TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/22 98/15/0111

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Veröffentlicht am 22.09.2000
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1988 §16 Abs1 Z9;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2;
EStG 1988 §4 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der FK in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl, Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 2. Juni 1998, RV 350.96/1-9/96, betreffend Einkommensteuer 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin unterrichtet an einer allgemein Bildenden Höheren Schule (AHS) die Fächer Geschichte und Sozialkunde sowie Geographie und Wirtschaftskunde. Für das Jahr 1994 machte sie Werbungskosten u.a. für eine "EU-Studienfahrt" nach Brüssel und Luxemburg sowie eine Studienreise nach Japan geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen für die Studienfahrt nach Brüssel als Werbungskosten an. Den Aufwendungen für die Studienreise nach Japan in Höhe von S 21.838,-- wurde der Abzug als Werbungskosten versagt. Die vom 30. Juni bis 22. Juli 1994 stattfindende Fahrt bildete den Abschluss eines vom Landesschulrat im Schuljahr 1993/94 im Rahmen der so genannten Pluskurse angebotenen Japanischkurses für Oberstufenschüler, den auch die Beschwerdeführerin besucht hatte. An der Reise nahmen neben der Beschwerdeführerin die japanische Leiterin des Kurses sowie 14 Schüler teil. Der Beschwerdeführerin wurde für die in die Schulzeit fallende Woche vom 1. bis 8. Juli 1994 durch den Landesschulrat Sonderurlaub gewährt.

Die Beschwerdeführerin brachte gegen den Einkommensteuerbescheid 1994 Berufung ein. Im Berufungsverfahren wurde eine Bestätigung des Landesschulrates beigebracht, wonach die von der Beschwerdeführerin durchgeführten Studienreisen einschließlich derjenigen nach Japan für die Aktualisierung ihres Unterrichtes wichtige und sinnvolle Fortbildungsveranstaltungen seien.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 12. Juni 1996 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach den Ausführungen in der Begründung lasse das Reiseprogramm nicht erkennen, dass die Japanreise in einer Weise erfolgt sei, die die zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit der Reise einwandfrei erkennen lasse. Vielmehr handle es sich bei der Reise um eine solche, die auch Touristen empfohlen werde, falls sie die Absicht hätten, Japan kennen zu lernen und dabei auch verschiedene Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Das Programm der Japanreise sei daher keineswegs so auf interessierte Geographielehrer abgestellt gewesen, dass die Reise jeglicher Anziehungskraft auf andere Teilnehmer entbehrt hätte. Dies ergebe sich aus dem Teilnehmerkreis von Oberstufenschülern sowie aus dem Zweck der Reise, die Kultur des Landes kennen zu lernen. Die besuchten Orte, Theater, Tempel, Museen oder Firmen wie Sony oder Suzuki seien auch für andere als dem Berufsstand eines Geographielehrers angehörende Personen anziehend. Das gegenständliche Reiseprogramm sei daher als Mischprogramm zu werten und den Aufwendungen für die Reise die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten zu versagen. Die Organisation der Reise im Rahmen der Pluskurse, die Gewährung von Sonderurlaub und die Bestätigung einer wichtigen und sinnvollen Fortbildungsveranstaltung durch den Landesschulrat führten zu keinem anderen Ergebnis. Der unbestrittene Umstand, dass die Japanreise auch für die Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin von Nutzen sein könne, reiche nicht aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin behauptet eine Verletzung ihres Rechtes auf einkommensteuermindernde (lohnsteuermindernde) Berücksichtigung von Werbungskosten nach § 16 EStG 1988 durch unrichtige Anwendung dieser Norm in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z. 2 leg. cit..

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Dazu gehören gemäß Ziffer 9 leg. cit. auch Reisekosten bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Demgegenüber sind gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss gerade bei Aufwendungen, die auch in den Kreis der privaten Lebensführung fallen können, ein strenger Maßstab angelegt und eine genaue Unterscheidung vorgenommen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1992, 91/14/0171). Zur steuerlichen Anerkennung von Auslandsreisen hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 1999, 99/14/0131, und vom 24. April 1997, 93/15/0069) entschieden, dass Kosten einer Auslandsreise (Studienreise) des Steuerpflichtigen grundsätzlich Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 seien, es sei denn, es liegen folgende Voraussetzungen kumulativ vor:

-

Planung und Durchführung der Reise erfolgen entweder im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation oder sonst in einer Weise, die die zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit einwandfrei erkennen lässt.

-

Die Reise muss nach Planung und Durchführung dem Abgabepflichtigen die Möglichkeiten bieten, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung gestatten.

-

Das Reiseprogramm und seine Durchführung müssen derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Abgabepflichtigen abgestellt sein, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehren.

