Index
L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1994 §47 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde 1. des Dkfm. R S in B, 2. des Dr. F H in B, 3. des H B in M und 4. des Dr. J S in B, alle vertreten durch DDr. Karl Robert Hiebl und Mag. Alexander Lirk, Rechtsanwälte in 5280 Braunau, Stadtplatz 50/2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. Juni 2013, Zl. IKD(BauR)-014540/2-2013-Dg/Wm, betreffend einen Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde B),
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde des Zweit-, Dritt- und Viertbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.
und
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Die Beschwerdeführer sind gemeinsam Eigentümer der Liegenschaft mit dem Haus M.-Gasse Nr. 2 (Gemeinde B.), das unter Denkmalschutz steht. (Die Unterschutzstellung ist gemäß §§ 1, 3 Denkmalschutzgesetz im Grundbuch ersichtlich gemacht).
In einem Aktenvermerk vom 4. Jänner 2012 hielt der Mitarbeiter der Baubehörde Ing. K. unter Anschluss einer Reihe von Lichtbildern in Bezug auf das genannte Haus fest, dass, weil die Erhaltung dieses unter Denkmalschutz stehenden Objektes seit Jahren vernachlässigt werde, mehrere, im Einzelnen bezeichnete Verbesserungsmaßnahmen dringend durchgeführt werden sollten, um den wertvollen Baubestand nicht weiter zu schädigen. (Diese vorgeschlagenen Maßnahmen wurden in weiterer Folge Teil des hier gegenständlichen Bauauftrages).
Mit gleichlautenden Schreiben der Baubehörde vom 12. Jänner 2012 wurde jeder der Miteigentümer der genannten Liegenschaft von dieser baupolizeilichen Beurteilung des Erhaltungszustandes des Gebäudes und der Absicht der Baubehörde, ihnen deswegen gemäß § 48 Oö. Bauordnung 1994 (BauO) einen baupolizeilichen Auftrag zu erteilen, in Kenntnis gesetzt und ihnen Parteiengehör eingeräumt. Keiner der Miteigentümer gab dazu eine Stellungnahme ab.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. Mai 2012 wurde dem Erstbeschwerdeführer (und mit jeweils gleichlautenden Bescheiden den übrigen Beschwerdeführern) unter Hinweis darauf, es sei im Zuge der baubehördlichen Überprüfung festgestellt worden, dass sich das Gebäude allseitig in einem sehr desolaten Bauzustand darstelle, wobei dies im Besonderen am Schadensbild der Fassaden zum Vorschein komme, der Auftrag zu folgenden Instandsetzungsmaßnahmen erteilt:
"1. Die Löcher in der südseitigen Giebelmauerabdeckung sind zu schließen und auf weitere allfällige Schäden zu kontrollieren.
2. Die kreuz und quer über die Fassade laufenden Aufputzleitungen sind auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen, sollten sie nicht entfernt werden können, sind diese Unterputz zu verlegen.
3. Das durchfeuchtete Sockelmauerwerk ist fachgerecht instand zu setzen.
4. Alle geschädigten offenen Putzflächen der Hausfassaden sind fachgerecht instand zu setzen.
5. Dachrinnen und Fallrohre sind auf ihre Funktionstüchtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu erneuern.
6. Bezüglich der Farbgebung ist das Einvernehmen und die Genehmigung der (Gemeinde B.) rechtzeitig einzuholen. Diesbezüglich sind Farbmuster in geeigneter Weise zur Beurteilung anzusetzen.
7. Im Bereich der Dachtraufen sind geeignete Vorrichtungen gegen das Abrutschen von Schnee und Eis anzubringen. Es dürfen nur Schneerechen in roter Farbe verwendet werden. Andernfalls sind die Maßnahmen vor Ausführung mit der (Gemeinde B.) abzustimmen.
