fest, dass die seit 25. April 2007 in Österreich aufhältige Beschwerdeführerin am 17. August 2011 einen Sohn geboren habe, der ebenfalls georgischer Staatsangehöriger sei und dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. April 2012 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Dies deshalb, weil sein Vater, ein russischer Staatsangehöriger, in Österreich asylberechtigt sei.
In ihrer Abwägung berücksichtigte die Behörde das "Bestehen einer relevanten Bindung (der Beschwerdeführerin) im Sinne des Art. 8 EMRK zu im österreichischen Bundesgebiet aufhältigen Personen", doch wiege der Eingriff in das Privatleben nicht so stark, dass er der "Verhängung des Aufenthaltsverbotes" entgegenstünde. Nicht nur erscheine das "Aufenthaltsverbot" aus Gründen der öffentlichen Ordnung, nämlich eines geordneten Arbeitsmarktes, notwendig, sondern es sei vor allem auf die Gefährlichkeit einer kriminellen Organisation, woraus sich eine sehr bedeutende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ergebe, hinzuweisen. Weder sei es dem Kindesvater - so die Behörde weiter -
noch der Beschwerdeführerin oder dem gemeinsamen Kind verwehrt, nach Georgien auszureisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen gerichtete Beschwerde nach Aktenvorlage durch die Behörde erwogen:
Soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Jänner 2013 sind die Bestimmungen des FPG in der Fassung des BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden.
Die Beschwerdeführerin lebte gemäß dem von der Behörde festgestellten Sachverhalt aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung für den Aufenthaltszweck "Schüler" in Österreich. Dass ihr dieser Aufenthaltstitel im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung nicht mehr zugestanden wäre, wurde von der Behörde nicht festgestellt und ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Die Rechtsansicht der Behörde, wonach der rechtmäßige Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich aufgrund ihrer strafrechtlichen Verurteilung unrechtmäßig geworden sei, findet keine gesetzliche Deckung.
Aufgrund der Aufenthaltsberechtigung hätte die Behörde den Aufenthalt der Beschwerdeführerin gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides als rechtmäßig qualifizieren müssen. Es kam daher die Erlassung einer (mit einem Einreiseverbot iSd § 53 Abs. 1 und 3 Z 6 FPG verbundenen) Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG nicht in Betracht, weil eine solche Entscheidung nur gegen nicht rechtmäßig aufhältige Drittstaatsangehörige erlassen werden kann. Im vorliegenden Fall wäre die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 63 FPG zu prüfen gewesen, zumal Anhaltspunkte für die Anwendung der Sonderbestimmungen nach § 66 FPG oder § 67 FPG nicht vorlagen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2013, 2013/18/0009).
Der angefochtene Bescheid war sohin wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG aF iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 und § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 27. Jänner 2015
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2015:2013220293.X00Im RIS seit
25.02.2015Zuletzt aktualisiert am
11.03.2015