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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung betreffend Umwidmung eines Grundstücks von Tourismusgebiet in Sonderfläche-Hotelbetrieb und dazugehörige Nebenanlagen wegen Fehlens erkennbarer Raumordnungsziele im Planauflageverfahren, fehlender Änderungsvoraussetzung, unzulänglicher Entscheidungsgrundlagen und fehlender InteressenabwägungSpruch
Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Patsch vom 13. Juni 1996, mit der der Flächenwidmungsplan durch Festlegung der Widmungsart "Sonderfläche-Hotelbetrieb und dazugehörige Nebenanlagen" für das Grundstück 2070/1, KG Patsch, geändert wird (Plan FLW F-15/04/04), aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 27. September 1996, kundgemacht in der Zeit vom 27. September 1996 bis 14. Oktober 1996, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Die Gemeinde Patsch ist schuldig, den Antragstellern zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 19.800,- bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Mit ihrem auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller die Aufhebung der Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Patsch vom 13. Juni 1996, genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 27. September 1996, kundgemacht vom 27. September 1996 bis 14. Oktober 1996, insoweit, als für das Grundstück 2070/1, KG Patsch, die Widmung "Sonderfläche" mit dem Verwendungszweck "Hotelbetrieb und dazugehörige Nebenanlagen" festgelegt wurde.
2. Ihre Antragslegitimation begründen die Antragsteller damit, daß die erstantragstellende Gesellschaft zu einem ideellen Viertel und der Zweitantragsteller zu drei ideellen Vierteln Miteigentümer des Grundstücks 2070/1 in EZ 90042 des Grundbuchs Patsch sind. Vor der Flächenwidmungsplanänderung sei das Grundstück als "Tourismusgebiet" gewidmet gewesen; daher seien gemäß §40 Abs4 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. 81/1993 in der Fassung LGBl. 4/1996 (TROG 1994), Wohngebäude zulässig gewesen. Auf Grund der Widmung als Sonderfläche mit dem Verwendungszweck Hotelbetrieb und dazugehörige Nebenanlagen sei den Antragstellern gemäß §43 Abs2 TROG 1994 die Errichtung eines Wohnhauses verwehrt. Durch die Widmungsänderung sei die Rechtssphäre der Antragsteller unmittelbar und aktuell beeinträchtigt. Es sei kein Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung gestellt worden.
3. Hinsichtlich der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Flächenwidmungsplanes bringen die Antragsteller vor:
Die Parzelle 2070/1 sei inmitten des Siedlungsgebietes der Gemeinde Patsch gelegen, von Bauland und Straßenzügen umgeben und infrastrukturell vollkommen erschlossen. Sie entspreche damit voll den im §37 TROG 1994 enthaltenen Kriterien für die Widmung als Bauland. Die Widmungsänderung widerspreche daher den im §27 TROG 1994 normierten Zielen der örtlichen Raumordnung. Insbesondere widerspreche die "Inselwidmung" der Parzelle 2070/1 dem Ziel einer "geordneten räumlichen Entwicklung der Gemeinde" im Sinne des §27 Abs1 TROG 1994 sowie dem Ziel, eine Zersiedelung hintanzuhalten.
Es widerspreche den Raumordnungszielen, das - vom Ausmaß her beachtliche Areal der Parzelle 2070/1 (über 7000 m2) - der Siedlungsentwicklung gänzlich zu entziehen und damit eine große "brachliegende Insel" inmitten des Siedlungsgebietes zu schaffen, während gleichzeitig nördlich, östlich und südlich der Parzelle 2070/1 eine rege Siedlungstätigkeit unterstützt werde. Bemerkenswert sei, daß nördlich und östlich der Parzelle 2070/1 zahlreiche kleinere Bauparzellen zur Bebauung mit freistehenden Einzelobjekten geschaffen worden seien - was wohl den Zielen des TROG 1994 zuwiderlaufe - während die zur Bebauung in verdichteter Bauweise bestens geeignete Parzelle 2070/1 "ausgegrenzt" werde.
Wenn gerade die Parzelle 2070/1 von der Bebaubarkeit zu Wohnzwecken ausgenommen werde, während rundum die Bebauung - insbesondere auch in verdichteter Bauweise wie beim südlich an die Parzelle 2070/1 angrenzenden Projekt "Wohnanlage A" - zulässig sei, stelle dies eine singuläre Betrachtung einer einzelnen Parzelle dar. Die hinsichtlich der Parzelle 2070/1 erfolgte Grenzziehung sei "entgegen jeder sachlichen Erfahrung" vorgenommen worden und verletze daher den Gleichheitsgrundsatz.
Weiters sei die Flächenwidmungsplanänderung noch mit folgenden Mängeln behaftet: Die in §36 Abs2 TROG 1994 umschriebenen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Änderung des Flächenwidmungsplanes lägen nicht vor; die Flächenwidmungsplanänderung diene weder sachlich begründbaren Zielen der örtlichen Raumordnung noch einer "entsprechenden Abrundung von Widmungsbereichen". Die Sonderflächenwidmung beruhe nicht auf einem raumordnerischen "Konzept", sondern sei willkürlich vorgenommen worden.
Es gebe außerdem keinen sachlichen Grund, eine Fortführung des Hotelbetriebes dadurch erzwingen zu wollen, daß die gesamte Parzelle als Sonderfläche mit dem Verwendungszweck Hotelbetrieb und dazugehörige Nebenanlagen umgewidmet werde. Vielmehr werde die Parzelle 2070/1 ohne Vorliegen eines wichtigen sachlichen Grundes in einen Verwendungszweck gezwungen, dessen Folge auch aus wirtschaftlicher Sicht nur ein "Brachliegen" sein könne.
Darüber hinaus bestehe bislang kein örtliches Raumordnungskonzept, weshalb die Änderung des Flächenwidmungsplanes gemäß §108 Abs4 TROG 1994 nur dann zulässig sei, wenn ein wichtiger, im öffentlichen Interesse gelegener Grund für die Umwidmung vorliege, wobei im Hinblick auf fehlende Entschädigungsregelungen die sachliche Rechtfertigung der Widmungsänderung unter Abwägung des überwiegenden öffentlichen Interesses einerseits und des subjektiven Rechtsinteresses des betroffenen Grundeigentümers andererseits mit besonderer Sorgfalt zu prüfen sei.