8. Die Reparaturarbeiten sind im Einvernehmen mit dem Bundesdenkmalamt auszuführen.
9. Die gesamten Instandsetzungsarbeiten sind bis spätestens Ende August 2012 fertigzustellen. Die Erledigung ist der Baubehörde schriftlich mitzuteilen."
Gegen diesen Bescheid erhob der Erstbeschwerdeführer Berufung, worin er u.a. vorbrachte, dass seit dem Kauf des Hauses (laut Grundbuch: im Jahr 1986) seitens der Hauseigentümer verschiedene Instandsetzungen durchgeführt worden seien und fassadenmäßig nichts gemacht worden sei. Es sei jedoch vorgesehen, das Haus zu verkaufen, und der Käufer müsste dann eine Generalsanierung durchführen. In den fünf Wohnungen seien nur Einzelöfen vorhanden, die Elektrik müsse generell erneuert werden, und die Feuchtigkeit der Mauern sei ein Riesenproblem. Eine Sanierung der Fassade sei nur im Rahmen einer Generalsanierung sinnvoll. Die Löcher in der Giebelmauer würden im Zuge einer Generalsanierung geschlossen werden. Inwieweit die Aufputzleitungen das Ortsbild verunstalteten, sei nicht ersichtlich. Sie (die Miteigentümer) hätten bereits einmal versucht, das durchfeuchtete Mauerwerk instand zu setzen, was viel Geld gekostet und nichts gebracht habe. Die Instandsetzung der offenen Putzflächen könne erst im Zuge einer Generalsanierung gemacht werden. Dachrinnen und Fallrohre seien in Ordnung, wobei das Problem ein (näher bezeichneter) Baum sei, dessen Laub regelmäßig die Abflüsse verstopfe. Bei einer Generalsanierung erfolge selbstverständlich die Farbgebung im Einverständnis mit der Gemeinde. Schneerechen seien am Dach. Die Generalsanierung werde mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmt werden, und der gesetzte Erfüllungstermin könne nicht annähernd verwirklicht werden.
Mit dem auf Grund des Beschlusses des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Dezember 2012 erlassenen Bescheid vom 19. Dezember 2012 wurde der Berufung des Erstbeschwerdeführers keine Folge gegeben und die mit dem Bauauftrag gesetzte Erfüllungsfrist dahin abgeändert, dass die Instandsetzungsarbeiten bis spätestens drei Monate nach Rechtskraft dieses Bescheides fertigzustellen seien.
Darin führte die Berufungsbehörde nach Hinweis auf § 47 Abs. 1 und § 48 Abs. 1 BauO bezüglich der Punkte 1. bis 4. des Bauauftrages aus, dass diesen einzelnen Instandsetzungsaufträgen Schäden zugrunde lägen, die im Sinne des § 48 Abs. 1 leg. cit. als Baugebrechen zu werten seien. So könnten durch Schäden an der Fassade und der Giebelmauerabdeckung sowie durch an der Fassade frei verlaufende Aufputzleitungen Gefahren im Sinne dieser Gesetzesbestimmung entstehen. Ferner befänden sich am Dach des Objektes keine Schneerechen. Auch die übrigen Punkte des Bauauftrages könnten im Rahmen dieser Gesetzesbestimmung vorgeschrieben werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Erstbeschwerdeführer Vorstellung, worin er im Wesentlichen vorbrachte, es befinde sich zwar auf dem Dach kein Schneerechen, dieses sei jedoch dermaßen steil, dass dort kein Schneebrett halten bleiben und eventuelle Passanten gefährden könne. Die für die Sanierung des Hauses gesetzte Frist von drei Monaten sei völlig indiskutabel.
Mit Schreiben vom 18. April 2013 brachte der Erstbeschwerdeführer ergänzend vor, dass es für das Haus nie eine Baubewilligung gegeben habe, weil es über 500 Jahre alt sei, und dass es im ursprünglichen Zustand erhalten werde. Eine Begründung für die behaupteten Gefahren durch das angeblich desolate Aussehen sei nicht angegeben worden, und durch die schadhafte Fassade werde das Ortsbild nicht verunstaltet. Demzufolge liege auch kein Baugebrechen vor.
