TE Vwgh Erkenntnis 2014/12/18 Ra 2014/07/0048

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Veröffentlicht am 18.12.2014
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Index

L69315 Wasserversorgung Schongebiet Salzburg;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WasserschongebietsV Marbachquellen 1981 §3 Abs2 lite;
WRG 1959 §34 Abs2;
WRG 1959 §34 Abs7;
WRG 1959 §99 Abs1 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 28. Mai 2014, Zl. LVwG- 1/117/4-2014, betreffend Aufhebung eines Bescheides wegen Unzuständigkeit in einer Angelegenheit des Wasserrechts (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau; mitbeteiligte Partei: A T), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Auf Grundlage des § 34 Abs. 2 WRG 1959 erließ der Landeshauptmann von Salzburg (LH) am 15. Dezember 1980 eine Verordnung, mit der Bestimmungen zum Schutz des Quellgebiets der Wasserversorgungsanlage des Wasserverbandes Obere Enns erlassen wurden (LGBl. Nr. 7/1981; Marbachquellen-Schongebietsverordnung).

Das Schongebiet besteht nach § 2 dieser Verordnung aus zwei Zonen. Nach § 3 Abs. 2 der Verordnung bedürfen in der Schongebietszone II näher aufgezählte Maßnahmen vor ihrer Ausführung einer Bewilligung durch die Wasserrechtsbehörde. Darunter befinden sich unter lit. e auch "die Anlage und wesentliche Änderung von Forststraßen."

Mit Schreiben vom 20. April 2009 beantragte u.a. der Mitbeteiligte bei der Bezirkshauptmannschaft St. Johann (BH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Errichtung einer Forststraße über Grundstücke, die im Schongebiet liegen. Dieses Ansuchen wurde mit Schreiben der BH vom 11. August 2009 zuständigkeitshalber an den LH übermittelt.

Mit E-Mail vom 11. August 2009 betraute der LH die BH mit der Durchführung des wasserrechtlichen Verfahrens gemäß § 101 Abs. 3 WRG 1959 und ermächtigte diese, das Verfahren zur Gänze durchzuführen.

In weiterer Folge fand vor der BH ein Ermittlungsverfahren statt.

Mit Bescheid der BH vom 8. Jänner 2014 wurde der Antrag u. a. des Mitbeteiligten vom 20. April 2009 mangels Vorlage ergänzender Einreichunterlagen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

Über die dagegen erhobene Beschwerde des Mitbeteiligten entschied das Landesverwaltungsgericht Salzburg mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis vom 28. Mai 2014 dahingehend, dass der angefochtene Bescheid der BH vom 8. Jänner 2014 wegen Unzuständigkeit der Behörde behoben wurde. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde ausgeschlossen.

Aus der Begründung dieser Entscheidung geht hervor, dass sich die wasserrechtliche Bewilligungspflicht für die beantragte Forststraße auf den Umstand gründe, dass diese im Schutz- bzw. Schongebiet der Marbachquellen errichtet werden solle. Gemäß § 34 Abs. 7 WRG 1959 obliege die Vollziehung einer gemäß Abs. 2 oder 2a erlassenen Verordnung der Bezirksverwaltungsbehörde. Bedürfe eine gemäß Abs. 2 bewilligungs- oder anzeigepflichtige Maßnahme noch einer weiteren, in die Zuständigkeit des LH fallenden wasserrechtlichen Bewilligung, so sei diese Behörde zuständig. Von der belangten Behörde (BH) sei zu Beginn des Verfahrens der Antrag an den LH übermittelt worden, weil im Schutzgebiet die zur Bewilligung der Anlage zuständige Behörde die zuständige Wasserrechtsbehörde, somit gemäß § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 der LH, zuständig sei. In einer solchen Angelegenheit könne der LH gemäß § 101 Abs. 3 WRG 1959 die nachgeordnete Behörde zur Durchführung des Verfahrens einschließlich der Erlassung des Bescheides ermächtigen, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen sei. Vom LH sei eine solche Delegation an die BH erfolgt, welche nach der Aktenlage nach wie vor aufrecht sei.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs habe die ermächtigte Behörde in ihrem Bescheid einen unmissverständlichen Hinweis auf die Ermächtigung aufzunehmen, widrigenfalls sie ihren Bescheid unzuständigerweise erlasse. Ein Bescheid, der weder namens einer delegierenden Behörde noch unter Berufung auf § 101 Abs. 3 WRG 1959 erlassen werde, sei schon deshalb nicht einer delegierenden Behörde zuzurechnen. Im vorliegenden Fall habe es die BH unterlassen, im angefochtenen Bescheid in irgendeiner Weise auf die Ermächtigung gemäß § 101 Abs. 3 WRG 1959 hinzuweisen, sodass dieser der BH zuzurechnen sei, welche aber im gegenständlichen Fall nicht die gemäß § 34 Abs. 7 WRG 1959 zuständige Behörde sei. Durch diesen Formalfehler habe die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit belastet, weshalb er aufzuheben gewesen sei.

