RS Vfgh 2014/12/9 B891/2013 ua

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Veröffentlicht am 09.12.2014
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Index

L6650 Flurverfassung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art5
EMRK 1. ZP Art1
Tir FlVLG 1996 §33 Abs2 litc, litd, §33 Abs5, §36 Abs2, §40 Abs6

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Regelung des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996 über die Teilung von Erträgen aus einem Teilwald zwischen Teilwaldberechtigten und Grundeigentümer; anteilige Erträge von als Gemeindegut und als Teilwald qualifizierten Grundstücken der Gemeinde zuzuordnen; insoweit Abweisung der Beschwerden; teils Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung im Eigentumsrecht mangels Zuordnung des Überlings zum Substanzwert

Rechtssatz

Verletzung der Beschwerdeführer im Eigentumsrecht, soweit sich der angefochtene Bescheid auf die Inkraftsetzung des §19 Abs2 der Satzung der Gemeindegutsagrargemeinschaft Mieders, erlassen mit Bescheid vom 15.03.2012, bezieht.

Dem OAS ist ein mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellender Fehler unterlaufen, weil er den Überschuss aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung des Gemeindegutes ("Überling") entgegen §33 Abs5 erster Satz Tir FlVLG 1996 (in der Folge: TFLG 1996) und der Rechtsprechung des VfGH (vgl E v 02.10.2013, B550/2012 ua) nicht dem Rechnungskreis II iSd §36 Abs2 leg cit zugeordnet hat, was Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK widerspricht. Der substanzberechtigten Gemeinde kommt das ausschließliche Verfügungsrecht über die aus der Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte hinausgehenden Überschüsse (Überling) zu: Der nach Abzug der Belastungen durch die Bewirtschaftung der bestehenden öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechte sowie einer angemessenen Abgeltung für die Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Flächen verbleibende Überling ist der Gemeinde zuzuordnen.

Abweisung der Beschwerden, soweit der angefochtene Bescheid den Regulierungsplan der Agrargemeinschaft Mieders im Hinblick auf §40 Abs6 TFLG 1996 abändert.

Dass der Gesetzgeber in §40 Abs6 zweiter Satz TFLG 1996 eine Hälfteteilung der Erträge aus Parallelnutzungen des Teilwaldes festlegt, die Beschränkungen für die Nutzung des Teilwaldberechtigten nach sich ziehen, begegnet nach Auffassung des VfGH keinen Bedenken in Hinblick auf den Gleichheitssatz und das Eigentumsgrundrecht, weil die Halbierung dieser Erträge in Einklang mit dem gesamten System des Rechtsverhältnisses zwischen Grundeigentümer und Teilwaldberechtigtem steht, wie es sich aus §40 Abs1, Abs2, Abs4 und Abs5 leg cit und den sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes, die sich auf Teilwälder bzw Teilwaldrechte beziehen, ergibt (vgl VfSlg 19800/2013), und daher nur eine Konsequenz dieses Systems ist.

§40 Abs6 TFLG 1996 ist so zu interpretieren, dass - das Teilwaldrecht nicht beeinträchtigende - Parallelnutzungen vor dem Hintergrund der wechselseitigen Rücksichtnahmepflicht von Grundeigentümer und Teilwaldberechtigten (§40 Abs6 erster Satz TFLG 1996) zulässig sind und auch nicht zu einer Teilung der Erträge führen.

Der VfGH versteht das System des §40 Abs5 und Abs6 TFLG 1996 iVm den flankierenden Bestimmungen zusammengefasst folgendermaßen: Das Teilwaldrecht verhindernde Nutzungen sind entweder unzulässig oder führen zu einem Erlöschen desselben (vgl §40 Abs5 leg cit); §40 Abs6 zweiter Satz TFLG 1996 findet diesfalls keine Anwendung. Beeinträchtigen Parallelnutzungen ein bestehendes Teilwaldrecht bloß, kommt es zu der in §40 Abs6 leg cit vorgesehenen Teilung der Erträge. Wird das Teilwaldrecht durch eine andere Nutzung nicht beeinträchtigt, findet keine Teilung der Erträge statt.

Bei Grundstücken, die von der Agrarbehörde gleichzeitig als Gemeindegut iSd §33 Abs2 litc Z2 TFLG 1996 und als Teilwälder gemäß §33 Abs2 litd leg cit qualifiziert werden, ist ua §40 Abs6 leg cit anwendbar. Die Übertragung der in der Vorjudikatur (vgl VfSlg 18446/2008 betr den der Gemeinde zustehenden Substanzwert; she weiters VfSlg 18933/2009) entwickelten Grundsätze auf §40 Abs6 leg cit hat zur Folge, dass die anteiligen Erträge der Gemeinde zuzufließen haben.

Der VfGH sieht sich daher nicht veranlasst, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §40 Abs6 TFLG 1996 einzuleiten.

Im Übrigen Ablehnung der Behandlung der Beschwerden.

Entscheidungstexte

  • B891/2013 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 09.12.2014 B891/2013 ua

Schlagworte

Bodenreform, Flurverfassung, Bescheid Trennbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:B891.2013

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2016
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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