TE Vwgh Erkenntnis 2014/12/18 2012/07/0200

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Veröffentlicht am 18.12.2014
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §13a;
AVG §19 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der Ö GmbH in W, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, LL.M, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 3. Juli 2012, Zl. BMLFUW-UW.2.1.16/0048-VI/6/2012-Gu, betreffend Zurückweisung eines Antrages i.A. AWG 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Spruchpunktes II. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem - allein durch die vorliegende Beschwerde bekämpften -

Spruchpunkt II. ihres Bescheides vom 3. Juli 2012 wies die belangte Behörde einen Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 6. Dezember 2010 auf Erweiterung des sachlichen Tätigkeitsbereiches des Sammel- und Verwertungssystems der beschwerdeführenden Partei auf alle Fahrzeugmarken, die in Österreich in Verkehr gesetzt würden, gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück.

Zur Begründung dieser Antragszurückweisung führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe maßgeblicher Bestimmungen - im Wesentlichen aus, mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 2007 sei das Sammel- und Verwertungssystem für Altfahrzeuge der beschwerdeführenden Partei für 14 Marken unter Vorschreibung von Auflagen und unter Befristung auf 10 Jahre genehmigt worden; die Genehmigung sei zuletzt mit einem Bescheid aus 2009 um eine bestimmte Marke ergänzt worden.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 habe die beschwerdeführende Partei die Genehmigung zur Übertragung der abfallseitigen Verpflichtungen gemäß § 5 Abs. 2 Altfahrzeugeverordnung für alle Fahrzeugmarken, die in Österreich in Verkehr gesetzt würden, beantragt.

Nach Einholung eines Gutachtens eines Amtssachverständigen habe die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben vom 2. August 2011 die Verbesserung des Antrages (u.a.) durch die folgende Ergänzung aufgetragen:

"5. Beschreibung der Sammelvorkehrungen: Es ist die tatsächliche Durchführung der Vertragsänderung (Änderung der Verträge mit Rücknahmestellen) nachzubringen, mit Angaben dazu, ob dies zu Kündigungen der Verträge geführt hat.

5.1. Nachweis der Sammelkapazitäten: Es ist der Nachweis darüber zu erbringen, dass die Rücknahmestellen alle Marken übernehmen, sowie der Nachweis der Flächendeckung der Rücknahmestellen."

Daraufhin habe sich die beschwerdeführende Partei am 1. September 2011 (u.a.) zu Sammelvorkehrungen geäußert und zusätzliche Dokumente vorgelegt, die die Zulässigkeit ihres Antrages untermauern hätten sollen.

Voraussetzung für die Genehmigung einer Systemerweiterung - so die belangte Behörde weiter - sei der Nachweis, dass österreichweit ein flächendeckendes Netz an Rücknahmestellen für die Marken des erweiterten Tätigkeitsbereichs eingerichtet sei; alle Rücknahmestellen müssten sich in zumutbarer Entfernung befinden. Eine Prüfung, ob diese Flächendeckung vorliege und somit die Entfernung der Rücknahmestellen zumutbar sei, könne nur vorgenommen werden, wenn dem Genehmigungsantrag auch die entsprechenden Verträge beigelegt würden, aus denen hervorgehe, dass die Rücknahme der Altfahrzeuge sichergestellt sei.

Der Antrag der beschwerdeführenden Partei habe "keine unterzeichneten Verträge enthalten". Im Zuge des Verbesserungsverfahrens gemäß § 13 Abs. 3 AVG sei der beschwerdeführenden Partei daher aufgetragen worden, "die Verträge nachzureichen". Die Nichtvorlage der unterzeichneten Verträge stelle einen "Mangel des Antrags" dar. Da dieser Mangel auch im Verbesserungsverfahren nicht behoben worden sei, sei der Antrag zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass auf den vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.

2. Die Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 - AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF BGBl. I Nr. 35/2012, lauten auszugsweise wie folgt:

"5. Abschnitt

Sammel- und Verwertungssysteme

Genehmigung von Sammel- und Verwertungssystemen

§ 29. (1) Die Einrichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Sammel- und Verwertungssystemen bedarf nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 36 einer Genehmigung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

(2) Dem Antrag auf Genehmigung sind insbesondere anzuschließen:

1. Angaben über den Rechtsträger und über die Eigentümerstruktur, einschließlich der Vorlage des die Gesellschaft begründenden Vertrages in der gültigen Fassung und einer Darstellung der Unternehmensstruktur (Aufbau und Ablauforganisation);

2.

Angaben über die Produkte und die zu übernehmenden Abfälle;

3.

Angaben über Art, Zweck, Umfang und Dauer des Sammel- und Verwertungssystems, einschließlich der Geschäftsfelder (zB produkts-, branchen-, abfallspezifisch, Sammlung von in privaten Haushalten oder gewerblich anfallenden Abfällen);

4.

die gewerberechtliche Berechtigung, soweit erforderlich;

5.

eine Beschreibung der Vorkehrungen zur Sammlung und Verwertung, einschließlich den Nachweis, die übernommenen Leistungen in technischer Hinsicht erbringen zu können (ausreichende Sammelkapazitäten, Sammeldichte und Verwertungsmöglichkeiten);

              6.              der Nachweis des ausreichenden räumlichen und sachlichen Tätigkeitsbereiches zur Erfüllung der Verpflichtungen;

              7.              Angaben über die Grundlagen zur Berechnung der vorgesehenen Tarife für die Sammlung und Verwertung, wie insbesondere die Kostenfaktoren und die zu erwartenden Aufwendungen der Sammlung, Sortierung, Verwertung und Verwaltung;

              8.              der Nachweis der Kostendeckung der Finanzierung für die zu übernehmenden Verpflichtungen einschließlich der ausreichenden Sicherstellung der übernommenen Leistungen;

              9.              Angaben über die Art der Nachweisführung der Sammel- und Verwertungsquoten;

10.

allgemeine Geschäftsbedingungen;

11.

Maßnahmen zur Förderung der Abfallvermeidung.

(...)"

              3.              Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid (u.a.) in ihrem Recht auf Entscheidung in der Sache verletzt.

3.1. Dazu bringt sie vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht einen Auftrag zur Verbesserung durch Vorlage von abgeänderten Verträgen mit den Rücknahmestellen zum Nachweis im Sinn des § 29 Abs. 2 Z. 5 und 6 AWG 2002 erteilt; für einen solchen Auftrag gebe es weder im AWG 2002 noch in der Altfahrzeugeverordnung eine Rechtsgrundlage. Vielmehr müsse nur ein ausreichender Nachweis für die Flächendeckung, technische Machbarkeit usw. gegeben sein.

Da somit der von der belangten Behörde angenommene Mangel des Anbringens der beschwerdeführenden Partei nicht vorgelegen sei, hätte die belangte Behörde dieses Anbringen nicht zurückweisen dürfen, sondern in der Sache selbst entscheiden müssen.

3.2. Darüber hinaus bringt die Beschwerde vor, die beschwerdeführende Partei sei im Verwaltungsverfahren nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen und durch die belangte Behörde auch nicht darüber belehrt worden, dass ihr Antrag bei nicht fristgerechter Verbesserung zurückgewiesen werde; insbesondere befinde sich auch im Verbesserungsauftrag kein diesbezüglicher Hinweis, weshalb dieser nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 3 iVm § 13a AVG genüge.

4. Das zuletzt wiedergegebene Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:

4.1. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Diese Bestimmung sieht zwar nicht vor, dass ein darauf gestützter Verbesserungsauftrag über die Fristsetzung hinaus noch ausdrücklich darauf hinweisen müsste, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der bestimmten Frist nicht mehr berücksichtigt wird. Der Eintritt dieser Rechtsfolge ist - anders als im Falle des § 19 Abs. 3 AVG - nicht von einem dem Auftrag beigefügten Hinweis abhängig. Aus § 13a AVG ist jedoch abzuleiten, dass ein solcher ausdrücklicher Hinweis dann zu erfolgen hat, wenn der Verbesserungsauftrag an eine Partei ergeht, die nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2007, Zl. 2006/07/0001, sowie die weiteren Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 13 Rz 30).

4.2. Der von der belangten Behörde mit dem im Verwaltungsakt ersichtlichen Schreiben vom 2. August 2011 an die im Verwaltungsverfahren unvertretene beschwerdeführende Partei erteilte Verbesserungsauftrag enthält keinen Hinweis auf eine drohende Zurückweisung des Antrages; die belangte Behörde behauptet im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch gar nicht, die beschwerdeführende Partei in dieser Hinsicht belehrt zu haben.

Aus diesem Grund lag ein den Anforderungen von § 13 Abs. 3 in Verbindung mit § 13a AVG genügender Verbesserungsauftrag nicht vor.

5. Die auf Nichtbefolgung des Verbesserungsauftrages gestützte Zurückweisung des Antrages ist daher mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2005/18/0513), weshalb der angefochtene Bescheid im Umfang seines (allein bekämpften) Spruchpunktes II. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 18. Dezember 2014

Schlagworte

Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages ManuduktionspflichtPflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages Frist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012070200.X00

Im RIS seit

06.02.2015

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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