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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §216 idF 2004/I/180;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des S in S, vertreten durch Martin Friedl, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 4650 Lambach, Marktplatz 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 28. Jänner 2010, Zl. RV/3762-W/09, betreffend Abrechnung (§ 216 BAO), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 1995 als ehemaliger Dienstnehmer (Flugkapitän) der Austrian Airlines eine Firmenpension, für die von seinem ehemaligen Arbeitgeber Lohnsteuer in Höhe von ATS 481.719,20 (EUR 35.007,90) einbehalten wurde.
Am 26. April 1996 beantragte der Beschwerdeführer beim Finanzamt für den 1. Bezirk in Wien die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 1995. Der am 27. Mai 1997 erlassene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 führte zu einem Guthaben in Höhe von ATS 61.200,-- und erwuchs in Rechtskraft.
Mit einem an das Finanzamt für den 1. Bezirk in Wien gerichteten Antrag vom 4. August 1998 ersuchte der Beschwerdeführer "um Rückerstattung der zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer des Jahres 1995 im Betrag von S 420.518,84". Er sei im Jahr 1995 in Österreich nicht wohnhaft und überhaupt nicht steuerpflichtig gewesen. Das Finanzamt für den 1. Bezirk übermittelte den Rückerstattungsantrag an das Finanzamt für Körperschaften in Wien zur Bearbeitung.
Mit Bescheid vom 11. Juni 1999 gab das Finanzamt für Körperschaften dem Antrag des Beschwerdeführers auf Rückzahlung einbehaltener Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO in der "beantragten Höhe von 481.719 S" Folge. Eine Begründung sei nicht erforderlich, wenn dem Antrag vollinhaltlich entsprochen werde.
Mit Bescheid vom 19. Jänner 2000 hob die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland unter Ausübung ihres Aufsichtsrechts nach § 299 Abs. 1 lit. c BAO idF BGBl. 151/1980 den Bescheid des Finanzamts für Körperschaften auf. Das Finanzamt habe gegen die amtswegige Ermittlungspflicht verstoßen, da es keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen habe, ob dem Steuerpflichtigen im Kalenderjahr 1995 in Österreich eine Wohnung zur jederzeitigen Benützung zur Verfügung gestanden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 20. April 2004, 2000/13/0033, als unbegründet ab. Der Aufhebungsbescheid sei zu Recht ergangen. Eine Rechtsverletzung liege nicht vor, wenn der Aufhebungstatbestand statt richtig auf § 299 Abs. 1 BAO auf § 299 Abs. 2 BAO oder umgekehrt gestützt werde. Nicht erkennbar sei, warum inländische Pensionsbezüge - unabhängig vom Wohnsitz des Beschwerdeführers - nicht der beschränkten Steuerpflicht in Österreich unterliegen sollten. Durch die Rückerstattung der gesamten - im Übrigen betragsmäßig auch über den gestellten Antrag hinaus gehenden - Lohnsteuerbeträge sei der Rückerstattungsbescheid auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit im Sinne des § 299 Abs. 2 BAO belastet. Weiters werde auf die allgemeine Subsidiarität eines Rückerstattungsverfahrens nach § 240 Abs. 3 BAO gegenüber einem Veranlagungsverfahren (der Beschwerdeführer sei rechtskräftig zur Einkommensteuer 1995 veranlagt worden) hingewiesen.
Mit "Rückforderungsbescheid" vom 4. Februar 2000 forderte das (mittlerweile zuständige) Finanzamt für den 23. Bezirk in Wien "die zu Unrecht erstattete Lohnsteuer i.H. von S 481.719,-- für das Kalenderjahr 1995" unter Verweis auf § 207 Abs. 4 BAO zurück.
