TE Vfgh Erkenntnis 2014/12/9 G73/2014

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2014
beobachten
merken

Index

L1030 Gemeindestruktur

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art115 Abs2, Art116 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
Stmk GemeindestrukturreformG §1, §3, §4
Stmk GdO 1967 §6 Abs2

Leitsatz

Abweisung weiterer Individualanträge von Gemeinden auf Aufhebung von Bestimmungen des Stmk GemeindestrukturreformG betreffend Gemeindefusionen; keine Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigungen

Spruch

I. Der Antrag wird insoweit abgewiesen, als er sich gegen §3 Abs5 Z1 des Gesetzes vom 17. Dezember 2013 über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG), LGBl für die Steiermark Nr 31/2014 (berichtigt durch LGBl  für die Steiermark Nr 36/2014), richtet.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.              Anträge und Vorverfahren

1. Die Gemeinde Seggauberg begehrt gestützt auf Art140 B-VG Folgendes:

"Der Verfassungsgerichtshof möge

a) gemäß Art140 Abs3 B-VG iVm §64 Abs1 VfGG als verfassungswidrig aufheben:

Das Gesetz vom 17. Dezember 2013, kundgemacht im Landesgesetzblatt für die Steiermark vom 02. April 2014, LGBl Nr 31/2014, über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz-StGsrG) zur Gänze, in eventu

b) den §3 des genannten Gesetzes, in eventu

c) den Abs5 des §3 des genannten Gesetzes, in eventu

d) die Wortfolge '…….. und der Gemeinde Seggauberg zur Stadtgemeinde Leibnitz' in §3 Abs5 Z1 des genannten Gesetzes, in eventu

e) das Wort 'Seggauberg' in §3 Abs5 Z1 des genannten Gesetzes".

2. Die Gemeinde Seggauberg schildert in ihrem Antrag den – aus ihrer Sicht – relevanten Sachverhalt und geht dabei insbesondere auf "raumplanerisch, fachlich geäußerte[…] Argumente[…]" ein. Im Anschluss setzt sich die Gemeinde mit konkreten Abschnitten in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum StGsrG, 2347/1 BlgLT (Stmk.) 16. GP, auseinander und nimmt zu den Ausführungen betreffend "Ausgangslage", "Finanzausgleich und Stabilitätspakt", "Ziele der Gemeindestrukturreform", "Reform der gemeindlichen Strukturen", "Verfassungsrechtliche Grundlagen", "Konzept der Einheitsgemeinde", "Gemeindestrukturreformprozess", "Rechtssicherheit und Professionalität", "Gemeindeverbände", "Landtag Steiermark und Gemeindevereinigungen" sowie "Volksrechte in der Gemeinde" Stellung. Zusammenfassend führt die Gemeinde Seggauberg schließlich aus:

"Es ist daher festzuhalten, dass vom Gesetzgeber kein öffentliches Interesse, weder in gutachtlicher noch in einer sonstigen, etwa einer Prognoseform, nachvollziehbar gemacht wurde.

Eine Zusammenschau der vom Land Steiermark aufgezeigten Umstände lässt erkennen, dass damit eine Prognostizierbarkeit allfälliger Vor- und Nachteile nicht möglich ist. Dazu kommt ferner, dass die Summe aller in Frage kommenden maßgebenden Umstände überhaupt nicht aufgezeigt wird.

Die Frage, ob ein ausreichendes ökonomisches Potenzial für eine derart neu geschaffene Gemeinde gegeben ist, um tatsächliche Chancen für das Gelingen des neugeschaffenen sozioökonomischen Modells nach erfolgter Zusammenlegung bewirken zu können, wurde nicht in nachvollziehbarer Art und Weise verifiziert. Es stehen weder der Gemeinde Seggauberg noch dem Landesgesetzgeber derartige auch nur annähernd dafür in Frage kommende Unterlagen zur Verfügung.

Schlussfolgernd kann den Ausführungen des Österr. Rechnungshofes ebenfalls entnommen werden, dass alle für eine Prognostizierbarkeit maßgeblichen Umstände seitens des Landes Steiermark überhaupt nicht dargestellt werden.

In Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden Gamlitz, Heimschuh und Leibnitz werden freiwillig laufend Planungen und Maßnahmen getroffen, um allen kommunalen Aufgaben gerecht zu werden. Die politisch Verantwortlichen im Gemeinderat haben Interesse und Freude an der Arbeit. Die Selbstverwaltung des Gemeindegeschehens wird zur vollsten Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Seggauberg durchgeführt. Zu keiner Zeit bestand der Wunsch der Seggaubergerinnen und Seggauberger mit der Stadtgemeinde Leibnitz und der Marktgemeinde Kaindorf an der Sulm fusioniert zu werden.

Mit den Bürgerinnen und Bürgern von Leibnitz, welche im Übrigen zu keiner Zeit befragt wurden, ob sie überhaupt an einer Gemeindezusammenlegung interessiert sind, besteht bestes Einvernehmen. Selbstverständlich wird die zentrale Funktion von Leibnitz in Anspruch genommen. In eben solcher Art bestehen jedoch auch beste Kontakte zur den Gemeinden Gamlitz und Heimschuh.

Hervorzuheben ist ferner, dass durch eine Zusammenlegung mit der Stadtgemeinde Leibnitz und der Marktgemeinde Kaindorf an der Sulm keine Änderung der bisher bestehenden Zusammenhänge bewirkt werden kann. Leibnitz in seiner zentralen Funktion würde ebenso wie bisher in Anspruch genommen. Hingegen wirkt der Nachteil des Verlustes der Eigenständigkeit für Seggauberg schwer und lassen sich keine Vorteile für die neue Gemeinde erkennen.

Generell wird ausgeführt, dass die Abwicklung einer geordneten Zusammenlegung von Gemeinden im Hinblick auf finanz- und vermögensrechtliche Belange gesetzlich weder in der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, in der Fassung LGBL. Nr 125/2012, noch in der Gemeindehaushaltsordnung 1977, in der Fassung LGBl Nr 94/2001, vorgesehen ist. Dies betrifft insbesondere den Kassen- und Rechnungsabschluss zum Übergabetermin 31.12.2014.

Diesbezüglich gibt es einen Leitfaden zum Thema 'Gemeindefusion', herausgegeben vom Steiermärkischen Gemeindebund, November 2013, welcher aber diesbezüglich ebenfalls keine klärenden Inhalte beinhaltet.

I[n] [den] deutschen [Bundesländern] Sachsen und Brandenburg sehen die diesbezüglichen Durchführungsbestimmungen konkrete Anweisungen vor bzw. wird im Sinne einer 'wirklichen' Strukturreform die Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik vorgenommen.

Mittels des Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetzes soll die Gemeinde Seggauberg bis zum 01.01.2015 in die Stadtgemeinde Leibnitz eingemeindet werden. Erfahrungswerte aus der Schweiz und Deutschland belegen, dass ordnungsgemäß durchgeführte und gesetzeskonforme Zusammenlegungen einen längeren Zeitraum als 12 Monate erfordern. In diesem Zeitraum ist davon auszugehen, dass neben den Normalarbeiten in den Gemeinden eine Umstellung bis zum 31.12.2014 zu bewerkstelligen ist, damit zum 01.01.2015 die neue Gemeinde zu arbeiten beginnen kann. Ausgehend von 11.370 Einwohnern ist ein Arbeitsaufwand von rund 11.370 bis zu 22.740 Stunden für diese Umstellung zu erwarten. Bei einem Mittelwert von rund 15.000 Stunden Arbeitsaufwand ergibt dies einen Arbeitskraftbedarf von rund 8,24 Mann/Fraujahren für die drei Gemeinden. Es entspricht daher auch ein derartiger kurzer Übergangszeitraum im Sinne einer mit Sorgfalt durchgeführten Aufarbeitung sowie bei Beachtung der Grundsätze von Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit keinesfalls der gebotenen Sachlichkeit.

