TE Vfgh Erkenntnis 2014/11/24 G100/2014

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Veröffentlicht am 24.11.2014
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Index

L1030 Gemeindestruktur

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art115 Abs2, Art116 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
Stmk GemeindestrukturreformG §1, §3, §4
Stmk GdO 1967 §6 Abs2

Leitsatz

Abweisung weiterer Individualanträge von Gemeinden auf Aufhebung von Bestimmungen des Stmk GemeindestrukturreformG betreffend Gemeindefusionen; keine Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigungen

Spruch

I. Der Antrag wird insoweit abgewiesen, als er sich gegen §3 Abs8 Z1 des Gesetzes vom 17. Dezember 2013 über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG), LGBl für die Steiermark Nr 31/2014 (berichtigt durch LGBl für die Steiermark Nr 36/2014), richtet.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.              Antrag und Vorverfahren

1. Gestützt auf Art140 B-VG begehrt die antragstellende Gemeinde Kleinlobming, das Stmk. Gemeindestrukturreformgesetz (StGsrG), LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014), zur Gänze, in eventu §3 Abs8 Z1 leg. cit. als verfassungswidrig aufzuheben.

Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"4.1. Bestandsgarantie der Institution Gemeinde

[…]

4.1.3. Nach Rechtsprechung des VfGH enthält das B-VG […] eine Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution; somit ist es dem Landesgesetzgeber verwehrt, anstelle der Gemeinde eine andere Art von (kleinster) Organisationsstruktur zu schaffen.

4.1.4. Durch die umfassenden Gemeindezusammenlegungen aufgrund des StGsrG und die Reduzierung der Anzahl der Gemeinden um rund 47 % wird im Ergebnis ein völlig anderes Bundesland Steiermark geschaffen. Denn eben diese kleinste Organisationsstruktur der Ortsgemeinde wird weitgehend aufgehoben und durch den (weiteren) Regelfall der 'Großgemeinde' ersetzt. Auch wenn der […] Landesgesetzgeber die Begrifflichkeiten der GemO und des B-VG beibehält, ändert dies nichts daran, dass die Institution / das Prinzip der Ortsgemeinde verfälscht wird. Durch das StGsrG wird die Rechtsnatur der 'Gemeinde' flächendeckend geändert und der Verband mehrerer ehemals selbstständiger Ortschaften – wenn auch unter dem Legalbegriff 'Gemeinde' – wird zum Regelfall. Dass der […] Landesgesetzgeber einen – über den Einzelfall hinausgehenden – umfassenden Eingriff in die Institution der Gemeinde beabsichtigt, zeigte sich bereits anhand der – im thematischen Zusammenhang mit der Gemeindestrukturreform erfolgten – Novelle zur GemO 2012[…], mit der die Bestimmung der Bestellung eines Ortsteilbürgermeisters neu in die GemO eingefügt wurde. […] Werden diese […] flächendeckend anstelle der bisherigen Bürgermeister eingesetzt, stellt sich die Gemeindeorganisation in der Steiermark faktisch so dar, dass auf unterster Ebene (anstelle der verfassungsrechtlich vorgesehenen Ortsgemeinde) eine ehemals selbstständige Ortsgemeinde als Ortsverwaltungsteil mit eigenem Ortsteilbürgermeister besteht, die der 'Großgemeinde' als nächsthöhere Verwaltungseinheit ungeordnet [sic!] ist. [… D]ie vorgesehenen 'Großgemeinden' [entsprechen] nicht dem verfassungsrechtlich vorgesehene[n] Regelfall der Ortsgemeinde und nähern sich dem Konzept des Art120 B-VG an.

4.1.5. Folgt man der Rechtsansicht des […] Landesgesetzgebers[,] könnte – überspitzt formuliert – auch dann eine Ortsgemeinde iSd Art115 B-VG vorliegen, wenn sämtliche Gemeinden der Steiermark (mit Ausnahme der Statu[t]arstadt Graz) in eine einzige Gemeinde vereinigt werden würden (die 'Gemeinde Steiermark'), wenn es lediglich darauf ankommt, dass der Formalbegriff der Gemeinde weiterverwendet wird. Für die ehemaligen Gemeinden könnten zur Herstellung einer engeren Verbindung zwischen der Bevölkerung und den Organen und Einrichtungen der Gemeinde Ortsteilbürgermeister im Sinne des §48 GemO bestellt werden, die finanziellen Ersparnisse aufgrund von Personalabbau und Reduzierung des Verwaltungsaufwandes wären (vermutlich) enorm. Ein[…] sich diesem Extrem annähender Fall ist aber bereits durch das StGsrG gegeben, da der […] Landesgesetzgeber in das Wesen der Institution Gemeinde eingreift.

4.1.6. Darüber hinaus wird durch die beinahe durchgehende Gliederung der Steiermark in Großgemeinden eine Struktur geschaffen, welche die Strukturierung durch Gebietsgemeinden iSd Art120 B-VG durch den Bundesgesetzgeber vorwegnimmt. Die Neugliederung der Steiermark ist demnach ein verfassungsgesetzlich verbotener Vorgriff auf das Verfassungsprogramm der Bildung von Gebietsgemeinden, welches dem Bundesgesetzgeber vorbehalten bleibt.

4.1.7. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass durch das bekämpfte Gesetz in Wahrheit keine Gemeindereform im Sinne von reinen Gemeindevereinigungen herbeigeführt wird, sondern auch – unzulässigerweise – eine Reform der politischen Struktur der Steiermark erfolgt. Gemäß Art117 Abs2 B-VG wird der Gemeinderat auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes der männlichen und weiblichen Staatsbürger, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Die politische Zugehörigkeit der Gemeinde ist also Ausdruck des aktiven Wahlrechts der Gemeindebevölkerung.

Der […] Landesgesetzgeber bewirkt mit seiner umfassenden Neuordnung des Bundeslandes Steiermark einen umfassenden Eingriff in das ausgeübte Wahlrecht der Bevölkerung sämtlicher (zwangsweise) zusammengelegter Gemeinden. Durch die Reduzierung der Anzahl der Gemeinden um rund 47 % wird im Ergebnis – auch politisch – ein völlig anderes Bundesland Steiermark geschaffen, da das Ergebnis [der] letzte[n] Gemeinderatswahl konterkariert wird. Folgt man der Vorgehensweise der […] Landesregierung[,] könnte jeder Landesgesetzgeber ein politisch ungewolltes Ergebnis einer Gemeinderatswahl 'beseitigen', indem er Gemeinden so zusammenlegt, dass eine politisch gewollte Gemeindelandschaft entsteht. Hätte der […] Landesgesetzgeber einen solch gravierenden Eingriff in die politische Landschaft der Steiermark rechtmäßig durchführen wollen, hätte er ein Landesverfassungsgesetz erlassen müssen.

Dass politische Beweggründe für die gegenständlichen Gemeindevereinigungen eine maßgebliche [wohl: Rolle] gespielt haben, lässt sich klar daran erkennen, dass eine nach außen hin nahezu willkürli[ch] erscheinende Wahl getroffen wurde, welche Gemeinden vereinigt wurden und welche nicht. […]

4.2. Verletzung des Gleichheitssatzes

4.2.1. Verletzung des Sachlichkeitsgebots

[…]

4.2.1.1.4. In §1 Abs1 und 2 StGsrG werden die Ziele des StGsrG angeführt. […]

[…]

4.2.1.2. Verbesserung der Gemeindestruktur

[…]

4.2.1.2.2. Wenngleich der […] Landesgesetzgeber [in den Erläuternden Bemerkungen zum StGsrG] auf eine Abwägung der Vor- und Nachteile hinweist, gab er – auch gegenüber den betroffenen Gemeinden – keine Informationen preis, die eine nachvollziehbare Überprüfung möglich machen würde[n]. Auch hinsichtlich des entwickelten Leitbildes gibt es keine konkreten Informationen darüber, inwiefern dieses auf die Antragstellerin angewendet worden sein soll und zu der Entscheidung über die Gemeindevereinigung geführt hat.

4.2.1.2.3. Die im Leitbild angeführten Entscheidungskriterien (räumliche Situation, Bevölkerungsentwicklung, finanzielle Situation, Gemeinde-Infrastruktur), die dazu führen, dass jeweils nur 'zentrale Orte' gestärkt werden ('Lebensrealitäten – Zentrale-Orte-Konzept'[…]), [sind] aber bereits dem Grundgedanken nach unsachlich. Folgt man der Ansicht des […] Landesgesetzgebers, dass es auf eine Stärkung des Funktionszentrums der neuen Gemeinde ankomme, wird klar, dass die Interessen des 'Nebenortes' gar nicht adäquat berücksichtigt werden und eine Verbesserung der Gesamtsituation in der 'aufnehmenden Gemeinde' auf Kosten einer Verschlechterung der Gesamtsituation in der 'eintretenden Gemeinde' bewusst in Kauf genommen wird.