Die belangte Behörde gab der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers statt und hob mit Berufungsentscheidung vom 31. August 2005 den "Rückforderungsbescheid" des Finanzamts auf. Zwar sei das Finanzamt mit seiner Rechtsansicht, der zu Unrecht erstattete Betrag sei zufolge des durch die Finanzlandesdirektion aufgehobenen Bescheids wieder zurückzufordern, grundsätzlich im Recht, jedoch fehle dem "Rückforderungsbescheid" die gesetzliche Grundlage. Vielmehr habe das Finanzamt gemäß § 227 Abs. 1 BAO iVm § 228 BAO lediglich eine Zahlungsaufforderung zu erteilen und im Falle der Nichtentrichtung Vollstreckungsmaßnahmen im Sinne der Abgabenexekutionsordnung durchzuführen. Die entsprechende Nachbelastung am Abgabenkonto des Beschwerdeführers habe bereits aufgrund der bescheidmäßigen Aufhebung durch die Oberbehörde zu erfolgen und bedürfe es dafür keines weiteren Bescheids.
Am 13. Dezember 2006 beantragte der Beschwerdeführer die Erlassung eines Abrechnungsbescheids gemäß § 216 BAO. Mit Berufungsentscheidung vom 3. April 2008 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den vom Finanzamt Wien 1/23 erlassenen Abrechnungsbescheid vom 22. Februar 2007 insoweit statt, als sie aussprach, die aus der Verbuchung des "Rückforderungsbescheids" vom 4. Februar 2000 resultierende Abgabenschuldigkeit in Höhe von EUR 35.007,89 sei aufgrund der Berufungsentscheidung vom 31. August 2005 dem Abgabenkonto xx/9653 des Beschwerdeführers wieder gutzuschreiben. In der Begründung führte die belangte Behörde ergänzend aus, der aufhebende Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 19. Jänner 2000 sei auf dem Abgabenkonto zu verbuchen, auf dem der Rückzahlungsbescheid des Finanzamts vom 11. Juni 1999 verbucht worden sei. Dies führe infolge des Wegfalls des die Gutschrift bewirkenden (Rückzahlungs)Bescheids zu einer Lastschrift in derselben Höhe. Ein eigenständiges Leistungsgebot - welches als Lastschrift auf dem gegenständlichen Abgabenkonto des Beschwerdeführers zu verbuchen gewesen wäre - sei im Bescheid der Finanzlandesdirektion nicht enthalten gewesen.
Aufgrund dieses Bescheids korrigierte das Finanzamt Wien 1/23 am 24. April 2008 die Gebarung auf dem Abgabenkonto xx/9653. Am 1. August 2008 wurde dieses Konto vom Finanzamt gelöscht.
Am 29. Juli 2008 verbuchte das Finanzamt Wien 1/23 auf dem Abgabenkonto xx/1473 des Beschwerdeführers (welches damals offenbar den Saldo "Null" aufwies) eine "Festsetzung Lohnsteuer 1995" in der Höhe von EUR 35.007,90 mit einer Fälligkeit per 15. Jänner 1996 und einer Zahlungsfrist per 5. September 2008.
