TE Vwgh Erkenntnis 2014/12/18 2012/07/0231

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Veröffentlicht am 18.12.2014
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Index

L66506 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AgrGG Stmk 1985 §6 Abs5;
AVG §56;
FlVfGG §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft A T in T, vertreten durch Dr. Klaus Hirtler, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Krottendorfer Gasse 5/I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 4. Juli 2012, Zl. ABT10-LAS13Ta2/2012-14, betreffend Weiderechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken (mitbeteiligte Parteien:

1. DI Dr. A E und 2. H E, beide in T und beide vertreten durch Dr. Hans-Moritz Pott, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Ritter-von-Gersdorff-Straße 64), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 2. November 2011 wandten sich die mitbeteiligten Parteien an die Agrarbezirksbehörde für Steiermark (im Folgenden: ABB) und brachten vor, dass sie Eigentümer der Stammsitzliegenschaften EZ 7 und 42 KG T. seien, die sie verpachtet hätten. Der Pächterin seien jedoch vom Wirtschaftsausschuss der beschwerdeführenden Partei arge Schwierigkeiten beim Auftrieb gemacht worden, indem ihr Vieh als "Fremdvieh bzw. Zinsvieh" berechnet worden wäre. Damit habe die Pächterin nur vier Kühe und vier Saugkälber auftreiben können, was nur vier Kuheinheiten und nicht den zustehenden acht Kuheinheiten entspreche. Die mitbeteiligten Parteien begehrten daher festzustellen, dass das Vieh der Pächterin "kein Zins- bzw. Fremdvieh" sei und dass der Auftrieb nicht nach Stück, sondern statutengemäß nach Kuheinheiten zu erfolgen habe.

In der Verhandlung vor der ABB am 19. Jänner 2012 gab die Pächterin N L. an, dass sie sämtliche landwirtschaftliche Nutzflächen bei den Stammsitzliegenschaften der mitbeteiligten Parteien insbesondere auch aus dem Grund gepachtet habe, um das Almweiderecht auf der T.-Alm ausüben zu können.

Die mitbeteiligten Parteien hielten in dieser Verhandlung ihre Anträge aufrecht. Die Vertreter der beschwerdeführenden Partei betonten, dass in Übereinstimmung mit § 31 der Satzungen der beschwerdeführenden Partei ein Auftrieb von acht Stück bezogen auf beide Liegenschaften möglich sei, da es sich beim Vieh um Tiere von Nichtmitgliedern handle.

Mit Bescheid vom 28. Februar 2012 stellte die ABB fest, dass das Vieh der Pächterin N L. "kein Zins- bzw. Fremdvieh" im Sinne der Satzungen sei, der Umrechnungsschlüssel für Mitglieder der beschwerdeführenden Partei maßgebend sei und dass die beschwerdeführende Partei verpflichtet sei, ab der Weideperiode 2012 so den Auftrieb zu gestatten.

Begründend führte die ABB aus, dass Zinsvieh nach den Satzungen im Falle eines Weideüberangebotes gegen Entgelt von der beschwerdeführenden Partei aufgenommen werden könne. Die Ausübung von Weiderechten durch den Pächter sei zulässig. Die Pächterin N L. hätte sämtliche landwirtschaftlichen Flächen der beiden Stammsitzliegenschaften gepachtet. Sie treibe nicht zusätzlich zu den Verpächtern, sondern ausschließlich anstatt der Verpächter Vieh auf. Für die beschwerdeführende Partei trete daher keine zusätzliche Belastung auf. Die Einschränkung des "Pachtviehs" auf eine Stückzahl durch den Wirtschaftsausschuss der beschwerdeführenden Partei sei zu Unrecht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid der ABB erhob die beschwerdeführende Partei Berufung an die belangte Behörde. Sie begründete diese im Wesentlichen damit, dass gemäß den Verwaltungssatzungen der beschwerdeführenden Partei die Verpachtung von Anteilsrechten und einzelnen Nutzungen nur mit Zustimmung der Alpversammlung gestattet sei. Demzufolge sei nicht nur der Ausschuss angehalten, nach Maßgabe der Satzungen den Auftrieb zu erlauben. Vielmehr sei auch jedes Mitglied der beschwerdeführenden Partei an die Satzungen gebunden. Daher sei ein entsprechender Antrag bei der Alpversammlung der beschwerdeführenden Partei zu stellen. Nach Auffassung des Wirtschaftsausschusses der beschwerdeführenden Partei sei der Auftrieb von Fremdvieh, das Nichtmitgliedern gehöre, in der Vergangenheit dahingehend eingeschränkt worden, dass nur die Bezug habenden Anteile in der Form genützt würden, dass pro Anteil ein Stück Vieh aufgetrieben werden dürfe. Ein Mehrauftrieb sei infolge Futtermangels nicht möglich. Die beschwerdeführende Partei erachte diese Vorgangsweise als satzungskonform. Es sei daher der Bescheid der ABB ersatzlos aufzuheben.

Die belangte Behörde forderte die mitbeteiligten Parteien als Eigentümer der betroffenen Stammsitzliegenschaften auf, den Pachtvertrag beizubringen.

Mit Eingabe vom 29. April 2012 legten die mitbeteiligten Parteien einen Bestandsvertrag vom 9. Februar 2011, wonach sie an N L. das Grst. Nr. 1233, KG T. mit Auftriebsrecht auf die T.-Alm für die Zeit vom 1. April 2011 bis 31. März 2013 verpachteten, sowie einen Zusatz zu diesem Bestandsvertrag vom 9. Februar 2011 mit dem Pachtgegenstand Grst. Nr. 1239 im Ausmaß von 1,1901 ha und Grst. Nr. 1058/1 im Ausmaß von 0,2359 ha mit derselben Pachtdauer vor. Die Fläche des Grst. Nr. 1233 wurde handschriftlich mit 1,7668 ha angegeben.

Mit dieser Eingabe schränkten die mitbeteiligten Parteien ihren Antrag dahingehend ein, dass das Auftriebsrecht nur für die Liegenschaft EZ 7, nicht aber auch für die Liegenschaft EZ 42 zugunsten der Pächterin begehrt werde. Diese Liegenschaften seien völlig getrennt. Der bisherige Pächter der Liegenschaft EZ 42 verweigere die Vertragsauflösung, da er große Schwierigkeiten und eine eventuelle Rückzahlung von ÖPUL-Stützungen der AMA befürchte. Hier könne ein Pachtvertrag erst im Jahr 2013 geschlossen werden.

Hinsichtlich der Berufung der beschwerdeführenden Partei wiesen die mitbeteiligten Parteien darauf hin, dass bei Verpachtung einer Stammsitzliegenschaft die Pächterin als Besitzmittlerin auftrete. Sie habe daher auch die Almweide als Besitzmittlerin übernommen. Das Berufungsvorbringen gehe somit ins Leere. Vom Futtermangel zu sprechen sei völlig falsch, weil zusätzlich Weidefläche von der ÖBF AG westlich angrenzend miteingezäunt und genutzt werde. Auf dieser Parzelle habe die Liegenschaft EZ 7 zusätzlich ein Weideservitutsrecht von 11 Rindern. Außerdem habe der Obmann der beschwerdeführenden Partei selbst statt der zulässigen vier Kuheinheiten letztes Jahr 26 Stück (ca. 20 Kuhgräser) aufgetrieben. Ihre zersplitterte Liegenschaft würde niemand pachten, wenn nicht auch das Auftriebsrecht inkludiert wäre.

Nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass Anlassfall für die Auslegung des Regulierungsplanes die der Liegenschaft EZ 7 KG T. zukommenden Anteilsrechte an der beschwerdeführenden Partei seien.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass Inhalt des in Berufung gezogenen Bescheides der ABB die Entscheidung des Streites zwischen einem Mitglied und der Agrargemeinschaft über die Auslegung der Satzungen bzw. des Almwirtschaftsplanes sei. Die mitbeteiligten Parteien hätten im Berufungsverfahren ihren Antrag dahingehend eingeschränkt, dass von den zu klärenden Fragen nur mehr die Anteilsrechte der Stammsitzliegenschaft EZ 7, KG T. betroffen seien.

Die Berufungsausführungen der beschwerdeführenden Partei seien nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des Bescheides der ABB aufzuzeigen. Dem der belangten Behörde vorgelegten Pachtvertrag samt Zusatz sei zu entnehmen, dass die Pächterin N L. landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, die der Liegenschaft EZ 7, KG T. zugeschrieben seien, gepachtet habe. Nicht umfasst vom Pachtvertrag sei die Nutzung der Almhütte auf dem Gebiet der beschwerdeführenden Partei, Wald- und Baugrundstücke, Gärten der Stammsitzliegenschaft, sowie sonstige Flächen und ein landwirtschaftlich genutzter Teil des Grst. Nr. 828/171 im Ausmaß von 0,0495 ha. Die Pachtdauer sei bis 31. März 2013 befristet. Damit seien praktisch sämtliche landwirtschaftlich genutzte Grundstücke der Nutzung der Pächterin unterworfen. Sie sei damit Pächterin des landwirtschaftlichen Zweiges dieser Stammsitzliegenschaft.