4.2.1.2.4. Auch die im Leitbild angeführten Kriterien treffen auf den Einzelfall der Antragstellerin nicht zu:

- Räumliche Situation: Die Ortskerne der beiden Gemeinden sind ca. 6 Kilometer voneinander entfernt. Einzelne Ortsteile der Antragstellerin (Tourismusgebiet Gaberl) sind bis zu 16 Kilometer vom Ortskern der Gemeinde Großlobming entfernt; eine durchgehende Siedlungsstruktur besteht nicht. Vielmehr ist aufgrund der topographischen Lage das Zusammenwachsen der beiden Gemeinden ausgeschlossen. […]

- Bevölkerungsentwicklung: Die Bevölkerung der Antragstellerin ist in den letzten Jahrzehnten im Wesentlichen gleichgeblieben und hat sich nur geringfügig verringert. Die Antragstellerin hat zuletzt raumordnungsrechtliche Maßnahmen gesetzt, um für einen Wiederanstieg der Bevölkerungszahl zu sorgen. […]

- Finanzielle Situation: Die Antragstellerin kann eine äußerst geringe Verschuldung und eine kosteneffiziente Finanzgebarung aufweisen. […]

- Gemeinde-Infrastruktur: Dem Leitbild nach wurde die Gemeinde-Infrastruktur mit einem Punktesystem bewertet[.] […] Diese Bewertungsmethode ist jedoch höchst unschlüssig und willkürlich und sie ist nicht geeignet, als sachliches Kriterium für die Zulässigkeit der Gemeindevereinigung zu dienen. So werden etwa für ein Pfarramt 10 Punkte vergeben, obwohl eine Gemeindevereinigung für den Pfarrsprengel keine Auswirkungen entfaltet. Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen werden überhaupt nicht bewertet, obwohl gerade diese maßgeblich dafür sind, wo sich die Gemeindebevölkerung in ihrer Freizeit aufhält. Für die Rettung findet eine Punktevergabe statt, nicht jedoch für die Feuerwehr (oder Polizei). Wesentliche Infrastruktur wie Abwasser- und Abfallwirtschaft oder Tankstellen werden gänzlich außer Acht gelassen. […]

4.2.1.2.5. Das Leitbild ist folglich nicht geeignet, als Grundlage für die Beurteilung der Gemeindevereinigung zu dienen. Stattdessen muss jeweils im Einzelfall, konkret auf die betroffenen Gemeinden bezogen, eine Abwägung der zu erwartenden Vorteile und Nachteile vorgenommen werden und müsste nachvollziehbar dargelegt werden, welche volkswirtschaftlichen und kommunalwirtschaftlichen Vorteile sich konkret für die Bevölkerung der Antragstellerin durch eine Zusammenlegung ergeben würden. Es wäre weiters da[r]zulegen, warum eine Zusammenlegung der Antragstellerin mit der Gemeinde Großlobming die einzig sinnhafte Form einer gesicherten kommunalen Entwicklung sein kann[.]

4.2.1.3. Vom […] Landesgesetzgeber festgelegte Kriterien der Gemeindezusammenlegung

(i) Allgemeine Grundsätze

Oberstes Ziel der Gemeindestrukturreform ist die Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung der eigenen und übertragenen Aufgaben und Funktionen zum Wohle der Bevölkerung.

Dieses oberste Ziel ist bereits ohne Zusammenlegung erreicht und die Gemeindevereinigung führt zu keiner Verbesserung. Die Antragstellerin konnte bereits bisher den oben erwähnten Bedürfnissen der Bevölkerung bestens nachkommen und es bestehen keine Anzeichen und insbesondere keine konkreten Angaben darüber, dass die angestrebte Großgemeinde diese Aufgaben besser erfüllen können wird. Demgegenüber stehen erhebliche Nachteile, die der Antragstellerin und ihrer Gemeindebevölkerung durch die Gemeindevereinigung drohen.

(ii) Wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinden

[…]

(1) Kosten und Einsparungen

Auf Basis des Gesetzes und der Erläuternden Bemerkungen ist nicht ersichtlich, dass durch die Gemeindevereinigung Kosten vermieden und Einsparungen vorgenommen werden könnten. Der […] Landesgesetzgeber verweist auf allgemeine Überlegungen, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Diese wären aber notwendig gewesen, um eine nachvollziehbare Prognose über finanzielle Vorteile anstellen zu können.

Die Antragstellerin hat gemeinsam mit der Gemeinde Großlobming eine Analyse der Auswirkungen der Gemeindevereinigung durchgeführt und einen 41-seitigen Bericht erstellt. Aus diesem geht klar und deutlich hervor, dass durch die Gemeindevereinigung erhebliche Kosten anfallen würden. Die Antragstellerin hat diesen Bericht der […] Landesregierung vorgelegt. Diese ist jedoch in keinem ihrer Schreiben inhaltlich darauf eingegangen oder hat (auf gleicher fachlicher Ebene) zu den Ergebnissen des Berichts Stellung genommen.

Zu den finanziellen Auswirkungen hat auch der Rechnungshof in seinem Bericht vom 29.10.2013 […] wie folgt ausgesprochen:

'Zusammenfassend hält der RH fest, dass eine zumindest näherungsweise numerische Darstellung der finanziellen Auswirkungen geboten und wohl auch möglich gewesen wäre. Dies umso mehr, als die Erläuterungen auf Seite 6 anführen, dass während der Verhandlungsphase des Reformprozesses die relevanten Tätigkeitsbereiche der Gemeinden analysiert, u.a. Finanzanalysen vorgenommen und die Auswirkungen der Gemeindevereinigungen aufgezeigt worden wären. Dazu fehlen aber jegliche Berechnungen, es finden sich in den Erläuterungen nicht einmal jene Annahmen bzw. Parameter, auf die diese Aussagen aufbauen.

Die Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen entsprechen daher insofern nicht den Anforderungen des §18 Abs3 GeoLT 2005, weshalb eine abschließende Beurteilung der vorgeschlagenen Maßnahmen insbesondere in finanzieller Hinsicht nicht möglich ist' […].

Darüber hinaus hat der VfGH ausgesprochen, dass – selbst wenn ein solches gegeben wäre – das alleinige Bewirken einer Erhöhung der Finanzkraft nicht geeignet ist, eine Gemeindevereinigung sachlich zu rechtfertigen[.]

[…]

(2) Finanzsituation der Antragstellerin

[…]

Wenn der […] Landesgesetzgeber [in den Erläuternden Bemerkungen zum StGsrG] auf den ordentlichen Haushalt im Jahr 2010 hinweist und unterstellt, dass eine mangelhafte Finanzgebarung der Antragstellerin vorgelegen sei, ist dem zu entgegnen, dass der […] Landesgesetzgeber den Einbruch der weltweiten Konjunktur aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 außer Acht lässt. Diese entfaltete – neben Auswirkungen beim Bund und beim Land Steiermark selbst – auch Auswirkungen auf die Antragstellerin. Darüber hinaus wurden die Sozialausgaben für die Gemeinden durch das Land Steiermark erhöht und es gab überdurchschnittliche Katastrophenereignisse (Unwetter), die auch die Antragstellerin betrafen. Aus diesem Grund musste die Antragstellerin eine Vorfinanzierung leisten, da Katastrophenfondsmittel mit Verzögerung von einem Jahr ausbezahlt werden. Weiters wurden im Jahr 2010 viele außerordentliche Vorhaben durchgeführt und auch größtenteils abfinanziert. Die dafür vom Land Steiermark zugesagten Bedarfszuweisungen wurden mit großer Verspätung ausgezahlt, sodass die Antragstellerin gezwungen war, kostenerhöhende Zwischenfinanzierungen aufzubringen. Daraus folgt, dass gerade die für den Betrachtungszeitraum herangezogenen Jahre von besonderen, außergewöhnlichen Umständen negativ beeinflusst waren, die nicht von der Antragstellerin beeinflusst oder abgewendet werden konnten, die ihr aber nunmehr vom […] Landesgesetzgeber negativ zugerechnet werden.