Mit Antrag vom 5. September 2008 begehrte der Beschwerdeführer neuerlich die Erlassung eines Abrechnungsbescheids gemäß § 216 BAO. Es solle festgestellt werden, dass die vom Finanzamt Wien 1/23 auf dem Abgabenkonto xx/1473 erfolgte Buchung vom 29. Juli 2008 "Festsetzung Lohnsteuer 1995 (Fälligkeitstag: 15.01.1996) zahlbar bis 05.09.2008 EUR 35.007,90" unrichtig sei. In der Begründung seines Antrags führte der Beschwerdeführer aus, ein "Lohnsteuerfestsetzungsbescheid 1995" sei ihm "bis zum heutigen Tag" nicht zugestellt worden. Die belangte Behörde habe in der Begründung der Berufungsentscheidung vom 3. April 2008 ausgeführt, der Aufhebungsbescheid der Finanzlandesdirektion vom 19. Jänner 2000 sei auf dem Abgabenkonto zu verbuchen, auf dem der Rückzahlungsbescheid des Finanzamts für Körperschaften vom 11. Juni 1999 verbucht worden sei. Dies würde infolge des Wegfalls des die Gutschrift bewirkenden Bescheids zu einer Lastschrift in derselben Höhe führen. Das Finanzamt Wien 1/23 habe nun jedoch jenes Abgabenkonto belastet, welches ursprünglich vom Finanzamt für den 1. Bezirk zur Verbuchung der Veranlagung der Einkommensteuer aufgrund der beschränkten Steuerpflicht des Beschwerdeführers gemäß § 213 Abs. 3 BAO angelegt worden sei. Da für die Erledigung des Rückzahlungsantrags aber das Finanzamt für Körperschaften zuständig gewesen sei, könne es sich bei dem nun belasteten Abgabenkonto keinesfalls um das von der belangten Behörde in der Berufungsentscheidung vom 3. April 2008 angesprochene Abgabenkonto handeln. Damit könne die Verbuchung der "Festsetzung Lohnsteuer 1995" auch nicht mit der von der belangten Behörde in der Berufungsentscheidung vom 3. April 2008 geforderten Vorgangsweise begründet werden.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2008 wies das Finanzamt Wien 1/23 den Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheids als unzulässig zurück. Im gegenständlichen Verfahren sei nur zu prüfen, "ob rechnungsmäßig richtig vollzogen ist, was sich im Bereich des tatsächlichen Zahlungsverkehrs ereignet hat". Die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung sei in diesem Verfahren nicht mehr zu prüfen.
Mit Berufungsentscheidung vom 25. März 2009 gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung statt und hob den Zurückweisungsbescheid des Finanzamts auf. Laut Aktenlage sei am Abgabenkonto xx/1473 des Beschwerdeführers am 29. Juli 2008 mit dem Geschäftsfallcode 46 (Buchung einer Festsetzung von selbst zu berechnenden und abzuführenden Abgabenschuldigkeiten) eine Lastschrift an Lohnsteuer in Höhe von EUR 35.007,90 mit dem Fälligkeitstag 15. Jänner 1996 und einer Zahlungsfrist bis 5. September 2008 verbucht worden. Soweit das Finanzamt den Zurückweisungsbescheid damit begründe, im Verfahren über einen Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheids sei die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung nicht mehr zu prüfen, werde übersehen, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag damit begründet habe, ihm sei ein Lohnsteuerfestsetzungsbescheid 1995 nicht zugestellt worden. Ob ein Leistungsgebot zugestellt worden sei ("nur dann wäre die Buchung rechtmäßig gewesen"), sei keine Frage der Rechtmäßigkeit der Zustellung (und damit der Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 12. November 1997, 96/16/0285). Die Frage, ob die Zustellung überhaupt (wirksam) erfolgt sei, sei im Verfahren nach § 216 BAO austragbar. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 4. Februar 2009, 2008/15/0266, ausgesprochen, dass die Frage, ob strittige Erledigungen wirksam zugestellt worden seien und damit Bescheidqualität erlangt hätten, in einem Verfahren nach § 216 BAO ausgetragen werden könne.
