TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/26 99/13/0196

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.09.2000
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

ABGB §905 Abs2;
BAO §211;
BAO §216;
EURallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde der F-Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Paul Appiano und Dr. Bernhard Kramer, Rechtsanwälte in Wien I, Bösendorferstraße 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. August 1999, GZ RV/203-07/99, betreffend Abrechnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einer Eingabe vom 12. April 1999 wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe am 4. Februar 1999 ? 454,21 auf ihr Steuerkonto überwiesen. Es seien lediglich S 5.913,66 gutgeschrieben worden, obwohl nach dem Euro-Umrechnungskurs S 6.250,-- zu verrechnen gewesen wären.

In den Akten erliegt eine Abrechnung der S. Bank in London vom 29. Jänner 1999, wonach (im Auftrag der Beschwerdeführerin) ? 454,21 an das Konto des Finanzamtes bei der Österreichischen Postsparkasse zu überweisen waren. Nach dieser Mitteilung betrug der Abrechnungsbetrag auf dem Konto der S. Bank USD 522,58 zuzüglich Kommissionsgebühren von USD 15,--, zusammen USD 537,58. Nach einer ebenfalls in den Akten erliegenden Gutschriftsanzeige der Österreichischen Postsparkasse vom 2. Februar 1999 wurden ? 439,21 gutgeschrieben, was einem Gegenwert von S 6.043,66 entsprach. Nach Abzug eines "Bearbeitungsentgelts" von S 130,-- verblieb ein Endbetrag von S 5.913,66 = ? 429,76.

Mit Abrechnungsbescheid vom 19. Mai 1999 wurde auf Grund des Antrages 12. April 1999 entschieden, dass die Verpflichtung zur Zahlung von S 6.250,-- hinsichtlich des Teilbetrages von S 336,34 nicht erloschen war. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass nur ein Betrag von S 5.913,66 gutgeschrieben worden sei.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, seit 1. Jänner 1999 sei der Euro die offizielle Währung in Österreich. Die Beschwerdeführerin habe am 19. Jänner 1999 einen Überweisungsauftrag über ? 454,21 gegeben. Ohne erkennbaren Grund habe die Österreichische Postsparkasse lediglich ? 439,21 gutgeschrieben. Die Verrechnung eines "Bearbeitungsentgeltes" sei unzulässig.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass die Österreichische Postsparkasse nur einen Betrag von S 5.913,66 auf das PSK-Konto des Finanzamtes überwiesen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens stützen sich übereinstimmend auf § 905 Abs. 2 ABGB, wonach der Schuldner Geldzahlungen im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz (Niederlassung) zu übermachen hat. Dies bedeutet, dass der Schuldner die Kosten und die Gefahr der Übersendung des Geldbetrages zu tragen hat (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, § 211, Rz 2). Wenn der Schuldner im Interesse des Gläubigers an dessen Bank zahlen soll, so muss dabei aber der Bereich der Gläubigerbank zu Lasten des Gläubigers gehen, sobald die Überweisungsgutschrift bei der Gäubigerbank eingetroffen ist (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB2, § 905, Rz 19).

Im Beschwerdefall ist der strittige Überweisungsbetrag bei der das Konto des Finanzamtes führenden Österreichischen Postsparkasse mit einem Wert von ? 439,21 eingetroffen. Die Differenz zu dem bei einer Bank in London eingereichten Überweisungsauftrag über ? 454,21 resultiert aus der Umrechnung des in US-Dollar geführten Kontos sowie den Kommissionsgebühren dieser englischen Bank des Schuldners des Abgabenbetrages. Diese Gebühren hat aber der Schuldner zu tragen. In der Beschwerde wird dazu vorgebracht wird, die belangte Behörde habe nicht geprüft, dass die Spesen von USD 15,-- "ohnedies dem überweisenden Konto angelastet" worden seien. "Dass diese Gutbringung auf dem Abgabenkonto (noch nicht?)" aufscheine, sei "eine PSK-interne Besonderheit". Sollte die Beschwerdeführerin mit diesem nicht leicht deutbaren Vorbringen gemeint haben, dass der Gegenwert von USD 15,-- dem Abgabenkonto zu einem späteren Zeitpunkt gutgeschrieben wurde, so handelt es sich dabei um ein vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliches neues Vorbringen. Im Übrigen ist Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich die Abgabenverrechnung im Zeitpunkt der Antragstellung im Sinne des § 216 BAO (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 98/15/0062).

Dennoch hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet: Die Überweisungsgutschrift langte bei der Österreichischen Postsparkasse mit dem Betrag von ? 439,21 = S 6.043,66 ein. Mit diesem Betrag war die bestehende Abgabenschuld der Beschwerdeführerin zu tilgen. Der Umstand, dass die Österreichische Postsparkasse in ihrer an das Finanzamt gerichteten Gutschriftsanzeige eine "Bearbeitungsgebühr" von S 130,-- in Rechnung stellte, kann nicht zu Lasten des Abgabenschuldners gehen, weil die Übersendung des Geldbetrages und damit die Gefahrtragung durch den Abgabenschuldner mit dem Einlangen des Betrages bei der Österreichischen Postsparkasse ihren Abschluss gefunden hat. Zur Klarstellung ist darauf zu verweisen, dass damit bei der Beurteilung der Tilgung der Abgabenschuld im Sinne des § 216 BAO die Beantwortung der aufgeworfenen Frage, ob die Anlastung einer Bearbeitungsgebühr für die Umrechnung von Euro in Schillingbeträge gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zuwiderläuft, nicht maßgeblich war.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994

Wien, am 26. September 2000

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht kein innerstaatlicher Anwendungsbereich EURallg7Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999130196.X00

Im RIS seit

15.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten