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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASVG §67 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 6. Juli 2000 betreffend Haftung für Beitragsschuldigkeiten gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung durchführen zu können, ist es überdies erforderlich, dass der Beschwerdeführer schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen.
Der Vollzug des Bescheides an sich ist noch kein Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG, sofern dadurch nicht der Rechtsschutz der Partei dauernd wesentlich beeinträchtigt wird. Ein bloßer Vermögensnachteil, der im Falle des Obsiegens vor dem Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen wieder ausgeglichen werden kann, muss daher für sich allein genommen noch kein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG sein, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten.
Als solche Umstände macht der Beschwerdeführer geltend, sein Einkommen liege unterhalb des "Existenzminimums" (ersichtlich gemeint: im Sinne der Bestimmungen der §§ 291 ff EO) und es würde durch eine Exekution der Gebietskrankenkasse jede Unterhaltsleistung für seine Ehegattin (nur diese Unterhaltsverpflichtung wurde behauptet) unmöglich werden. Angaben zur Vermögenslage enthält der Antrag nicht.
Ob eine finanzielle Situation, die auf eine Gefährdung des Unterhaltes hinausliefe, ein solcher Umstand ist, kann nicht ganz allgemein und ohne Berücksichtigung anderer Interessen, gesagt werden. Bei der - im Falle der Vollstreckung einer Geldleistung allein drohenden - zwangsweisen Einbringung der Forderung kommt der beschwerdeführen Partei, soweit sich die Vollstreckungshandlungen auf laufende Einkünfte (Arbeitslohn, Pensionszahlungen, Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung) beziehen, ohnehin der Vollstreckungsschutz der §§ 290 ff EO, insbesondere auch jener der §§ 291 ff EO zugute. Es kann dem Konzept der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, wie es § 30 Abs. 2 VwGG zu Grunde liegt, kein weiterreichender Schutzgedanke entnommen werden.
Eine beengte finanzielle Situation kann aber umso weniger zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führen, wenn gegengerichtete Interessen mitbeteiligter Parteien mit zu berücksichtigen sind und eine Abwägung dieser Interessen - unter Einbeziehung der vorstehenden Gesichtspunkte - zu Lasten der beschwerdeführenden Partei ausschlägt. Ein solches gegengerichtetes Interesse liegt hier vor: Es liegt im Interesse des mitbeteiligten Sozialversicherungsträgers (und damit im öffentlichen Interesse), die ihm aufgetragene Einhebung der Sozialversicherungsbeiträge (die ihrerseits wieder zu einem klaglosen Funktionieren des Systems der sozialen Sicherheit benötigt werden) - so gut es geht - baldmöglichst zumindest sicherzustellen. Würde die aufschiebende Wirkung in solchen Angelegenheiten bei schlechter Einkommens- und Vermögenslage der Partei stets gewährt, so bliebe das Vollzugsinteresse dabei vollkommen außer Ansatz und der Sozialversicherungsträger hätte im Beschwerdefall keine Möglichkeit, zumindest den Versuch einer Sicherstellung seiner Forderung (z.B. durch zwangsweise Pfandrechtsbegründungen) zu unternehmen. Die Berücksichtigung dieses Vollzugsinteresses bei der vorzunehmenden Abwägung ist umsomehr geboten, als die Gewährung der aufschiebenden Wirkung nach § 30 Abs. 2 VwGG nicht davon abhängt, dass eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides auch nur wahrscheinlich ist.
Das Vollzugsinteresse des Versicherungsträgers überwiegt daher jedenfalls dann, wenn der angefochtene Bescheid nicht im Sinne des § 35 Abs. 2 VwGG offenkundig rechtswidrig ist und seine vorläufige Vollstreckung nicht bei der antragstellenden Partei zu unwiederbringlichen Vermögensnachteilen führt, wie dies etwa im Falle der exekutiven Betreibung einer Versteigerung von Vermögensgegenständen des Beschwerdeführers und dem damit verbundenen - nicht wieder auszugleichenden - Wertverlust der Fall wäre (vgl. den hg. Beschluss vom 10. Juni 1997, AW 97/08/0044). Ein derartiger Vermögensnachteil droht aber nach dem Antragsvorbringen nicht unmittelbar; für den Fall einer diesbezüglichen Änderung der Sachlage könnte überdies ein neuer Antrag gestellt werden. Da auch die im Falle des Beschwerdeerfolges allenfalls erforderliche Rückabwicklung nicht gefährdet ist, liegt daher bei Abwägung aller berührten Interessen noch kein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG vor. Der Antrag war daher abzuweisen.
Wien, am 25. September 2000
Schlagworte
Interessenabwägung Unverhältnismäßiger NachteilEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:AW2000080047.A00Im RIS seit
21.12.2000