TE Vwgh Erkenntnis 2014/12/18 2012/07/0152

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Veröffentlicht am 18.12.2014
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 2002 §1 Abs3 Z1;
AWG 2002 §15 Abs3 Z2;
AWG 2002 §2 Abs1 Z2;
AWG 2002 §2 Abs3 Z2;
AWG 2002 §73 Abs1 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des K S in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Deitzer, Rechtsanwalt in 2320 Schwechat, Wiener Straße 36-38/1/24, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Mai 2012, Zl. MA 22-369/2012, betreffend Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Mai 2012 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 Z 1 und 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) aufgetragen, folgende auf einer näher bezeichneten Liegenschaft entgegen den Bestimmungen des AWG 2002 gelagerte Abfälle binnen eines Monates ab Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen und einem befugten Abfallsammler und/oder -behandler nachweislich zu übergeben oder in ein geeignetes Zwischenlager zu bringen. Das Zwischenlager sei der Behörde anzuzeigen und die Eignung nachzuweisen. Entsorgungsbelege seien an die Behörde zu übermitteln:

"1. Auf der linken (von der Straße aus gesehen) eingefriedeten Freifläche:

a. 1 PKW Nissan Micra Mouse, Farbe rot. Die Gültigkeit der Überprüfungsplakette ist 03/2008 abgelaufen. Das Fahrzeug wies starke Rostschäden am vorderen rechten Kotflügel auf. Kletterpflanzen waren in den Unterboden des Fahrzeuges eingewachsen, was darauf schließen lässt, dass das Fahrzeug seit nennenswerter Zeit nicht mehr in bestimmungsgemäßer Verwendung steht. Weiters fehlten bereits wesentliche Teile, wie z.B. die rechte vordere Blinkerleuchte. Gefährliche Anteile, wie Stoßdämpfer, wurden am Fahrzeug festgestellt. Das Altfahrzeug ist gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM

S 2100 als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer 35203 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen' zuzuordnen.

b. 1 PKW Simca, Farbe beige. Die Gültigkeit der Überprüfungsplakette ist 1997 abgelaufen. Der Kofferraum war bereits von Kletterpflanzen überwachsen. Da die Überprüfungsplakette bereits viele Jahre nicht mehr erneuert wurde und bereits Kletterpflanzen das Fahrzeug überwuchern, ist davon auszugehen, dass das Fahrzeug nicht mehr in bestimmungsgemäßer Verwendung steht. Jedenfalls erfolgte die Lagerung nicht werterhaltend. Gefährliche Anteile, wie Stoßdämpfer, wurden am Fahrzeug festgestellt. Das Altfahrzeug ist demnach gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM S 2100 als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer 35203 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen' zuzuordnen.

c. 1 Kastenwagen Mercedes, Farbe gelb. Dem Fahrzeug fehlten - soweit einsehbar - an wesentlichen Teilen der hintere Stoßfänger. Außerdem wies der Karosseriebereich unterhalb der unteren Ladetüre starke Rostschäden auf. Das Fahrzeug war im vorderen Bereich von dichtem Pflanzenbewuchs bedeckt, was darauf schließen lässt, dass das Fahrzeug seit nennenswerter Zeit nicht mehr in bestimmungsgemäßer Verwendung steht. Gefährliche Anteile, wie Stoßdämpfer, wurden am Fahrzeug festgestellt. Das Altfahrzeug ist gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM

S 2100 als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer. 35203 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen' zuzuordnen.

d. 1 PKW Mercedes, Farbe rot. Dem Fahrzeug fehlten an wesentlichen Teilen die vordere Lichtanlage und der vordere Stoßfänger. Das Fahrzeug wird bereits als Lager- und Abstellfläche genutzt. Reifen und Autoteile wurden am Fahrzeug und im Fahrzeug festgestellt. Demnach lässt sich daraus schließen, dass das Fahrzeug seit nennenswerter Zeit nicht mehr in bestimmungsgemäßer Verwendung steht. Gefährliche Anteile, wie Stoßdämpfer wurden am Fahrzeug festgestellt. Das Altfahrzeug ist gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM S 2100 als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer 35203 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen' zuzuordnen.

