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56/03 ÖBBNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Teils Zurück-, teils Abweisung eines Antrags des Bundesfinanzgerichtes auf Aufhebung von Bestimmungen des BundesbahnG 1992 betreffend die Abgabenbefreiung der ÖBB-Infrastruktur AG hinsichtlich des Dienstgeberbeitrags zum Familienlastenausgleichsfonds; keine ungerechtfertigte Besserstellung der im Anlassverfahren beschwerdeführenden Gesellschaft gegenüber allen anderen Dienstgebern; Abgabenbefreiung der ÖBB im Bereich Infrastruktur auf Grund des gegebenen öffentlichen Interesses sachlich gerechtfertigt; keine Unbestimmtheit des Umfanges der AbgabenbefreiungRechtssatz
Abweisung des Antrags, soweit er sich auf §50 Abs2 erster Satz BundesbahnG idF BGBl I 95/2009 bezieht. Im Übrigen Zurückweisung des Antrags.
Vor dem Hintergrund der Bedenken des antragstellenden Gerichtes ist in den Anlassverfahren der erste Satz des §50 Abs2 BundesbahnG mit Ausnahme der Wortfolge "von den Bundesverwaltungsabgaben sowie den Gerichts- und Justizverwaltungsabgaben" präjudiziell: Der Wortlaut des §50 Abs2 erster Satz BundesbahnG steht der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes, dass der Dienstgeberbeitrag unter die Abgabenbefreiung des §50 Abs2 erster Satz BundesbahnG fällt, nicht entgegen. Den Materialien ist kein Hinweis zu entnehmen, dass - mit Ausnahme der Umsatzsteuer - bestimmte bundesgesetzlich geregelte Abgaben nicht von der Abgabenbefreiung des §50 Abs2 erster Satz umfasst sein sollten.
Es ist somit nicht denkunmöglich, dass das antragstellende Gericht den ersten Satz des §50 Abs2 BundesbahnG - mit Ausnahme der genannten Wortfolge - anzuwenden hat. Untrennbarer Zusammenhang diese Wortfolge mit dem präjudiziellen Teil des ersten Satzes des §50 Abs2 leg cit.
Unzulässigkeit des Antrags jedoch hins des zweiten und dritten Satzes des §50 Abs2 BundesbahnG sowie des Eventualantrags auf Aufhebung des §31 BundesbahnG, da mit der Aufhebung des §31 mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden würde, als zur Beseitigung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit erforderlich wäre. §31 BundesbahnG definiert primär die Aufgaben der ÖBB-Infrastruktur AG und hat nur im Auslegungsweg für die Reichweite der Abgabenbefreiung durch §50 Abs2 BundesbahnG Relevanz.
Der Dienstgeberbeitrag ist eine ausschließliche Bundesabgabe gemäß §7 Z1 FAG 2008. Daran vermag auch der Umstand, dass ihr Aufkommen zweckgebunden der Finanzierung der vom FLAF zu tragenden Beihilfen dient, nichts zu ändern. Aus einer solchen Zweckbindung kann aber keinesfalls abgeleitet werden, dass die Anspruchsberechtigung des Dienstnehmers auf Leistungen aus dem FLAF zwingend voraussetzt, dass sein Dienstgeber hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages der persönlichen Abgabepflicht unterliegt.
Dem antragstellenden Gericht kann somit nicht gefolgt werden, wenn es aus dem Umstand, dass Dienstnehmer eines vom Dienstgeberbeitrag befreiten Dienstgebers berechtigt sind, bei Vorliegen der - von der Abgabepflicht unabhängig bestehenden - Anspruchsvoraussetzungen Leistungen aus dem FLAF zu beziehen, ableitet, dass die Befreiung vom Dienstgeberbeitrag nach §50 Abs2 BundesbahnG eine ungerechtfertigte Besserstellung gegenüber allen anderen Dienstgebern bedeute.
Aus einer möglicherweise nicht aufzufindenden unionsrechtlichen Rechtfertigung kann noch nicht auf die Unsachlichkeit der Regelung selbst geschlossen werden.
Die Abgabenbefreiung des §50 Abs2 erster Satz BundesbahnG ist, soweit sie sich auf den Bereich Infraktruktur der ÖBB bezieht (vgl zB VfSlg 16223/2001), auf Grund des besonderen öffentlichen Interesses an der Aufgabenerfüllung gemäß §31 BundesbahnG verfassungsrechtlich unbedenklich.
Auch aus der Abschaffung der Selbstträgerschaft für Gebietskörperschaften lässt sich für den Rechtsstandpunkt des antragstellenden Gerichtes nichts gewinnen, zielt diese doch primär auf eine Verwaltungsvereinfachung ab.
Schließlich ist die in §50 Abs2 BundesbahnG enthaltene Einschränkung der Befreiung auf Abgaben, soweit sich diese aus der Erfüllung der jeweiligen in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Aufgaben dieser Gesellschaft ergeben, nicht unsachlich. Auch wenn die Vorschrift diese Aufgaben in §50 Abs2 BundesbahnG nicht explizit anführt, kann nicht davon gesprochen werden, dass die Bezugnahme auf die gesetzlichen Aufgaben als unbestimmter Gesetzesbegriff im Hinblick auf die Tragweite der normierten Abgabenbefreiung die Verfassungsmäßigkeit der Befreiung nach §50 Abs2 iVm §31 BundesbahnG in Zweifel zöge.
§50 Abs2 BundesbahnG ist unter Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden einer Auslegung zugänglich, auf deren Grundlage der Umfang der Abgabenbefreiung rechtens bestimmt werden kann. Auch das antragstellende Gericht vermag eine Verletzung des Bestimmtheitsgebotes nicht aufzuzeigen, zumal es diese Wortfolge als Verweis auf §31 BundesbahnG auslegt und eine Erweiterung von Aufgaben nach dieser Vorschrift nur insoweit für zulässig erachtet, als sich diese nicht gänzlich vom Zweck der Erbringung von Leistungen im Zusammenhang mit der Schieneninfrastruktur entfernt.
Aus dem Umstand, dass es nicht denkunmöglich ist, dass die Vorschrift des §50 Abs2 erster Satz BundesbahnG für das antragstellende Gericht im Anlassfall eine Voraussetzung seiner Entscheidung bildet und die vom Gericht geltend gemachten Bedenken nicht zutreffen, folgt allerdings noch nicht, dass die Arbeitslöhne der ÖBB-Infrastruktur AG vom Dienstgeberbeitrag befreit sind, zumal die Frage, ob der Dienstgeberbeitrag als bundesgesetzliche Abgabe unter §50 Abs2 erster Satz BundesbahnG zu subsumieren ist, vom antragstellenden Gericht zu beurteilen ist.
Schlagworte
Bundesbahnen, Familienlastenausgleich, Abgaben, EU-Recht, Determinierungsgebot, Rechtsstaatsprinzip, Legalitätsprinzip, Rechtsbegriffe unbestimmte, VfGH / Präjudizialität, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:G133.2014Zuletzt aktualisiert am
17.03.2016