Auf Grund des Ersuchens der Oberösterreichischen Landesregierung (im Folgenden: Landesregierung) nahm der Sachverständige der Baubehörde Ing. K. zur gesetzten Erfüllungsfrist von drei Monaten Stellung. Dieser führte in seiner Stellungnahme aus, dass sich die fachgerechte Instandsetzung von freiliegendem Mauerwerk auf die straßenseitige Sockelzone beziehe. Eine Mauertrockenlegung durch ein Injektionsverfahren sei bereits in früheren Jahren durchgeführt worden. Durch die abgefallenen (abgefrorenen) Putzschichten dringe Spritz- und Niederschlagswasser ungehindert in das Tuffsteinmauerwerk ein, was zu weiteren Schäden am denkmalgeschützten Objekt führen werde. Eine Schadensbehebung innerhalb von drei Monaten sei jedenfalls möglich (Schreiben der Baubehörde an die Landesregierung vom 24. Juni 2013).
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der Landesregierung vom 25. Juni 2013 wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.
Nach Darstellung des Ganges des bisherigen Verwaltungsverfahrens führte die Landesregierung aus, der Hinweis, dass das Haus ohne Baubewilligung errichtet worden sei, weil es über 500 Jahre alt sei, und dass im ursprünglichen Zustand erhalten werde, ändere nichts an der Erhaltungspflicht gemäß § 47 BauO, die für alle baulichen Anlagen gelte. Da der Sachverständige Ing. K. bei der mitbeteiligten Gemeinde auch für den Denkmalschutz zuständig sei, würde es durch die Abstimmung mit dem Bundesamt für Denkmalschutz zu keiner Zeitverzögerung kommen. Die Angemessenheit der Frist werde auch durch den Leiter der Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik beim Amt der Landesregierung nicht angezweifelt, und auf Grund dieser beiden fachlichen Einschätzungen erscheine die gesetzte Frist als ausreichend.
Gemäß § 14 Z 2 Oö. Bautechnikgesetz (BauTG) seien Dächer mit geeigneten Vorrichtungen gegen das Abrutschen von Schnee (z.B. Schneerechen) auszustatten. Das Anbringen von Schneerechen sei generell vorgeschrieben, ohne Unterscheidung nach Neigungsgrad des Daches. Was die Fassade anlange, so spreche die Baubehörde von einem allseitig desolaten Bauzustand des Gebäudes und weise insbesondere darauf hin, dass die offenen Putzflächen der Hausfassade fachgerecht instand zu setzen seien. Von einer Verunstaltung des Ortsbildes oder Gefahren durch das desolate Aussehen werde im Berufungsbescheid nicht gesprochen, und es werde in diesem Zusammenhang lediglich § 48 BauO zitiert. Es sei eine Erfahrungstatsache, dass bei Fehlen des Verputzes an Mauern wegen der Gefahr des Eindringens von Niederschlägen und sonstiger Witterungseinflüsse durch ein solches Baugebrechen die Standsicherheit der Mauern beeinträchtigt werden könne, sodass aus diesem Grund der Bauauftrag zur Sanierung des Wandverputzes gerechtfertigt sei. Die Bestimmungen der §§ 47 und 48 BauO zielten nicht nur auf die Hausbewohner ab, sondern hätten den Schutz der Allgemeinheit im Auge. Ein Baugebrechen liege auch vor, wenn auf Grund von herabfallenden Putz- und Mauerteilen eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen gegeben sei, auch wenn das Gebäude nur zugänglich sei, wenn man rechtswidrigerweise die Liegenschaft betrete.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Landesregierung legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die mitbeteiligte Gemeinde hat keine Gegenschrift erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden sind.
