RS Vfgh 2014/12/4 V52/2013

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Veröffentlicht am 04.12.2014
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 Z3
Stmk RaumOG 2010 §31 Abs13 Z2, §40 Abs4, Abs8, §67 Abs3
Bebauungsplan "Einkaufszentrum Mürzzuschlag Süd" idF der 1. Änderung vom 28.06.2012 §9

Leitsatz

Abweisung des - zulässigen - Individualantrags auf Aufhebung des Bebauungsplans "Einkaufszentrum Mürzzuschlag Süd" hinsichtlich der Beschränkung der maximalen Verkaufsfläche auf 3.000 m²; keine Neuerlassung der Verkaufsflächenbeschränkung mit der bekämpften 1. Änderung des Bebauungsplanes 2012, sondern Weitergeltung der normativen Festlegung in der Stammfassung; daher kein Verstoß gegen das Stmk RaumOG 2010 mangels Festlegung der maximalen Verkaufsfläche im Flächenwidmungsplan

Rechtssatz

Zulässigkeit des Individualantrags; kein zumutbarer Umweg.

Die in der Vergangenheit beantragte Baubewilligung stand mit den Bauvorschriften im Einklang und wurde von der Baubehörde auch erteilt, sodass der antragstellenden Gesellschaft für eine Bekämpfung dieses Bescheids die Beschwer fehlte.

Es wäre der antragstellenden Gesellschaft nicht zumutbar gewesen, einen nicht bewilligungsfähigen Antrag zu stellen, nur um die Frage der Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplans an den VfGH herantragen zu können. Auch nunmehr ist es ihr nicht zumutbar, nur zum Zweck der Bekämpfung von Bestimmungen des Bebauungsplans eine Baubewilligung zu beantragen, etwa für die Errichtung eines zweiten Geschoßes, weil sie hiefür die erforderlichen Planunterlagen ausarbeiten müsste. Auch im Fall (nur) einer Verwendungszweckänderung vorhandener Flächen könnten aufwendige Planungen notwendig sein.

Das Stmk RaumOG 2010 trat am 01.07.2010 in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Gemeinderat weder einen Beschluss über die Auflage der beabsichtigten 1. Änderung des Bebauungsplans gefasst noch eine Anhörung zwecks Änderung des Bebauungsplanes eingeleitet. Das Verfahren für die 1. Änderung des Bebauungsplans "Einkaufszentrum Mürzzuschlag Süd" war daher nach den Vorschriften des Stmk RaumOG 2010 zu führen (vgl die Übergangsbestimmungen §67 Abs3 Z5 und Z7 Stmk RaumOG 2010). Die antragstellende Gesellschaft wäre insofern im Recht, als eine erstmalige Erlassung bzw Neuerlassung einer die Verkaufsfläche beschränkenden Norm im Bebauungsplan anstatt im Flächenwidmungsplan dem §31 Abs13 Z2 Stmk RaumOG 2010 widersprechen würde.

Tatsächlich wurde aber mit der 1. Änderung des Bebauungsplanes die bekämpfte Beschränkung der Verkaufsfläche nicht erstmalig erlassen.

In der Stammfassung des Bebauungsplans 2003 hat der Verordnungsgeber die normative Festlegung getroffen, dass die maximale Verkaufsfläche des Einkaufszentrums 3.000 m² nicht überschreiten dürfe.

Die Gesetzmäßigkeit einer in Übereinstimmung mit der früheren Zuständigkeitsregelung erlassenen Verordnung wird durch die neue Regelung der Zuständigkeit nicht berührt. Lediglich Änderungen der gesetzlichen Grundlage einer Verordnung, die ihren Inhalt betreffen, können zu ihrer Gesetzwidrigkeit führen. Dass die Festlegung der maximalen Verkaufsfläche mit 3.000 m² nunmehr im Rahmen des Flächenwidmungsplans festzulegen wäre, berührt die Gesetzmäßigkeit des Zustandekommens des Bebauungsplans nicht, solange dieser nicht neu erlassen wird.

Zum Zeitpunkt der erstmaligen Erlassung der in Rede stehenden Verkaufsflächenbeschränkung war es daher rechtmäßig, diese im Bebauungsplan festzulegen, insofern war die Zuständigkeit des Verordnungsgebers entsprechend den Vorschriften zur Erlassung des Bebauungsplans gegeben.

Auch die Behauptung, der Bebauungsplan sei im Jahr 2012 als solcher (also zur Gänze) neu erlassen worden, trifft nicht zu.

Angesichts des bereits bestehenden Bebauungsplanes kommt §40 Abs8 erster Satz Stmk RaumOG 2010 nicht zur Anwendung; keinesfalls kann aus dieser Bestimmung abgeleitet werden, dass ein Bebauungsplan an sämtliche mittlerweile neu in Kraft getretene gesetzliche Bestimmungen anzupassen ist. Im Übrigen spricht §40 Abs4 Z2 Stmk RaumOG 2010 dafür, dass Fortschreibungen betreffend Beschränkungen für Einkaufszentren in Bebauungsplänen, sofern sie nicht zur Gänze neu erlassen werden, zulässig sind.

Die Beschränkung der maximalen Verkaufsfläche mit 3.000 m² steht auch inhaltlich mit der mittlerweile erlassenen überregionalen Regelung der Einkaufszentrenverordnung 2011 im Einklang. In dieser wird die "Maximal zulässige Verkaufsfläche für Einkaufszentren" mit 15.000 m² festgesetzt. Sie kann aber gemäß §31 Abs13 Z2 Stmk RaumOG 2010 herabgesetzt werden kann.

Eine allgemeine Verpflichtung des Verordnungsgebers, im Fall der Novellierung eines Bebauungsplans die Weitergeltung ("das Fortschreiben") bestehender Regelungen umfassend zu begründen, kann der Rechtsordnung nicht entnommen werden.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Einkaufszentren, Geltungsbereich Anwendbarkeit, Verordnungserlassung, Übergangsbestimmung, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:V52.2013

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2016
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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