e. 1 PKW Mercedes, Farbe beige. Das Fahrzeug war im vorderen Bereich von dichtem Pflanzenbewuchs bedeckt. Das Fahrzeug wird bereits als Abstellfläche für Reifen und Autoteile verwendet. Demnach lässt sich daraus schließen, dass das Fahrzeug seit nennenswerter Zeit nicht mehr in bestimmungsgemäßer Verwendung steht. Gefährliche Anteile, wie Stoßdämpfer, wurden am Fahrzeug festgestellt. Das Altfahrzeug ist gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM S 2100 als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer 35203 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen' zuzuordnen.

f. 1 PKW Mercedes, Farbe dunkelbraun. Das Fahrzeug war im vorderen Bereich von dichtem Pflanzenbewuchs bedeckt. Das Fahrzeug wird bereits als Abstellfläche für Reifen und Autoteile verwendet. Demnach lässt sich daraus schließen, dass das Fahrzeug seit nennenswerter Zeit nicht mehr in bestimmungsgemäßer Verwendung steht. Das Fahrzeug war nicht zugänglich und konnte nicht näher auf gefährliche Anteile überprüft werden. Es liegen allerdings keine Hinweise vor, dass die gefährlichen Anteile, wie z. B. Betriebsschlüssigkeiten, aus dem Fahrzeug entfernt wurden. Das Altfahrzeug ist daher gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM S 2100 als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer 35203 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen' zuzuordnen.

g. 1 PKW Renault 19, Farbe silber. Die Prüfplakette ist 06/2004 abgelaufen. Dem Fahrzeug fehlte an wesentlichen Teilen der Türgriff der hinteren Seitentüre, die vordere Lichtanlage sowie der vordere Stoßfänger. Die stark verrostete Motorhaube lag lose auf. Mittels Ölmessstab konnte Motoröl im Motor festgestellt werden. Das Altfahrzeug ist gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM S 2100 als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer. 35203 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen' zuzuordnen.

h. 1 PKW Chrysler, Farbe blau. Die Prüfplakette ist 6/2004 abgelaufen. Dem Fahrzeug fehlten an wesentlichen Teilen die rechte vordere Lichtanlage sowie der vordere Stoßfänger. Mittels Ölmessstab konnte Motoröl im Motor festgestellt werden. Das Altfahrzeug ist gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM S 2100 als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer 35203 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen' zuzuordnen.

i. 1 PKW Chrysler Transport Van, Farbe grün. Dem Fahrzeug fehlten an wesentlichen Teilen die vordere und hintere Lichtanlage sowie der vordere Stoßfänger. An der vorderen linken Achse ist das Notrad (Reserverad) montiert. Im Fahrzeuginnenraum lagerten schwarze gefüllte Müllsäcke. Gefährliche Anteile, wie Stoßdämpfer, wurden am Fahrzeug festgestellt. Das Altfahrzeug ist gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM S 2100 als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer 35203 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen' zuzuordnen.

j. Ca. 200 m3 Sperrmüll wie z.B. Kunststoffkanister, Kunststoffsessel, zerrissene Kunststoffplanen, Möbelteile, Holzteile, Autoteile, Rasenmäher etc. Der Sperrmüll wird nicht witterungsgeschützt und ungeordnet auf der ganzen Liegenschaft gelagert. Die Materialien sind allen Witterungseinflüssen, wie UV-Licht, Regen, Wind etc. ausgesetzt. Die Lagerung wird demnach nicht werterhaltend durchgeführt. Der Sperrmüll ist gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM S 2100 als Abfall einzustufen und der Schlüssel Nr. 91401 'Sperrmüll' zuzuordnen.

2. Auf der linken (von der Straße aus gesehen) eingefriedeten Fläche in der dortigen Garage werden folgende Abfälle gelagert:

a. 13 Stk. Starterbatterien. Die Bleiakkumulatoren werden nicht in säurefesten Behältern gelagert. Bleiakkumulatoren sind gemäß Abfallverzeichnisverordnung in Verbindung mit der ÖNORM

S 2100 als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer 35322 'Bleiakkumulatoren' zuzuordnen."