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Andere allgemein interessierende Programmpunkte dürfen zeitlich gesehen nicht mehr Raum als jenen einnehmen, der während der laufenden Berufsausübung als Freizeit regelmäßig zu anderen als beruflichen Betätigungen verwendet wird; jedoch führt der nur zur Gestaltung der Freizeit dienende Aufwand keinesfalls zu einer steuerlichen Berücksichtigung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dementsprechend die Kosten von Reisen, bei denen ein typisches Mischprogramm absolviert wird, in den Bereich der privaten Lebensführung verwiesen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis 93/15/0069). So führe die Reise eines AHS-Lehrers für Geographie nach Äthiopien dann zu keinen Werbungskosten, wenn die Reise eine solche ist, die auch Touristen empfohlen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1989, 86/14/0100).

Nach dem der Finanzverwaltung vorgelegten Reiseplan umfasste die streitgegenständliche Reise im Wesentlichen die Begegnung mit Gastfamilien, Zusammenkünfte mit Jugendlichen, Empfänge durch einen Bezirksschulrat in Tokio und den Bürgermeister der Stadt Kawasaki, die Teilnahme an einem Keramikkurs, Fabrikbesichtigungen bei den Unternehmen Sony und Suzuki, verschiedene Theater-, Museen- und Tempelbesichtigungen (einschließlich Zen-Meditation), eine Bus-Tour durch Kioto sowie Tagesausflüge nach Nara und Osaka mit Schlossbesichtigungen. Ein derartiges Programm wird angesichts der zahlreichen Besichtigungen von kulturell bedeutenden Orten zu einem wesentlichen Teil üblicherweise auch Touristen empfohlen, falls sie die Absicht haben, die Sehenswürdigkeiten Japans sowie "Land und Leute" kennen zu lernen. Die von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen ausgedehnten Begegnungen mit Gastfamilien nahmen in zeitlicher Hinsicht gegenüber dem Besichtigungsprogramm keinen überwiegenden Raum ein. Die praktische Sprachanwendung machte daher keinen wesentlichen Teil der Reise aus und wäre im Übrigen nicht weitaus überwiegend beruflich bedingt, da die Beherrschung der japanischen Sprache in keinem Zusammenhang mit den von der Beschwerdeführerin unterrichteten Fächern steht.

Die genannten Programmpunkte sind nicht derartig einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Geographielehrer abgestellt, dass sie auf andere Teilnehmer keinerlei Anziehungskraft hätten. Dies zeigt die Teilnahme der interessierten Oberstufenschüler, die den größten Teil des Teilnehmerkreises ausmachen. Insbesondere die durchgeführten Fabrikbesichtigungen sind beispielsweise auch für in der Privatwirtschaft tätige Personen von besonderem Interesse. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt dargetan, welche konkrete Verwertung die auf der Reise erworbenen Kenntnisse in ihrem Unterricht erfahren haben. Die allgemeine Behauptung, es sei offensichtlich, dass für die von ihr unterrichteten Fächer ein besseres Kennenlernen der japanischen Kultur, des Landes und der Menschen Japans von besonderer Bedeutung sei, reicht insoweit nicht aus. Die Japanreise ist daher insgesamt als Reise mit einem typischen Mischprogramm anzusehen, deren Kosten dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen und dementsprechend steuerlich nicht zu berücksichtigen sind.

Dass die Reise für die Berufstätigkeit von Nutzen sein konnte, genügt noch nicht, um sie als durch den Beruf veranlasst zu sehen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis 86/14/0100). Gemäß § 20 Abs. 1 Zif. 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen für die Lebensführung ausdrücklich auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Es reicht daher für die Abzugsfähigkeit nicht aus, dass der Beschwerdeführerin seitens des Landesschulrates bescheinigt wurde, dass die Japanreise eine für die Aktualisierung ihres Unterrichtes wichtige und sinnvolle Fortbildungsveranstaltung sei.

Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe de facto als zweite Begleitperson fungiert, führt zu keinem anderen Ergebnis. Da die Reise teilweise in der Schulzeit (1. bis 8. Juli 1994) stattfand, wurde der Beschwerdeführerin Sonderurlaub gewährt. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die Beschwerdeführerin in Erfüllung eines dienstlichen Auftrages als Begleitperson mitgereist wäre. Zudem hätte in diesem Fall wohl der Arbeitgeber die Reisekosten der Beschwerdeführerin getragen. Wenn nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin eine zweite Begleitperson erst ab mindestens 19 teilnehmenden Schülern bewilligt werde, zeigt dies, dass bei einer geringeren Teilnehmerzahl kein dienstlicher Auftrag für eine Begleitung vorgelegen hat. Die freiwillige Begleitung durch die Beschwerdeführerin ist nicht überwiegend beruflich veranlasst.

Nach den obigen Ausführungen ist ein wesentlicher Verfahrensmangel auf Grund unzureichender Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen. Insbesondere der von der belangten Behörde angestellte Vergleich mit einem Programm, das auch kulturinteressierten Touristen zu empfehlen wäre, ist angesichts der zahlreichen Besichtigungen von kulturell bedeutenden Orten nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. September 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998150111.X00

Im RIS seit

18.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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