Dem Verständnis folgend, dass mit Hilfe der beschwerdeführenden Partei und ihrer Bewirtschaftungsstruktur landwirtschaftliche Betriebe ihren Bewirtschaftungserfolg absichern könnten, habe auch die Pächterin der Stammsitzliegenschaft Anspruch darauf, ihren Bewirtschaftungserfolg mit der Ausnutzung der Anteilsrechte abzusichern. Die Pächterin der Stammsitzliegenschaft sei somit von der beschwerdeführenden Partei so wie der Eigentümer zu stellen. Die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der ABB sei daher mit der Maßgabe abzuweisen gewesen, dass Anlassfall für den Streit nur das der Stammsitzliegenschaft EZ 7, KG T. zustehende Anteilsrecht sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Auch die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Gemäß § 6 Abs. 5 des Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetzes 1985, LGBl. Nr. 8/1986 idgF (StAgrGG 1985), entscheidet über Streitigkeiten, die zwischen Mitgliedern einer Agrargemeinschaft und dieser oder ihren Organen aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entstehen, die Agrarbehörde.

Streitigkeiten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis sind dadurch gekennzeichnet, dass sie Rechte und Pflichten der Gemeinschaft gegenüber dem Mitglied, Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber der Gemeinschaft und Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft zum Gegenstand haben. Gegenstand einer Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis kann nur sein, was die die Agrargemeinschaften regelnden gesetzlichen Vorschriften und die darauf gegründeten Rechtsakte, insbesondere die Satzungen, über das Mitgliedschaftsverhältnis bestimmen. Eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis liegt vor, wenn das Mitgliedschaftsverhältnis für die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach bestimmend ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Februar 2000, Zl. 99/07/0152, vom 13. Dezember 2007, Zl. 2007/07/0135, und vom 30. September 2010, Zl. 2009/07/0075).

Die mitbeteiligten Parteien verpachteten ihre Stammsitzliegenschaften. Wesentlicher Grund auf Seiten der Pächterin war, das mit den Stammsitzliegenschaften verbundene Almweiderecht auf dem Gebiet der beschwerdeführenden Partei mit ihrem eigenen Vieh ausüben zu können.

Der Antrag der mitbeteiligten Partei zielte darauf ab, die ABB möge feststellen, dass das Vieh der Pächterin kein "Zins- bzw. Fremdvieh" sei. Entscheidend ist dabei, was die Verwaltungssatzungen der beschwerdeführenden Partei in diesem Zusammenhang bestimmen. Damit liegt eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis vor.

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Verwaltungssatzungen der beschwerdeführenden Partei lauten wie folgt:

"Die Alpversammlung

§ 3

(1) Die Alpversammlung besteht aus der Gesamtheit der Anteilsberechtigten. Sie sind entweder ordentliche oder außerordentliche. Die ordentliche Alpversammlung wird alljährlich einmal und zwar möglichst vor dem Auftriebe an dem vom Alpmeister genau zu bestimmenden Tage und Orte einberufen. Außerordentliche Alpversammlungen sind einzuberufen, wenn die Aufsichtsbehörde es fordert oder die Hälfte der Anteilsberechtigten dies beim Alpmeister verlangt oder der Alpmeister es für notwendig erachtet.

...

§ 5

(1) Beschlussfähigkeit

a) Die Alpversammlung ist - ausgenommen die Fälle nach Abs. 3 und 4 - beschlussfähig, wenn alle Anteilsberechtigten eingeladen wurden und mindestens die Hälfte der Eigenberechtigten oder gesetzlich vertretenen Anteilsberechtigten, die zu gleichen mindestens die Hälfte aller Anteile besitzen, anwesend sind.

b) Ist die Alpversammlung zur festgesetzten Stunde nicht beschlussfähig, so kann sie eine Stunde später mit der bekanntgegebenen Tagesordnung abgehalten werden, wenn mindestens 1/4 der Anteilsberechtigten, die zu gleichen mindestens 1/4 aller Anteile besitzen, anwesend ist, vorausgesetzt, das auf diese Folge bei der Einberufung ausdrücklich hingewiesen worden ist. Diese Bestimmung findet auf die Fälle der Abs. 3 und 4 keine Anwendung.

...

