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66/01 Allgemeines SozialversicherungsgesetzNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Feststellung der Verpflichtung eines Arztes zur Verrichtung eines ärztlichen Bereitschaftsdienstes auch an Samstagen; keine Anwendbarkeit des Verbots der Zwangsarbeit der EMRK auf die auf vertraglicher Grundlage beruhende Verpflichtung zur Teilnahme am notärztlichen DienstRechtssatz
Regelungsgegenstand des Gesamtvertrages ist insbesondere auch, in welchem Umfang ein Vertragsarzt seine Ordination offen zu halten hat, wozu gehört, ob und in welchem Umfang ein Vertragsarzt an notärztlichen Diensten zur Versorgung sozialversicherter Patienten (gegen Leistungsverrechnung mit dem Krankenversicherungsträger) an Tagen mitzuwirken hat, an denen üblicherweise Ordinationen geschlossen bleiben, wie an Wochenenden und Feiertagen. Es bestehen insbesondere keine Bedenken dagegen, dass der Gesamtvertrag zur Teilnahme an solchen notärztlichen Diensten dem Grunde nach verpflichtet und die Konkretisierung der einzelnen Dienste der Erstellung eines Dienstplans durch die zuständige Ärztekammer überlässt, nach welchem die Vertragsärzte der Reihe nach herangezogen werden. Insoweit liegt eine nähere Bestimmung der durch Abschluss eines Einzelvertrages begründeten privatrechtlichen Leistungspflicht der Vertragsärzte durch Dritte (nämlich durch die gesetzliche Interessenvertretung) vor, die ihre Grenzen im Vertrag oder in einer für den Verpflichteten offenbaren Unbilligkeit findet. Soweit daher die Verpflichtung zur Teilnahme am notärztlichen Dienst auf vertraglicher Grundlage beruht, ist Art4 Abs2 EMRK darauf von vornherein nicht anzuwenden.
Keine Verletzung im Gleichheitsrecht.
Den Behauptungen des Beschwerdeführers, dass der jeweilige Gesamtvertrag seinem Wortlaut nach nur einen "Sonn- und Feiertagsdienst" vorsehe, ist entgegenzuhalten, dass die Parteien des Gesamtvertrages bereits in der Zusatzvereinbarung zum Gesamtvertrag vom 01.10.1963 - als der Samstag anders als zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesamtvertrages im Jahr 1957 üblicherweise kein Arbeits- und Ordinationstag mehr war - und in der Folge in der Zusatzvereinbarung vom 07.12.2005 den Zeitraum für den Wochenendbereitschaftsdienst von Samstag 7 Uhr Früh bis Montag 7 Uhr Früh festgelegt haben, und jedenfalls die Zusatzvereinbarung den Zeitraum für einen Wochenenddienst verbindlich festlegt. Der belangten Behörde kann daher aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass eine einzelvertragliche Verpflichtung zur Verrichtung eines ärztlichen Bereitschaftsdienstes für Vertragsärzte in Niederösterreich nicht nur an Sonn- und Feiertagen, sondern auch am Samstag besteht.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Sozialversicherung, Ärzte, ZwangsarbeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:B967.2012Zuletzt aktualisiert am
23.01.2015