Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des MJ in Graz, geboren am 26. Jänner 1970, vertreten durch Dr. Brigitte Florian, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Klosterwiesgasse 23, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. März 1998, Zl. 200.533/0-V/14/98, betreffend § 7 Asylgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundeskanzleramt) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist seinen Angaben zufolge Staatsangehöriger von Liberia und am 21. August 1997 in das Bundesgebiet eingereist. Am 25. August 1997 beantragte er Asyl.
Der Beschwerdeführer stützte seine Fluchtgründe darauf, dass er von Angehörigen des "Charles Taylor" hätte getötet werden sollen. Charles Taylor habe den Namen "Johnson" nicht mehr hören wollen. Er sei geflüchtet, weil "sein Name gerufen worden" sei. Sein Vater, der 1992 gestorben sei, habe ein großes Grundstück besessen. Nach dessen Tod sei er mit seinem Cousin Besitzer des Grundstückes geworden. Auf den Vorhalt, warum er deshalb nach mehr als vier Jahren von Charles Taylor verfolgt werden sollte, gab der Beschwerdeführer an, dass er mit seinem Cousin von seiner Familie allein übrig geblieben sei. Warum er nach mehr als vier Jahren gesucht werden würde, könne er nicht mehr genau angeben. Er sei nie Mitglied einer Partei gewesen und von den staatlichen Organen seines Heimatlandes nie inhaftiert worden.
Das Bundesasylamt wies diesen Asylantrag mit Bescheid vom 30. September 1997 ab.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, worin er nach allgemeinen Behauptungen über stattgefundene Verfahrensverletzungen lediglich ausführte, dass
"nach der Machtergreifung Charles Taylors die Anhänger seiner früheren Gegner systematisch verfolgt werden. Dadurch, dass mein Vater Sympathisant Johnson's war, wurde nun auch nach mir und meinem Cousin gesucht. Dies zu ermitteln wäre aber Aufgabe der o.a. Behörde gewesen. Wie sich aus der Kürze des Protokolls der Niederschrift ergab, war die erkennende Behörde offensichtlich nicht daran interessiert, einen möglichen asylrelevanten Sachverhalt zu ermitteln. Ich hatte im Zuge der Einvernahme niemals Gelegenheit, mich eingehender zu meinen Angaben zu äußern bzw. wurde seitens der OA-Behörde nicht genauer auf mein Vorbringen eingegangen."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. Nach Darstellung des Verfahrensverlaufes und allgemeiner Rechtsausführungen begründete die belangte Behörde die Abweisung der Berufung damit, dass der Beschwerdeführer zwar befürchte, getötet zu werden.
"Dass gegen ihn - in der immerhin über vier Jahre zurückliegenden Zeit seit der Übernahme des Grundstückes nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1992 und der Tatsache, dass dieser Sympathisant des Johnson gewesen sei - konkrete weitere Verfolgungshandlungen der Rebellen gesetzt worden wären, hat er nicht behauptet. Die erkennende Behörde ist der Ansicht, dass aus dem Vorbringen allein, die Leute des Charles Taylor hätten ihn gerufen, objektiv keine Gefahr eines ungerechtfertigten Eingriffes von erheblicher Intensität zu erkennen ist."
Konkrete Anhaltspunkte für eine gegen den Beschwerdeführer gerichtete oder geplante Verfolgung seien auch in seiner Berufung nicht vorgebracht worden. Vielmehr ließen seine Ausführungen, nie politisch tätig und nie von staatlichen Stellen inhaftiert worden zu sein, darauf schließen, dass er nicht einem "erhöhten Gefährdungspotenzial" ausgesetzt gewesen sei. Deshalb müsse auch seine erstmals in der Berufung enthaltene Behauptung "alle Gegner des Charles Taylor würden systematisch verfolgt" ins Leere gehen.
Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. II Abs. 2 Z. 43a EGVG hat der Unabhängige Bundesasylsenat § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint. Im Sinne dieser Bestimmung wäre der Sachverhalt im Verfahren vor dem unabhängigen Bundesasylsenat dann nicht aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt anzusehen, wenn in der Berufung ein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird (vgl. insoweit dazu das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0308).
Der belangten Behörde kann aber nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung als nicht ausreichend substanziiert ansah, eine Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung zu begründen. Der Beschwerdeführer hatte in erster Instanz zur Darlegung seiner Furcht vor asylrelevanter Verfolgung lediglich vorgebracht, dass sein Name von Anhängern des "Charles Taylor" gerufen worden sei. Weiters gab er lediglich an, im Jahr 1992 gemeinsam mit seinem Cousin Besitzer eines großen Grundstückes geworden zu sein. Der Beschwerdeführer erklärte in diesem Zusammenhang, dass er mit Ausnahme des ihn zur Flucht veranlassenden Vorfalles nie verfolgt worden sei. Dem Vorbringen in erster Instanz lässt sich somit nicht einmal entnehmen, dass dem vom Beschwerdeführer geschilderten fluchtauslösenden Umstand, wonach sein Name von Anhängern des Charles Taylor gerufen worden sei, einer der Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention zu Grunde läge. Selbst wenn zu Gunsten des Beschwerdeführers sein Berufungsvorbringen dahin zu verstehen wäre, dass er eine Verfolgung auf Grund einer oppositionellen politischen Gesinnung seines Vaters befürchte, so lassen sich diesem Berufungsvorbringen keine konkreten Anhaltspunkte dafür entnehmen, der Beschwerdeführer wäre objektiv einer Gefahr der Verfolgung in einem asylrelevanten Ausmaß ausgesetzt gewesen, zumal er sein Vorbringen in erster Instanz, er sei mit Ausnahme dieses Vorfalls nie verfolgt worden, keineswegs relativierte. Ein diesbezüglich weiter gehendes Substrat enthielt die Berufung nicht. Die belangte Behörde hat somit in einer nicht zu beanstandenden Weise ausgeführt, dass selbst unter Bedachtnahme auf das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers er nur eine subjektive Furcht vor asylrelevanter Verfolgung dargelegt habe, nicht jedoch in konkreter Weise nachvollziehbar vorgebracht habe, ihm würde eine solche unmittelbar drohen.
Dem gegenüber stellt das Vorbringen in der Beschwerde, sein Vater sei während des Krieges Anhänger der "Rebell Liga Opposit Governemen", somit Gegner von Charles Taylor gewesen, und sein Bruder sei deshalb in Gegenwart seines Vaters, welcher dabei einen Herzinfarkt erlitten habe, getötet worden, eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Hinsichtlich der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. September 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998200264.X00Im RIS seit
04.12.2000