Mit Abrechnungsbescheid vom 12. August 2009 sprach das Finanzamt Wien 1/23 aus, dass "die Buchung vom 29.7.2008 auf dem Abgabenkonto (xx/1473), lautend auf (den Beschwerdeführer), Geschäftsfall 46, Abgabenart L, Zeitraum 1995, Betrag EUR 35.007,90" rechtmäßig erfolgt sei. "Sie stellt die gebarungsmäßige Umsetzung der Entscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. Jänner 2000 dar, die in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO (in der damals geltenden Fassung) den Bescheid des Finanzamtes vom 11. Juni 1999 aufgehoben hat, mit dem dem Antrag des (Beschwerdeführers) vom 4. August 1998 auf Rückerstattung der im Kalenderjahr 1995 angeblich zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer im Ausmaß von S 481.719,-- (EUR 35.007,90) stattgegeben worden war." In der Bescheidbegründung führte das Finanzamt aus, aus der tatsächlich - nunmehr jedoch "titellos" - erfolgten Auszahlung resultiere ein Rückforderungsanspruch in Höhe von EUR 35.007,90, der "in der einen oder anderen Weise" kontenmäßig zu erfassen gewesen sei. Die ursprüngliche Auszahlung sei über ein Sammelkonto des Finanzamts für Körperschaften erfolgt. Dieses Konto sei nur für die Verbuchung von Rückzahlungen an beliebig viele Antragsteller eingerichtet worden und sei keiner bestimmten Person zugeordnet. Da es keine Bestände aufweisen dürfe, sei am 1. Juli 1999 auch eine "Doppelbuchung", nämlich die "Dotierung" dieses Kontos mit S 481.719,-- und die gleichzeitige Auszahlung dieses Betrags erfolgt. Für Rückabwicklungen sei dieses Sammelkonto "prinzipiell" nicht vorgesehen. Die erforderliche Umsetzung des Aufhebungsbescheids der Finanzlandesdirektion vom 19. Jänner 2000 habe somit nur durch eine Nachbelastung am Abgabenkonto des Beschwerdeführers erfolgen können. Zum Einwand des Beschwerdeführers, wonach ihm "ein Lohnsteuerfestsetzungsbescheid 1995 bis zum heutigen Tag nicht zugestellt" worden sei, führte das Finanzamt aus, "dass ein solcher Bescheid tatsächlich nicht erlassen wurde und auch nicht zu erlassen ist". Wie die belangte Behörde bereits in der Berufungsentscheidung vom 31. August 2005 ausgeführt habe, sei ein Rückforderungsbescheid rechtlich nicht vorgesehen. Vielmehr habe das Finanzamt lediglich gemäß § 227 Abs. 1 BAO iVm § 228 BAO eine Zahlungsaufforderung zu erteilen und Vollstreckungsmaßnahmen zu setzen. Es bedürfe daher weder eines Rückforderungs- noch eines Lohnsteuerfestsetzsetzungs- oder eines sonstigen Bescheids, um die entsprechende Nachbelastung am Abgabenkonto des Beschwerdeführers vorzunehmen.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Begründung des Abrechnungsbescheids lasse unberücksichtigt, dass er im Antrag vom 5. September 2008 auch Feststellungen hinsichtlich der Fälligkeit ("Fälligkeitstag: 15. Jänner 1996") und der Nachfrist ("zahlbar bis 5. September 2008") begehrt habe und im Abrechnungsbescheid auch Feststellungen darüber zu treffen seien, um welche Abgabenart es sich bei der "Rückforderung" handle, wann der Abgabenanspruch entstanden sei, auf welches Leistungsgebot sich der "titellose" Abgabenzahlungsanspruch stütze, wann die Festsetzungs- und Einhebungsverjährung für die als "Rückforderung" bezeichnete Abgabe begonnen habe und gegebenenfalls wodurch die Einhebungsverjährung unterbrochen bzw. gehemmt worden sei. Derartige Feststellungen seien für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verbuchung der Gebarung und des Bestands des Abgabenzahlungsanspruchs aber unabdingbar. Dem zu beurteilenden Buchungsvorgang auf dem Gebarungskonto liege kein Titelbescheid zugrunde. Auch sei nur der Spruch, niemals aber die Begründung eines Bescheids der Rechtskraft fähig und könne auch das obiter dictum der Berufungsentscheidung vom 31. August 2005, an das sich das Finanzamt "krampfhaft klammert", keine Rechtswirkungen entfalten. Ohne Vorliegen eines Titelbescheids könne kein Abgabenanspruch und damit auch kein Abgabenzahlungsanspruch behauptet werden.