[Dem] Leitfaden Gemeindefusion[…] kann ebenfalls nachvollziehbar entnommen werden, wie arbeitsaufwendig die Zusammenführung von Gemeinden ist und welche Vorarbeiten schon längst zu leisten gewesen wären.

[…]

Dadurch, dass eine Ermittlungstätigkeit dahingehend unterlassen wurde, ob der konkrete Sachverhalt hinsichtlich einer prognostizierbaren Sinnhaftigkeit einer Zusammenlegung gegeben ist, ist für die Gemeinde Seggauberg weitgehende Willkürlichkeit gegeben, welche dem Sachlichkeitsgebot massiv widerspricht, ja für die Bewohner der Gemeinde Seggauberg eine Diskriminierung bedeutet und somit deren Menschenrechte verletzt.

Berücksichtigt man, dass etwa §60 AVG die Verpflichtung einer Behörde normiert, ihren Bescheid in einer [einer] nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Art und Weise zu begründen, zeigt sich, dass das Land Steiermark 'die Hausaufgaben' nicht erledigt hat, da in einem […] aller Sorgfalt, dem Stand der Wissenschaft und den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten entsprechenden Verfahren das Land Steiermark erkennen hätte müssen, dass eine Zusammenlegung nicht sinnvoll ist, da kein Vorteil für die neue Gemeinde, aber auch kein solcher für die Gemeinde Seggauberg erkennbar, schon gar nicht nachgewiesen ist[,] und daher feststellen hätte müssen, dass andere Schritte für eine Reform der Gemeindestruktur erforderlich sind.

Besonders hervorgehoben wird die zeitliche Komponente, welche die Gemeinde hinsichtlich aller Entscheidungen in den Monaten der Legisvakanz beeinträchtigen wird.

Die Zeitspanne für den Übergang in die Letztphase der Zusammenlegung ist zu knapp und werden damit den Verantwortlichen und Mitarbeitern in der Gemeinde nicht zu bewältigende Belastungen aufgebürdet.

Zusammengefasst ergibt sich weiters, dass Alternativen zur 'Zwangsfusion', wie Gemeindeverbände, Interkommunale Zusammenarbeit[…] sowie die vor kurzem erst geschaffenen 'Kleinregionalen Verbände' nicht zugelassen wurden.

Der Verstoß gegen das Sachlichkeit[s]gebot und gegen den Gleichheitsgrundsatz (siehe etwa die Gemeinde Kitzeck) erscheint daher erwiesen.

Eine Verfassungswidrigkeit ist im Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot durch eine sachlich unbegründete Auflösung der Gemeinde Seggauberg und [in] dem dadurch bedingten Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu erblicken, weiters darin[,] dass wie dargelegt keinesfalls von einem Überwiegen positiver Auswirkungen für die neue Gemeinde ausgegangen werden kann.

Da nach den Erläuterungen zum Gesetz für 2030 ein zunehmender Bevölkerungsstand prognostiziert wird, wird das Kriterium der 'demographischen Entwicklung' von der Gemeinde Seggauberg erfüllt.

Durch die geographischen und topographischen Voraussetzungen (Höhenunterschied und klare Trennung der Gemeinden durch die Sulm) liegen keine Verflechtungsmöglichkeiten vor und ist es der allgemein und anhaltend Widerstand leistenden Gemeindebevölkerung von Seggauberg auch nicht zuzumuten[,] mehrere Kilometer nach Leibnitz zurückzulegen[,] um an sich in Seggauberg zur Verfügung stehende Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, abgesehen von der […] mit dem Verkehr zwangsläufig verbundenen sich verschlechternden Abgas- und Verschmutzungssituation.

Gerade wegen der Lage von Seggauberg sind weitere Ausweisungen von Siedlungsflächen praktisch undenkbar, abgesehen davon[,] dass die Gemeinde Seggauberg im Rahmen der Raumplanung für ausreichend Bauerwartungsland schon bisher gesorgt hat. Die Ausweisung neuer industrieller oder gewerblicher Flächen wäre für den florierenden Tourismus sogar schädlich. Es sind somit aus Sicht der Raumordnung nur Nachteile und zwar auch für die 'neue' Gemeinde ersichtlich, deren Tourismusbilanz sich durch die vorangeführten Maßnahmen verschlechtern würde.

Eine Verbesserung der Kommunalstruktur ist nicht prognostizierbar, da […] die Gemeinde Seggauberg als durch die Sulm und den beträchtlichen Höhenunterschied abgeschlossenes Gebiet betrachtet werden muss, zwischen den (noch) bestehenden Gemeinden über weite Strecken unbesiedeltes, steiles Gelände und Gebiet vorliegt und weitere einheitliche Versorgungssysteme daher nicht möglich erscheinen.

Wie bereits ausgeführt bestehen hinsichtlich infrastruktureller Dienstleistungen, die auf Basis von Zusammenarbeit günstiger angeboten werden können, bereits ausreichende Kooperationen. Durch diese sind die vom Gesetzgeber erwähnten infrastrukturellen und raumordnungspolitischen Gesichtspunkte erfüllt, sodass keine Prognose zulässig erscheint, wonach aus der Zusammenlegung eine Verbesserung für die neue Gemeinde sich ergeben könnte.

Alle für die Bevölkerung notwendigen Leistungen werden schon jetzt, teilweise in Kooperation, erbracht. Das Gemeindeamt stellt zu[r] Zufriedenheit der Bevölkerung und der Touristen die öffentliche Grundversorgung sicher – und dies mit nur 4 Teilzeitbeschäftigten im Gemeindeamt sowie einem vollbeschäftigten und einem teilzeitbeschäftigten Gemeindearbeiter. Es ist nicht zu prognostizieren, dass die beabsichtigte größere Einheit mit gleichen Kosten besser arbeitet als die im Ort integrierten und [die] Bedürfnisse der Bevölkerung daher kennenden Mitarbeiter der Gemeinde. Das Gemeindeamt ist an 5 Werktagen pro Woche geöffnet, der Bürgermeister hält 2 mal in der Woche Sprechstunden ab, das Internetp[or]tal der Gemeinde stellt ein Online-Service sicher und bietet die Gemeindeverwaltung somit alle notwendigen ortsbezogenen Dienstleistungen. Wie praktisch täglich zu beobachten, suchen gerade die hilfsbedürftigen, älteren Gemeindebürger, deren Bedürfnisse den örtlich integrierten Gemeindemitarbeitern bekannt sind, ohne Schwellenangst das Gemeindeamt auf[,] um Hilfe zu erlangen[,] und ist bei der Abwägung somit auch zu berücksichtigen, dass gerade für die relativ immobile ältere Bevölkerung schon allein aufgrund der Zufahrt[s]strecke von mehreren Kilometern, die steil über die zur Sulmbrücke abfallende Böschung führt, eine deutliche Verschlechterung der Betreuungssituation durch den Wegfall des Serviceanbots eintritt. Klarerweise wird die 'neue' Gemeinde im Sinne vermeintlicher Einsparungen das Gemeindeamt schließen und ist daher aus der 'Zwangsfusion' eine Verschlechterung der Versorgung der Bevölkerung der Gemeinde Seggauberg zu erwarten, was auch ein Grund für den allgemeinen und anhaltenden Widerstand der Bevölkerung ist. Abgesehen davon haben die Gemeindebediensteten auch wichtige Aufgaben im Tourismusbereich wahrgenommen und würde die dazu notwendige Orts- und Personenkenntnis entfallen, wenn[,] wie zu erwarten[,] das Gemeindeamt geschlossen wird, was wiederum eine wirtschaftliche Verschlechterung für die 'neue' Gemeinde prognostizieren lässt!

Eine einer nachprüfenden Kontrolle zugängliche Prognose, dass sich die wirtschaftliche Lage der Bürger durch die neue Gemeinde verbessern würde, ist schon mangels beweismachenden Zahlenmaterials nicht möglich. Wie gut bisher in der Gemeinde Seggauberg gewirtschaftet wurde, ergibt sich sogar aus den Ausführungen in den Erläuterungen zum Gesetz. Der starke Tourismusstandort und das Fehlen von Schulden beweist ebenso wie die angeführte ausreichende Infrastruktur, dass von der Gemeinde Seggauberg der Haushalt schon jetzt ordentlich und zukunftsorientiert geführt wird, wie dies als ein Fusionskriterium vom Gesetzgeber angeführt wird.

Dass die schon wesentlich länger als die beiden anderen Gemeinden existierende Gemeinde Seggauberg nicht nur geographisch, sondern auch kulturräumlich und hinsichtlich der Identität keine Verbindung mit Leibnitz oder Kaindorf an der Sulm hat, wurde seitens des Gesetzgebers ebenso wenig berücksichtigt, ja im Gegensatz zum Sachlichkeitsgebot nicht einmal geprüft. Wäre dies aber erfolgt[,] hätte sich ergeben, dass historisch und aktuell eine deutliche Abgrenzung der Bevölkerung der Gemeinden besteht, was in der Prognose zu berücksichtigen gewesen wäre.

Der allgemeine und anhaltende Widerstand gegen die Zusammenlegung zeigt dies auch klar auf und sollte die Meinung der betroffenen Bevölkerung entsprechende Berücksichtigung finden (siehe Bürgerinitiative!). Der Widerstand ist nicht nur anhaltend, sondern, wie die Zahl der Protestierenden beweist[,] auch allgemein und zeigt auf[,] dass die ohne ausreichendes Material getätigte Prognose unsachlich ist.

Berücksichtigt man dazu noch, dass völlig unverständlich ist, dass Gemeinden wie Kitzeck, Wettmannstätten, Preding, ja selbst die mit der Stadtgemeinde Deutschlandsberg zusammengewachsene und räumlich nicht mehr als eigenständige Gemeinde erkennbare Marktgemeinde Frauental nicht mit anderen Gemeinden zusammengelegt wurden, zeigt[…] sich[,] dass die Prognoseentscheidung unsachlich und unbegründet erfolgte und gegen das Gebot der Wahrung öffentlicher Interessen und willkürlich erfolgte." (Zitat ohne die im Text enthaltenen Hervorhebungen)

3. Die Stmk. Landesregierung bestreitet die Zulässigkeit des Antrages und führt dazu auszugsweise aus:

"Gemäß §62 VfGG muss der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, begehren, dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder[…] dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen.

Der ggst. Antrag entspricht, soweit er die Aufhebung des gesamten StGsrG begehrt, diesen Vorgaben nicht. Nach Ansicht der Landesregierung ist er jedenfalls zu weit gefasst, um die behauptete Verfassungswidrigkeit zu beseitigen. Dasselbe gilt für die Eventualbegehren auf Aufhebung des §3 StGsrG sowie des §3 Abs5 StGsrG.

Die Anträge, die Wortfolge 'und der Gemeinde Seggauberg zur Stadtgemeinde Leibnitz', in eventu das Wort 'Seggauberg' in §3 Abs5 Z1 StGsrG aufzuheben, sind aus Sicht der Landesregierung zu einschränkend. Die Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit der Stadtgemeinde Leibnitz und der Marktgemeinde Kaindorf an der Sulm zur Stadtgemeinde Leibnitz ist eine komplexe Regelung; die Aufhebung einzelner Gesetzesstellen würde die nur im Rahmen eines Gesamtplanes sinnhafte Gemeindestrukturmaßnahme derart verändern, dass sie dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck zuwiderliefe (siehe VfSlg 9814). Es kann daher, wenn überhaupt, nur die gesamte Bestimmung des §3 Abs5 Z1 StGsrG präjudiziell sein. Ein diese Bestimmung betreffender Aufhebungsantrag wurde jedoch nicht gestellt."

4. Zu den Bedenken der Gemeinde Seggauberg nimmt die Stmk. Landesregierung, nachdem sie den der Gemeindevereinigung vorangegangenen Gemeindestrukturreformprozess dargelegt hat, – auszugsweise – wie folgt Stellung:

"Auch der antragstellenden Gemeinde wurde entsprechend der Aktenlage […] im Rahmen dieses Prozesses mehrfach die Möglichkeit geboten, zu der Strukturreform – auch in persönlichen Gesprächen mit VertreterInnen des Landes – Stellung zu nehmen.

[…] Wie die Antragstellerin selbst bestätigt, nahmen zwei ihrer Vertreter an einem Verhandlungsgespräch mit VertreterInnen des Landes sowie (unter anderen) Vertretern der Stadtgemeinde Leibnitz sowie der Marktgemeinde Kaindorf an der Sulm am 11. Mai 2012 in der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz teil. Entgegen den Behauptungen der Antragstellerin begründete das Land laut Protokoll des betreffenden Gesprächs den Fusionsvorschlag mit einer Reihe von Fakten.

Dem Protokoll vom 11. Mai 2012 ist darüber hinaus zu entnehmen, dass die Gemeinden Leibnitz und Kaindorf an der Sulm zu diesem Zeitpunkt bereits Analysearbeiten durchführten und die Antragstellerin erklärte, in weitere Gespräche über eine Vereinigung einzutreten. [Aus] [d]em Schreiben der Antragstellerin vom selben Tag folgt jedoch, dass der Gemeinderat bereits in seiner Sitzung vom 24. Oktober 2011 einstimmig beschlossen hatte, selbständig zu bleiben. Diesen Standpunkt bekräftigte die Antragstellerin in einer weiteren Mitteilung vom 26. Juni 2012.

[…] Die Antragstellerin wurde des Weiteren mit Schreiben der Abteilung 7 des Amtes der Landesregierung vom 20. März 2013 über den Gemeindestrukturplan informiert und zur Abgabe einer Stellungnahme eingeladen. Darüber hinaus wurde das Angebot unterbreitet, eine fachliche Begleitung in Form einer Koordinatorin/eines Koordinators des Landes in Anspruch zu nehmen. Mit Schreiben vom 17. Mai 2013 wurde der Antragstellerin neuerlich angeboten, in einem persönlichen Gespräch die für die betreffende Konstellation maßgeblichen Kriterien und Argumente zu erörtern.

Dem Auskunftsbegehren der Antragstellerin wurde mit Schreiben der Abteilung 7 vom 16. Juli 2013 umfassend entsprochen und weitere Gespräche angeboten.

In insgesamt neun sogenannten 'Bürgermeisterbriefen' wurden die BürgermeisterInnen, somit auch der Bürgermeister der antragstellenden Gemeinde, von den Gemeindereferenten immer aktuell über die wesentlichen Schritte informiert […].

[…] Wenn sich die antragstellende Gemeinde selbst weiterführenden Gesprächen verschlossen hat, kann dies nicht der Landesregierung oder dem Landesgesetzgeber zum Vorwurf gemacht werden.

