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16/02 RundfunkNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung einer Beschwerde wegen Abhaltung einer Schweigeminute zum Gedenken an den Kreuzestod Christi im Fernsehprogramm ORF 2 sowie in allen Hörfunkprogrammen; keine Bedenken gegen das Gebot der angemessenen Berücksichtigung gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften; kein Eingriff in die (negative) ReligionsfreiheitRechtssatz
Die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt durch das ORF-G ist bereits durch ArtI Abs2 BVG-Rundfunk geboten. Im Rahmen dieser Vielfaltssicherung kommt dem öffentlichen Rundfunk ein weiter Spielraum zu, wobei es dem Staat verwehrt ist, Wertigkeit und Stil oder Niveau des Rundfunkprogramms zu bewerten. Der die Rundfunkfreiheit ausgestaltende Gesetzgeber muss die aus dem Grundrecht der Religionsfreiheit (Art9 EMRK, Art14 StGG) erfließenden verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen berücksichtigen. Dabei geht es einerseits um grundrechtliche Positionen jener Personen, die religiöse Sendungen und Sendungsinhalte empfangen möchten; andererseits kann auch die (negative) Religionsfreiheit von Personen berührt sein, die einer Glaubenswerbung ausgesetzt sind. Dabei ist zu beachten, dass zwar ein Schutz vor Übergriffen einer Religionsgemeinschaft oder Angehörigen derselben gewährleistet ist, nicht aber die Freiheit vor jeder Konfrontation mit religiösen Auffassungen.
Es liegt im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften in angemessener Weise in den Programmen des ORF zu berücksichtigen, wobei auch in diesem Bereich jede zulässige Darbietung des ORF dem Objektivitätsgebot unterliegt (vgl VfSlg 17082/2003).
§4 Abs1 Z12 ORF-G berücksichtigt nicht nur die verfassungsrechtlich gebotene Meinungsvielfalt, sondern auch die Religionsfreiheit. Den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend muss dem Objektivitätsgebot im konkreten Programm Rechnung getragen werden.
Keine Verletzung des Gleichheitsrechtes.
Der VfGH vermag nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde den die verfassungsgesetzlichen Gebote der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung sowie der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme konkretisierenden gesetzlichen Bestimmungen einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte (VfSlg 18744/2009).
Für den VfGH ist nicht ersichtlich, dass eine Schweigeminute im Programm des ORF einen Eingriff in die Religionsfreiheit des Beschwerdeführers darstellen könnte (zur negativen Religionsfreiheit vgl VfSlg 19349/2011 mwN). Inwieweit die - aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenkliche und in §4 Abs1 Z12 ORF-G vorgesehene - Berücksichtigung einer gesetzlich anerkannten Kirche eine Bevorzugung dieser Kirche und eine Diskriminierung des Beschwerdeführers darstellen könnte, ist für den VfGH nicht erkennbar.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Rundfunk, Rundfunkfreiheit, Meinungsäußerungsfreiheit, Objektivitätsgebot, ReligionsfreiheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:B150.2013Zuletzt aktualisiert am
15.03.2016