(2) Beschlussfassung

a) Die Alpversammlung kann nur unter dem Vorsitze des Alpmeisters gültige Beschlüsse fassen.

b) Zum Beschluss wird jener Antrag erhoben, auf den sich - ausgenommen die Fälle der Abs. 3 und 4 - die einfache Mehrheit aller nach der Anzahl der Anwesenden bzw. gesetzlich vertretenen Anteilsberechtigten zu berechnenden Stimmen vereinigt. Es hat daher jeder Anteilsberechtigte nur eine Stimme ohne Rücksicht auf die Größe seines Anteilsrechtes. Miteigentümer einer anteilsberechtigten Liegenschaften haben zusammen nur eine Stimme, für deren Berechnung die Bestimmungen des § 44 TRLG Anwendung finden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

...

§ 31

Verkauf von Almhütten, Verpachtung von Anteilsrechten,

Vorkaufsrechte, Zinsvieh

(1) Der Verkauf von Almhütten insbesondere zu anderen Zwecken als alpwirtschaftlichen ist grundsätzlich verboten. Ausnahmen hiervon kann die Aufsichtsbehörde in besonders gelagerten Fällen zulassen.

(2) Die Verpachtung von Anteilsrechten oder einzelnen Nutzungen ist nur mit Zustimmung der Alpversammlung gestattet.

...

(4) Der Auftrieb von Weidevieh, das Nichtmitgliedern der Alpgenossenschaft gehört (Zinsvieh) ist, solange auf der Alpe Weidemangel besteht, verboten."

Die mit der Verpachtung der Stammsitzliegenschaften unter einem vorgenommene Verpachtung der Almauftriebsrechte der mitbeteiligten Parteien stellt eine Verpachtung von Anteilsrechten bzw. einzelnen Nutzungen im Sinne von § 31 Abs. 2 der Verwaltungssatzungen der beschwerdeführenden Partei dar. Eine solche ist aber nur mit Zustimmung der Alpversammlung gestattet. Daher wäre von den mitbeteiligten Parteien ein entsprechender Beschluss der Alpversammlung herbeizuführen gewesen.

Davon zu unterscheiden ist der Auftrieb von Weidevieh, das Nichtmitgliedern der beschwerdeführenden Partei gehört (Zinsvieh), und der verboten ist, solange auf der Alpe Weidemangel besteht (§ 31 Abs. 4 der Verwaltungssatzungen). Für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung ist bei Verpachtung von Stammsitzliegenschaften - wie im vorliegenden Fall - kein Raum. Voraussetzung für den Auftrieb von Vieh der Pächterin der mitbeteiligten Parteien ist nämlich allein der nach § 31 Abs. 2 der Verwaltungssatzungen ergangene zustimmende Beschluss der Alpversammlung. Unstrittig war die Alpversammlung aber mit der beschwerdegegenständlichen Verpachtung nicht befasst. Ohne Zustimmung nach Durchführung des Verfahrens nach § 31 Abs. 2 der Verwaltungssatzungen kann ein Auftriebsrecht durch die Pächterin der mitbeteiligten Parteien aber nicht ausgeübt werden.

Vor diesem Hintergrund scheitern die verfahrensgegenständlichen Feststellungsanträge. Die von der belangten Behörde - in Entsprechung des Antragswortlauts - im Instanzenzug getroffene Feststellung, dass es sich beim Vieh der Pächterin der mitbeteiligten Partei um "kein Zins- bzw. Fremdvieh" handelt, erweist sich als unzulässig. Auf diese Qualifizierung, von der nur der hier nicht zur Anwendung gelangende § 31 Abs. 4 der Verwaltungssatzungen spricht, kommt es angesichts des Fehlens eines Auftriebsrechts des Pächters wegen Nichtzustimmung nach § 31 Abs. 2 der Verwaltungssatzungen nicht an. Diese Frage kann somit nicht zum Gegenstand eines selbständigen Feststellungsbescheides gemacht werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. März 2004, Zl. 2002/06/0199). Ein Feststellungsinteresse der mitbeteiligten Partei ist daher zu verneinen (vgl. die bei Hengstschläger - Leeb, AVG, 2. Teilband, 2005, Rdn 77 zu § 56 AVG zitierte hg. Judikatur). Ebensolches hat für den Umfang des Auftriebsrechtes der Pächterin der mitbeteiligten Partei zu gelten. Auch dieses ist im Verfahren nach § 31 Abs. 2 der Verwaltungssatzungen zu klären, welches Voraussetzung für die Ausübung der Weiderechte ist.

Die Feststellungsanträge der mitbeteiligten Parteien wären daher zurückzuweisen gewesen.

Für die Verpflichtung der beschwerdeführenden Partei, den Auftrieb zu gestatten, findet sich schließlich keine Rechtsgrundlage.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie ihren angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 18. Dezember 2014

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012070231.X00

Im RIS seit

11.02.2015

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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