[…]

[…] Die Bedenken, der Landesgesetzgeber habe im Ergebnis keine bzw. nur eine unzureichende Grundlagenforschung betrieben und existierten daher auch keine nachvollziehbaren Unterlagen, können bereits mit Hinweis auf das Leitbild, die durchgeführten Studien […], die Erläuterungen im allgemeinen Teil und zu §3 Abs5 Z1 StGsrG[…] entkräftet werden.

Das Land hat im Rahmen der Vorschlags- und Verhandlungsphase unter Einbindung der Gemeinden, des Gemeinde- und Städtebundes entsprechende Grundlagen wie z.B. das Leitbild zur Gemeindestrukturreform erarbeitet. In dieses Leitbild sind die Studien von ******** ******** ********************* *** – ******* *** ************ *** ****************** sowie von der *** **** **** eingeflossen.

Bereits im Leitbild wurde ausgeführt, dass bei der Festlegung der Kriterien zur Schaffung leistungsfähiger, wirtschaftlicher und professioneller regionaler Gemeindezentren eine Vielzahl von Daten und Grundlagen eingeflossen sind. Zu den berücksichtigten Kriterien zählen insbesondere die Lebensrealitäten ('Zentrale-Orte-Konzept'), die Haushaltsentwicklung, die demografische Entwicklung sowie raumordnungspolitische und infrastrukturelle Gesichtspunkte. Als ergänzende Kriterien waren das Vorhandensein gemeinsamer Grenzen, die geografische Lage (Topografie) sowie bereits bestehende Kooperationen zu betrachten.

Dieses Leitbild wurde im Landtag Steiermark behandelt, veröffentlicht und jeder betroffenen Gemeinde zur Kenntnis gebracht.

[…]

In […] Zusammenhang [mit der Kritik an der Ablehnung der Gemeindeinitiative durch den Landtag] […] ist festzuhalten, dass in der Landtagssitzung am 2. Juli 2013 die von 107 – und nicht wie von der Antragstellerin behauptet 120 – Gemeinden unterstützte Gemeindeinitiative gem. §46 VolksrechteG behandelt wurde. Diese Initiative hatte zum Ziel, die Gemeindeordnung derart zu novellieren, dass eine Gemeindevereinigung nur im Wege von – über eine Volksabstimmung in Geltung zu gelangende[n] – Gemeinderatsbeschlüssen genehmigungsfähig wäre. Der Ausschuss 'Gemeinden' hat in seinen Sitzungen vom 15. Jänner 2013 und 1. Juli 2013 über diesen Gegenstand die Beratungen durchgeführt. Der zur Beratung über die Novellierung der Gemeindeordnung eingesetzte Unterausschuss hat sich mit der ih[m] zur Behandlung zugewiesenen Gemeindeinitiative am 8. Mai und 26. Juni 2013 – inklusive Anhörung des Zustellungsbevollmächtigten der Initiative – befasst und empfohlen, den Intentionen dieser Gemeindeinitiative nicht näherzutreten. Der Landtag ist dieser Empfehlung im schriftlichen Bericht des Ausschusses […] mehrheitlich gefolgt […].

Die Gemeindeinitiative und ihre Mitglieder hätten gemäß Art72 L-VG die Möglichkeit gehabt, zu verlangen, dass der Beschluss des Landtages über das StGsrG einer Volksabstimmung unterzogen wird. Von diesem im Zusammenhang mit Landesgesetzen zentralen direktdemokratischen Instrument wurde kein Gebrauch gemacht.

Betreffend das Vorbringen zur angeregten Gemeindeinitiative der Marktgemeinde Tauplitz ist auszuführen, dass von den erforderlichen 80 Gemeinderatsbeschlüssen innerhalb der Frist lediglich 16 Gemeinderatsbeschlüsse beim Amt der Landesregierung eingelangt sind. Eine Gemeindeinitiative iSd Bestimmungen des VRG liegt somit nicht vor.

[…]

Nach der Judikatur des VfGH (VfSlg 13.325/1992) steht [die Charta der lokalen Selbstverwaltung] auf der Stufe eines einfachen Gesetzes und kann daher nicht Maßstab für die Rechtmäßigkeit eines anderen Gesetzes sein. Es erübrigt sich daher ein weiteres Eingehen auf dieses Vorbringen, ebenso wie auf den nicht näher ausgeführten Verweis auf die UNO-Leitlinien zur Dezentralisierung und Stärkung der Kommunen.

[…] Festzuhalten ist, dass der Landesgesetzgeber – wie von der Antragstellerin korrekt ausgeführt – die maßgebenden öffentlichen Interessen in §6 Abs2 GemO normierte und die Erwägungen der öffentlichen Interessen für diese Vereinigung in den Erläuterungen zu §3 Abs5 Z1 StGsrG[…] begründete.

[…]

[…] [Es] ist festzuhalten, dass der Rechnungshof in seiner Stellungnahme zum ausgeschickten Begutachtungsentwurf des StGsrG darauf hinweist, dass die Ziele des StGsrG seinen Vorschlägen in Bezug auf Strukturreformen im Gemeindebereich Rechnung tragen.

[…] Wenn vom RH bemängelt wird, dass die Auswirkungen auf die Konstellationen nicht dargestellt wurden, so ist es richtig, dass im Begutachtungsentwurf tatsächlich nur der Allgemeine Teil der Erläuterungen enthalten war. Der umfassende Erläuterungsteil mit den Begründungen für jede einzelne Konstellation wurde aus zeitlichen Gründen erst in die Regierungsvorlage aufgenommen.

[…] Eine Gesamtabschätzung des Einsparungspotentials wurde aber bereits im Leitbild durch auszugsweise Veröffentlichung der Studie der ******** ******** ******************* *** vorgelegt […].

[…]

[…] Dem Vorbringen, im Rahmen von freiwilligen interkommunalen Kooperationen könnten Strukturreformen mit weitaus geringerem Kostenaufwand bewirkt werden, wird [F]olgendes entgegengehalten:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass der Landesgesetzgeber die B-VG-Novelle zur Stärkung der Rechte der Gemeinden, BGBl I Nr 60/2011, durch Novellierung des §38 Stmk. Gemeindeordnung 1967 und des Stmk. Gemeindeverbandsorganisationsgesetzes 1997 (s. LGBl Nr 126/2012) umgesetzt hat. Hauptgesichtspunkt dieser Novelle ist der Entfall der Beschränkung auf die Besorgung einzelner Aufgaben durch Gemeindeverbände und die Ermöglichung des Abschlusses von Vereinbarungen der Gemeinden untereinander in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs.

Der Landtag Steiermark hat sich im Zuge der Gemeindestrukturreform in mehreren Debattenbeiträgen wie z.B. am 12. November 2012 mit der Frage beschäftigt, ob freiwillige Gemeindekooperationen bzw. Gemeindeverbände genauso geeignet sind, die mit einer Gemeindereform verfolgten Ziele zu erreichen. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn mit den freiwilligen Gemeindekooperationen oder Gemeindeverbänden die dargestellten gleichen Vorteile erzielt werden können. Es wurde daher geprüft, ob die Reformziele auch in einem oder in mehreren Gemeindeverbänden genauso gut erreicht werden können.

Im Leitbild zur Gemeindestrukturreform wurden die Vor- und Nachteile von Gemeindevereinigungen und Verbandslösungen ausführlich dargestellt. Folgende Erwägungen sind letztlich gegen eine Verbandslösung ins Treffen zu führen:

?      Erstens dürfen Gemeindevereinbarungen 'im Falle der Besorgung von Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper nicht gefährden' (Art116a Abs1 Z1 B-VG). Damit verbietet das B-VG eine 'zu verdichtete' Gemeindekooperation, die Gemeinden müssen Selbstverwaltungskörper bleiben. Einer einem Gemeindezusammenschluss vergleichbaren Struktur sind schon damit Grenzen gesetzt.

?      Zweitens kann die finanzielle Leistungskraft durch Gemeindekooperationen zwar gestärkt werden, nicht gesichert ist aber die Nachhaltigkeit dieser Stärkung. Insbesondere können die einem Gemeindeverband beigetretenen Gemeinden diesen wieder verlassen. Eine 'Kündigung' einer rechtswirksamen Gemeindevereinigung ist hingegen nicht möglich. Nur die Gemeindevereinigung ermöglicht deshalb eine nachhaltige und zuverlässige Stärkung der gemeindlichen Leistungskraft.

?      Drittens können Gemeinden in verschiedenen Angelegenheiten mit jeweils anderen Körperschaften unterschiedliche Kooperationen bilden. Dadurch kann sich ein nach Angelegenheiten differenziertes, heterogenes 'Kooperationsnetz' entwickeln, was insbesondere die zentralörtliche Raumplanung erheblich erschweren kann. Auch unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Gemeindeaufsicht kann sich ein unstrukturiert entwickeltes Kooperationsnetz nachteilig auswirken.

?      Viertens wird durch eine Verbandslösung der generelle Arbeits- und Verwaltungsaufwand erhöht, da eine zusätzliche Verwaltungsebene über den Gemeinden geschaffen wird. Damit kann den Erwartungen in eine funktionierende, kostengünstige Verwaltung in vielen Bereichen nicht entsprochen werden.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine rechtswissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2012[vgl. Holoubek/Potacs/Scholz, Art120 B-VG als Instrument der Gemeindekooperation?, in: KWG (Hrsg.), Gemeindekooperationen – vom Kirchturmdenken zur vernetzten Region, 2012]: 'Eine rechtspolitische Gesamtbewertung gemeindeübergreifender Organisationsformen fällt somit zugunsten von Fusionen und Gebietsgemeinden aus, weil diese sich effizienter und finanziell günstiger ausgestalten lassen und – wie gesagt – eine Abmilderung des kommunalen Identitätsverlustes zulassen.'

Es ist daher festzuhalten, dass die neu geschaffene Möglichkeit der Bildung von Mehrzweckverbänden die umfassende Gemeindestrukturreform durch Gebietsänderungen nicht ersetzen kann, sondern nur ein ergänzendes Modell darstellt. Das zeigten auch die bisherigen Erfahrungen mit freiwilligen Verbänden und dem 'Regionext-Modell' zur Bildung von Kleinregionen, die mit der Novellierung (des §38a GemO, LGBl Nr 92/2008) ermöglicht wurden. Obwohl sich viele Gemeinden zu Kleinregionen zusammenschlossen, blieben die erwünschten Effekte dieser Maßnahme weit hinter den Erwartungen zurück.

Auch das immer wieder artikulierte Bedürfnis der Gemeinden nach derartigen Verbänden fand keinen Niederschlag in etwaigen aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren. Seit der landesgesetzlichen Umsetzung der B-VG-Novelle gibt es in der Steiermark keinen derartigen Mehrzweckverband. Der einzige bisher eingebrachte Antrag für einen Mehrzweckverband konnte bislang die formellen Voraussetzungen nach der GemO und des Stmk. GVOG nicht erfüllen. Auch die antragstellende Gemeinde hat keinen derartigen Antrag eingebracht.

[…] Die Antragstellerin behauptet, dass durch die Vereinigung der betroffenen Gemeinden eine Verbesserung für sie selbst nicht erkennbar sei sowie[…] dass 'die Zusammenschau aller maßgeblichen Umstände ... zahlreiche Nachteile und keine nennenswerten Vorteile für die Bevölkerung in der neuen Gemeinde' zeige; der Gesetzgeber habe keine nachvollziehbare Prognose dargelegt und sei 'der gebotenen Sachlichkeit' nicht entsprochen worden.

[…]

[…] In seiner Rechtsprechung entwickelte der VfGH den Grundsatz, dass die Zusammenlegung von Gemeinden mit weniger als 1.000 EinwohnerInnen mit anderen Gemeinden in der Regel sachlich ist (z.B. VfSlg 9068/1981; 9655/1983). Ausnahmen von diesem Grundsatz sah der Gerichtshof in jenen Fällen gegeben, in denen die Zusammenlegung einer (aus demografischer Sicht so definierten) Kleingemeinde aufgrund ganz besonderer Umstände vorhersehbar völlig untauglich war, das angestrebte Ziel der Verbesserung der Kommunalstruktur zu erreichen (so z.B. VfSlg 8108/1977; 9793/1983 oder 11.372/1987).

Zum maßgeblichen Stichtag (1. Jänner 2013) wies die Antragstellerin einen Bevölkerungsstand von 958 EinwohnerInnen auf. Eine Untauglichkeit im Sinne der Judikatur des VfGH liegt nach Ansicht der Landesregierung unter Hinweis auf die zutreffende Prognoseentscheidung des Landtages und der gegenständlichen Äußerung in der betreffenden Konstellation nicht vor. Die Behauptung der Antragstellerin steht auch im Widerspruch zur Beurteilung der beteiligten Marktgemeinde Kaindorf an der Sulm, welche in ihrer Bürgerinformation zu dem Ergebnis kommt, dass es durch die Vereinigung der betreffenden Gemeinden zu Vorteilen für die Bevölkerung kommt […].

Der Bevölkerungsstand der antragstellenden Gemeinde hat sich insgesamt seit 1951 uneinheitlich entwickelt, wobei im Jahre 2011 der Höchststand mit 1.032 EinwohnerInnen erreicht wurde. In den letzten zehn Jahren zeigte die Bevölkerungsentwicklung eine eher negative Tendenz; zum Stichtag 1. Jänner 2014 verzeichnete die Antragstellerin einen weiteren leichten Rückgang auf 951 EinwohnerInnen. Die von der Antragstellerin angeführte aktuelle Bevölkerungszahl von 986 EinwohnerInnen ist nicht nachvollziehbar.

Aufgrund einer zu erwartenden ausgeglichenen Geburtenbilanz (Geburten minus Sterbefälle) und einer leicht positiven Wanderungsbilanz (Zuzüge minus Wegzüge) wird hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2030 ein leichter Zuwachs prognostiziert. Aufgrund der überdurchschnittlich negativen Entwicklung beim Wanderungssaldo in den letzten Jahren[…] sind die Prognosen bei einer Neuberechnung jedoch eher nach unten zu korrigieren.

[…]

[…] Die Antragstellerin behauptet im Wesentlichen, weder dem Landesentwicklungsprogramm noch dem Regionalentwicklungsprogramm Leibnitz seien im Einklang mit dem StGsrG stehende planerische Vorgaben zu entnehmen. Eine Verringerung der Anzahl der Gemeinden müsste nach Sicht der antragstellenden Gemeinde Einfluss auf die Generalplanung des Landes haben. Des Weiteren entbehrten die raumordnungsfachlich vorgebrachten Argumente des Gesetzgebers einer gesetzlichen Deckung und seien sohin nicht anzuwenden.

[…] Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Verfassungswidrigkeit des StGsrG oder einzelner seiner Bestimmungen aufzuzeigen. Einfache Gesetze und Verordnungen können nicht Prüfmaßstab für die Verfassungsmäßigkeit eines anderen einfachen Gesetzes sein.