In der Folge bestreitet der Antrag, daß die von der Gemeinde vertretenen Gründe für die Umwidmung - beim Hotel "A" handle es sich um einen "touristischen Leitbetrieb" und mit der Umwidmung werde versucht, eine "unerwünschte Gemeindeentwicklung" hintanzuhalten - als wichtige im öffentlichen Interesse gelegenen Gründe für die Umwidmung anzusehen seien.
Schließlich weisen die Antragsteller darauf hin, bereits aus den Protokollen der Gemeinderatssitzungen vom 25. April 1996 und 13. Juni 1996 ergebe sich, daß die Umwidmung unsachlich und ohne mögliche Bedachtnahme auf die Interessenlage der Grundstückseigentümer erfolgt sei. Außerdem habe die Gemeindevertretung ihre Entscheidung ohne Vorliegen sachlicher Entscheidungsgrundlagen getroffen, wobei die Stellungnahmen sowohl des damaligen bücherlichen Eigentümers als auch der nunmehrigen Antragsteller nicht einmal erörtert worden seien; die Entscheidungsgrundlagen seien offensichtlich erst der Aufsichtsbehörde gegenüber "nachträglich gefunden" worden.
4. Die Tiroler Landesregierung bejaht in ihrer Äußerung die Legitimation der Antragsteller und beantragt die Abweisung des Antrags.
Sie weist zunächst darauf hin, daß die bestehenden Flächenwidmungspläne der Gemeinden seit Inkrafttreten des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997, LGBl. 10 (TROG 1997), ihre gesetzliche Grundlage nunmehr im TROG 1997 finden.
§27 Abs2 lita TROG 1997 lege als Ziele der örtlichen Raumordnung die ausgewogene Anordnung und Gliederung des Baulandes im Hinblick auf die Erfordernisse des Schutzes des Landschaftsbildes, der Sicherung vor Naturgefahren, der verkehrsmäßigen Erschließung, insbesondere auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, der Erschließung mit Einrichtungen zur Wasser-, Löschwasser- und Energieversorgung, zur Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung sowie der Schaffung sonstiger infrastruktureller Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen und dgl. fest. Es sei somit nicht allein die Lage eines Grundstückes entscheidend, um die Einhaltung dieses Raumordnungszieles zu gewährleisten. Der gegenständlichen Umwidmung liege diese Zielsetzung im besonderen zugrunde. Es sei in diesem Zusammenhang neuerlich darauf zu verweisen, daß nicht jede Möglichkeit der verdichteten Wohnbebauung für sich allein positiv zu sehen sei. Vielmehr sei wesentlich, daß derartige Projekte in einem ausgewogenen Verhältnis zur Gemeindegröße, wobei vor allem auch der Einwohnerzahl erhebliche Bedeutung zukomme, und zu den infrastrukturellen Gegebenheiten stehen. Dabei sei eine Verwertung des gegenständlichen Grundstückes, das eine Fläche von ca. 7.000 m2 aufweise, ausschließlich zu Wohnzwecken raumordnungsfachlich sehr kritisch zu sehen. Konkret würde dies dem Raumordnungsziel einer ausgewogenen Anordnung und Gliederung des Baulandes zuwiderlaufen. Der damit verbundene erhebliche Bevölkerungszuzug würde sich negativ auf die dörfliche Bevölkerungsstruktur auswirken und auch die Infrastruktur der Gemeinde Patsch überfordern.
Auch habe sich bereits im Zuge des Wohnungsbaus auf dem Areal des ehemaligen Gasthofes A. A. südlich des gegenständlichen Grundstückes gezeigt, daß in der Gemeinde selbst kein ausreichender Bedarf an dieser Form der Wohnbebauung bestehe. Der Verkauf der Wohnungen an die ortsansässige Bevölkerung sei nur sehr schwer möglich gewesen. Auch aus diesem Grund sei die Gemeinde einer Wohnbebauung des gegenständlichen Grundstückes ablehnend gegenüber gestanden. Diese Planungsabsicht stehe entgegen dem Vorbringen der Antragsteller aber im Einklang mit dem Raumordnungsziel nach §27 Abs2 litb leg. cit., dem klar zu entnehmen sei, daß Baulandflächen für Wohnzwecke nicht unbegrenzt, sondern nur insoweit zu sichern seien, als sie tatsächlich zur Befriedigung des Wohnbedarfs der Bevölkerung benötigt werden.
Zusammenfassend sei die von der Gemeinde getroffene Interessenabwägung - worauf auch im aufsichtsbehördlichen Genehmigungsbescheid hingewiesen worden sei - keineswegs unsachlich, sondern durchaus nachvollziehbar. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller verbiete sich ein Vergleich mit den angrenzenden Grundstücken, die teils mit freistehenden Einzelobjekten und teils mit Wohnungen verbaut wurden, schon auf Grund der völlig unterschiedlichen Größenordnungen. Insofern könne keineswegs wie im Antrag von einer jeder sachlichen Begründung entbehrenden und somit dem Gleichheitsgebot widersprechenden Entscheidung gesprochen werden.
Hinzuweisen sei weiters auf das örtliche Raumordnungsziel nach §27 Abs2 litb TROG 1997, das auch die Sicherstellung ausreichender Baulandflächen für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Wirtschaft beinhalte, und auf das im gegebenen Zusammenhang damit korrespondierende überörtliche Raumordnungsziel nach §1 Abs2 litf Z3 leg. cit., das in der Sicherung der Grundlagen und der infrastrukturellen Voraussetzungen für die Tourismuswirtschaft bestehe. In diesem Zusammenhang sei die Gemeinde Patsch stets bestrebt gewesen, die bestehenden touristischen Betriebe, darunter insbesondere auch den gegenständlichen Betrieb, aufrecht zu erhalten, um zu verhindern, daß die Gemeinde Patsch zu einer "Schlafgemeinde" der nahe gelegenen Landeshauptstadt Innsbruck werde. Dabei hätten zahlreiche Gespräche ergeben, daß sehr wohl Interesse bestehe, den Hotelbetrieb zu erhalten, wie insbesondere das Anbot einer touristischen Unternehmensgruppe vom 26. September 1996 beweise.