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die erstinstanzliche Behörde bei der Bejahung der Abfalleigenschaft vom plausiblen und schlüssigen Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom 5. Oktober 2011 ausgegangen sei. Demnach seien anlässlich eines Lokalaugenscheins auf einer näher bezeichneten Liegenschaft am 29. September 2011 die im angefochtenen Bescheid genannten Fahrzeuge "im nicht trockengelegten Zustand" vorgefunden und als Abfall im Sinne des AWG 2002 eingestuft worden. Dies vor allem deshalb, da die Altfahrzeuge auf befestigtem, jedoch augenscheinlich nicht flüssigkeitsdichtem Untergrund und zudem nicht vor Niederschlagswässern geschützt gelagert vorgefunden worden seien. Insbesondere seien erhebliche Risse im Boden festgestellt worden. Es bestünde daher die Gefahr, dass gefährliche Anteile wie etwa Mineralöl aus Öldruckstoßdämpfern oder Motoren austreten und die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigen könnten (§ 1 Abs. 3 Z 4 AWG 2002). Zusätzlich stellten die vorgefundenen Abfälle eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes im Sinne von § 1 Abs. 3 Z 9 AWG 2002 dar.

Da den Ausführungen des abfalltechnischen Amtssachverständigen im oben bezeichneten Gutachten entnommen werden könne, dass an sämtlichen bescheidgegenständlichen Fahrzeugen gefährliche Anteile wie etwa die Öldruckstoßdämpfer oder nicht von Betriebsmitteln entfrachtete Motoren festgestellt worden seien, sei die Möglichkeit des Austritts von Betriebsmitteln, wie etwa von in den Öldruckstoßdämpfern oder im Motor enthaltenem Mineralöl, nach der Lebenserfahrung jedenfalls zu bejahen. In diesem Zusammenhang sei der tatsächliche Austritt von Betriebsmitteln aus Autowracks nicht erforderlich. Es genüge vielmehr dessen Möglichkeit.

Aus dem Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom 5. Oktober 2011 ergebe sich auch, dass an den vorgefundenen Fahrzeugen entweder wesentliche Bestandteile wie etwa die Lichtanlage oder Blinker fehlten, die Fahrzeuge augenscheinlich als Lager- und Abstellfläche verwendet worden oder bereits so stark von den Kletterpflanzen überwachsen seien bzw. solche Rostspuren aufwiesen, dass von einer bestimmungsgemäßen Verwendung der Fahrzeuge nicht mehr ausgegangen werden könne. Darüber hinaus würden die bescheidgegenständlichen Fahrzeuge sämtlich keine oder bereits seit längerem abgelaufene Überprüfungsplaketten aufweisen und könnten daher unter anderem mangels Nachweises der Verkehrs- und Betriebssicherheit nicht im Straßenverkehr zum Einsatz kommen. Diese Umstände indizierten, dass die Fahrzeuge nicht in einer nach der allgemeinen Verkehrsauffassung bestimmungsgemäßen Verwendung stünden, die bei derartigen Fahrzeugen im Einsatz als Transportmittel bestehen würde. Der Gebrauch von Fahrzeugen zum "Ausschlachten" stelle keine bestimmungsgemäße Verwendung dar. Ebenso wenig könne der Gebrauch dieser Fahrzeuge als Lager- oder Abstellfläche als bestimmungsgemäß im Sinne der bezughabenden Vorschriften des AWG 2002 angesehen werden.

Daher sei der objektive Abfallbegriff im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 als erfüllt anzusehen. Aufgrund der alternativen Verknüpfung der Tatbestandsmerkmale in § 2 Abs. 1 AWG 2002 könne damit die Frage dahingestellt bleiben, ob es sich bei den bescheidgegenständlichen Fahrzeugen auch um Abfall im subjektiven Sinn gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 handle.

Es sei zwar - so führte die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter aus - richtig, dass in den Erläuterungen zur Stammfassung der Altfahrzeugeverordnung, BGBl. II Nr. 407/2002, Oldtimer, das heißt historische Fahrzeuge, Fahrzeuge mit Sammlerwert oder Fahrzeuge, die für Museen bestimmt seien, ausdrücklich vom Geltungsbereich dieser Verordnung ausgenommen seien. Dies gelte allerdings laut Erläuterungen nur dann, wenn diese Fahrzeuge in vernünftiger, umweltverträglicher Weise fahrbereit oder in Teile zerlegt aufbewahrt würden und daher deren Sammlung, Lagerung, Beförderung oder Behandlung als Abfall nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3 AWG 2002) geboten sei.