In der Begründung der Unzulässigkeit der ordentlichen Revision heißt es, es liege deshalb keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 101 Abs. 3 WRG 1959 nicht abweiche und es auch nicht an einer solchen Rechtsprechung fehle. Ebenfalls lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Der Bundesminister bringt darin zur Zulässigkeit der Revision vor, die vorrangig zentrale Rechtsfrage stelle die im Vorfeld der Delegierung erfolgende Anwendung des § 34 Abs. 7 WRG 1959 dar. Anders als das Landesverwaltungsgericht zur Begründung des Revisionsausschlusses argumentiere, liege zur Rechtsfrage nach der aus § 34 Abs. 7 WRG 1959 resultierenden sachlichen Behördenzuständigkeit bislang noch keine umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung vor; eine solche fehle vielmehr. Nach Ansicht des Revisionswerbers stelle § 34 Abs. 7 WRG 1959 auf eine weitere, in die Zuständigkeit des LH oder des Bundesministers fallende wasserrechtliche Bewilligung ab. Einer solchen weiteren wasserrechtlichen Bewilligung hätte die Errichtung der Forststraße hier aber nicht bedurft, weshalb von der Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde auszugehen gewesen sei.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten weder die belangte Behörde noch die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung.

Das Landesverwaltungsgericht legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Amtsrevisionswerber zeigt zutreffend das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage auf.

Für die Beurteilung der Zuständigkeit zur Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Antrag kommt es in erster Linie auf das Verständnis des § 34 Abs. 7 WRG 1959 an. Erst wenn sich daraus die Zuständigkeit des LH ergibt, wäre der Aspekt der Delegation und der fehlenden Bezugnahme darauf im Bescheid der BH von Bedeutung.

Die Frage, welche Behörde im vorliegenden Fall auf der Rechtsgrundlage des § 34 Abs. 7 zweiter Satz WRG 1959 zur Entscheidung zuständig ist, erscheint in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs noch nicht geklärt. Der Revisionswerber hat daher erfolgreich das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargetan.

2. Die Bestimmung des § 34 Abs. 2 und 7 WRG 1959 hat folgenden Wortlaut:

"§ 34. (1) ...

(2) Zum Schutz der allgemeinen Wasserversorgung kann der Landeshauptmann ferner mit Verordnung bestimmen, dass in einem näher zu bezeichnenden Teil des Einzugsgebietes (Schongebiet) Maßnahmen, die die Beschaffenheit, Ergiebigkeit oder Spiegellage des Wasservorkommens zu gefährden vermögen, vor ihrer Durchführung der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen sind oder der wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen, oder nicht oder nur in bestimmter Weise zulässig sind. ...

(7) Die Vollziehung einer gemäß Abs. 2 oder 2a erlassenen Verordnung obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde. Bedarf eine gemäß Abs. 2 bewilligungs- oder anzeigepflichtige Maßnahme noch einer weiteren, in die Zuständigkeit des Landeshauptmannes oder des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft fallenden wasserrechtlichen Bewilligung, so ist diese Behörde zuständig."

Unstrittig ist, dass es im vorliegenden Fall um die Vollziehung einer gemäß § 34 Abs. 2 erlassenen Verordnung, nämlich der Marbachquellen-Schongebietsverordnung, geht. Diese Verordnung beinhaltet im Sinne des ersten Satzes des Abs. 2 u.a. die Festlegung von Maßnahmen, die wegen ihrer Gefährdungsneigung einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen. Die Durchführung dieser Verfahren stellt die Vollziehung dieser Verordnung im Sinne des § 34 Abs. 7 erster Satz WRG 1959 dar.