[…]

[…] In den regionalen Entwicklungsprogrammen ist die anzustrebende räumlich funktionelle Entwicklung der Planungsregion darzustellen und sind entsprechende Maßnahmen (z.B. Siedlungsentwicklung), die im überörtlichen Interesse stehen, festzulegen. Planungsregion sind künftig die im Landesentwicklungsprogramm festgelegten Regionen (bisher waren es die jeweiligen Bezirke). Es ist ohnedies geplant, dass die regionalen Entwicklungsprogramme an die durch die Gemeindestrukturreform geänderten Voraussetzungen angepasst werden. Die Behauptung der Antragstellerin, dass die Bestimmungen der §§11 bis 14 StROG erforderliche begleitende gesetzliche Vorkehrungen erkennen lassen, ist jedoch nicht nachvollziehbar.

[…] Hinsichtlich der angesprochenen Problematik betreffend die Weitergeltung von bisherigen Verordnungen im Bereich der örtlichen Raumplanung ist auszuführen, dass durch §11 GemO sowie die in der Landtagssitzung am 1. Juli 2014 beschlossene Novelle zum StROG Rechtssicherheit geschaffen wurde. Richtig ist, dass in der neuen Gemeinde ein neues örtliches Entwicklungskonzept sowie ein neuer Flächenwidmungsplan zu erlassen sein werden; daraus ergibt sich jedoch keinerlei Rechtsunsicherheit. In welchen Bereichen in Zukunft Entwicklungen (im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen) der örtlichen Raumplanung stattfinden sollen, obliegt der Entscheidung des (künftigen) Gemeinderates.

[…]

[…] [D]ie Antragstellerin [verfügt] über ausreichende Baulandreserven[…] bzw. Potentialflächen […], um den zu erwartenden Baulandbedarf decken zu können. Weitere zusätzliche Ausweisungen werden unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und auf Grundlage von raumordnungsfachlichen Beurteilungen auch weiterhin möglich sein. Zukünftige Ausweisungen, wie etwa die Bereitstellung von industriell bzw. gewerblich genutzten Flächen, sind nur unter Einhaltung der Raumordnungsgrundsätze möglich.

[…] [D]ie Stadtgemeinde Leibnitz [verfügt] über eine Vollausstattung an öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen […] und [ist] im Landesentwicklungsprogramm, LGBl Nr 75/2009 idF. LGBl Nr 37/2012, als Regionales Zentrum ausgewiesen […], wohingegen die Antragstellerin mit öffentlichen und privaten Gütern unterversorgt und zentralörtlich sowie funktionell nach Leibnitz orientiert ist.

Diese Verflechtungen und die überörtliche Funktion der Stadtgemeinde Leibnitz werden seitens der Antragstellerin auch nicht in Abrede gestellt […], im 'Örtlichen Entwicklungskonzept Nr 4.00' […] werden die intensiven Verflechtungen mit der Stadtgemeinde Leibnitz sogar besonders hervorgehoben:

?      'Als Wohnsitzgemeinde weist Seggauberg insofern einen Mangel auf, als keinerlei Versorgungseinrichtungen für den täglichen Bedarf vorhanden sind. Hier sind kleinere Einrichtungen wie Cafe, Kleinläden etc. neben den vorhandenen Gasthäusern durchaus wünschenswert. Die Nähe zu Leibnitz kompensiert dies allerdings, die Mobilität der Bevölkerung besteht quasi zu 100%.' […]

?      'Der Arbeitsplatzbedarf wird vor allem klein- und überregional, im Raum Leibnitz und Graz, abgedeckt. Die Verkehrsbedingungen sind durch die Nähe bzw. durch die anliegende Autobahn entsprechend günstig.' […]

?      'In Verbindung mit der Nachbargemeinde Leibnitz ist für eine grundsätzliche Erfüllung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse gesorgt. Die Nahversorgung liegt jedoch im Argen, es gibt kein Kaufhaus und auch kein Café bzw. sonstige kleinere Dienstleistungen, was die wirtschaftliche und soziale Infrastruktur verbessern könnte.' […]

Die Behauptung der Antragstellerin, es sei ihrer Bevölkerung nicht zumutbar, mehrere Kilometer nach Leibnitz zurückzulegen, um Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, ist daher nicht nachvollziehbar.

Unter Bedachtnahme auf die hochwertige Verkehrsverbindung sowie einen höheren individuellen Motorisierungsgrad der Bevölkerung und nicht zuletzt die Möglichkeit der elektronischen, ortsunabhängigen Kommunikation[…] wird die Überwindung räumlicher Distanzen relativiert. Es ist daher davon auszugehen, dass räumliche Entfernungen eine geringere Rolle spielen als noch vor einigen Jahrzehnten (vgl. VfSlg 9655/1983; 11.629/1988). Die Entfernung der Antragstellerin zum Ortszentrum von Leibnitz von ca. sieben Kilometern sowie ein Höhenunterschied von 85m sind daher als zumutbar anzusehen.

[…]

[Es] wird zunächst angemerkt, dass der Verfassungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung ausspricht, dass es verfehlt ist, eine Gemeindestrukturverbesserung allein damit zu rechtfertigen, dass damit die nach dem Finanzausgleichsgesetz den Gemeinden zukommenden Ertragsanteile anders verteilt werden.

Eine derartige Rechtfertigung hat der Gesetzgeber allerdings auch nicht als alleinige Grundlage genommen und ist dies den Erläuterungen zu §3 Abs5 Z1 StGsrG[…] daher nicht zu entnehmen.

Darüber hinaus hat sich das Land ausschließlich an de[m] geltenden Finanzausgleichspakt, der bis zum Jahr 2016 verlängert wurde, zu orientieren. Spekulationen über eine mögliche Änderung des FAG können nicht Gegenstand einer Gesetzesbegründung sein. In den Erläuterungen heißt es daher zutreffend, dass die neue Gemeindegröße entsprechend der Verteilungssystematik des Finanzausgleiches eine spürbare Besserstellung bei den Ertragsanteilen erwarten lässt. Bekanntlich wirken sich bei dieser Gemeindegröße nicht nur der abgestufte Bevölkerungsschlüssel, sondern auch die Regelung im FAG über die Vorausanteile positiv aus.

[…]

Insofern die antragstellende Gemeinde diesbezüglich (offenbar) eine Verletzung des Grundsatzes des gleichen Wahlrechts vermutet, ist dem zu entgegnen, dass es sich hierbei nicht um ein subjektives Recht der Gemeinde handelt, welches mit ggst. Antrag releviert werden könnte. Abgesehen davon gewährleistet der Grundsatz des gleichen Wahlrechts ohnedies den gleichen Zählwert jeder Stimme. Sollte der Erfolgswert einer Stimme gemeint sein, so ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz des gleichen Wahlrechts nicht den gleichen Erfolgswert jeder Stimme gewährleistet (siehe etwa VfSlg 1381/1931; 3653/1959).

[…]

[…] Wie noch auszuführen sein wird[…] bzw. zum Teil bereits ausgeführt wurde, sind durch die Vereinigung der Antragstellerin mit den Gemeinden Leibnitz und Kaindorf an der Sulm erhebliche Vorteile durch die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur, die gemeinsame Gestaltung des Raumes[…] sowie Kosteneinsparungen infolge Verwaltungszusammenführung zu erwarten […]. Weiters ist die Landesregierung der Ansicht, dass durch die Zusammenlegung der drei Gemeindeverwaltungen eine noch professionellere Verwaltung mit der Möglichkeit der vertieften Spezialisierung von Bediensteten in den einzelnen Verwaltungsgebieten sowie eine vernünftige Vertretungsregelung der Gemeindebediensteten ermöglich[t] [werden]. Eine Ausweitung der Amts- und Sprechzeiten ist aufgrund der neuen Ressourcen möglich. Mit einer höheren Einwohnerzahl nehmen die Fallzahlen zu, sodass auch die Routine bei der Behandlung von Rechtsfällen steigt oder auch juristisch geschultes Personal eingestellt werden kann.

[…] Bereits bislang übernahm die Stadtgemeinde Leibnitz die Versorgung der EinwohnerInnen der Antragstellerin mit hochrangigen öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen. So bestehen etwa im Bereich des Pflichtschulwesens mannigfaltige Verflechtungen zwischen den betroffenen Gemeinden: [D]ie Stadtgemeinde Leibnitz verfügt beispielsweise im Gegensatz zur antragstellenden Gemeinde sowie zur Marktgemeinde Kaindorf an der Sulm (je eine Volksschule) über zwei Volksschulen, zwei Neue Mittelschulen, eine Polytechnische Schule und eine Allgemeine Sonderschule.

Im Schuljahr 2011/2012 pendelten von insgesamt 89 Schulauspendlerlnnen der Antragstellerin […] 49 SchülerInnen in die Stadtgemeinde Leibnitz, um das dortige Bildungsangebot in Anspruch zu nehmen.

[…] Darüber hinaus kommt der Stadtgemeinde Leibnitz eine große Bedeutung als regionaler Wirtschafts- und Arbeitsstandort zu.

[…]

[…] Wie die Antragstellerin selbst ausführt, fungiert sie schwerpunktmäßig als Wohnsitz- und Tourismusgemeinde; diese Ausrichtung ergänzt das Nahversorgungs- und Dienstleistungsangebot der Gemeinden Leibnitz und Kaindorf an der Sulm. Die Vereinigung der drei Gemeinden ermöglicht es der neuen Gemeinde, in einem sich weiterhin dynamisch entwickelnden Siedlungsraum eine mittel- bis langfristige Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen und privaten Dienstleistungen in zumutbarer Entfernung zu gewährleisten. […]

[…]

Aus den Erläuterungen zu §3 Abs5 Z1 StGsrG[…] folgt, dass sich der Landesgesetzgeber entgegen den Behauptungen der Antragstellerin gerade mit den […] topographischen und geographischen Gegebenheiten, [der] demographische[n] Entwicklung, [der] Situation der PendlerInnen, [der] räumliche[n] Entfernung und Anbindung zu Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge, [der] gemeindeeigene[n] Infrastruktur, [der] wirtschaftliche[n] und finanzielle[n] Ausstattung der betroffenen Gemeinden, strukturelle[n] Unterschiede[n] und örtliche[n] Eigenheiten, raumordnungspolitische[n] Gesichtspunkte[n], [der] Haltung der Gemeindemitglieder sowie eine[r] Prognoseentscheidung über die Auswirkungen der Fusionierung[…] eingehend auseinandergesetzt und auf Basis von nachvollziehbaren Prognoseentscheidungen die gegenständliche Gemeindevereinigung beschlossen hat. Die diesbezüglichen Behauptungen der antragstellenden Gemeinde sind sohin nicht zutreffend.

[…]

[…] Die Antragstellerin behauptet im Wesentlichen, der Landesgesetzgeber habe keine internationalen Vergleichen entsprechende[n] Maßstäbe für die gegenständliche Gemeindevereinigung herangezogen und sei auch eine Typisierung der betroffenen Gemeinden […] unterblieben.

[…] Diesbezüglich ist festzustellen, dass die äußerst kleinteilige Gemeindestruktur der Steiermark international nicht vergleichbar ist. Die Ausgangslage wurde bereits im Leitbild und in den Erläuterungen ausreichend dargestellt.

[…]

Gemäß §21 Abs7 Finanzausgleichsgesetz 2008, BGBl […] I Nr 103/2007, idF BGBl I Nr 208/2013 (FAG 2008), erhalten jene Gemeinden einen Kopfquotenausgleich, deren Finanzkraft um mehr als 10 Prozent unter der Bundesdurchschnittskopfquote ihrer Größenklasse liegt. Bereits aus der Zielrichtung dieses Transfers ist erkennbar, dass Transferleistungen gemäß §21 Abs7 FAG 2008 besonders finanzschwachen Gemeinden zukommen sollen. Ziel der Gemeindestrukturreform ist unter anderem, dass die Gemeinden selbständig in der Lage sind, ihre Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zu erfüllen[,] und damit dieser Transferleistungen des Bundes nicht mehr oder nicht mehr in der entsprechenden Höhe bedürfen.

[…]

[…] Wenn die Antragstellerin […] das System der Vergabe der sog. 'Bedarfszuweisungsmittel' im Bundesland Steiermark in Frage stellt, so steht dies zunächst in keinem Zusammenhang mit ggst. Gesetzesprüfungsantrag und stellt keinen Prüfungsmaßstab für die Verfassungswidrigkeit des StGsrG dar.

Die Landesregierung vergibt die Bedarfszuweisungen mittels Regierungssitzungsbeschluss anhand von beschlossenen und veröffentlichten Richtlinien, die dem im Finanzausgleich[s]gesetz festgelegten Regelungszweck für die den Gemeinden zustehenden Bedarfszuweisungen vollinhaltlich entsprechen. Diese Richtlinien sind vergleichbar den Richtlinien von Niederösterreich und Oberösterreich und ähneln mit gewissen Einschränkungen dem Salzburger Modell. Unerklärlich ist die Feststellung der Antragstellerin, 'die Verteilung derselben erfolgt durch die Landespolitik, dies im Gegensatz zu den Bundesländern Salzburg und Kärnten.[…]', da schon im Finanzverfassungsgesetz die Verteilung der Bedarfszuweisungen durch die Länder, somit durch deren Organe, vorgesehen ist.

[…]

[…] Zunächst ist klarzustellen, dass […] Ziel der Gemeindestrukturreform die Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung deren Aufgaben ist.

[…] Des Weiteren hält die Landesregierung zu diesem Vorbringen fest, dass im Rahmen der Prognose über die finanziellen Auswirkungen der gegenständlichen Vereinigung ein Potential an Kosteneinsparungen in der Höhe von rund EUR 303.000,00 pro Jahr möglich ist.

Diese Kosteneinsparungen sind nach Einschätzung der Landesregierung im Bereich des Personals (rund EUR 196.000,00 […]), der Gebrauchs- und Verbrauchsgüter (etwa für Drucksorten; EUR 20.000,00) und im Bereich der Gemeindeorgane und der sonstigen Kosten für die Gemeindeverwaltung sowie des Gemeindebetriebes (insgesamt EUR 87.000,00 […]) erzielbar.

Durch die Gemeindevereinigung werden der neuen Gemeinde unter Berücksichtigung der erhöhten Ertragsanteile in etwa 5 % mehr Budgetmittel für die Bewältigung der Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zur Verfügung stehen[…] als ohne Vereinigung. […]

[…]

[...] Die Antragstellerin führt […] selbst aus, dass schon bislang eine Zusammenarbeit (auch auf Bezirksebene) zur Pflege naturräumlicher und kultureller Verhältnisse existiert. Damit ist eine Verflechtung unter den drei betroffenen Gemeinden auf diesen Ebenen evident. Weshalb dieses Engagement durch die vorliegende Gemeindevereinigung abnehmen sollte, vermag die Antragstellerin jedoch nicht nachvollziehbar darzulegen.

