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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §119 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde des Dipl. Ing. M in W, vertreten durch Dr. Christian Hauser, Rechtsanwalt in Wien IX, Prechtlgasse 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 4. Dezember 1998, GZ GA RV/192-16/01/98, betreffend Einkommensteuer 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bei einer im Jahre 1990 bei der S. GmbH hinsichtlich des Jahres 1988 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer bis 16. Jänner 1989 zu 50 % an der GmbH beteiligt gewesen sei. Bis 31. Jänner 1989 sei er Geschäftsführer der S GmbH gewesen.
Bei dieser Prüfung wurden Eingangsrechnungen von acht GmbH über die Gestellung von Bauarbeitern und in geringerem Umfang über die Durchführung diverser Bauarbeiten vorgefunden. Nach den Ausführungen im Prüfungsbericht sei aber die Erbringung der in den Rechnungen ausgewiesenen Leistungen nicht nachgewiesen worden. Vielmehr seien die Bauarbeiter von der S GmbH am illegalen Arbeitsmarkt besorgt worden. Der Prüfer ermittelte den Aufwand für die erbrachten Bauleistungen unter Bedachtnahme auf den für Schwarzarbeiter üblicherweise bezahlten Stundenlohn. Die Differenz zwischen dem gebuchten und dem errechneten "Fremdleistungsaufwand" wurde vom Prüfer als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt. Die Ausschüttung wurde zur Hälfte dem Beschwerdeführer zugerechnet.
Gegen den in der Folge an den Beschwerdeführer ergangenen Einkommensteuerbescheid für 1988 wurde Berufung erhoben, wobei auf die Berufung gegen den an die S GmbH ergangenen Körperschaftsteuerbescheid verwiesen wurde.
Zu den Geschäftsbeziehungen der S GmbH im Jahre 1988 wurde in einer Stellungnahme des Prüfers zur Berufung ausgeführt, der Geschäftsführer der R GmbH, Dragutin F, habe am 28. Mai 1991 angegeben, dass an die S GmbH keine Leistungen erbracht worden seien. Bei einer abgabenbehördlichen Prüfung der R GmbH seien schwere formelle und materielle Mängel festgestellt worden. Von der R GmbH seien beim Sozialversicherungsträger nur zwei Arbeitnehmer (Inländer) gemeldet gewesen. Ein weiterer Subunternehmer, die V GmbH habe im Jahre 1988 keine Arbeitnehmer beschäftigt gehabt. Weitere als Subunternehmer namhaft gemachte GmbH hätten selbst wieder Rechnungen von anderen GmbH, darunter der R GmbH und der V GmbH vorgelegt. In keinem geprüften Fall habe ein Nachweis über tatsächliche Leistungen erbracht werden können.
Die zunächst ergangene Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 3. Dezember 1996, Zl GA16-93/3087/01, wurde vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung neuerlich als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich dabei insbesondere auf den Umstand, dass Dragutin F. ausgesagt habe, dass von der R GmbH keine Leistungen an die S GmbH erbracht worden seien und dass er die S GmbH gar nicht kenne. Die R GmbH habe überhaupt keine Umsätze erklärt. Nach diesem Vorbringen habe sich die R GmbH der V GmbH als weiterem Subunternehmer bedient. Nach den Feststellungen des Finanzamtes habe die V GmbH aber 1988 keine Arbeitnehmer beschäftigt gehabt. An der Firmenadresse sei die V GmbH nicht existent gewesen. Auch die S GmbH selbst habe 1988 Eingangsrechnungen der V GmbH verbucht. Auch bei Prüfungen der weiteren als Subunternehmer aufgetretenen Firmen Vi GmbH, Pe GmbH und Pl GmbH sei die Erbringung von Leistungen nicht nachgewiesen worden. Da aber davon auszugehen sei, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich Leistungen erbracht habe, seien die Aufwendungen, insbesondere die Zahlungen an Schwarzarbeiter, zu schätzen. Die Differenz für die im Schätzungsweg ermittelten Zahlungen an Schwarzarbeiter und dem in der Verlust- und Gewinn-Rechnung ausgewiesenen Betrag an "Fremdleistungen" sei als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen, die den Gesellschaftern nach ihrem Beteiligungsverhältnis zuzuordnen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird vom Beschwerdeführer zunächst vorgebracht, die belangte Behörde habe der S GmbH unzulässigerweise auferlegt, Aufzeichnungen über Arbeitskräfte von Subunternehmern zu führen. Weiters wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Feststellung im angefochtenen Bescheid, Rechnungen seien von nicht oder nicht mehr existierenden Firmen ausgestellt worden. Eine Prüfung der Existenz der R GmbH und der V GmbH sei offenbar erst nachträglich im Zeitpunkt der Betriebsprüfung oder im Zeitpunkt der Abfassung der Stellungnahme erfolgt. Da die fakturierten Leistungen offenbar erbracht worden seien, sei es irrelevant, ob diese von Leiharbeitern oder sonstigen nicht angemeldeten Arbeitskräften der Subunternehmer erbracht wurden.