Die belangte Behörde wies - nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Rückerstattung der für das Jahr 1995 angeblich zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO sei mit Bescheid vom 11. Juni 1999 stattgegeben und der Betrag in Höhe von ATS 481.719,-- vom Sammelkonto am 1. Juli 1999 zurückbezahlt worden. Mit Bescheid vom 19. Jänner 2000 habe die Finanzlandesdirektion den Bescheid vom 11. Juni 1999 gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO aufgehoben, sodass daraus infolge des Wegfalls des Rechtsgrunds für die erfolgte Auszahlung eine Lastschrift (Rückforderungsanspruch) in Höhe von ATS 481.719,-- resultiert habe. Die Unmöglichkeit der Verbuchung der Entscheidung der Finanzlandesdirektion vom 19. Jänner 2000 auf dem Sammelkonto ändere nichts daran, dass die Aufhebung des auf diesem Konto am 1. Juli 1999 verbuchten, zu einer Gutschrift in Höhe von ATS 481.719,-- führenden Bescheids grundsätzlich zu einer Lastschrift in derselben Höhe zu führen habe und die Obliegenheit des Finanzamts auslöse, diese gemäß § 213 BAO zu verbuchen. Im Berufungsverfahren sei die Rechtmäßigkeit der Verbuchung vom 29. Juli 2008 der "zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer 1995 (Abgabenanspruch)" strittig. Es könne daher keine Rede davon sein, dass vom Finanzamt kein Abgabenanspruch und daher auch kein Abgabenzahlungsanspruch behauptet werden könne. Soweit der Beschwerdeführer Feststellungen hinsichtlich Fälligkeit, Nachfrist, Abgabenart, Entstehung des Abgabenanspruchs, Grundlage des titellosen Abgabenzahlungsanspruchs etc. vermisse, sei dem zu entgegen, dass die im Antrag des Beschwerdeführers vom 5. September 2008 "konkretisierte" Buchung vom 29. Juli 2008 alle erforderlichen Feststellungen enthalte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 216 BAO idF des Abgabenänderungsgesetzes 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, hat die Abgabenbehörde auf Antrag des Abgabepflichtigen mit Bescheid über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, abzusprechen (Abrechnungsbescheid).
Der Abrechnungsbescheid dient der Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte schlechthin (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juli 2006, 2006/14/0029, und vom 2. Oktober 2014, 2011/15/0074). Es kann auch die Prüfung und die Darlegung der Ergebnisse verlangt werden, ob die rechnungsmäßige Anlastung der Abgabenfestsetzung (nicht aber die Abgabenfestsetzung selbst) und die entsprechenden Gutschriften bei verminderten Festsetzungen kassenmäßig ihren richtigen Ausdruck gefunden haben (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 31. März 2005, 2002/15/0016).
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die am 29. Juli 2008 vom Finanzamt Wien 1/23 auf dem Abgabenkonto xx/1473 des Beschwerdeführers vorgenommene Verbuchung einer "Festsetzung Lohnsteuer 1995 (Fälligkeitstag: 15. Jänner 1996) zahlbar bis 5. September 2008 EUR 35.007,90" zu Recht erfolgt ist.
Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist die Abweisung einer Berufung als unbegründet so zu werten, als ob die Berufungsbehörde einen mit dem mit Berufung bekämpften Bescheid des Finanzamts im Spruch übereinstimmenden Bescheid erlassen hätte (vgl. Ritz, BAO4, § 289 Tz 47, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs). Durch die Übernahme des Spruchs des erstinstanzlichen Bescheids bestätigt der angefochtene Bescheid die Richtigkeit der Buchung betreffend die "Festsetzung Lohnsteuer 1995 (Fälligkeitstag: 15. Jänner 1996) zahlbar bis 5. September 2008 EUR 35.007,90". Wie das Finanzamt in der Begründung des Abrechnungsbescheids vom 12. August 2009 aber selbst ausgeführt hat, wurde "ein solcher Bescheid tatsächlich nicht erlassen". Da dem verbuchten Leistungsgebot der Lohnsteuerfestsetzung somit kein entsprechender Festsetzungsbescheid zugrunde lag, war der Abrechnungsbescheid schon deshalb rechtswidrig, was die belangte Behörde verkannt hat.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandsersatzverordnung 2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 17. Dezember 2014
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2010130061.X00Im RIS seit
11.02.2015Zuletzt aktualisiert am
30.03.2015