TE Vwgh Erkenntnis 2014/12/17 2013/10/0105

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Veröffentlicht am 17.12.2014
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13a;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des L S in B, vertreten durch die Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3/1, gegen den Bescheid des Landesschulrates für Steiermark vom 22. Oktober 2012, Zl. IVSchi51/2-2012, betreffend Berechtigung zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2011/2012 die

3. Klasse des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums Bruck an der Mur.

Mit Entscheidung vom 11. September 2012 sprach die Klassenkonferenz aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) zum Aufsteigen in die

4. Klasse nicht berechtigt sei. Begründend wurde darauf verwiesen, dass nach dem Ergebnis der Wiederholungsprüfungen feststehe, dass das Jahreszeugnis in den Pflichtgegenständen Deutsch und Französisch die Note "Nicht genügend" enthalten werde. Die Voraussetzungen für die Berechtigung zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe seien somit nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Landesschulrates für Steiermark vom 22. Oktober 2012 wurde diese Berufung gemäß §§ 25 Abs. 1 iVm 71 Abs. 2 und 6 SchUG abgewiesen und (nochmals) ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer zum Aufsteigen in die

4. Klasse nicht berechtigt sei.

Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und Hinweisen auf die Rechtslage im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer wende sich in seiner Berufung an die belangte Behörde nur gegen die negative Beurteilung der Wiederholungsprüfung aus Deutsch, dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Aufgabenstellung derart unklar gewesen sei, dass ein positives Ablegen der Wiederholungsprüfung unmöglich gewesen sei. Die mit "Nicht genügend" beurteilte Wiederholungsprüfung aus Französisch werde ausdrücklich nicht bekämpft. Die belangte Behörde habe aufgrund der von der Schule vorgelegten Unterlagen, insbesondere aufgrund der Prüfungsprotokolle, die Beurteilung der Wiederholungsprüfung einer Überprüfung unterzogen. Sowohl aus dem eingeholten - im angefochtenen Bescheid auszugsweise wörtlich wiedergegebenen - pädagogischen Gutachten der Landesschulinspektorin zur Wiederholungsprüfung aus Deutsch als auch aus der in Reaktion auf eine Äußerung des Beschwerdeführers zum erstatteten Gutachten ergangenen - im angefochtenen Bescheid ebenfalls wiedergegebenen - weiteren Stellungnahme der Landesschulinspektorin ergebe sich zweifelsfrei, dass die Beurteilung der Wiederholungsprüfung aus Deutsch mit "Nicht genügend" gerechtfertigt sei. Die Aufgabenstellung sei entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers keineswegs unklar gewesen. Überdies resultiere die negative Beurteilung - wie im Gutachten ausgeführt - aus dem Nichterreichen wesentlicher Kompetenzen. Der Beschwerdeführer habe wesentliche Bereiche und Anforderungen des Lehrplanes nicht erfüllen können, sodass die negative Beurteilung korrekt erfolgt sei. Da die Beurteilungen in den Unterrichtsgegenständen Deutsch und Französisch aufgrund der beiden negativ beurteilten Wiederholungsprüfungen jeweils mit "Nicht genügend" aufrecht blieben, sei die Berufung abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.

1.2. Das Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2012 (SchUG), lautet auszugsweise:

"Wiederholungsprüfung

§ 23. (1) Ein Schüler darf - ausgenommen in der Grundschule sowie in Sonderschulen mit Klassenlehrersystem - in einem Pflichtgegenstand oder in zwei Pflichtgegenständen eine Wiederholungsprüfung ablegen, wenn im Jahreszeugnis

1. der Schüler in Pflichtgegenständen ohne Leistungsgruppen mit 'Nicht genügend' beurteilt worden ist, oder

2. der Schüler in der niedrigsten Leistungsgruppe eingestuft war und mit 'Nicht genügend' beurteilt worden ist, oder

3. der Schüler in der letzten Stufe einer Schulart in einer höheren Leistungsgruppe eingestuft war und mit 'Nicht genügend' beurteilt worden ist;

hiebei darf die Gesamtanzahl der Beurteilungen mit 'Nicht

genügend' gemäß Z 1 bis 3 zwei nicht übersteigen.