Nach einem negativen ordentlichen Haushalt im Jahr 2010 verläuft die Entwicklung der Finanzsituation der Antragstellerin positiv und die Antragstellerin konnte in sämtlichen übrigen Jahren Überschüsse erzielen. Im Rechnungsabschluss 2013 ist im Ordentlichen Haushalt eine 'Freie Finanzspitze' in Höhe von EUR 24.998,-- ausgewiesen.

Der Verschuldungsgrad der Antragstellerin beträgt 2013 1,133 %. Bei der Entwicklung der Gesamtschulden der Gemeinde wird im interkommunalen Vergleich die positive Finanzgebarung der Antragstellerin deutlich.

[…]

Die Finanzsituation der Antragstellerin ist somit – nach dem kurzfristigen negativen Ergebnis 2010 – von einer positiven Entwicklung gezeichnet. Weswegen der […] Landesgesetzgeber davon ausgeht, dass die Antragstellerin – obwohl sie mit Ausnahme von 2010 im gesamten Betrachtungszeitraum Überschüsse erzielen konnte, den Saldo der laufenden Gebarung immer positiv bestreiten konnte und auch 2013 einen Überschuss erzielte – davon ausgeht, dass keine geordnete Haushaltsführung gegeben sei, ist in keinster Weise nachvollziehbar. 2014 wird ein ausgeglichener Haushalt abgeschlossen werden können, nach ersten Prognosen wird dies auch für 2015 zutreffen.

Somit ist auch aus finanzieller Sicht keine Notwendigkeit einer Gemeindevereinigung gegeben und eine solche würde zu keiner Besserung der Finanzsituation beitragen. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten erweist sich eine Gemeindevereinigung der Antragstellerin mit ihren Nachbargemeinden daher als unsachlich.

(3) Personalaufwand der Antragstellerin / Aufwand für Gemeindemandatare

[…]

Auch in diesem Fall gehen die Erläuterungen des […] Landesgesetzgebers über Allgemeinfeststellungen nicht hinaus; sämtliche konkreten Ermittlungen fehlen und die wortgleichen Ausführungen zu den Kosteneinsparungen finden sich auch bei 15 anderen Gemeinden wieder. Es gibt keine Informationen, welche eine kurz-, mittel- oder langfristige Einsparung erkennen lassen. Auch auf die Frage hin, welche Aufwendungen welche Kosten verursachen, gibt es keinerlei nachvollziehbar[e] Zahlen.

Der Personalaufwand der Antragstellerin ist sowohl im Innendienst als auch im Außendienst äußerst gering gehalten. Im Innendienst sind bei rund 650 Einwohnern lediglich zwei Mitarbeiter beschäftigt. Der Außendienst (inklusive Wasser-, Kanal- und Abfallwirtschaft) wird mit lediglich zwei Dienstposten bewältigt. Mit diesem Fachpersonal werden alle Verwaltungstätigkeiten professionell durchgeführt. Darüber hinaus werden auch neben der Gemeindeverwaltung auch noch zur Gänze das geheizte Freibad, zwei Skilifte mit Beschneiungsanlagen, die überregionale Ortswasserversorgungsanlage, zwei Kläranlagen und der Tennis- und Mehrzweckplatz betrieben. Viele dieser zahlreichen Tätigkeiten werden auch ehrenamtlich durchgeführt, hierfür fallen somit keine Kosten an. Bei einer Auflösung der Antragstellerin gegen den Willen der Gemeindebevölkerung wird diese ehrenamtliche Tätigkeit eingestellt werden, sodass in diesem Fall erhöhte Kosten bei der Großgemeinde anfallen würden.

Mit dem Personal der Antragstellerin werden neben den Pflichtaufgaben zahlreiche Serviceleistungen für die Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger angeboten und erledigt. Gerade ältere Menschen sind wegen fehlendem Internetzugang bzw fehlenden Kenntnissen auf die Serviceleistung im Gemeindeamt angewiesen und es besteht eine hohe Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem Personal der Antragstellerin. Auch das Land Steiermark als Landesgesetzgeber kann keinerlei Beanstandungen vorweisen.

Bei der Anzahl der Gemeindebediensteten und den Personalausgaben pro Einwohner werden im interkommunalen Vergleich die geringen Personalkosten der Antragstellerin deutlich.

[…]

Die Antragstellerin ist somit in der Lage, mit dem von ihr beschäftigten Personal, sämtliche übertragenen Aufgaben sowie außerordentliche Mehraufgaben zur vollsten Zufriedenheit der Bevölkerung bei äußerst geringen Personalkosten zu erfüllen.

Darüber hinaus müssen im Gemeindeamt der Gemeinde Großlobming zusätzliche neue Arbeitsplätze geschaffen werden, da es unmöglich ist, mit dem derzeit in der Gemeinde Großlobming vorhandene[n] Personal, sämtliche Einrichtungen der Antragstellerin (geheiztes Freibad, zwei Skilifte mit Beschneiungsanlagen, die überregionale Ortswasserversorgungsanlage, zwei Kläranlagen und der Tennis- und Mehrzweckplatz) mitzubetreiben. Unter Maßgabe des Umstandes, dass die ehrenamtliche Arbeit bei einer Gemeindevereinigung wegfallen wird, ist bereits jetzt ersichtlich, dass es zu keiner Einsparung von Personalausgaben kommen wird.

Neben den dargestellten Personalkosten sind auch hinsichtlich der Gemeindemandatare keine Kosteneinsparungen aufgrund einer Gemeindevereinigung zu erwarten. Bei größeren Gemeindeeinheiten fällt die Aufwandsentschädigung der jeweiligen Mandatare in eine wesentlich höhere Besoldungsklasse. Zudem wurde vom […] Landesgesetzgeber beschlossen, mit 1.1.2014 die Bezüge der Steirischen Mandatare zu erhöhen. Nach §6 Steiermärkische[s] Gemeinde-Bezügegesetz[…] gebührt Bürgermeistern ein festgelegter Prozentsatz eines Ausgangsbetrages, der nach Gemeindegröße gestaffelt ist. Mit Wirksamkeit vom 1.1.2014 wurde der Ausgangsbetrag auf EUR 8.506,25 erhöht, mit 1.1.2015 sollen die aufgezwungenen Gemeindevereinigungen erfolgen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass es zwar weniger Bürgermeister gibt, diese jedoch höhere Bezüge lukrieren werden; mit anderen Worten: statt dass Mehrere weniger erhalten, erhalten Wenige mehr.

Dies alles lässt erkennen, dass es dem […] Landesgesetzgeber nicht (nur) darauf ankommt, durch eine Senkung der Kosten der Gemeindemandatare wesentliche Einsparungen vorzunehmen.

Da durch die Gemeindevereinigung keine wesentlichen Einsparungen erzielt werden können und die Antragstellerin äußerst geringe Personalkosten aufweisen kann, ist eine Gemeindevereinigung auch aus diesem Grund unsachlich.

(4) Finanzausgleich und Stabilitätspakt

[…]

Der […] Landesgesetzgeber übersieht […], dass die Fusionsprämie nur der neuen Gemeinde zusteht, welche über den neu zu wählenden Gemeinderat über die neu gebildete Gemeinde verteilt wird. Dadurch ist aber keinesfalls sichergestellt, dass die Bevölkerung der Antragstellerin davon profitieren würde, steht es doch gerade im Sinne des […] Landesgesetzgebers, lediglich den 'Zentral-Ort' Großlobming zu stärken.

Darüber hinaus ist auch eine Berufung auf das Finanzausgleichgesetz 2008[…] und den darin festgelegten abgestuften Bevölkerungsschlüssel ungeeignet, als Begründung für eine Gemeindevereinigung zu dienen. Der VfGH hat bereits ausgesprochen, dass eine andere Verteilung der den Gemeinden zukommenden Ertragsteile keine sachliche Rechtfertigung einer Gemeindevereinigung darstellt.[…] Zudem tritt das Finanzausgleichsgesetz 2008 gemäß §25 Abs1 FAG 2008 mit 31.12.2014 außer Kraft. Demzufolge wird das Land Steiermark in der kommenden Finanzausgleichsverhandlung mit dem Bund die Möglichkeit haben, andere Berechnungsmodelle als bisher für die Aufteilung der Ertragsteile auf die Gemeinden auszuverhandeln. Als Bemessungsgrundlage könnten etwa die Einwohnerzahlen der Kleinregionen herangezogen werden.