Selbst wenn es sich bei den bescheidgegenständlichen Fahrzeugen daher um Oldtimer handelte - was schon allein aufgrund der festgestellten, durchwegs nicht werterhaltenden Lagerung zu bezweifeln sei -, seien die bescheidgegenständlichen Altfahrzeuge als Abfall einzustufen, da wie bereits ausgeführt, deren Sammlung, Lagerung und Beförderung oder Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse jedenfalls geboten sei.

An der gegenständlichen Adresse befinde sich eine erstmals mit Bescheid vom 28. Dezember 1976 und Folgebescheiden genehmigte Betriebsanlage für die Ausübung des Gewerbes "Handelsgewerbe und Handelsagenden (§ 124 Z 10 GewO 1994), beschränkt auf den Handel mit Kraftfahrzeugen, Motorrädern, Kraftfahrzeugbereifung, Kraftfahrzeuganhängern, Motorbooten, Außenbordmotoren, sowie Kleinhandel mit Bestandteilen und Zubehör zu vorangeführten Artikeln, Autoradios und Antennen". Aus den diesbezüglichen Bescheiden ergebe sich durchaus, dass in dieser Anlage grundsätzlich auch Autos abgestellt werden dürften.

Auflage 5 des Bescheides vom 10. März 1989 laute jedoch:

"Nicht fahrbereite Kraftfahrzeuge, bei denen die Betriebsmittel nicht abgelassen sind und bei denen die Gefahr eines Betriebsmittelaustritts besteht, dürfen nur auf befestigten und vor Niederschlagswässern geschützten Flächen abgestellt werden."

Eine Lagerung von Altfahrzeugen auf einer Fläche, die nicht vor Niederschlagswässern geschützt sei, entspreche daher offenkundig nicht dem anlagenrechtlichen Konsens und sei damit nicht von der betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung gedeckt. Konsequenterweise könnten die vorgefundenen Lagerungen damit aber auch nicht als in einer hierfür genehmigten Anlage im Sinne von § 15 Abs. 3 AWG 2002 vorgenommen betrachtet werden.

Im Hinblick auf die technischen Mindestanforderungen für die Sammlung und Lagerung von Altfahrzeugen gemäß Anlage 1 der AltfahrzeugeVO sei - so führte die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter aus - seitens des abfalltechnischen Amtssachverständigen anlässlich des Ortsaugenscheins am 29. September 2011 festgestellt worden, dass die gelagerten, nicht trockengelegten Altfahrzeuge zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins auf einer nicht überdachten Fläche abgestellt gewesen seien. Der Untergrund stelle sich als augenscheinlich nicht flüssigkeitsdicht dar. Erhebliche Risse hätten festgestellt werden können. Selbst bei Vorhandensein eines Ölabscheiders - wie vom Beschwerdeführer behauptet - wären die technischen Mindestanforderungen für die Sammlung und Lagerung von Altfahrzeugen aufgrund rissiger und damit nicht flüssigkeitsdichter Ausführung der Abstellfläche keinesfalls erfüllt. Der Standort sei daher nach den Ausführungen des abfalltechnischen Amtssachverständigen zur Lagerung von nicht trockengelegten Altfahrzeugen ungeeignet.

Die Lagerung der bescheidgegenständlichen Altfahrzeuge erfolge daher weder in einer hierfür genehmigten Anlage noch an einem für die Sammlung vorgesehenen geeigneten Ort. Auch diesbezüglich könne den Ausführungen des Beschwerdeführers daher nicht gefolgt werden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Für den vorliegenden Beschwerdefall sind die Bestimmungen der §§ 1, 2, 15 und 73 AWG 2002 relevant, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 1. ...

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.

Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.

Geräusche oder Lärm in übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

              7.              das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

              8.              die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

              9.              Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

...

§ 2. (1) Abfälle im Sinne des Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen, die unter die im Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine gesonderte Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange

1.

eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.

sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

...

§ 15. (1) Bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen sind

1.

...

2.

Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.

...

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.

hierfür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

...

§ 73. (1) Wenn

1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen."

Voraussetzung für die Erlassung eines Behandlungsauftrages nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 ist, dass die in Rede stehenden Materialien Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2012, Zl. 2009/07/0123, mwN).

Abfall liegt vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, Zl. 2009/07/0154, mwN).

Die belangte Behörde stützt sich in ihrem angefochtenen Bescheid auf das Vorliegen des objektiven Abfallbegriffs.

Für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 reicht die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. aus. Es kommt daher nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2014, Zl. 2011/07/0080, mwN).