...

(6) Die Beurteilung der Leistungen des Schülers bei der Wiederholungsprüfung hat durch den Lehrer des betreffenden Unterrichtsgegenstandes in der betreffenden Klasse (Prüfer) gemeinsam mit einem zweiten vom Schulleiter zu bestimmenden Lehrer (Beisitzer) zu erfolgen. Im Fall der Verhinderung des als Prüfer in Betracht kommenden Lehrers sowie im Falle des Abs. 3 sind sowohl der Prüfer als auch der Beisitzer vom Schulleiter zu bestellen. Prüfer und Beisitzer sollen den betreffenden Unterrichtsgegenstand unterrichten oder für ihn lehrbefähigt sein. Über den Verlauf der Prüfung ist eine schriftliche Aufzeichnung zu führen. Wenn eine Einigung über die Beurteilung nicht zustande kommt, hat der Schulleiter zu entscheiden.

...

Aufsteigen

§ 25. (1) Ein Schüler ist zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Schulstufe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note 'Nicht genügend' enthält. Eine Schulstufe gilt auch dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn bei Wiederholen von Schulstufen das Jahreszeugnis in höchstens einem Pflichtgegenstand die Note 'Nicht genügend' enthält und dieser Pflichtgegenstand vor der Wiederholung der Schulstufe zumindest mit 'Befriedigend' beurteilt wurde.

(2) Ein Schüler ist ferner zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn das Jahreszeugnis zwar in einem Pflichtgegenstand die Note 'Nicht genügend' enthält, aber

a) der Schüler nicht auch schon im Jahreszeugnis des vorhergegangenen Schuljahres in demselben Pflichtgegenstand die Note 'Nicht genügend' erhalten hat,

b) der betreffende Pflichtgegenstand - ausgenommen an Berufsschulen - in einer höheren Schulstufe lehrplanmäßig vorgesehen ist und

c) die Klassenkonferenz feststellt, daß der Schüler auf Grund seiner Leistungen in den übrigen Pflichtgegenständen die Voraussetzungen zur erfolgreichen Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe im Hinblick auf die Aufgabe der betreffenden Schulart aufweist.

...

Berufung

§ 71. ...

(2) Gegen die Entscheidung,

...

c) daß der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist oder die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat (Entscheidung gemäß § 20 Abs. 6, Entscheidung nach Ablegung von einer oder zwei Wiederholungsprüfungen, jeweils in Verbindung mit § 25),

...

ist die Berufung an die Schulbehörde erster Instanz zulässig. Die Berufung ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen. Der Schulleiter (der Vorsitzende der Prüfungskommission) hat die Berufung unter Anschluß einer Stellungnahme der Lehrer (Prüfer), auf deren Beurteilungen sich die Entscheidung gründet, sowie unter Anschluß aller sonstigen Beweismittel unverzüglich der Schulbehörde erster Instanz vorzulegen.

...

(4) Die Schulbehörde erster Instanz hat in den Fällen des Abs. 2, insoweit sich die Berufung auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit 'Nicht genügend' stützt, diese zu überprüfen. Wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung, daß eine auf 'Nicht genügend' lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Berufungswerber zu einer kommissionellen Prüfung (Abs. 5) zuzulassen. Die Überprüfung der Beurteilungen bzw. die Zulassung zur kommissionellen Prüfung hat auch dann zu erfolgen, wenn deren Ergebnis keine Grundlage für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung gibt.

...

(6) Der der Berufung stattgebenden oder diese abweisenden Entscheidung ist die Beurteilung zugrunde zu legen, die die Behörde nach der Überprüfung bzw. die Prüfungskommission nach der Durchführung der Prüfung für richtig hält. Sofern diese Beurteilung nicht auf 'Nicht genügend' lautet, ist ein Zeugnis auszustellen, das diese Beurteilung enthält.

...