Nach § 3 Abs. 2 lit. e der genannten Schongebietsverordnung bedarf die Errichtung oder Änderung einer Forststraße vor ihrer Ausführung einer Bewilligung durch die Wasserrechtsbehörde. Um diese Bewilligung geht es im vorliegenden Fall. Nach § 34 Abs. 7 erster Satz WRG 1959 ist für die Erteilung dieser Bewilligung die BH zuständig.

Auch die von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung des zweiten Satzes des § 34 Abs. 2 WRG 1959 ändert nichts an der Zuständigkeit der BH.

Der zweite Satz des § 34 Abs. 7 WRG 1959 stellt nämlich nicht auf die wasserrechtliche Bewilligung der gemäß Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 lit. e der Verordnung bewilligungspflichtigen Maßnahme ab, sondern auf die Zuständigkeit zur Erteilung einer "weiteren" wasserrechtlichen Bewilligung. Nur dann, wenn die Notwendigkeit der Erteilung einer "weiteren" wasserrechtlichen Bewilligung bestünde und diese "weitere" wasserrechtliche Bewilligung in den Zuständigkeitsbereich des LH oder des Bundesministers fiele, wäre der LH oder der Bundesminister für die Erteilung (aller) wasserrechtlichen Bewilligungen zuständig.

3. Von der Notwendigkeit der Erteilung einer solchen "weiteren" wasserrechtlichen Bewilligung ist im vorliegenden Fall aber nicht auszugehen.

3.1. So führt der Hinweis des Landesverwaltungsgerichts auf die aus § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 ableitbare Zuständigkeit des LH zu keinem solchen Ergebnis. Diese Bestimmung bezieht sich nach ihrem Wortlaut nur auf bestimmte Wasserversorgungsanlagen und in erster Linie auf die Erteilung einer Bewilligung für eine solche Anlage; eine solche Bewilligung ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, wo es um die Genehmigung der Errichtung einer Forststraße in einem Schutz- und Schongebiet geht.

Aus § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 ist auch nicht ableitbar, dass der LH generell für die Bewilligung aller Anlagen oder Maßnahmen in einem Schongebiet zuständig wäre; gegen ein solches Verständnis spricht insbesondere die Bestimmung des § 34 Abs. 7 leg. cit. 3.2. Wenn das Landesverwaltungsgericht in seiner mit der Aktenvorlage verbundenen Stellungnahme in diesem Zusammenhang weiters meint, die "weitere" wasserrechtliche Bewilligungspflicht ergäbe sich aus dem Umstand, dass die Forststraße nicht nur im Schongebiet, sondern auch im Schutzgebiet liege, so übersieht es, dass aus diesem Umstand noch keine wasserrechtliche Bewilligungspflicht abgeleitet werden kann. Im Schutzgebietsbescheid vom 23. Oktober 1977 wurden in abgestufter Form bestimmte Verbote in den einzelnen Zonen ausgesprochen; in Entsprechung der für die Gestaltung von Schutzgebietsbescheiden eingeschränkten Möglichkeiten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2007, 2005/07/0086, mwN, und Bumberger/Hinterwirth, WRG2, K6 zu § 34) wurden in diesem Bescheid gerade keine Maßnahmen einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht unterworfen. In Bezug auf Forststraßen findet sich in der (hier betroffenen) Schutzgebietszone I hingegen ausdrücklich die Festlegung, dass deren Errichtung im unbedingt notwendigen Ausmaß nicht verboten sein solle.

3.3. Daraus folgt aber, dass der zweite Satz des § 34 Abs. 7 WRG 1959 im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangt.

Es bleibt daher bei der oben dargestellten Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die nach der Verordnung bewilligungspflichtige Maßnahme.

4. Die BH hat sich in ihrem Bescheid vom 8. Jänner 2014 gerade nicht auf die durch den LH erteilte Delegation berufen. Sie hat daher nicht namens des LH, sondern im eigenen Namen entschieden und eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr tatsächlich auf Grund des § 34 Abs. 7 erster Satz WRG 1959 zukam. Der vom Landesverwaltungsgericht erkannte Zuständigkeitsmangel liegt daher nicht vor.

5. Angesichts dessen war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Wien, am 18. Dezember 2014

Schlagworte

sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenBesondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014070048.L00

Im RIS seit

11.02.2015

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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