Den Ausführungen des abfalltechnischen Amtssachverständigen in seinem Gutachten vom 5. Oktober 2011 kann entnommen werden, dass an sämtlichen bescheidgegenständlichen Fahrzeugen gefährliche Anteile wie etwa die Öldruckstoßdämpfer oder nicht von Betriebsmitteln entfrachtete Motoren festgestellt wurden. Die Möglichkeit des Austritts von Betriebsmitteln, wie etwa von in den Öldruckstoßdämpfern oder im Motor enthaltenem Mineralöl, ist jedenfalls nach der Lebenserfahrung zu bejahen.

In diesem Zusammenhang kann davon ausgegangen werden, dass die nicht trockengelegten Autowracks gefährlicher Abfall sind. Dazu bedarf es keiner detaillierten Untersuchung. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, präzise anzugeben, dass und aus welchen Gründen diese Annahme entgegen den schlüssigen Ausführungen des abfalltechnischen Amtssachverständigen für den Beschwerdefall nicht zutrifft. Auf eine konkrete Kontamination kommt es bei der Beurteilung des Vorliegens von "gefährlichem Abfall" nicht an (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. November 2010, Zl. 2007/07/0035, mwN).

Die Altfahrzeuge wurden zwar auf befestigtem, jedoch augenscheinlich nicht flüssigkeitsdichtem Untergrund und zudem nicht vor Niederschlagswässern geschützt gelagert vorgefunden. Insbesondere wurden im zum angefochtenen Bescheid führenden Verfahren erhebliche Risse im Boden festgestellt.

Entgegen den Beschwerdeausführungen erfolgte im Spruch des angefochtenen Bescheides die Beschreibung der einzelnen Fahrzeuge "in der notwendigen Klarheit und Nachvollziehbarkeit". Der Spruch des angefochtenen Bescheides erweist sich als ausreichend bestimmt.

An der Abfalleigenschaft der gegenständlichen Altfahrzeuge bestand keinerlei Zweifel. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war damit auch die Heranziehung eines Sachverständigen für KFZ-Reparatur weder erforderlich noch zweckmäßig.

Der Beschwerdeführer wendet ein, dass die verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge zu "Aus- bzw. Umbauarbeiten" herangezogen worden seien.

Dem hält die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend entgegen, dass auf Grund des vorgefundenen Zustandes der Fahrzeuge von einer bestimmungsgemäßen Verwendung derselben im Sinne von § 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 nicht mehr ausgegangen werden kann. So stellt der Gebrauch von Fahrzeugen zum "Ausschlachten", also der Ausbau von Bestandteilen zur Verwendung als gebrauchte Ersatzteile, nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht die "bestimmungsgemäße Verwendung" im Sinne der genannten Bestimmung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 2010, Zl. 2007/07/0167, mwN).

Wie der Stellungnahme des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom 5. Oktober 2011 zu entnehmen ist, fand der Ortsaugenschein am 29. September 2011 - entgegen den Beschwerdebehauptungen - im Beisein des Beschwerdeführers statt.

Abgesehen davon besteht keine gesetzliche Verpflichtung, zu einem durch einen Amtssachverständigen durchgeführten Augenschein eine Partei beizuziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2012, Zl. 2010/07/0116, mwN). Auch wurde dem Beschwerdeführer nach der Aktenlage in der Folge zum Ergebnis dieses Ortsaugenscheines Parteiengehör gewährt.

Im Beschwerdefall bestand für die belangte Behörde keinerlei Zweifel an der Abfalleigenschaft der Altfahrzeuge. Demzufolge hätte auch eine Einbeziehung von Urkunden oder Erklärungen der Eigentümer der auf der Liegenschaft abgestellten Fahrzeuge in das Ermittlungsverfahren nichts an dem Umstand, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Fahrzeugen um Abfall nach dem AWG 2002 im objektiven Sinne handelt, geändert.

Entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers traf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid sehr wohl Feststellungen, dass an der gegenständlichen Adresse eine genehmigte Betriebsanlage besteht. Das Ermittlungsverfahren hat dabei jedoch ergeben, dass es sich um keine für die Sammlung genehmigte Anlage bzw. keinen für die Sammlung vorgesehenen geeigneten Ort gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002 handelt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 18. Dezember 2014

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012070152.X00

Im RIS seit

30.01.2015

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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