Somit sei davon auszugehen, daß auch ein wichtiger, im öffentlichen Interesse gelegener Grund für die Umwidmung im Sinne des im Zeitpunkt der Umwidmung maßgebenden §108 Abs4 TROG 1994 vorgelegen sei. Im Zeitpunkt der Widmung des gegenständlichen Grundstückes als Fremdenverkehrsgebiet (bzw. nunmehr Tourismusgebiet), die stets die raumordnungsrechtliche Grundlage für den darauf befindlichen Hotelbetrieb gebildet habe, sei in keiner Weise vorhersehbar gewesen, daß von Eigentümerseite der Wunsch nach einer ausschließlichen Wohnnutzung entstehen könnte. Eine solche Annahme habe dementsprechend auch keinen Eingang in die dieser Widmung zugrundeliegenden planerischen Erwägungen gefunden. Entgegen dem Antragsvorbringen finde die erfolgte Umwidmung ihre Rechtfertigung in der aktuell entstandenen Gefahr, daß der gegenständliche Hotelkomplex ohne Rücksicht auf die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf raumordnerische Interessen kurzfristig in Wohnungen umgewandelt werden könnte. Daß dies keineswegs aus der Luft gegriffen sei, zeige nicht zuletzt das an alle Haushalte von Patsch gerichtete Informationsschreiben der erstantragstellenden Gesellschaft vom 26. November 1996, in dem diese drei Varianten einer möglichen künftigen großflächigen Bebauung des gegenständlichen Grundstückes darlege. Wie oben bereits dargelegt worden sei, seien dem diesbezüglichen raumplanerischen Vorgehen der Gemeinde durchaus nachvollziehbare Erwägungen zugrundegelegen.
Auch sei darauf zu verweisen, daß die Widmung des gegenständlichen Grundstückes als Sonderfläche der Intention des §43 Abs1 litb leg. cit. entspreche. Danach sei eine Sonderflächenwidmung dann zulässig, wenn aus besonderen raumordnungsfachlichen Gründen nur eine bestimmte Art von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen errichtet werden dürfe. Daß sich das gegenständliche Grundstück aus raumordnungsfachlicher Sicht als Hotelstandort eigne, werde selbst von den Antragstellern nicht in Frage gestellt. Demgegenüber würde jede Art der Baulandwidmung nach §37 leg. cit. und somit auch die Beibehaltung der vormals bestandenen Widmung als Tourismusgebiet bei der aktuellen Ausgangslage den oben ausführlich dargelegten raumordnerischen Bedenken begegnen. Dazu komme, daß mit der vorgenommenen Widmung als Sonderfläche der Hotelstandort und dessen unmittelbares Umfeld raumordnerisch bestmöglich abgesichert würden. Dies scheine besonders wesentlich, weil die Sicherung auch eines entsprechenden Umfeldes grundlegende Voraussetzung für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit eines Hotelbetriebes sei. Die vorgenommene Widmung sichere daher auch im Falle einer Verwertung des gegenständlichen Grundstückes einem zukünftigen Betreiber die aus wirtschaftlicher Sicht erforderlichen Erweiterungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.
Der von den Antragstellern erhobene Vorwurf einer willkürlichen Vorgangsweise der Gemeinde sei bereits unter Hinweis auf die maßgebenden Raumordnungsziele und auf die mangelnde Vergleichbarkeit des gegenständlichen Grundstückes mit anderen, wesentlich kleineren Grundstücken, die einer Wohnbebauung zugeführt wurden, widerlegt worden. Darüber hinaus sei darauf zu verweisen, daß den Antragstellern bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages über das gegenständliche Grundstück bekannt gewesen sei, daß die Gemeinde einer Wohnnutzung dieses Grundstückes ablehnend gegenüberstehe. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Schriftverkehr zwischen dem Rechtsvertreter der Antragsteller und der Gemeinde, sondern insbesondere auch aus Punkt XXI. des Kaufvertrages. Darin erklärten die Antragsteller, daß ihnen bekannt sei, daß die Gemeinde derzeit dem Vorhaben des Umbaus des Hotels in Wohnungseigentumseinheiten negativ gegenüberstehe. Ausdrücklich vereinbart werde, daß der Verkäufer keinerlei Haftung dafür übernehme, daß es den Käufern auch gelinge, Wohnungseigentumseinheiten aus dem Hotelgebäude zu schaffen, sodaß dieses Risiko ausschließlich bei den Käufern liege und die Rechtswirksamkeit des vorliegenden Vertrages keinesfalls hiedurch bedingt sei. Die Käufer erklärten auch ausdrücklich, den seitens der Behörde geforderten Bestimmungszweck zu erfüllen, wenn dies zur Erlangung der behördlichen Genehmigungen notwendig sein sollte. Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung könnten sich die Antragsteller bei dieser Ausgangslage nicht darauf berufen, daß bei der vorgenommenen Umwidmung auf ihre Interessenlage nicht ausreichend Rücksicht genommen worden sei.
Weiters sei darauf zu verweisen, daß eine allfällige mit der Widmung eines Grundstückes einhergehende Wertminderung, die nur die wirtschaftlichen Interessen des Grundeigentümers berührt, für sich allein vom Schutzbereich des Art5 StGG nicht umfaßt sei. Darüber hinaus sei es den Antragstellern auch im Rahmen der nunmehrigen Sonderflächenwidmung weiterhin möglich, das gegenständliche Grundstück wirtschaftlich zu verwerten. Dies beweise nicht zuletzt das oben erwähnte Angebot einer touristischen Unternehmensgruppe, die Grundfläche und das Hotel zu erwerben.
5. Der Gemeinderat der Gemeinde Patsch erstattete ebenfalls eine Äußerung, in der er vorbringt:
Der Hotelbetrieb mit viel Grundbesitz habe nicht positiv bewirtschaftet werden können.
Die Gesamtfläche der unbebauten Grundstücke um das Hotel A. sei so groß, daß eine Parzellierung und ein Verkauf des ganzen Areals eine bedeutsame Strukturveränderung der Gemeinde bedeuten würde.
Die Gemeinde habe reichlich Baulandreserven, habe also keinen Grund, weitreichenden Grundverkäufen im Bereich des Hotels A., die rein kommerziellen Interessen dienten, zuzustimmen. Vor allem sei die Gemeinde immer interessiert gewesen, daß das Hotel A. als Fremdenverkehrsbetrieb weitergeführt werde.
Um den Absichten des Besitzers bzw. eines zu erwartenden Käufers des Gesamtbesitzes entgegenzutreten, die auf eine Umwandlung des Hotels in einen Wohnkomplex und auf einen Verkauf der Gründe rundum an Eigenhausinteressenten hinzielten, sei im Gemeinderat auf Empfehlung der für die Angelegenheiten der örtlichen Raumordnung zuständigen Abteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung im Juli 1995 der Plan behandelt worden, den ganzen Komplex in Sonderfläche Hotelbetrieb umzuwidmen, um die Möglichkeit zu wahren, den Hotelbetrieb zu erhalten und um einen Abverkauf der dem Hotel benachbarten Gründe zu verhindern.
Die Gemeinde weist weiters darauf hin, daß nicht nur der Komplex A., sondern auch die Hotels B. und E. in Sonderfläche Hotelbetrieb umgewidmet werden sollten. Diese Vorschläge hätten damals im Gemeinderat keine Mehrheit gefunden. (Der Hotelkomplex G. sei schon 1993 im Zuge der Neuerstellung des Flächenwidmungsplanes in die Sonderfläche Hotelbetrieb aufgenommen worden.)
Der Zweitantragsteller habe das Hotel A. samt Grundbesitz mit Kaufvertrag vom 18. April 1996 wohl wissend mit dem Risiko erworben, daß die Gemeinde einer Umwandlung des Hotels A. in Wohneinheiten negativ gegenüber stehe.
Der Zweitantragsteller habe sich vor Kaufabschluß beim Bürgermeister über die Möglichkeiten der Verbauung erkundigt, worauf ihm von diesem mitgeteilt worden sei, daß das Hotel A. weiterhin als Hotelbetrieb erhalten bleiben müsse. Trotzdem sei es weiterhin sein Ziel, das Hotel in eine Wohnanlage umzufunktionieren oder es zu schleifen, um es mit den restlichen Gründen als Einzelparzellen zu verkaufen.
Der Gemeinderat habe am 25. April 1996, d.h. rechtzeitig vor Eintragung des Antragstellers als neuer Besitzer in das Grundbuch (November 1996), die Umwidmung in "Sonderfläche Hotelbetrieb mit Nebenanlagen" beschlossen.
Der Gemeinderat habe in seiner Sitzung vom 25. April 1996 weiters den Beschluß gefaßt, nicht nur den Komplex A., sondern auch den Hotelkomplex E. in "Sonderfläche Hotelbetrieb mit Nebenanlagen" umzuwidmen, um dem Ziel der örtlichen Raumordnung, Patsch als Fremdenverkehrsort zu erhalten, nachzukommen.
Die Stellungnahmen der Antragsteller seien deshalb nicht berücksichtigt worden, weil ihnen mangels eines Wohnsitzes oder eines Besitzes an einer Liegenschaft oder an einem Betrieb ein solches Recht nicht zugestanden sei.
Ziel der Gemeinde sei es, - gestützt auf das Sachurteil des Ortsplaners - den Hotelbetrieb aufrecht zu erhalten, was im Sinne der Sonderwidmung eine Verwertung des Umlandes des Hotels nur für dieses Betriebsziel, nicht aber für private Bebauung zulasse.
Abgesehen von dieser Zweckbestimmung (Sonderfläche) sei zu betonen, daß die Gemeinde am Siedlungsrand kein neues Bauland brauche, solange im geschlossenen Dorfgebiet noch genügend gewidmete Bauparzellen, deren Verwertung dem Dorfentwicklungskonzept entspreche, vorhanden seien.
Keinesfalls entspreche die durch die Sonderwidmung erreichte Nichtbebauung der A.-Gründe einer "Verinselung"; eine Bebauung wäre im Gegenteil eine Erweiterung des Dorfes nach Norden in Richtung Grünzone.
Es gebe Interessenten, die das Hotel erwerben und als Fremdenverkehrsbetrieb weiterführen wollten, doch sei keiner dieser Kaufinteressenten bereit, die Summe zu zahlen, die der Zweitantragsteller dafür wolle: dieser erwarte sich einen viel größeren Gewinn aus Parzellierung und Einzelverkauf der Parzellen inklusive des Hotelgrundes (nach Schleifung des Hotels) oder durch Umwandlung des Hotels in Eigentumswohnungen.
Die Gemeinde wolle unter Schutz der Sonderwidmung auf einen Käufer warten, der im Interesse der Gemeinde das Hotel A. als Fremdenverkehrsbetrieb im engeren oder weiteren Sinn weiterführt.
II.Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit des Antrags:
Die Antragsteller behaupten, daß sie als Eigentümer der Parzelle 2070/1 durch die Sonderflächenwidmung mit dem Verwendungszweck Hotelbetrieb und dazugehörige Nebenanlagen daran gehindert seien, auf diesem Grundstück eine Wohnhausanlage zu errichten, während eine solche nach der früheren Widmung als Tourismusgebiet zulässig gewesen sei. Gemäß §40 Abs4 TROG 1994 dürfen im Tourismusgebiet die im gemischten Wohngebiet zulässigen Gebäude - wozu gemäß §38 Abs2 leg. cit. iVm §38 Abs1 leg. cit. auch die Wohngebäude gehören - und Gebäude für dem Tourismus dienende Betriebe und Einrichtungen errichtet werden. Hingegen dürfen gemäß §43 Abs2 leg. cit. auf Sonderflächen nur Gebäude und sonstige Anlagen, die dem festgelegten Verwendungszweck entsprechen, samt den dazugehörigen Nebenanlagen errichtet werden. Die Behauptung der Antragsteller, daß in ihre Rechtssphäre in einer nach Art139 B-VG geforderten Art eingegriffen worden sei, da sie auf der Parzelle 2070/1 keine Wohnbauten errichten dürfen, trifft daher zu.
Da die Antragsteller auch kein Bauansuchen eingebracht haben, ist der Antrag zulässig (vgl. die mit dem Erkenntnis VfSlg. 9260/1981 beginnende ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur unmittelbaren Anfechtbarkeit von Flächenwidmungsplänen in Tirol durch den Grundeigentümer).