(8) In den Fällen des § 70 Abs. 1 und des § 71 Abs. 2 lit. a, lit. b, lit. c nach Ablegung von einer oder zwei Wiederholungsprüfung(en) oder nach Ablegung einer Nachtragsprüfung, lit. d, lit. e und lit. g ist gegen die Entscheidung der Schulbehörde erster Instanz ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. In den Fällen des § 71 Abs. 2 lit. c (sofern nicht der erste Satz Anwendung findet) und lit. f sowie in den Fällen der Beendigung des Schulbesuches (§ 33) geht der Instanzenzug der Verwaltung bis zur Schulbehörde zweiter Instanz, gegen deren Entscheidung kein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist."

2.1. Die Beschwerde macht zunächst geltend, der angefochtene Bescheid leide insoweit an einem Begründungsmangel, als die belangte Behörde nicht begründet habe, warum sie dem pädagogischen Sachverständigengutachten gefolgt sei, der Stellungnahme des Beschwerdeführers (dazu) jedoch nicht. Dieser Begründungsmangel sei deshalb wesentlich, weil für den Beschwerdeführer nicht erkennbar sei, ob bzw. inwiefern seine Stellungnahme berücksichtigt worden sei.

Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil die belangte Behörde - wie die Beschwerde selbst ausführt - die Stellungnahme des Beschwerdeführers der Sachverständigen vorgelegt hat, diese die erhobenen Einwände einer fachlichen Beurteilung unterzogen hat, die Ergebnisse dieser Beurteilung im angefochtenen Bescheid wiedergegeben wurden und die belangte Behörde sich in ihrer Beurteilung (auch) darauf gestützt hat. Im Übrigen wird mit dem oben wiedergegeben Beschwerdevorbringen aber auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ansatzweise aufgezeigt.

2.2. Die Beschwerde bringt weiters - mit umfangreicheren Darlegungen - vor, die belangte Behörde hätte den Beschwerdeführer nach § 13a AVG darüber aufklären müssen, dass er das Gutachten der Landesschulinspektorin nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur auf (gleicher) fachlicher Ebene entkräften könne, und ihn daher anleiten müssen, dass die von ihm selbst formulierte Stellungnahme diese Voraussetzung nicht erfülle.

Dem ist zu erwidern, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, gemäß § 13a AVG nur die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben hat, sie aber nicht in materieller Hinsicht zu beraten und insbesondere nicht anzuleiten hat, welche Behauptungen sie anzustellen oder mit welchen Beweismitteln oder Beweisanträgen sie vorzugehen hätten. Insbesondere geht die behördliche Anleitungspflicht nicht so weit, dass die Partei auf das Erfordernis der Widerlegung eines Sachverständigengutachtens auf gleicher fachlicher Ebene hingewiesen werden muss (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2012, Zl. 2009/11/0226, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2001, Zl. 2001/07/0017, und die bei Hengstschläger/Leeb, AVG2, § 13a, Rz 6, referierte hg. Judikatur).

2.3. Die Beschwerde macht sodann geltend, dem Beschwerdeführer sei zwar das Gutachten der pädagogischen Amtssachverständigen zur Kenntnis gebracht worden, doch sei ihm lediglich eine Frist von drei Tagen zur Stellungnahme eingeräumt worden. Diese Frist sei "angesichts des Umfanges des Gutachtens bzw. den darin aufgezeigten Tatsachen und der notwendigen Replik auf fachlicher Ebene deutlich zu kurz" gewesen.

Mit diesem Vorbringen wird - ungeachtet der Frage, ob die gesetzte Frist nach den Umständen des Falles als angemessen anzusehen war - allerdings schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, weil der Beschwerdeführer innerhalb der ihm gesetzten Frist eine Stellungnahme abgegeben hat und (darin) weder erkennen hat lassen, dass er eine weitere - fachlich fundierte - Stellungnahme abzugeben beabsichtige noch aus diesem Grund um Fristverlängerung angesucht hat (vgl. zu einer derartigen Konstellation etwa das hg. Erkenntnis vom 8. April 2014, Zl. 2011/05/0071).

3. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. Dezember 2014

Schlagworte

Vorliegen eines Gutachtens StellungnahmeGutachten Parteiengehör ParteieneinwendungenParteiengehör Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013100105.X00

Im RIS seit

11.02.2015

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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