Mit diesen Ausführungen wendet sich der Beschwerdeführer in Wahrheit gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Er verkennt dabei insbesondere, dass sich die Überprüfung der Beweiswürdigung durch den Verwaltungsgerichtshof auf die Beurteilung beschränkt, ob das Ergebnis dieser Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens im Einklang steht und die Sachverhaltsannahme der Behörde in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren gewonnen wurde. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid auf die Aussage des Geschäftsführers derjenigen GmbH, von der unter anderem Rechnungen über Bauleistungen ausgestellt worden waren, und auf die Feststellungen beim Sozialversicherungsträger gestützt. Wenn die Behörde auf Grund dieser Ermittlungen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die behaupteten Leistungen der Subunternehmer von diesen tatsächlich nicht erbracht worden seien, sondern dass die Bauarbeiten vielmehr von sich illegal im Inland aufhaltenden ausländischen Bauarbeitern - zu wesentlich unter dem inländischen Lohnniveau liegenden Entgelten - geleistet worden seien, so ist diese Folgerung logisch nachvollziehbar und entspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens. Auch zwischen der Aussage des Dragutin F, es seien an die S GmbH keine Leistungen erbracht worden und er kenne die S. GmbH gar nicht, und dem Umstand, dass bei der R GmbH "nur drei Ausgangsrechnungen" vorgefunden worden seien, besteht entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kein solcher Widerspruch, der der von der belangten Behörde vorgenommenen Würdigung des gesamten Erhebungsergebnisses mit Erfolg entgegengehalten werden könnte, zumal dabei auch auf den Umstand Bedacht zu nehmen war, dass die R GmbH keine Umsätze erklärt hatte. Die belangte Behörde konnte sich bei ihrer Beweiswürdigung darüber hinaus auch auf den Umstand stützen, dass bei der weiters als Subunternehmer sowohl für die R GmbH als auch für die S GmbH selbst namhaft gemachten V GmbH nach den - entgegen den Beschwerdeeinwendungen - sehr wohl auf das Streitjahr 1988 bezogenen Ermittlungen keine Arbeitnehmer beschäftigt worden waren.
Mit den Einwendungen, dem Beschwerdeführer sei die Abgabe nach § 95 Abs 5 Z 1 und 2 EStG 1972 nur dann ausnahmsweise vorzuschreiben gewesen, wenn der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht ordnungsgemäß gekürzt habe oder der Empfänger wisse, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt, verkennt der Beschwerdeführer, dass Gegenstand des angefochtenen Bescheides nicht Kapitalertragsteuer, sondern vielmehr die Einkommensteuer für das Jahr 1988 ist. Auch der Hinweis, der Beschwerdeführer habe ab 1989 in der S GmbH keine Funktion gehabt, geht im Hinblick auf den Gegenstand des angefochtenen Bescheides ins Leere.
Wenn sich der Beschwerdeführer - erstmals - in seiner Beschwerde gegen die Berechnung der verdeckten Gewinnausschüttung wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass derjenige, der zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen muss.
Schließlich ist die Behauptung in der Beschwerdeschrift, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, unrichtig.
Die Beschwerde erweist sich damit zur Gänze als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 26. September 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999130009.X00Im RIS seit
15.01.2001