2. Zur geltendgemachten Gesetzwidrigkeit der Änderung des Flächenwidmungsplans:
2.1. Der Verfassungsgerichtshof legt seiner rechtlichen Beurteilung folgenden Sachverhalt zugrunde:
2.1.1. Im Flächenwidmungsplan 1977 war für die Parzelle 2070/1 die Widmung als Fremdenverkehrsgebiet gemäß §14 Abs2 litb TROG 1971 festgesetzt worden.
Im Erläuterungsbericht zu diesem Flächenwidmungsplan heißt es in Punkt 3.5.3: "Mit dieser Widmung wurden alle gewerblichen Fremdenverkehrsbetriebe belegt."
2.1.2. Im Erläuterungsbericht des Flächenwidmungsplans 1991 vom 16. Mai 1991 sind im Punkt 2.12 die Ergebnisse der Bestandsaufnahme auf dem Gebiet des Fremdenverkehrs wie folgt dargestellt:
"Die natur- und kulturräumliche Lage von Patsch begünstigen die Eigenschaft als Erholungsort. In Patsch gibt es 4 größere Hotels und insgesamt ca. 500 - 550 Betten. Die Zahl der jährlichen Nächtigungen schwankt laut Auskunft des Fremdenverkehrsverbandes Patsch schon jahrelang zwischen 50.000 und 60.000."
Im Punkt 2.13 wird im Kapitel "Bautätigkeit" ausgehend von einer Baulandreserve von 3,3 ha eine Reserve von ca. 63 Wohnungen festgestellt und folgender Schluß gezogen: "Bei der anzustrebenden Einwohnergrenzzahl von 1000 Personen würde die Gemeinde Patsch ca. noch 70 Wohnungen benötigen und damit nur eine geringfügige höhere Baulandreserve."
Die Parzelle 2070/1 wurde im Flächenwidmungsplan 1991 (Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Patsch vom 4. Juli 1991, genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 18. Oktober 1993, Ve1 546-99/114-5), als Fremdenverkehrsgebiet gemäß §14 Abs2 litb TROG 1984 gewidmet.
Im Erläuterungsbericht zu diesem Flächenwidmungsplan wird diese Widmung nicht begründet. Lediglich bezüglich eines anderen Hotels, nämlich des außerhalb des Siedlungskerns liegenden Hotels G. wird im Kapitel "Zielvorstellungen" folgende Aussage getroffen:
"Die bestehende Widmung (Fremdenverkehrsgebiet, F) wurde belassen und dient ausschließlich dem Bestand und einer Erweiterungsmöglichkeit des Hotel- und Restaurantbetriebes."
2.1.3. Aus der vorgelegten Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde Patsch ergibt sich, daß sich der Gemeinderat am 1. Juni 1995 mit der Problematik der drohenden Schließung von Gastbetrieben und der Frage einer Flächenwidmungsplanänderung von Tourismusgebiet in Sonderfläche mit dem Verwendungszweck "Hotelbetrieb und dazugehörige Nebenanlagen" beschäftigt hat. In einer Aussprache mit den Mitgliedern des Gemeinderates, einem Beamten der für die Angelegenheiten der Raumordnung zuständigen Abteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung und dem Raumplaner der Gemeinde Patsch wurden die Möglichkeiten erörtert, den mit der bevorstehenden Aufgabe von Gastgewerbebetrieben in der Gemeinde Patsch befürchteten Auswirkungen zu begegnen.
Dabei wurde vom Raumplaner der Gemeinde darauf hingewiesen, daß die Gemeinde - ein Dorf mit 850 Einwohnern - kein weiteres Bauland benötige; sie verfüge über vier ha unbebautes Bauland. Alle Infrastrukturen seien auf ca. 1000 Einwohner abgestimmt. Allein beim Projekt A. A. seien 16 Wohnungen vorgesehen. Dadurch wäre der derzeitige Wohnbedarf für Patscher mehr als gedeckt.
Am 6. Juli 1995 beschloß der Gemeinderat der Gemeinde Patsch - in Reaktion auf das Bekanntwerden der bevorstehenden Schließung des Hotels A. - gemäß §70 TROG 1994 ua. für das Grundstück 2070/1 eine Bausperre bis zur Rechtskraft des ergänzenden Bebauungsplanes.
Am 17. August 1995 beschloß der Gemeinderat die Auflage des allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes für die Grundstücke 2070/1, 2070/2, 2070/15, 2070/17, 2070/18 und 2070/19, wobei im Erläuterungsbericht festgestellt wurde:
Bereich 1: Gasthof A. (GP 2070/18). "Ziel: Erhaltung des historischen Gasthofes (südlicher Teil) in seiner Gestalt. Abbruch und Neubau des Nordtraktes. Projekt und Baubescheid liegen vor."
Bereich 2: Verdichtete Wohnbebauung (GP 2070/17). "Ziel:
Verdichtete Wohnbebauung vorrangig für Ortsansässige."
Bereich 3: Einfamilienhäuser. "Ziel: Wohnbebauung mit Einfamilienhäusern" auf GP 2070/2 (Bestand), GP 2070/19 (für Fam. W. N.) und GP 2017/15 (J. N.).
Bereich 4: Hotel A. (GP 2070/1). "Ziel: Hotelbetrieb mit maximal ca. 120 Gästebetten und dazugehörigen Nebenanlagen auf der gesamten GP 2070/1 mit einem Flächenmaß von ca. 7.040 m2 zur Sicherung der touristischen Basis für Patsch (Leitbetrieb). Eine Sonderflächenwidmung (Hotelbetrieb mit dazugehörigen Nebenanlagen) findet derzeit im Gemeinderat keine Mehrheit."
Der allgemeine und ergänzende Bebauungsplan vom 17. August 1995 wurde von der Tiroler Landesregierung am 18. Jänner 1996 aufsichtsbehördlich genehmigt und vom 30. August 1995 bis 27. September 1995 kundgemacht. Er trat gemäß §68 Abs1 TROG 1994 mit dem Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft.
