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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des JC in Graz, geboren am 1. September 1967, vertreten durch Dr. Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. April 1998, Zl. 200.596/0-V/15/98, betreffend § 7 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundeskanzleramt) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist seinen Behauptungen nach Staatsangehöriger von Liberia und am 21. August 1997 in das Bundesgebiet eingereist. Am 29. August 1997 beantragte er Asyl. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag ab, weil der Beschwerdeführer auf Grund von widersprüchlichen Angaben bei seiner Einvernahme als nicht glaubwürdig anzusehen sei.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er lediglich erklärte, dass er "die bisher gemachten Angaben in vollem Umfang aufrecht erhalte".
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Die belangte Behörde verwies in ihrer Begründung auf die vom Bundesasylamt aufgezeigten Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme vor der Behörde erster Instanz. So gebe die vom Bundesasylamt konstatierte Unkenntnis des Beschwerdeführers über maßgebliche geographische Umstände in seiner behaupteten Heimatstadt Monrovia (der Beschwerdeführer habe etwa den durch Monrovia fließenden Fluss oder eines der beiden größten Krankenhäuser in Monrovia nicht zu benennen vermögen) Anlass zu berechtigten Zweifeln daran, dass der Beschwerdeführer tatsächlich Staatsangehöriger von Liberia ist. Aber auch die anlässlich seiner Befragung aufgetretenen Widersprüche hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe ließen den Beschwerdeführer als unglaubwürdig erscheinen. Der Beschwerdeführer habe zunächst behauptet, "auf Grund der bevorstehenden Wahlen in Liberia geflüchtet zu sein", wobei er schließlich seine behauptete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung darauf gestützt habe, dass er "nach den stattgefundenen Wahlen verfolgt worden und deshalb geflüchtet" sei. Den Widerspruch habe der Beschwerdeführer weder bei seiner Einvernahme noch im Zuge des Berufungsverfahrens aufzuklären vermocht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach dem Art. II Abs. 2 lit. d Z 43a EGVG ist auch auf das behördliche Verfahren des unabhängigen Bundesasylsenates das AVG anzuwenden, § 67d AVG jedoch mit der Maßgabe, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint. Dies ist dann der Fall, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und nach schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0308).
Der Beschwerdeführer hat sich in seiner Berufung darauf beschränkt, seine Angaben in erster Instanz "aufrecht zu erhalten". Der Beschwerdeführer hat somit weder auf die ihm schon im Bescheid erster Instanz vorgehaltenen Widersprüche in seinen Angaben Bezug genommen, noch hat er auch nur ansatzweise ein substanzielles Vorbringen erstattet. Demnach durfte die belangte Behörde von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung absehen, wenn die Behörde erster Instanz die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers schlüssig verneint hatte. Ausgehend von den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme ist dies zu bejahen. Der Beschwerdeführer hatte angegeben, Liberia deshalb verlassen zu haben, weil er "nicht an den bevorstehenden Wahlen teilnehmen wollte. Es sind Leute gekommen, die mich überreden wollten, für Charles Taylor zu wählen." Im Zuge der weiteren Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, es seien "Leute am 27.7.1997 gekommen, um mich zu töten, da ich bei den Wahlen nicht für Charles Taylor gestimmt habe. Die kennen alle, die nicht für Ch. Taylor gestimmt haben. Ich habe mich daraufhin versteckt, da sie viele Leute gesucht haben, am 28.7.1997 bin ich dann geflüchtet". Der Beschwerdeführer behauptete weiters, dass die Wahlen "am 26. Juli 1997" stattgefunden hätten. Nach Vorhalt, dass die Wahlen tatsächlich bereits am 19. Juli stattgefunden hätten, gab der Beschwerdeführer lediglich an: "ich bleibe bei meinen Angaben". Die aufgezeigten Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers betreffen nicht nur unwesentliche Einzelheiten seiner Fluchtgeschichte, sondern die behaupteten Fluchtgründe an sich. Anzumerken ist weiters, dass der Beschwerdeführer nach dem Akteninhalt unmittelbar nach Aufgreifen im Bundesgebiet anlässlich seiner ersten Einvernahme durch die Beamten des Grenzüberwachungspostens am 22. August 1997 in Gegenwart eines Dolmetschers seinen Asylantrag damit begründet hatte, dass sein Vater im Krieg gestorben sei und seine Mutter gewollt habe, dass auch er Soldat werde. Da er um sein Leben gefürchtet habe, habe er Afrika verlassen.
Insoweit sich der Beschwerdeführer somit gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung an sich ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges als solchen handelt bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Schlüssigkeit der beweiswürdigenden Erwägungen unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. dazu die in Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 548 f, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung, die auf widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen aufbaut, ist aber vor dem Hintergrund des Berufungsvorbringens und auch der Beschwerdebehauptungen, welches teilweise unzulässige Neuerungen enthält (§ 41 VwGG), nicht zu erkennen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. September 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998200296.X00Im RIS seit
04.12.2000