1. Zur Beschwerde des Zweit-, Dritt- und Viertbeschwerdeführers:
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG in der bei Erhebung der vorliegenden Beschwerde geltenden Fassung vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, wobei - um die Beschwerdelegitimation bejahen zu können - die behauptete Verletzung in einem subjektiv-öffentlichen Recht zumindest möglich sein muss (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa den Beschluss vom 30. April 2013, Zl. 2013/05/0063, mwN).
Dem Zweit-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer kommt bereits deshalb keine Beschwerdelegitimation zu, weil sie nicht Adressaten des vorliegend angefochtenen Bescheides sind und dieser nicht ihnen gegenüber erlassen wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2005, Zl. 2004/07/0155, mwN, und nochmals den vorzitierten Beschluss).
Die von ihnen erhobene Beschwerde war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG zusammengesetzten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 leg. cit. mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
2. Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:
Die §§ 47 und 48 BauO, LGBl. Nr. 66/1994, in der im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gemeinderates über den Berufungsbescheid geltenden Fassung LGBl. Nr. 36/2008 lauten:
"§ 47
Erhaltungspflicht
(1) Der Eigentümer einer baulichen Anlage hat dafür zu sorgen, daß die Anlage in einem den baurechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand erhalten wird. Bei baulichen Anlagen, für die eine Baubewilligung erteilt wurde, erstreckt sich diese Verpflichtung insbesondere auch auf die Einhaltung der Auflagen und Bedingungen des Baubewilligungsbescheides sowie auf die Erhaltung der nach der Baubewilligung zur baulichen Anlage gehörenden Einrichtungen, wie Kinderspielplätze, Schutzräume, Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Erholungsflächen. Im übrigen sind bauliche Anlagen so zu erhalten, daß die Sicherheit, die Festigkeit, der Brandschutz, die Wärmedämmung und der Wärmeschutz, die Schalldämmung und der Schallschutz der baulichen Anlage und die Erfordernisse der Gesundheit, der Hygiene, des Unfallschutzes und der Bauphysik nicht beeinträchtigt werden und ein nach Art und Zweck der Anlage unnötiger Energieverbrauch sowie schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden.
(2) Erlangt die Baubehörde Kenntnis von einer Verletzung der Erhaltungspflicht, hat sie dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung der festgestellten Mängel aufzutragen.
(3) Zur Ermöglichung der Überprüfung des Bauzustandes ist den Organen der Baubehörde der Zutritt zu allen Teilen einer baulichen Anlage zu gestatten. Außer bei Gefahr im Verzug ist die Vornahme einer solchen Überprüfung dem Eigentümer mindestens zwei Wochen vorher schriftlich anzuzeigen. Der Eigentümer, das von ihm bestellte Aufsichtsorgan und die Bestandnehmer sind verpflichtet, alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen."
"§ 48
Baugebrechen
(1) Hat sich der Zustand einer baulichen Anlage so verschlechtert, daß
1. eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Hygiene oder die körperliche Sicherheit von Menschen oder für fremde Sachwerte entsteht,
2.
das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet wird oder
3.
schädliche Umwelteinwirkungen entstehen,
liegt, gleichgültig worauf die Verschlechterung zurückzuführen ist, ein Baugebrechen vor.
(2) Erlangt die Baubehörde Kenntnis vom Vorliegen eines Baugebrechens, hat sie die allenfalls erforderlichen Sicherungsmaßnahmen anzuordnen und dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung des festgestellten Baugebrechens durch Instandsetzung oder, wenn eine Instandsetzung nicht mehr möglich ist oder so weitgehend wäre, daß sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkommen würde, die Abtragung aufzutragen. Ein Instandsetzungsauftrag steht der Erteilung einer Abbruchbewilligung nicht entgegen.
(3) Lassen sich Art und Umfang eines vermutlichen Baugebrechens nicht durch bloßen Augenschein feststellen, kann die Baubehörde dem Eigentümer unter Setzung einer angemessenen Frist die Untersuchung durch einen Bausachverständigen und die Vorlage des Untersuchungsbefundes vorschreiben. Auf Verlangen der Baubehörde ist der Untersuchung ein Organ dieser Behörde beizuziehen.
(...)"
Die §§ 3, 14, 15 und 23 BauTG, LGBl. Nr. 67/1994, in der bei Beschlussfassung des Gemeinderates über den Berufungsbescheid geltenden Fassung LGBl. Nr. 68/2011 haben folgenden Wortlaut:
"§ 3
Allgemeine Erfordernisse
Bauliche Anlagen müssen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, daß
1. sie für die Dauer ihres Bestandes den an bauliche Anlagen der betreffenden Art zu stellenden Anforderungen hinsichtlich
a)
Sicherheit,
b)
Festigkeit,
c)
Brandschutz, Wärmedämmung und Wärmeschutz sowie Schalldämmung und Schallschutz,
d)
Gesundheit, Hygiene, Unfallschutz, Bauphysik und
e)
Umweltschutz
entsprechen;
2.
Barrieren im Sinn des § 27 vermieden werden;
2a.
eine ungehinderte, sichere und alltagstaugliche Benützung gewährleistet ist, wobei insbesondere die besonderen Bedürfnisse von Kindern, Frauen, Familien, Senioren und behinderten Menschen zu berücksichtigen sind;
3. ein nach Art und Zweck der Anlage unnötiger Energieverbrauch vermieden und die Nutzung erneuerbarer Energieträger ermöglicht wird;
3a. unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Verwendungszweck im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren der zur Energieeinsparung erforderliche Wärmeschutz gewährleistet ist oder durch andere Maßnahmen ein gleichwertiger Effekt erzielt werden kann;
4. durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden;
5. das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört wird; dabei ist auf naturschutzrechtlich geschützte Gebiete, Naturdenkmäler, andere bemerkenswerte Naturgebilde und Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer und kultureller Bedeutung Bedacht zu nehmen;
6. sie sich in die Umgebung einwandfrei einfügen; Baumassen und Bauteile müssen harmonisch aufeinander abgestimmt werden;
Fassaden und Dachformen, Baustoffe, Bauteile und Bauarten, Verputz und Farbgebung dürfen nicht verunstaltend wirken."
"§ 14
Dächer und Dachdeckungen
(1) Dächer sind
(...)
2. mit Einrichtungen zur technisch einwandfreien Sammlung und Ableitung der anfallenden Niederschlagswässer (z. B. Dachrinnen und Abfallrohre) und mit geeigneten Vorrichtungen gegen das Abrutschen von Schnee (z. B. Schneerechen) auszustatten.
(2) Von den Bestimmungen des Abs. 1 oder einer gemäß § 64 Abs. 2 Z 8 erlassenen Verordnung sind auf Grund von Gutachten im Einzelfall Ausnahmen oder die Vorschreibung strengerer Auflagen zulässig, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse nach der jeweiligen Verwendung, der Größe, der Lage, der Art oder der Umgebung der baulichen Anlage gerechtfertigt ist."
"§ 15
Verputz und Verkleidung
(1) Sichtbare Außenwände von Bauten einschließlich sichtbarer Feuermauern und Brandmauern sowie Innenwände und Decken sind zu verputzen oder zu verkleiden. Dies gilt nicht für Bauweisen, bei denen die Wände und Decken auch ohne Verputz und Verkleidungen den Anforderungen des § 3 entsprechen.
(2) Außenwandverputz und Außenwandverkleidung sowie deren Unterkonstruktion einschließlich von Befestigungsmitteln, Halterungsvorrichtungen und Wandverankerungen müssen den zu erwartenden atmosphärischen und chemischen Einwirkungen durch Luftschadstoffe, den mechanischen Belastungen und einer möglichen Brandeinwirkung ausreichend Widerstand leisten.
(...)"
"§ 23
Ver- und Entsorgung
(...)
(3) Leitungen für Wasser, Abwässer, Gas, Strom und sonstige Ver- und Entsorgungsleitungen sind so anzulegen, daß nachteilige Beeinflussungen der Leitungen selbst, anderer Leitungen sowie baulicher Anlagen und schädliche Umwelteinwirkungen möglichst ausgeschlossen werden."
Die Beschwerde bringt vor, dass das auftragsgegenständliche Haus über 500 Jahre alt und völlig leerstehend sei, wobei es nie eine Baubewilligung gegeben habe. Dieses werde den baurechtlichen Vorschriften entsprechend im Sinn des § 47 BauO erhalten. Bis auf die Fassade habe sich der Gebäudezustand in den letzten 30 Jahren nicht verschlechtert, sondern wesentlich verbessert. Es seien ein neues Dach, neue Fenster, ein neuer Stiegenabgang und Brandschutztüren errichtet sowie der Dachboden saniert worden, sodass keine Gefahr gemäß § 48 Abs. 1 Z 1 BauO bestehe. Ein Schneerechen habe keinen Sinn, weil das Dach derart steil sei, dass dadurch eventuelle Schneebretter nicht aufgehalten werden könnten. Ferner könne man von einer Verunstaltung allein auf Grund der Mängel an der Fassade nicht sprechen. Da im Haus keine Heizung installiert sei, könnten keine schädlichen Umwelteinflüsse entstehen. Darüber hinaus sei die gesetzte Frist von drei Monaten nicht erfüllbar, weil es neben dem Erfordernis, einen Baumeister beizuziehen, eine Eingerüstung des Gebäudes vorzunehmen (mit Straßensperre für den Verkehr) sowie einen Elektriker, einen Malermeister und einen Dachdecker beizuziehen, auch erforderlich wäre, das feuchte Sockelmauerwerk fachgerecht instand zu setzen. Im Übrigen sei bereits ein Makler mit dem Verkauf des Hauses beauftragt worden und müsste, sollte sich ein Käufer finden, eine Generalsanierung insbesondere durch Herstellung eines neuen Verputzes und Installierung einer Heizung durchgeführt werden, sodass alle vorher getätigten Sanierungen im Hinblick darauf sinnlos wären. Die Behörde sei auf die in der Berufung erhobenen Einwände im Wesentlichen nicht eingegangen. Im angefochtenen Bescheid sei klargestellt worden, dass das Ortsbild nicht verunstaltet werde, und der Grund für eine Fassadenerneuerung sei nicht ersichtlich.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
§ 47 Abs. 1 BauO strebt die Erhaltung von baulichen Anlagen in dem den baurechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand an, und es besteht eine Verpflichtung des jeweiligen Eigentümers, diesem Erhaltungsgebot zu entsprechen. Liegt ein Baugebrechen im Sinn des § 48 Abs. 1 BauO vor, so besteht ein öffentliches Interesse daran, dass dieses behoben oder beseitigt wird. Hiebei kommt es auf die Frage des Alters des Gebäudes nicht an (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, Zl. 99/05/0276), zumal sich § 48 leg. cit. nach der hg. Judikatur auf alle baulichen Anlagen bezieht, selbst wenn für deren Errichtung keine baubehördliche Bewilligung erforderlich war (vgl. etwa das Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 96/05/0021). Das Beschwerdevorbringen, dass das auftragsgegenständliche Gebäude 500 Jahre alt sei und es nie eine Baubewilligung dafür gegeben habe, ist daher nicht zielführend.
Mit ihrem Vorbringen, dass bei einem Hausverkauf eine Generalsanierung - so insbesondere durch Herstellung eines neuen Verputzes - stattfinden müsse, gesteht die Beschwerde selbst zu, dass die im angefochtenen Bescheid für notwendig erachtete Fassadensanierung erforderlich ist. Im Übrigen entspricht die Auffassung der Landesregierung, dass auf Grund des schadhaften Verputzes wegen der Gefahr des Eindringens von Niederschlägen und sonstiger Witterungseinflüsse die Standsicherheit der Mauern beeinträchtigt werden könne und daher ein Baugebrechen im Sinn des § 48 Abs. 1 Z 1 BauO vorliege, der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/0349, und vom 15. Mai 2014, Zl. 2011/05/0039, mwN).
Dass, wie im angefochtenen Bescheid dargelegt wurde, eine Gefahr im Sinn des § 48 Abs. 1 Z 1 BauO auch auf Grund der Löcher in der südseitigen Giebelmauerabdeckung und der über die Fassade laufenden Aufputzleitungen entstehen könne, wird von der Beschwerde nicht konkretisiert in Abrede gestellt und erscheint plausibel (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 99/05/0211). Gleiches gilt in Bezug auf die geforderte Anbringung von geeigneten Vorrichtungen gegen das Abrutschen von Schnee und Eis (Schneerechen), ist doch aus § 14 Abs. 1 Z 2 BauTG iVm § 3 leg. cit. abzuleiten, dass das Fehlen solcher Vorrichtungen ein Baugebrechen darstellt. Abgesehen davon ist der Erstbeschwerdeführer der bautechnischen Stellungnahme des Ing. K., der nach Durchführung eines Augenscheines die Anbringung von Schneerechen aus technischer Sicht für notwendig erachtete, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Für eine Abstandnahme von dem Auftrag zur Anbringung einer solchen Vorrichtung aus einem Grund im Sinn des § 14 Abs. 2 BauTG bestand daher keine Grundlage.
Auch der Auftrag zur Überprüfung (vgl. dazu § 48 Abs. 3 BauO) bzw. Erneuerung der Dachrinnen und Fallrohre erscheint als unbedenklich, liegt doch die Gefahr der Durchfeuchtung einer Fassade und eines Mauerwerks auf Grund von daran verlaufenden undichten Dachrinnen und Fallrohren auf der Hand.
Da somit die Landesregierung zu Recht die Erfüllung der in den Punkten 1. bis 5. und 7. des Bauauftrages angeordneten Maßnahmen als zur Behebung von Baugebrechen im Sinn des § 48 Abs. 1 Z 1 BauO notwendig erachtet hat, wobei die Landesregierung im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen hat, dass von einer Verunstaltung des Ortsbildes durch das desolate Aussehen ohnedies nicht gesprochen werde, geht das weitere Beschwerdevorbringen, dass von einer Verunstaltung auf Grund der Fassadenmängel nicht gesprochen werden könne und mangels einer installierten Heizung keine schädlichen Umwelteinflüsse entstehen könnten, ins Leere. In Bezug auf die Punkte 6. und 8. des Bauauftrages enthält die Beschwerde kein substanziiertes Vorbringen.
§ 48 Abs. 2 BauO (so auch § 47 Abs. 2 leg. cit.) bestimmt, dass dem Verpflichteten eine angemessene Frist zur Behebung der Mängel zu gewähren ist. Bei der Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erfüllung eines baupolizeilichen Auftrages hat die Behörde grundsätzlich auf die angeordneten Baumaßnahmen abzustellen. Der Umstand, dass der Eigentümer einen Verkauf des Objektes beabsichtige und für diesen Fall die Generalsanierung des Objektes angekündigt werde, hat die Behörde dabei jedenfalls nicht zu berücksichtigen. Dass für die von der Landesregierung im angefochtenen Bescheid - unter Zugrundelegung der fachtechnischen Beurteilung des Ing. K. und des Leiters der Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik beim Amt der Oö. Landesregierung - als angemessen erachtete Leistungsfrist von drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides für die Durchführung der aufgetragenen Sanierungsarbeiten nicht ausreichen würde, hat der Erstbeschwerdeführer weder plausibel dargestellt noch belegt und erscheint somit nicht als nachvollziehbar.
Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 18. November 2014
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2013050138.X00Im RIS seit
08.01.2015Zuletzt aktualisiert am
09.01.2015