2.1.4. In der Gemeinderatssitzung vom 25. April 1996 berichtete der Bürgermeister über den Verkauf des Hotels A. an die Antragsteller. Weiters berichtete er, daß der Zweitantragsteller mit dem Bürgermeister und einem Gemeinderatsmitglied ein Gespräch über die weitere Vorgangsweise und die Zukunft des Hotels geführt habe. Der Zweitantragsteller habe angeführt, daß das Hotel zur Gänze an "Ausländer und Bauarbeiter usw." vermietet werde. Der Bürgermeister sehe darin große Probleme auf die Gemeinde zukommen und "als einziges zur Zeit mögliches Gegenmittel eine Sonderflächenwidmung". Daraufhin wurde der Antrag, die Grundparzelle 2070/1 in "Sonderfläche nach §43 Abs1 lita und litb TROG 1994 - Festlegung SHb Hotelbetrieb und dazugehörige Nebenanlagen" umzuwidmen, einstimmig angenommen.
In derselben Sitzung des Gemeinderates wurde auch beschlossen, die GP 2067/1 KG Patsch, auf der ebenfalls ein Hotel besteht, in "Sonderfläche Hotelbetrieb und dazugehörige Anlagen" umzuwidmen.
Am 26. April 1996 wurde die Auflegung der Änderung des Flächenwidmungsplanes in Zeit vom 26. April 1996 bis 24. Mai 1996 an der Amtstafel kundgemacht.
In der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung am 13. Juni 1996 ist folgendes festgehalten:
"Zu Pkt. 15) Entwurf über die Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gp. 2070/1 und Gp. 2067/1;
Stellungnahme
Die Stellungnahme des Herrn N., vertreten durch RA. Dr. G., wird vom Gemeinderat zur Kenntnis genommen.
Bezüglich der Stellungnahme des Herrn K. (des nunmehrigen Zweitantragstellers) wird festgestellt, daß Herr K. nicht Eigentümer der Liegenschaft ist. Auch wurde bei der Gemeinde keinerlei Meldung abgegeben, daß er einen Betrieb in Patsch führt. Somit gehört er nicht zum Personenkreis, der eine Stellungnahme gemäß §65 TROG abgeben kann.
Bezüglich Widmungsänderung der Gp. 2067/1 wurde keine Stellungnahme eingebracht. Der Gemeinderatsbeschluß vom 25.4.1996 bleibt aufrecht."
Am 19. Juni 1996 legte die Gemeinde Patsch "die Flächenwidmungsplanänderung im Bereich der Gp. 2070/1 der KG Patsch zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung" vor. In den vorgelegten Aktenstücken findet sich kein Hinweis auf einen der Flächenwidmungsplanänderung angeschlossenen Erläuterungsbericht.
In den Verwaltungsakten findet sich aber in einem Aktenvermerk vom 18. Juli 1996 über ein Gespräch zwischen Bediensteten des Amtes der Tiroler Landesregierung und Vertretern der Gemeinde am 15. Juli 1996 der Hinweis, "daß eine fachliche Aufarbeitung nachzuholen ist (Stellungnahme DI Z)".
Am 27. August 1996 legte der Bürgermeister der Gemeinde Patsch die "ortsplanerische Stellungnahme" vor und ersuchte um eine rasche und positive Genehmigung des "Widmungsbeschlusses".
2.1.5. Mit Bescheid vom 27. September 1996 erteilte die Tiroler Landesregierung "dem Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Patsch vom 13. Juni 1996 auf Änderung des Flächenwidmungsplanes im Bereich der Gst. 2070/1 GB Patsch (Umwidmung von Tourismusgebiet in Sonderfläche Hotelbetrieb und zugehörigen Nebenanlagen) gemäß §67 Abs7 iVm §108 Abs4 Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 die aufsichtsbehördliche Genehmigung".
In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt:
"Das Hotel A. wurde im Jahr 1972 eröffnet und hatte rund 60 Betten mit Hallenbad. Seit dem Jahr 1982 wurde es vom nunmehrigen Grundeigentümer geführt, der es von seinem Vater übernommen hat. Neben dem Hotel B., dem Hotel E. und dem Hotel G. war das Hotel A. der touristische Leitbetrieb in Patsch. Im Laufe der Jahre wurden die Betriebsabgänge durch Grundverkäufe und über Hypotheken abgedeckt und es wurde versucht, durch niedrige Preise den Betrieb aufrecht zu erhalten.
Aufgrund wirtschaftlicher Probleme und Verkaufsabsichten bei einem anderen Betrieb wurde bereits in der Gemeinderatssitzung vom 7.1.1993 erstmals für eine Änderung der bestehenden Widmung der Hotelbetrieb in Patsch auf eine Sonderfläche Hotelbetrieb mit Nebenanlagen zur Sprache gebracht. Damit sollte mit Mitteln der Raumordnung einer unerwünschten Umnutzung der Tourismusbetriebe in Wohnungen und einer damit verbunden unerwünschten Gemeindeentwicklung (großer Bevölkerungszuzug mit negativen Auswirkungen auf die dörfliche Bevölkerungsstruktur, auf die Infrastruktur wie Wasserversorgung, Abwasser, Straßen, Kindergarten, Schule usw., Verlust von Arbeitsplätzen und Gemeindesteuern) entgegengewirkt werden.
Aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten wurde unter Zugrundelegung der Zielsetzung der Erhaltung und Weiterentwicklung des Hotelbetriebes dem Grundeigentümer ermöglicht, im Bereich des Gasthofes A. Bauland zum Abbau der Überschuldung zu verkaufen bzw. für den Eigenbedarf und als Erbteil zu verwenden. Für den Hotelbereich selbst verblieben auf dem Gst. 2070/1 noch rund 7000 m2, die zum Ausbau auf eine wirtschaftliche Größe von ca. 120 Gästebetten samt Nebenanlagen zur Verfügung stehen.
Aufgrund der Verkaufsabsichten des Grundeigentümers, die genannte Fläche an einen Immobilienmakler zu veräußern, wurde in der Gemeinderatssitzung vom 25.4.1996 die gegenständliche Umwidmung beschlossen und eine dagegen eingebrachte Stellungnahme im Gemeinderatsbeschluß vom 13.6.1996 abgewiesen und die Widmung bestätigt.
Gemäß §108 Abs4 TROG 1994 darf der Flächenwidmungsplan bis zum Inkrafttreten des örtlichen Raumordnungskonzeptes, außer im Falle des Abs2 zweiter Satz, nur geändert werden, wenn ein wichtiger im öffentlichen Interesse gelegener Grund vorliegt und die Änderungen den Zielen der örtlichen Raumordnung nach diesem Gesetz nicht widerspricht.
Gemäß §27 Abs1 TROG 1994 dient die örtliche Raumordnung der geordneten räumlichen Entwicklung der Gemeinde. Sie hat im Einklang mit den Raumordnungsprogrammen und, soweit solche nicht bestehen, unter Bedachtnahme auf die Ziele und Grundsätze der überörtlichen Raumordnung zu erfolgen.
Ein wesentliches Ziel der örtlichen Raumordnung ist die ausgewogene Anordnung und Gliederung des Bauland(es) u.a. im Hinblick auf die infrastrukturellen Voraussetzungen der technischen sowie der sozialen Infrastruktur. Weiters sind Baulandflächen für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Wirtschaft sicherzustellen, was insbesondere auch ein Ziel der überörtlichen Raumordnung darstellt.
So ist es nach §1 Abs2 litf Zif. 3 TROG 1994 ein erklärtes Ziel der überörtlichen Raumordnung, die Grundlagen zu sichern und die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Tourismuswirtschaft zu schaffen.
Unter Zugrundelegungen dieser raumordnerischen Zielsetzungen kann der Argumentation des örtlichen Raumplaners durchaus gefolgt werden, daß die Verwertung einer Grundfläche von ca. 7000 m2 in der Gemeinde Patsch dem Raumordnungsziel einer ausgewogenen Anordnung und Gliederung des Baulandes im Hinblick auf die bestehende Infrastruktur zuwiderläuft. Der damit verbundene große Bevölkerungszuzug würde sich sowohl auf die dörfliche Bevölkerungsstruktur negativ auswirken, als auch die Infrastruktur überfordern. Dies insbesondere deshalb, da in der Gemeinde Patsch kein derart großer Bedarf an Wohnraum besteht und die Verwertung des Hotelkomplexes in Wohnungen für die Gemeinde selbst nicht von Interesse ist, da der Bedarf nach Wohnungen noch niederer anzusehen ist, als nach Einfamilienhäusern oder Häusern in verdichteter Bauweise.
Zudem haben zahlreiche Gespräche ergeben, daß sehr wohl Interesse besteht, den Tourismusbetrieb aufrecht zu erhalten. Da auch die Aufrechterhaltung bzw. Entwicklung einer gesunden Wirtschaftsstruktur ein wesentliches Raumordnungsziel der örtlichen und überörtlichen Raumordnung darstellt, kann die Umwidmung unter diesen Voraussetzungen positiv gesehen werden.
Hinsichtlich der Interessenabwägung zwischen dem Interesse der Gemeinde zur Verwirklichung obiger raumordnerischer Zielsetzungen und dem wirtschaftlichen Interesse des Grundstückseigentümers wird die Ansicht vertreten, daß diese aufgrund der weiterhin gegebenen Verwertbarkeit des Grundstückes und der gravierenden Auswirkungen einer möglichst intensiven Nutzung zur Wohnbebauung für die Gemeinde Patsch sachlich gerechtfertigt ist."
2.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken der Antragsteller gegen die Gesetzmäßigkeit der Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Patsch vom 13. Juni 1996 insoweit, als für das Grundstück 2070/1, KG Patsch, die Widmung "Sonderfläche" mit dem Verwendungszweck "Hotelbetrieb und dazugehörige Nebenanlagen" festgelegt wurde, aus folgenden Gründen:
2.2.1. Der Antrag bestreitet einerseits das Vorliegen der Voraussetzungen zur Änderung des Flächenwidmungsplanes und die Einhaltung des für die Änderung eines Flächenwidmungsplanes vorgeschriebenen Verfahrens; andererseits behauptet er die inhaltliche Gesetzwidrigkeit der Verordnung.
2.2.2. Während für die Beurteilung der inhaltlichen Gesetzmäßigkeit von Verordnungen, die mit Individualantrag gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG angefochten werden, nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (sonst) die Rechtslage zum Zeitpunkt der Fällung des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses maßgebend ist (so zB VfSlg. 9947/1984), sind die Voraussetzungen für die Änderung des Flächenwidmungsplanes und das Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes an der Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung zu messen.
Zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Verordnung galt das Tiroler Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. 81/1993, in der Fassung LGBl. 4/1996 (TROG 1994). Die Gemeinde hatte bis dahin noch kein örtliches Raumordnungskonzept erlassen. Daher war für die Änderung von Flächenwidmungsplänen die Übergangsbestimmung des §108 TROG 1994 anzuwenden. Gemäß §108 Abs4 TROG 1994 durfte der Flächenwidmungsplan bis zum Inkrafttreten des örtlichen Raumordnungskonzeptes - außer im Falle des Abs2 zweiter Satz - nur geändert werden, wenn ein wichtiger im öffentlichen Interesse liegender Grund vorlag und die Änderung den Zielen der örtlichen Raumordnung nicht widersprach. §108 Abs2 zweiter Satz TROG 1994 traf Übergangsregelungen für bereits am 1. Jänner 1994 anhängige Verfahren zur Änderung von Flächenwidmungsplänen, die im vorliegenden Fall nicht anzuwenden waren.
2.2.3. Dem aufgelegten Entwurf des Flächenwidmungsplans war kein Erläuterungsbericht angeschlossen. Die raumordnungsfachliche Beurteilung der Maßnahme erfolgte vielmehr auf Ersuchen der Aufsichtsbehörde erst im Nachhinein. Aus der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes zu Raumordnungsplänen ergibt sich jedoch, daß bereits im Auflageverfahren die Raumordnungsziele, von denen der Plansetzer ausgeht, mindestens implizit deutlich werden müssen, damit das den zukünftig vom Flächenwidmungsplan Betroffenen eingeräumte Mitspracherecht nicht rechtswidrigerweise verkürzt wird (vgl. VfSlg. 12401/1990, 12480/1990).