Weiters werden die Kriterien des Maastricht-Saldos und deren Feststellungen (Schulden und Haftungen) schon bisher von der Antragstellerin eingehalten und kann diese einen Maastricht-relevanten Schuldenstand von null Euro aufweisen. […]

[…]

(iii) Infrastruktur und Demografische Entwicklung

[…]

(1) Infrastruktur

In den Erläuternden Bemerkungen wird lediglich wie folgt festgehalten:[…] 'Der parallele Betrieb von gering ausgelasteten, identischen Einrichtungen in den betroffenen Gemeinden verursacht höhere Gesamtkosten als der Betrieb nur einer Einrichtung.'

Inwiefern eine konkrete Verbesserung erreicht werden soll, lässt sich aufgrund einer derartigen Allgemeinfeststellung nicht nachvollziehen.

Die Infrastruktur der Antragstellerin wird bereits derzeit effizient genutzt und wurde in den letzten Jahren ohne wesentliche Verschuldung auf neuesten Stand gebracht:

- Das gut funktionierende Gemeindeamt (mit eigenem Standesamt) und angeschlossenem Bauhof wurde 1993 errichtet und 2010 saniert und befindet sich in neuwertigem Zustand.

- Die Volksschule wurde im Jahr 1908 als 'Kaiser Franz Josef Jubiläumsvolksschule' errichtet und wurde im Jahr 1956 um- und ausgebaut. In den Jahren 1983-1986 wurde das Gebäude generalsaniert. Im laufenden Schuljahr 2013/2014 besuchen 25 Kinder die Volksschule. Die Schüleranzahl ist auch für die nächsten Jahre gesichert und wird ständig über 20 Schüler betragen. […]

- Das Feuerwehrhaus wurde 1952 errichtet und 2003 umfassend saniert. Auch die Ausstattung der Fahrzeuge und Gerätschaften befindet sich auf dem neuesten Stand.

- Alle Freizeiteinrichtunqen, zB beheiztes Freibad, zwei Schilifte mit Beschneiungsanlage, Mehrzweckspiel- / Sport- und Tennisplatz werden laufend saniert und befinden sich in neuwertigem Zustand.

- Für das Kulturleben steht neben den sechs Gasthäusern ein Theater mit 110 Sitzplätzen zur Verfügung, das 1956 errichtet wurde und laufend saniert wird.

- Das Altstoffsammelzentrum wurde 1993 erbaut.

- Die Wasserversorgung der Bevölkerung erfolgt über die Gemeinde selbst.

- Die Antragstellerin betreibt zwei Kläranlagen; eine für den Ort selbst und eine für das Touristen- / Skigebiet Gaberl.

- Im Ortszentrum findet sich die Pfarrkirche mit besetztem Pfarramt und eigenem Pfarrer.

In allen oben erwähnten Bereichen ist eine sehr gute Auslastung der Infrastruktur gegeben. Aufgrund der Neuwertigkeit der Infrastruktur ist auch kurz- und mittelfristig mit keinen besonderen finanziellen Aufwendungen in diesen Bereichen zu rechnen.

Insofern ist auch keine Effizienzsteigerung durch die Gemeindevereinigung gegeben, da die Auslastung der bisherigen, gut ausgestatteten Infrastruktur äußerst positiv ist. Der Zustand der Infrastruktureinrichtungen ist auf neuestem Stand, sodass lediglich die Betriebskosten anfallen. Bei einer Stillegung im Falle einer Gemeindevereinigung würde der große Wertbestand nicht mehr seinem Errichtungszweck zugeführt werden können, und es müssten verschiedene Infrastruktureinrichtungen im neuen Zentralort angepasst und erweitert werden (Bsp. Schule, Gemeindezentrum), wodurch erneut Kosten verursacht werden würden. Nach der von der Antragstellerin und der Gemeinde Großlobming durchgeführten Analyse betragen die jährlichen Mehrkosten bis zu EUR 57.400,--.[…] Andererseits besteht aufgrund der weitreichenden Versorgung der Gemeindebevölkerung der Antragstellerin sowie der weitreichenden Entfernung von Ortsteilen der Antragstellerin zum Ortszentrum der Gemeinde Großlobming (bis zu ca. 16 km) sowie der topographischen Gegebenheiten (Aichfeld – Stubalpe) auch keine Veranlassung oder Möglichkeit, mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand Versorgungseinrichtungen (Wasser, Kanal, Fernwärme) zwischen den beiden Gemeinden herzustellen.

Für die Gemeindebevölkerung der Antragstellerin würde eine Gemeindevereinigung zu einer wesentlichen Verteuerung ihrer Lebenserhaltungskosten führen, da Wasser- und Kanalgebühren in der Gemeinde Großlobming höher sind, als in der Antragstellerin:

[…]

Bei infrastruktureller Betrachtung der Gemeindevereinigung erweist sich diese somit als unsachlich.

(2) Gemeindegröße und Demografische Entwicklung

[…]

Der […] Landesgesetzgeber hat einen stärkeren Bevölkerungsanstieg bei der Gemeinde Großlobming prognostiziert und ist auf die Gemeindebevölkerung der Antragstellerin nicht näher eingegangen, sodass er erkennen lässt, dass die Bevölkerungsentwicklung nicht das wesentliche Kriterium für die gesetzlich festgelegte Gemeindevereinigung war.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin zuletzt raumordnungsrechtliche Maßnahmen gesetzt, um für einen Wiederanstieg der Bevölkerungszahl zu sorgen. Vollwertiges und schönes Bauland wurde aufgeschlossen und von der Antragstellerin kostengünstig zur Verfügung gestellt. Mehrere Bauplätze wurden bereits an Jungfamilien verkauft und kann aus diesem Grund angenommen werden, dass kurzfristig wieder mit einem Bevölkerungswachstum zu rechnen ist.

Kettiger führt in seinem Artikel 'Die richtige Größe einer Gemeinde', Untertitel 'Die Gemeindegröße allein ist kein Fusionskriterium' wie folgt aus:

'Soziodemografische Sicht

Eine Gemeinde ist nicht nur ein Betrieb[,] sondern ein gesellschaftliches [Subs]ystem – ein lebender Organismus mit einer bestimmten Geschichte und Kultur. Auf diesem Hintergrund stellt sich die Frage der optimalen Gemeindegröße anders. Maßgeblich ist, ob das System Gemeinde nachhaltig aus sich heraus funktionieren kann. Dies bedingt, dass die Bevölkerungsstruktur mittelfristig in etwa erhalten bleibt, dies sowohl zahlenmäßig wie auch bezüglich der Altersstruktur. Probleme stellen diesbezüglich hohe Abwanderungsraten ebenso wie zu hohe Zuwachsraten [dar]. Ein Problem kann auch darin bestehen, die notwendigen ehrenamtlichen Gemeindebehörden nicht mehr besetzen zu können; ein Problem, das sich zwar zunehmend in kleinen Gemeinde[n], aber nicht nur dort zeigt. Das Funktionieren einer Gemeinde bedingt ein relativ homogenes Kulturverständnis der gesamten Bevölkerung. Dies betrifft auch die politische Kultur. Es nützt beispielsweise wenig, wenn eine Gemeinde aus betrieblicher Sicht eine optimale Größe aufweist, wenn die notwendigen Führungsentscheide nicht rechtzeitig gefällt werden können, weil sich in der Exekutive Ortsteilvertretungen ständig gegenseitig blockieren. Aus sozi[o]demografischer Sicht gilt es weiter zu bedenken, dass nicht in allen Gemeinden in gleichem Maße soziale und interkulturelle Integrationsaufgaben anfallen' […].

Eine demographische Entwicklung ist für sich allein gesehen kein hinreichender Grund für eine Gemeindezusammenlegung, wenn andere Faktoren, wie die politische Kultur[,] außer Acht gelassen werden. Dass sich eine solche positiv entwickeln wird, ist aufgrund der Ablehnung der Gemeindevereinigung durch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der Antragstellerin nicht zu erwarten […].

Aus diesem Grund ist eine Gemeindevereinigung aus demografischer Sicht nicht geboten und erweist sich auch aus diesem Grunde als unsachlich.

(iv) Raumplanung und Siedlungsverflechtungen

[…]

(1) Topographische Situation der Gemeinde Kleinlobming

[…]

Zum besseren Verständnis dafür, dass – entgegen der Ansicht des […] Landesgesetzgebers – eine Vereinigung der Antragstellerin mit ihrer Nachbargemeinde schon aus topografischer Sicht unsachlich ist, ist zunächst die topografische Situation der beteiligten Gemeinden darzustellen:

Die Gemeinde Großlobming liegt zum überwiegenden Teil im Aichfeld, dem Judenburg-Knittelfelder-Becken. Im Aichfeld finden sich die eine Region bildenden Gemeinden Judenburg, Fohnsdorf, Zeltweg, Spielberg bei Knittelfeld und Knittelfeld, die zusammen einen alpinen Ballungsraum mit rund 50.000 Einwohnern bilden. Großlobming liegt am süd-östlichen Rand des Aichfeldes und befindet sich in unmittelbarem Naheverhältnis zu Knittelfeld. Dies hat dazu geführt, dass die Gemeinde – wie der Landesgesetzgeber selbst erkennt – zur Wohnstandortgemeinde im Umfeld von Knittelfeld geworden ist – dies bedeutet, dass auch ehemalige Bewohner der Städte Judenburg, Fohnsdorf, Zeltweg, Spielberg bei Knittelfeld und Knittelfeld die Gemeinde Großlobming als Wohnortsgemeinde ausgewählt haben, wodurch der starke Bevölkerungsanstieg in der Gemeinde seit 1981 (um 58,9 %) und die prognostizierte Steig[er]ung der Bevölkerung bis 2030 um 130 Einwohner (auf insgesamt 1.328 Einwohner) erklärt wird. Die Gemeinde Großlobming hat durch ihre Bemühungen im Geschoßwohnbau auch erkennbare Maßnahmen gesetzt, um einen Zuzug aus umliegenden Städten zu erreichen.

Die Gemeinde Großlobming wird somit in den nächsten Jahrzehnten immer mehr den typischen Charakter einer Vorortsiedlung, bezogen auf den Hauptstandort Knittelfeld, annehmen.

Demgegenüber ist die Antragstellerin eine ländliche, stark von Land- und Forstwirtschaft […] und sanftem Tourismus geprägte Dorfgemeinde. Sie befindet sich innerhalb der Stubalpe, die einen Mittelgebirgscharakter mit großflächigen Waldanteilen aufweist und die Antragstellerin von der Gemeinde Großlobming trennt. Vom Aichfeld kommend führt die L 504 entlang des Lobmingbaches, der ein schmales Tal gebildet hat, in die Stubalpe hinein. Der Siedlungskern der Antragstellerin liegt am Ende eines Talkessels und ist umringt von Wäldern und dem Mittelgebirge der Stubalpe. Über die L 504 gelangt man vom Ortszentrum der Antragstellerin den Berghang hinauf bis zur Gaberlstraße, die weiter durch die umgrenzenden Wälder bis zum Skigebiet / Tourismusgebiet Gaberl führt. Die Lage der Antragstellerin im Talkessel des Lobmingbaches hat dazu geführt, dass sich keine durchgehende Siedlungsstruktur mit der Gemeinde Großlobming entfaltet hat und sich auch in Zukunft nicht entfalten kann. Dies, da lediglich der Lobmingbach die Stubalpe durchschneidet und kein hinreichend breites Tal schafft, um eine durchgehende Besiedlung zu ermöglichen.

Die Antragstellerin ist somit von weiten landschaftlich unberührten Flächen bedeckt, und weist den Charakter eines in Wälder und Berge eingebetteten Alpendorfes auf. Die Siedlungsstruktur ist in den letzten Jahrze[h]nten praktisch gleich geblieben und weist typisch ländlich-dörflichen Charakter auf.

Aus topografischer Sicht ist die Antragstellerin von der Gemeinde Großlobming somit völlig eigenständig und befindet sich auch in einem Gebiet mit völlig anderen topografischen Merkmalen.

Aufgrund dessen Größe hat Knittelfeld eine ungemein wichtigere Bedeutung für die Bevölkerungen der Antragstellerin und der Gemeinde Großlobming, da dies der nächste Ort ist, an dem über die Grundbedürfnisse hinausgehende Dienstleistungen bezogen werden können […].

(2) Raumplanung

[…]

[… Die Erläuterungen] beschränken sich […] auf Allgemeinaussagen und ergänzend[e] Ausführungen zur Siedlungsstruktur und topographischen Lage. Folgt man den Ausführungen des […] Landesgesetzgebers[,] müssten sämtliche Gemeinden vereinigt werden, wenn ausschließlich durch diese Maßnahme eine koordinierte Standortentwicklung erreicht werden könnte. Dass eine größere Verwaltungseinheit besser in der Lage ist, eine strategische und räumlich abgestimmte Standortentwicklung zu gewährleisten[,] ist nicht zwangsläufig gegeben. Zudem kann auch im Bereich der Raumplanung ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Nachbargemeinden vereinbart werden oder es kann einem Gemeindeverband die Kompetenz zur Erstellung eines gemeinsamen örtlichen Entwicklungskonzepts übertragen werden.[…]

Darüber hinaus ist aufgrund der topographischen Situation eine gemeinsame Raumplanung zwischen der Antragstellerin und der Gemeinde Großlobming nahezu ausgeschlossen. Zwischen den Ortschaften befindet sich das etwa 6 Kilometer lange Tal des Lobmingbaches, das eine durchgehende Siedlungsstruktur verhindert. Die vom […] Landesgesetzgeber a[n]geführte Ferienhauswohnsiedlung am Gaberl liegt 16 Kilometer von der Gemeinde Großlobming entfernt, sodass auch in dieser Hinsicht eine gemeinsame Raumplanung nicht in Betracht kommt. Somit stellt sich die Frage einer gemeinsamen Raumplanung von vornherein nicht.

Die Beendigung des Selbstverwaltungsrechts der Antragstellerin und der damit einhergehenden Möglichkeit zur Baulandwidmung würde dazu führen, dass die Widmung neuer Baugründe nicht mehr in der Antragstellerin, sondern im 'Zentral-Ort' Großlobming im Ballungsraum Aichfeld erfolgen würde. Bereits bestehende Baulandwidmungen in der Antragstellerin würden zurückgenommen werden, um eine Bevölkerungszentralisierung im 'Zentral-Ort' Großlobming herbeizuführen. Sollte eine Rückführung in Freilandflächen erfolgen, würde der Quadratmeterpreis lediglich rund EUR 4,-- betragen. Die Widmungsflächen für Bauland würden auf Grund des Zentralisierungsgedankens und der im Gesetz vorgesehenen Stärkung der Gemeinde Großlobming (auf Kosten der Bevölkerung der Antragstellerin) auf ein Minimum zurückgeführt werden.

Damit würde sich der prognostizierte Bevölkerungsrückgang mit großer Wahrscheinlichkeit noch verstärken und in weiterer Folge wohl auch dazu führen, dass bereits bestehende (erfolgreiche) Dienstleister ihr Angebot nicht mehr aufrecht erhalten könnten. Sämtliche Bemühungen der letzten Jahre und das Zur-Verfügung-Stellen von voll aufgeschlossenem Bauland wären umsonst gewesen.

Die Raumordnung konnte von der Antragstellerin stets erfolgreich gehandhabt werden. Eine Verbesserung durch die Gemeindezusammenlegung ist nicht gegeben.

(3) Siedlungsverflechtungen / Unterschiedliche Bevölkerungs- und Siedlungsstruktur

[…]

Der […] Landesgesetzgeber lässt (auch) in Hinblick auf besondere Siedlungsverflechtungen Ausführungen, die über Allgemeinaussagen hinausgehen, vermissen.

Daneben übersieht der […] Landesgesetzgeber in seinen Erläuterungen, dass im Gemeindegebiet der Antragstellerin selbst zahlreiche Dienstleistungsunternehmen tätig sind, die eine Ausrichtung der Bevölkerung der Antragstellerin in Richtung Großlobming unnötig machen. Diese können weitreichende Bedürfnisse des täglichen Lebens abdecken und diese gehen weit über eine bloße Grundversorgung hinaus[. …]

[…]

Die Antragstellerin hat sich auch als Arbeitszentrum in der Region etabliert und kann neben touristischen Arbeitsplätzen (ca. 25 – 30 Personen in der Wintersaison) auch eigene Industrie aufweisen. Das Werk der *************** **** an der Ortseinfahrt der Antragstellerin […] beschäftigt ca. 100 Mitarbeiter.

Darüber hinausgehende Dienstleistungen werden – wie der […] Landesgesetzgeber auch ansatzweise ausführt – in Knittelfeld bezogen. Der Gemeinde Großlobming kommt somit keine wesentliche Bedeutung hinsichtlich des Bezuges von Dienstleistungen zu. Dies gibt der […] Landesgesetzgeber selbst dadurch zu erkennen, indem er die Gemeinde Großlobming etwa nicht als 'Teilregionales Versorgungszentrum' ausgewiesen hat oder auch indem er bei größenmäßig mit der Gemeinde Großlobming vergleichbaren Gemeinden (zB Gemeinde Nestelbach im Ilztal, Gemeinde Altenmarkt bei Fürstenfeld) eine Gemeindevereinigung mit dem Verweis auf eine Unterversorgung an Dienstleistungen angeordnet hat.

Dass die Gemeindebevölkerung der Antragstellerin auf ihrem Weg nach Knittelfeld durch die Gemeinde Großlobming fahren muss, kann als Begründung für eine zwangsweise Gemeindevereinigung nicht ausreichen.

Somit bestehen keine besonderen Siedlungsverflechtungen zwischen der Antragstellerin und der Gemeinde Großlobming, die eine Gemeindevereinigung rechtfertigen würden. In Hinblick auf etwaige Siedlungsverflechtungen aufgrund von Dienstleistungen führt eine Gemeindevereinigung zu keiner Verbesserung für die Gemeindebevölkerung, da es für die Gemeindebevölkerung als Konsumenten dieser Dienstleistungen unerheblich ist, ob diese in der eigenen Gemeinde oder einer Nachbargemeinde bezogen werden; denn ob ein Supermarkt, eine Drogerie, eine Bank, etc aufgrund einer Gemeindevereinigung im 'eigenen' Ort ist oder im vormaligen Nachbarort bleibt, hat naturgemäß keine Auswirkung auf die Qualität der Dienstleistung oder die Entfernung von Wohnadresse und Dienstleistungsadresse. Dass Wohnung und Supermarkt im selben Ort sind, ändert nichts an deren Entfernung zueinander und es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass etwa Bevölkerung eines Nachbarorts bei Bezug der Dienstleistung anders behandelt wird[…] als die Bevölkerung des Dienstleistungsorts. Bestehende zentrale Einrichtungen eines Ortes können auch von der Bevölkerung des Nachbarortes genutzt werden, gleichgültig, ob die Gemeinden selbstständig sind oder nicht. Ein Vorteil für die Gemeindebevölkerung wird nach Rechtsprechung des VfGH dadurch nicht herbeigeführt.[…]

Damit scheidet der Bezug von Dienstleistung aber als Begründung für eine Gemeindezusammenlegung aus, wenn man – wie der VfGH – eine Verbesserung für die Gemeindestruktur als Zulässigkeitskriterium heranzieht.

Auch in Hinblick auf die Gemeindebevölkerungen unterscheidet sich die Antragstellerin erheblich von der Gemeinde Großlobming. Wie bereits ausgeführt, stellt sich in der Antragstellerin ein typisch ländliches Bild der Gemeindestruktur dar; selbiges gilt für die Gemeindebevölkerung, in der – wie in ländlichen Gebieten üblich – persönliche Kontakte und Beziehungen zu Personen des öffentlichen Gemeindelebens (Gemeindebedienstete, Gemeindemandatare, Dienstleister) einen hohen Stellenwert genießen.

Demgegenüber wandelt sich die Bevölkerungsstruktur in der Gemeinde Großlobming (gewollt) immer mehr in Richtung eines Vorortes der Stadtgemeinde Knittelfeld. Gegenüber ursprünglich-ländlichen Gebieten tritt aufgrund der steigenden Bevölkerungszahl eine verstärkte Anonymität gegenüber Personen des (öffentlichen) Gemeindelebens zu Tage.

Diese Unterschiede werden von der Gemeindebevölkerung der Antragstellerin stark wahrgenommen und führen dazu, dass in der gegenständlichen Gemeindevereinigung von vornherein nicht davon ausgegangen werden kann (im Sinne einer Prognoseentscheidung), dass eine gemeinsame Bevölkerungsstruktur geschaffen werden kann. Durch die topographische Lage ist auch die Schaffung einer durchgehenden Siedlungsstruktur ausgeschlossen. […]

Aus all diesen Gründen bestehen keine Siedlungsverflechtungen von solcher Intensität, dass sie als Begründung für eine Gemeindezusammenlegung ausreichen würden. Die Siedlungsstruktur lässt im Sinne einer Prognoseentscheidung nicht erwarten, dass eine gemeinsame Gemeinde- und Bevölkerungsstruktur entstehen wird – und folglich erst recht keine Verbesserung der Gemeindestruktur erfolgen wird. Der reine Bezug von Dienstleistungen ist als sachliches Kriterium für die Beurteilung von Gemeindevereinigungen ungeeignet.

(v) Kulturelle Faktoren

Daneben sollen auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden.

Der […] Landesgesetzgeber enthält sich jeglicher Aussagen darüber, inwiefern dieser Punkt bei der gegenständlichen Gemeindevereinigung berücksichtigt wurde.

Die Antragstellerin kann ein umfangreiches kulturelles Programm aufweisen, das in der Gemeinde angeboten wird. Die Vereine und Organisationen sind die Träger des Gemeinschaftslebens in der Gemeinde Kleinlobming. Zahlreiche Veranstaltungen werden von den verschiedenen Vereinen in der Gemeinde in ehrenamtlicher Tätigkeit unter großer Beteiligung der Gemeindebevölkerung organisiert[.]

[…]

Die kulturelle Eigenständigkeit der Antragstellerin wurde vom […] Landesgesetzgeber gänzlich ignoriert. Hätte der […] Landesgesetzgeber sein Konzept der 'Lebensrealitäten' umgesetzt, hätte er auch kulturelle Einrichtungen und Freizeiteinrichtungen berücksichtigen müssen, da gerade diese entscheidend dafür sind, wo die Gemeindebevölkerung ihre Freizeit verbringt und folglich den 'Lebensmittelpunkt' setzt. Da die Antragstellerin ein umfangreiches Vereinsleben vorweisen kann und der Bevölkerung ein großes Angebot an Freizeiteinrichtungen zur Verfügung stellen kann, sind auch keine kulturellen Faktoren gegeben, die für eine Gemeindevereinigung sprechen würden.

Kulturelle örtliche Zusammenhänge mit der Gemeinde Großlobming bestehen ebensowenig wie historische Verbundenheiten. Aus historischer Sicht wäre vielmehr zu berücksichtigen gewesen, dass der Ort bereits im 10. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt wurde und die erste Kirche des Ortes Kleinlobming aus dem 13. Jahrhundert stammte.

Hätte der […] Landesgesetzgeber die von ihm aufgestellten Kriterien der Berücksichtigung von kulturellen und historischen Bedingungen befolgt, hätte er eine Gemeindevereinigung nicht aussprechen dürfen, da sich diese auch aus kultureller und historischer Sicht als unsachlich erweist.

4.2.1.4. Weitere Kriterien der Sachlichkeit

4.2.1.4.1. Distanz

Das Gemeindeamt der Antragstellerin ist ca. 6 Kilometer vom Ortszentrum der Gemeinde Großlobming entfernt. Ein in sich geschlossenes Siedlungsgebiet zwischen den beiden Gemeinden besteht nicht und wird sich in Folge der topographischen Situation auch nicht entwickeln. Wirtschaftlich bedeutsame Orte der Antragstellerin (Freizeitwohnungen / Skigebiet Gaberl) sind bis zu 16 Kilometer vom Gemeindeamt der Gemeinde Großlobming entfernt. Der […] Landesgesetzgeber nimmt auf diese peripheren Ortsteile jedoch keinerlei Rücksicht. Auch wenn es – folgend der bisherigen Rechtsprechung des VfGH zu Gemeindevereinigungen – eine steigende Mobilität der Bevölkerung geben sollte, werden die Nachteile für jenen Teil der Bevölkerung mit schlechterer Mobilität verstärkt.

Der […] Landesgesetzgeber nennt im Zuge der Gemeindevereinigung der Gemeinde Saifen-Boden ua mit der Marktgemeinde Pöllau gemäß §3 Abs4 Z7 StGsrG eine Entfernung von 5 Kilometern bei guter Verkehrsanbindung als zumutbar.[…] Daraus muss im Umkehrschluss geschlossen werden, dass er – zu Recht – eine Entfernung von 16 Kilometern – bei fehlender Verkehrsverbindung – als unzumutbar ansieht.

Somit kann durch eine Gemeindevereinigung keine Verbesserung für die Gemeindebevölkerung erwartet werden.

4.2.1.4.2. Zugehörigkeitsgefühl zur vereinigten Gemeinde

Nachdem die Pläne der […] Landesregierung zur Vereinigung der Antragstellerin mit der Gemeinde Großlobming publik wurden, bildete sich zunehmender Widerstand gegen das gegenständliche Gesetz in der Gemeindebevölkerung der Antragstellerin.

Daraufhin führte die Antragstellerin am 23.6.2013 eine Volksbefragung durch, um die Gemeindebürger als unmittelbar Betroffene der Gemeindevereinigung darüber abstimmen zu lassen, in welcher Gemeinde sie leben möchten. Bei einer Wahlbeteiligung von 80,77 % stimmten 90,39 % der Wahlberechtigten gegen die vom […] Landesgesetzgeber oktroyierte Gemeindevereinigung. An der ablehnenden Haltung der Bevölkerung hat [sich] seit der Volksbefragung nichts geändert, und die Einbringung des gegenständlichen Individualantrages ist deutlichstes Zeichen für den allgemeinen, anhaltenden Widerstand gegen die Gemeindevereinigung.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Gemeindevereinigungen durch das StGsrG, hat sich mit dem 'Zentral-Ort' Großlobming auch die Gemeinde gegen die Vereinigung ausgesprochen, die am meisten von dieser profitieren würde. Dies zeigt umso mehr, dass von keiner beteiligten Seite die Chance gesehen wird, ein gemeinsames Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln. Dass auch Topographie und Bevölkerungsstruktur klar gegen das Entstehen eines gemeinsamen Kommunallebens sprechen, wurde bereits dargelegt.

[…]

Neben diesem demokratiepolitischen Mangel kann, ausgehend von der ablehnenden Haltung der Gemeindebevölkerungen in Kleinlobming und Großlobming, (im Sinne einer Prognoseentscheidung) nicht davon ausgegangen werden, dass ein Zugehörigkeitsgefühl der Bevölkerung zu der vereinigten Gemeinde entstehen wird, was auch darauf zurückzuführen ist, dass schon aufgrund der topographischen Situation kein gemeinsames Gemeindeleben entstehen wird. […]

Die Gemeindebevölkerung hat sich deutlich gegen die Gemeindevereinigung ausgesprochen und die Gemeindevereinigung ist auch aus dem Grund des fehlenden Zugehörigkeitsgefühls der Bevölkerung unsachlich.

4.2.1.4.3. Zahlreiche schwere Begründungsmängel

Insgesamt wird in den Erläuternden Bemerkungen nicht nachvollziehbar dargelegt, auf welchen Informationen und Daten die Gemeindevereinigung der Antragstellerin mit ihrer Nachbargemeinde beruht.

Zur Beurteilung der Sachlichkeit hätte der […] Landesgesetzgeber jedoch ausführen müssen, welche Vorteile angeblich konkret durch die Gemeindevereinigung herbeigeführt werden können[,] und er hätte diese mit überprüfbaren Zahlen belegen müssen.

Die Erläuternden Bemerkungen beschränken sich großteils auf Allgemeinfeststellungen und das pauschale Zitieren von 'Stehsätzen', ohne dass auf den Einzelfall der Antragstellerin hinreichend Bezug genommen wird. Somit kann für die konkrete Gemeinde keine spezifische Notwendigkeit für eine Gemeindevereinigung abgeleitet werden. Auch nach Prüfung der vom […] Landesgesetzgeber aufgestellten Ziele der Reform wird ersichtlich, dass diese entweder bereits gegeben sind, oder dass durch die Gemeindevereinigung keine Verbesserung der Ist-Situation in Bezug auf ebendiese Ziele erreicht werden kann.

Dies wiegt umso schwerer, als dass sich die Antragstellerin in den Jahren seit erstmaliger Bekanntmachung der Absicht zur Gemeindevereinigung bis zur Gesetzeskundmachung intensiv darum bemüht hat, die Gründe der Vereinigung in Erfahrung zu bringen[.]

[…]

Da die Erläuterungen zum Gesetz, wie ausführlich dargelegt, jedoch selbst mangelhaft sind und sich jeglicher konkreter Begründung enthalten, bleibt das Gesetz unbegründet und ist auch aus diesem Grunde unsachlich und damit verfassungswidrig.

4.2.2. Ungleichbehandlung vergleichbarer Gemeinden

Über die bisher angeführten Gründe hinaus hat es der […] Landesgesetzgeber, in offenkundiger Verletzung des Gleichheitsgebots, unterlassen, aufgrund der in §1 StGsrG angeführten Ziele[…] weitere Gemeindevereinigungen anzuordnen.

Der […] Landesgesetzgeber führt in den Erläuterungen zu sämtlichen Gemeindevereinigungen im Wesentlichen die gleichen Gründe an, die sich überwiegend auf Infrastruktur/Dienstleistungen ('Unterversorgung'), Demographie und finanzielle Auswirkungen beschränken. Die dabei angestellten Überlegungen lassen sich aber auf eine große Anzahl an weiteren Gemeinden umlegen, die aber aus politischen Gründen, welche nicht öffentlich gemacht wurden, vor einer zwangsweisen Gemeindevereinigung verschont wurden.

Die[se] Gemeinden weisen teils eine mit der Antragstellerin vergleichbare, teils eine wesentlich schwächere Gemeindestruktur auf, was die Bevölkerungsanzahl sowie das Angebot an Infrastruktur und Dienstleistungen betrifft; dennoch ordnete der […] Landesgesetzgeber keine Gemeindevereinigung an[.]

[…]

Bezüglich sämtlicher dieser nicht zusammengelegten Gemeinden könnten die gleichen allgemeinen Gründe für eine Gemeindevereinigung angeführt werden, wie jene, die zur Vereinigung der Antragstellerin mit der Marktgemeinde Ilz [sic!] geführt haben. Dass der […] Landesgesetzgeber eine Zwangsvereinigung [dieser] Gemeinden nicht angeordnet hat, lässt erkennen, dass es andere, politische Gründe gibt, aus denen die[se] Gemeinden vor einer Zwangsvereinigung verschont wurden. Da die im Gesetz angeführten Kriterien für die Bewertung der Zusammenlegungen durch (weitere) unsachliche, ungeschriebene, politische Kriterien erweitert werden, ist das bekämpfte Gesetz schon aus diesem Grunde gleichheits- und damit verfassungswidrig.

4.2.3. Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

4.2.3.1. Wahl des schonendsten Mittels

[…]

Auch aufgrund der Verletzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist das StGsrG zur Gänze, und §3 Abs8 Z1 StGsrG im Besonderen, verfassungswidrig, da eine Gemeindevereinigung nicht das schonendste Mittel ist, um die in §1 StGsrG dargestellten Ziele zu erreichen. […]

Die Auflösung von Gemeinden ist die schwerwiegendste in die Rechte der betroffenen Gemeinden eingreifende Maßnahme. Die Wahl des schärfsten Mittels (Auflösung der Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungseinheit) bei Vorhandensein von gelinderen Mitteln entspricht nicht dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Gemeindezusammenlegungen, welche nicht auf freiwilliger Basis[,] sondern vielmehr unter Zwang erfolgen, sind als nicht zeitgemäß zu betrachten.

Zudem ist auch aus der Grundkonzeption der GemO erkennbar, dass die zwangsweise Vereinigung von Gemeinden lediglich als ultima ratio zu sehen ist und eine großflächige, landesweite Vereinigung systemwidrig ist. Wie bereits erwähnt, legt §8 Abs4 GemO fest, dass die Vereinigung den vollständigen Übergang der Rechte und Pflichten der betroffenen Gemeinden auf die neue Gemeinde zur Folge hat. Dies kann jedoch nur Rechte und Pflichten öffentlich-rechtlicher Natur betreffen. Ein landesgesetzlich festgelegter Eintritt der neuen Gemeinde in Verträge der Altgemeinde wäre als Verstoß gegen Art10 Abs1 Z6 B-VG zu qualifizieren, da der Vertragspartner der Altgemeinde gezwungen wäre, ein durch Landesgesetz geschaffenes Rechtssubjekt als Vertragspartner annehmen zu müssen ohne ein gesetzliches Widerspruchsrecht oder Kündigungsrecht eingeräumt bekommen zu haben, und der […] Landesgesetzgeber dadurch eine Regelung des Zivilrechtswesens erlassen hätte. Folglich ist das StGsrG mit dem Mangel behaftet, eine weitreichende Rechtsunsicherheit herbeizuführen, die sämtliche vom Gesetz unmittelbar betroffene Gemeinden und darüber hinaus sämtliche dere[r] Vertragspartner betrifft.

4.2.3.2. Gemeindeverbände / Kleinregionen

4.2.3.2.1. Die Ziele der Gemeindestrukturreform – sofern diese in Bezug auf die Antragstellerin nicht ohnehin bereits erfüllt sind – können auch mit anderen Mitteln, etwa mit der Bildung von Gemeindeverbänden oder dem Konzept der Kleinregionen, erreicht werden, ohne dass es entgegen den Willen der betroffenen Bevölkerung zur Auflösung von Gemeinden kommt.

4.2.3.2.2. Wie in den Erläuternden Bemerkungen festgehalten, bestehen Kooperationen als Teil des Tourismusverbandes 'Aichfeld' sowie der Kleinregion 'Bezirk Knittelfeld'.[…]

Darüber hinaus bestehen Zugehörigkeiten zum Abfallwirtschaftsverband Knittelfeld, beim Sozialhilfeverband Murtal und beim ISGS Knittelfeld. Dies zeigt, dass es bereits eine umfangreiche interkommunale Zusammenarbeit gibt, die auch die Basis bildet, über das Konzept der Gemeindeverbände / Kleinregionen Effizienzsteigerungen und Kostenersparnisse herbeizuführen. Durch die gesetzlich angeordneten Gemeindevereinigungen wurden diese Bemühungen zwangsweise beendet.

Von der positiven Entwicklung der Gemeindekooperationen ausgehend kann es auch nicht dem Willen des Bundesgesetzgebers entsprechen, dass das Konzept der Gemeindeverbände, das erst mit der B-VG-Novelle zur Stärkung der Gemeinden[…] 2011 umfassend gestärkt wurde, bereits nach kurzer Zeit durch den […] Landesgesetzgeber ausgehöhlt wird. Dieser hat es vielmehr unterlassen, nachvollziehbare Gründe darzustellen, weswegen eine Gemeindeverbandslösung nicht weiter verfolgt wurde.

4.2.3.2.3. In den Erläuternden Bemerkungen[…] wird zu den Gründen, die gegen die Verbandslösung sprechen, angeführt, dass 'Gemeindevereinbarungen im Falle der Besorgung von Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper nicht gefährden' dürfen (Art116a Abs1 Z1 B-VG). Damit verbiete das B-VG eine 'zu verdichtete' Gemeindekooperation, die Gemeinden müssten Selbstverwaltungskörper bleiben. Einer einem Gemeindezusammenschluss vergleichbaren Struktur seien schon damit Grenzen gesetzt.

Worin in der unveränderlichen Konzeption der Gemeinden als Selbstverwaltungskörper ein Nachteil zu sehen sein soll, wird vom […] Landesgesetzgeber nicht ausgeführt.

4.2.3.2.4. Weiters könne nach Ansicht des […] Landesgesetzgebers 'die finanzielle Leistungskraft durch Gemeindekooperationen zwar gestärkt werden', nicht gesichert sei aber 'die Nachhaltigkeit dieser Stärkung'. Insbesondere könnten die einem Gemeindeverband beigetretenen Gemeinden diesen wieder verlassen. Eine 'Kündigung' einer rechtswirksamen Gemeindevereinigung sei hingegen nicht möglich.[…]

Der […] Landesgesetzgeber erkennt somit an, dass Gemeindeverbände eine gleichartige finanzielle Stärkung der Gemeinden zur Folge haben können. Dies entspricht dem obersten Ziel des StGsrG, der Stärkung der Leistungsfähigkeiten der Gemeinden. Wenn die Kündigung des Gemeindeverbandes als wesentlicher Grund für die Ablehnung der Verbandslösung angeführt wird, ist dem entgegenzuhalten, dass der […] Landesgesetzgeber durch eine einfache Änderung der GemO Vorkehrungen schaffen hätte können und – unterstellt man seine (spekulativen) Erwägungen – müssen; etwa durch die Regelung, dass die Mitgliedschaft in Gemeindeverbänden nur aus einem wichtigen (taxativ aufgezählten) Grund beendet werden kann. Eine solche Regelung kann auch schon derzeit im Zuge der Errichtung des Gemeindeverbands vertraglich einvernehmlich von den Parteien festgelegt werden (etwa samt Vereinbarung einer Pönale). Dadurch lässt [sich] der Verbleib im Verband und damit die Nachhaltigkeit der Stärkung der Leistungskraft der Gemeinden sicherstellen, ohne dass Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungseinheit beendet werden.

4.2.3.2.5. Weiters könnten 'Gemeinden in verschiedenen Angelegenheiten mit jeweils anderen Körperschaften unterschiedliche Kooperationen bilden'. Dadurch könne sich ein 'nach Angelegenheiten differenziertes, heterogenes 'Kooperationsnetz' entwickeln, was insbesondere die zentralörtliche Raumplanung erheblich erschweren' könne. Auch unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Gemeindeaufsicht könne sich ein unstrukturiert entwickeltes Kooperationsnetz nachteilig auswirken.[…]

Der […] Landesgesetzgeber lässt hierbei außer Acht, dass gerade das von ihm angeführte Beispiel der Raumplanung im Bereich der örtlichen Raumplanung Sache im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden ist und daher von diesen autonom geregelt werden kann. Eine örtliche Raumplanung wird eine zentralörtliche Raumplanung zu berücksichtigen haben, unabhängig davon, welche Flächengröße eine Gemeinde aufweist und ob sie aus mehreren 'vereinigten Gemeinden' besteht oder nicht. Darüber hinaus kann auch eine 'vereinigte Gemeinde' Kooperationen mit anderen Gemeinden bilden, sodass dieses Ziel des […] Landesgesetzgebers auch durch Gemeindevereinigungen nicht erreicht werden kann.

Der […] Landesgesetzgeber könnte seine Befürchtung hinsichtlich eines unstrukturiert entwickelten Kooperationsnetzes somit nur dadurch entkräften, indem der Gemeindeverband als solches oder die Zuständigkeiten der Gemeinden abgeändert werden würden; dies liegt jedoch im Zuständigkeitsbereich des Bundesgesetzgebers. Eine Gemeindevereinigung hat auf die Bildung von Kooperationsnetzen keine Auswirkungen.

4.2.3.2.6. Zuletzt würde durch eine Verbandslösung der 'generelle Arbeits- und Verwaltungsaufwand erhöht', da eine zusätzliche Verwaltungsebene über den Gemeinden geschaffen wird. Damit könne den Erwartungen in eine funktionierende, kostengünstige Verwaltung in vielen Bereichen nicht entsprochen werden.

Der Aufwand der einzelnen Gemeinden bewegt sich auf einem ausgesprochen niedrigen Niveau.

4.2.3.2.7. Auch in dem von der […] Landesregierung herausgegebenen Leitbild 'Stärkere Gemeinden – Größere Chancen'[…] wird auf das Projekt 'Regionext', durch das die Steiermark in sieben Regionen und rund 90 Kleinregionen gegliedert wurde[,] Bezug genommen. Das Konzept der Kleinregionen ermöglichte es, 'viele, gut funktionierende Kooperationen […] in den letzten Jahren [aufzubauen]'. Der Weg der thematischen Kooperation solle auch weiterhin in der Steiermark bestritten werden. Einzig die Nachhaltigkeit wird angezweifelt; diese kann aber – wie soeben ausgeführt – durch begleitende Maßnahmen sichergestellt werden.

Aufgrund der Tatsachen, dass die Gemeindeverbände erst 2011 mit einer Erweiterung ihrer Befugnisse ausgestattet wurden, dass die Gründe, die der […] Landesgesetzgeber bei der Ablehnung der Verbandslösung anführt, nicht zutreffend sind und dass die Ziele des StGsrG auch mit der Bildung von Gemeindeverbänden erreicht werden könnten, widerspricht die angeordnete Gemeindevereinigung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und ist damit verfassungswidrig.

4.2.3.2.8. Darüber hinaus ist auch über das Konzept der Kleinregionen gemäß §38a GemO, in denen mehrere Gemeinden Verwaltungsgemeinschaften bilden, welche zentrale, gemeinschaftlich genutzte Stellen zur Besorgung von behördlichen und privatwirtschaftlichen Angelegenheiten erledigen, durch die Novellierung der GemO[…] eine Möglichkeit geschaffen worden, Einsparungen vorzunehmen. Hierzu hätte der […] Landesgesetzgeber auszuführen gehabt, aus welchen Gründen eine Kleinregionenlösung abgelehnt wurde.

4.3. Unzulässigkeit der Gemeindeverein

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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