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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §9 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des G R in W, vertreten durch Dr. Susanne Fruhstorfer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Naglergasse 25, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 14. Februar 2000, RV/245 - 07/99, betreffend Haftung für Abgabenschulden, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg Erkenntnis vom 22. September 1999, 94/15/0158, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juli 1994, GA 7 - 1035/93, betreffend Haftung für Abgabenschulden wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil die belangte Behörde die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftenden hinsichtlich Umsatzsteuer für die Monate August und September 1992 sowie Säumniszuschläge mit der durch einen verstärkten Senat vom 18. Oktober 1995, 91/13/0037, 0038, Slg Nr 7038/F, nicht mehr aufrecht erhaltenen Rechtsansicht, bei der Umsatzsteuer handle es sich um eine mit den Preisen bereits vereinnahmte Abgabe, weswegen der Beschwerdeführer zur gänzlichen Abfuhr der Umsatzsteuer ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH bei korrekter Geschäftsführung jedenfalls in der Lage gewesen sein müsste, begründet hatte.
In dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, die GmbH, deren Gesellschafter und einziger Geschäftsführer seit deren Gründung der Beschwerdeführer gewesen ist, habe im September 1992 laufende Umsätze von brutto rund 0,2 Mio S erzielt. Am 25. und am 30. September 1992 habe die GmbH ihre Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie ihre Warenvorräte um brutto rund 2,8 Mio S verkauft. Mit Wirkung ab 30. September 1992 habe die GmbH ihre unternehmerische Tätigkeit eingestellt. Ab dem 29. September 1992, somit ab der Sperre des von der Hausbank der GmbH eingeräumten Kontokorrentkredites, seien alle Zahlungseingänge am Kontokorrentkonto belassen worden. Wie sich aus dem anlässlich der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH am 20. November 1992 erstellten Status ergebe, habe die GmbH über Bankguthaben und Forderungen von jeweils rund 0,5 Mio S verfügt. Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, der Beschwerdeführer habe bis zur Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH andrängende Gläubiger, darunter auch den Bund als Abgabengläubiger insofern benachteiligt, als er mit den Zahlungseingängen am Kontokorrentkonto die Forderung der Hausbank zu Lasten anderer Forderungen zur Gänze befriedigt habe. Damit habe der Beschwerdeführer die ihm auferlegte Verpflichtung, alle andrängenden Gläubiger nach Maßgabe der vorhandenen Mittel gleichmäßig zu befriedigen, verletzt, weswegen er gemäß § 9 Abs 1 iVm § 80 Abs 1 BAO zur Haftung für Abgabenschulden der GmbH heranzuziehen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Unbestritten ist, dass die Abgaben, für die der Beschwerdeführer als Haftender herangezogen worden ist, bei der GmbH nicht mehr eingebracht werden können, sowie, dass der Beschwerdeführer seit Gründung der GmbH deren einziger Geschäftsführer gewesen ist, weswegen er zum Kreis der im § 80 Abs 1 BAO genannten Vertreter gehört, die zur Haftung gemäß § 9 Abs 1 leg cit herangezogen werden können.
Der Beschwerdeführer behauptet, er habe durch Einstellung der Zahlungen an alle Gläubiger ab dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH am 29. September 1992 sichergestellt, dass alle Zahlungseingänge am Kontokorrentkonto belassen worden seien, wodurch es dem Masseverwalter möglich gewesen sei, alle Gläubiger, darunter auch den Bund als Abgabengläubiger, gleichmäßig mit der Konkursquote zu befriedigen. Bereits am 10. Oktober 1992 habe das Kontokorrentkonto einen positiven Stand ausgewiesen, womit sein Bestreben, alle andrängenden Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen, dokumentiert werde.
Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Vielmehr gibt er damit zu, dass er - wie von der belangten Behörde festgestellt - andrängende Gläubiger, darunter auch den Bund als Abgabengläubiger insofern benachteiligt hat, als er mit den Zahlungseingängen am Kontokorrentkonto von insgesamt rund 3 Mio S die Forderung der Hausbank zu Lasten anderer Forderungen zur Gänze befriedigt hat. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, er hätte dem Bund als andrängenden Gläubiger ohnedies nicht mehr als die Konkursquote von 8,21 % zukommen lassen können, übersieht er, dass durch die gänzliche Befriedigung der Forderung der Hausbank der Bund gemeinsam mit anderen andrängenden Gläubigern bedeutend schlechter gestellt worden ist als die Hausbank.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Verhalten des Beschwerdeführers (Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aller andrängenden Gläubiger, vgl die in Ritz, BAO2, Tz 9 ff zu § 9, zitierte hg Rechtsprechung) eine schuldhafte Verletzung der ihm auferlegten Pflichten erblickt und ihn als Haftenden für Abgabenschulden der GmbH herangezogen hat.
Mit der Behauptung, die belangte Behörde habe es unterlassen zu prüfen, ob ab dem 29. September 1992 keine Zahlungen an andere andrängende Gläubiger mehr geleistet worden seien, wird keine Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgezeigt. Denn die belangte Behörde ist im Einklang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers davon ausgegangen, dass ab diesem Tag alle Zahlungseingänge am Kontokorrentkonto belassen worden sind. Damit stand für die belangte Behörde jedoch die Schlechterstellung aller andrängenden Gläubiger, darunter auch des Bundes als Abgabengläubiger, fest. Vom Nichtvorhandensein liquider Mittel ab dem 29. September 1992 kann bei Zahlungseingängen von insgesamt rund 3 Mio S am Kontokorrentkonto bis zum 20. November 1992 ebenso wenig eine Rede sein, wie davon, dass der Beschwerdeführer nachgewiesen hätte, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher andrängender Gläubiger an den Bund als Abgabengläubiger zu entrichten gewesen wäre.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 22. September 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000150050.X00Im RIS seit
15.01.2001