2.2.4. Die Erhaltung eines "touristischen Leitbetriebes" mag zwar im Fremdenverkehrsinteresse der Gemeinde Patsch gelegen sein, allein das TROG 1994 stellte der Gemeinde kein rechtliches Instrumentarium zur Verfügung, die Erhaltung bestehender Betriebe direkt zu steuern, sondern ermöglichte im Rahmen der Flächenwidmung - im Hinblick auf das Ziel der Sicherung ausreichender Baulandflächen zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung und für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Wirtschaft (§27 Abs2 litb TROG 1994) - bloß die Reservierung von Grundflächen für bestimmte Verwendungszwecke und die Verhinderung von der Flächenwidmung widersprechenden bau- und raumordnungsbehördlich bewilligungspflichtigen Maßnahmen. Ein wichtiger Grund im Sinne des §108 Abs4 leg. cit. könnte daher allenfalls die Absicht darstellen, die Parzelle 2070/1 ausschließlich für einen Fremdenverkehrsbetrieb zur Verfügung zu halten.
Diese Entscheidung hat die Gemeinde jedoch bereits mit der Widmung der Parzelle 2070/1 als Fremdenverkehrsgebiet sowohl durch den Flächenwidmungsplan 1977 als auch durch den Flächenwidmungsplan 1991 getroffen. Sie hat aber neben der Errichtung von dem Tourismus dienenden Betrieben auch die Errichtung von Wohngebäuden auf dieser Parzelle zugelassen. Daran änderte sich auch durch das Inkrafttreten des TROG 1994 nichts, da die bisherige Widmung als Fremdenverkehrsgebiet gemäß §109 Abs3 TROG 1994 nunmehr als Tourismusgebiet nach §40 Abs4 leg. cit. galt, wonach die im gemischten Wohngebiet zulässigen Gebäude und Gebäude für den Tourismus dienenden Betriebe und Einrichtungen errichtet werden durften.
2.2.5. Wenn aber der Gemeinderat - bei mehr als einer ihm im Rahmen seines Planungsermessens offenstehenden Möglichkeit - sich für eine bestimmte Lösung entschlossen hat, so genügt es für eine Änderung des Plans nicht, daß sich in der Folge herausstellt, eine andere Widmung wäre die bessere und sinnvollere gewesen. Für eine solche restriktive Beurteilung der dem Verordnungsgeber zustehenden Änderungsmöglichkeiten sprechen vor allem auch Aspekte der Rechtssicherheit (vgl. VfSlg. 11374/1987).
Erst die Schließung des Hotels A., der darauf folgende Verkauf an die Antragsteller sowie deren bekundete Absicht, auf diesem Grundstück Wohngebäude zu errichten, ließen bei der Gemeinde Patsch konkrete Befürchtungen aufkommen, das Grundstück werde der Tourismusnutzung entzogen, und motivierte die Gemeinde zu raumplanerischen Gegenmaßnahmen, um die Grundflächen ausschließlich für einen Hotelbetrieb zu reservieren.
2.2.6. Selbst wenn man die künftigen Nutzungsabsichten des neuen Eigentümers als wichtigen im öffentlichen Interesse liegenden Grund im Sinne des §108 Abs4 TROG ansehen konnte, so hätte die Gemeinde die Frage, ob hier ein die Planänderung rechtfertigender wichtiger Grund vorliegt - aus dieser punktuellen Sicht - auf dem Boden der ihr zur Verfügung stehenden mangelhaften und unzulänglichen Entscheidungsgrundlagen noch nicht abschließend beantworten dürfen.
Denn die Akten betreffend das Zustandekommen der Flächenwidmungsplanänderung lassen nicht erkennen, daß sich die Gemeinde ausreichende Entscheidungsgrundlagen beschafft hätte. Die Gemeinde hätte vor der Beschlußfassung über die Änderung des Flächenwidmungsplanes durch Festsetzung der Widmung Sonderfläche für das Grundstück 2070/1 gemäß §43 TROG 1994 beispielsweise erheben müssen, ob eine (zu errichtende) Hotelanlage in der Gemeinde Patsch an bestimmte Standorte gebunden ist (§43 Abs1 lita TROG 1994), welche Grundstücke in der Gemeinde Patsch für eine Bebauung mit einem Hotel besonders geeignet sind (§43 Abs1 lita TROG 1994) und ob auf dem Grundstück 2070/1 aus besonderen raumordnungsfachlichen Gründen nur eine bestimmte Art von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen errichtet werden darf (§43 Abs1 litb TROG 1994).
2.2.7. Dazu kommt, daß das TROG 1994 durch keine besonderen Regelungen (etwa durch die Festlegung der Verpflichtung zur Leistung einer - wenn auch möglicherweise nicht vollen - Entschädigung) die aus einer Planänderung für den Grundstückseigentümer resultierenden Nachteile ausgleicht und diesen Ausgleich die Allgemeinheit tragen läßt, in deren Interesse die wesentliche Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit der Liegenschaft durch deren Umwidmung liegt. Jedenfalls bei einer solchen Rechtslage ist bei der Auswahl der Bauflächen, die als nur beschränkt nutzbare Sonderflächen gewidmet werden sollen, auf die wirtschaftliche Interessenlage der Grundeigentümer Rücksicht zu nehmen (VfSlg. 13282/1992). Eine Abwägung der öffentlichen Fremdenverkehrsinteressen mit den Interessen der von der einschränkenden Widmung betroffenen Grundeigentümer ist den Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Flächenwidmungsplanänderung ebenfalls nicht zu entnehmen.
2.2.8. Das Fehlen erkennbarer Ziele (vgl. Unterpunkt 2.2.3.) bereits im Planauflageverfahren, die fehlende Änderungsvoraussetzung (vgl. Unterpunkt 2.2.5.), die unzulänglichen Entscheidungsgrundlagen (vgl. Unterpunkt 2.2.6.) sowie der Mangel einer Interessenabwägung (vgl. Unterpunkt 2.2.7.) bewirken die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung. Sie war daher aufzuheben.
2.2.9. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob §43 Abs1 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. 10/1997 idF LGBl. 21/1998, eine taugliche Rechtsgrundlage für die mit der angefochtenen Verordnung vorgenommene Widmung bilden konnte.
III.Dies konnte gemäß §19
Abs4 Z3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
IV.Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3300,-
enthalten.
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / Individualantrag, VfGH / Prüfungsmaßstab, Planungsakte Verfahren (Flächenwidmungsplan)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:V12.1997Dokumentnummer
JFT_10019772_97V00012_00