[…]

Der Steirische Gemeindebund war in die Gemeindestrukturreform eingebunden und hat im Begutachtungsverfahren mitgeteilt, dass das StGsrG im Landesvorstand ausführlich diskutiert worden und mit einem Abstimmungsergebnis von 10:1 zur Kenntnis genommen worden sei […].

[…]

Entgegen dem von der Antragstellerin erweckten Eindruck, hat der Gesetzgeber gerade auf die geänderten Verhältnisse der kommunalen Struktur reagiert, in[…]dem er den Gemeindestrukturreformprozess umsetzte.

Die dargestellte Ausgangslage bei den steirischen Gemeinden, aber auch die hohen Anforderungen an die Gemeinden im Vollzugsbereich und die geforderte Umsetzung des Österreichischen Stabilitätspaktes 2012 erfordern zeitgemäße Gemeindestrukturen. Der Landesgesetzgeber geht auf Grund seiner Prognosen davon aus, dass die neue Stadtgemeinde Leibnitz – wie auch in den Erläuterungen dargestellt – in der Lage ist, diesen Anforderungen gerecht zu werden.

[…]

[…] [D]ie neue Stadtgemeinde Leibnitz [ermöglicht] für die Bevölkerung der Antragstellerin eine professionellere Verwaltung mit der Spezialisierung von Gemeindebediensteten[…]. Durch höhere Fallzahlen und Arbeitsteiligkeit steigt die Qualität der Bearbeitung, juristisch geschultes Personal kann eingesetzt werden. Die Rechtsrichtigkeit und Objektivität des Verwaltungshandelns wird erhöht.

Die Behauptung der Antragstellerin, mithilfe einer Reform des Aus- und Fortbildungswesens wären die Ziele der Gemeindestrukturreform ebenso zu erreichen gewesen, ist nicht nachvollziehbar. […]

[…]

[…] Der Behauptung der Antragstellerin, Gemeindekooperationen seien auch unter Kostenaspekten […] Gemeindevereinigungen vorzuziehen, ist schon die von ihr selbst zitierte Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung und des KDZ– Zentrum für Verwaltungsforschung aus 2010 […] entgegenzuhalten, welche […] feststellt, dass 'insbesondere bei den Klein- und Kleinstgemeinden unter 1.000 Einwohnern die Kosten für die Verwaltung überproportional gegenüber den anderen Größenklassen höher sind'.

[…]

[…] Die Ergebnisse der auf Ebene der Gemeinde durchgeführten Volksbefragungen/Volksabstimmungen (Art78 L-VG) sind – soweit sie der Aufsichtsbehörde mitgeteilt wurden – in jedem Einzelfall in die Abwägung aller Aspekte, die für und gegen die Gemeindevereinigung sprechen, mit eingeflossen. Sie waren aber bei den vom StGsrG betroffenen Gemeinden, mithin auch der antragstellenden Gemeinde, letztlich nicht ausschlaggebend, da sich die zu treffende Entscheidung – dem Sachlichkeitsgebot entsprechend – [an] den Zielen dieses Gesetzes, den Kriterien des Leitbildes und den öffentlichen Interessen im Sinne von §6 GemO zu orientieren hatte und die Prognosen für die jeweiligen neuen Gemeinden – als Komplex betrachtet – positiv waren (vgl. etwa VfSlg 13.543/1993).

[…]

[…] §48 GemO [ermöglicht] Gemeinden, welche von einer Vereinigung betroffen sind, zur Herstellung einer engeren Verbindung zwischen der Bevölkerung und den Organen und Einrichtungen der Gemeinde für Ortsverwaltungsteile einen Ortsteilbürgermeister zu bestellen. Die Funktion des Ortsteilbürgermeisters erstreckt sich auf die Unterstützung der Amtsführung des Bürgermeisters in den den jeweiligen Ortsteil betreffenden Angelegenheiten, wobei ihm in dieser Funktion sowohl ein Anhörungs- als auch ein Vorschlagsrecht zukommen. Darüber hinaus kann der Ortsteilbürgermeister mit ortsteilbezogenen Aufgaben betraut werden.

Durch die Bestellung eines Ortsteilbürgermeisters kann sohin dem von der Antragstellerin geäußerten Verlust von entscheidungsrelevanten Ansprechpartnern vor Ort entgegengewirkt werden.

[…]

[…] Den […] Behauptungen, Verflechtungsmöglichkeiten lägen nicht vor sowie[…] dass sie geographisch, kulturräumlich und hinsichtlich der Identität keine Verbindung mit den Gemeinden Leibnitz und Kaindorf an der Sulm aufweise, ist schon ihr eigenes Vorbringen […] entgegenzuhalten, wo sie ausführt, dass die zentrale Funktion der Stadtgemeinde Leibnitz 'selbstverständlich' in Anspruch genommen wird[…] [und] dass die Vereinigung gar 'keine Änderung der bisher bestehenden Zusammenhänge' bewirkte. Schon aufgrund dieser Ausführungen ist der bestehende Zusammenhang zwischen den betroffenen Gemeinden evident.

[…]

Eine hochwertige Anbindung der Antragstellerin an die Stadtgemeinde Leibnitz ist über die L622 sowie die L669 gegeben.

[…]

Der Gesetzgeber konnte daher bei seiner Prognoseentscheidung zurecht davon ausgehen, dass die existierenden Verflechtungen (infrastrukturell, räumlich, hinsichtlich der Lebensrealitäten) unter den Gemeinden durch eine Vereinigung eine noch leistungsfähigere kommunale Einheit ergeben.

[…] Die Behauptung der Antragstellerin, für die Abwicklung einer geordneten Gemeindevereinigung vor allem in finanz- und vermögensrechtlicher Hinsicht existierten keine gesetzlichen Vorgaben, ist nicht zutreffend.

Ausgehend von den in der GemO, der VRV 1997 und der GHO 1977 verankerten Grundsätzen und Rahmenbedingungen, sind die Vorgaben für eine geordnete finanzrechtliche Vermögenszusammenführung im Rahmen der Gemeindestrukturreform abzuleiten. Die Landesregierung hat die betroffenen Gemeinden in den Monaten Mai bis Juli 2014 bereits im Rahmen von BürgermeisterInnen- und Amtsleiterlnnenkonferenzen der Bezirkshauptmannschaften über diverse Maßnahmen informiert und wird darüber hinaus in Form einer generellen Richtlinie ausführlich und rechtzeitig informieren.

[…] Hinsichtlich der Behauptung der Antragstellerin[…], der Zeitraum für die Umsetzung der Vereinigung der drei betroffenen Gemeinden sei zu kurz bemessen, sei auf [die Ausführungen in] dieser Äußerung verwiesen, welchen zu entnehmen ist, dass die steirischen Gemeinden zumindest seit Juni 2011 in Kenntnis der Umsetzung der Gemeindestrukturreform und die Antragstellerin seit zumindest 11. Mai 2012 (Verhandlungsgespräch in der BH Leibnitz) in Kenntnis ihrer Betroffenheit von dieser Reform gewesen sind. Der Antragstellerin wäre also auch unter Berücksichtigung ihres eigenen Vorbringens ein hinlänglich ausreichender Zeitraum zur Verfügung gestanden, die betreffende Vereinigung vorzubereiten.

[…]

[…] Die […] geäußerten Befürchtungen der Antragstellerin, ihr Gemeindeamt werde geschlossen werden und dadurch ergäbe sich eine deutliche Verschlechterung der Betreuungssituation vor allem für die 'relativ immobile ältere Bevölkerung', ist insofern nicht nachvollziehbar, da diese Folgen durch die Belassung von Bürgerservicestellen und [die] Einrichtung von Ortsteilbürgermeistern in den einzelnen Ortsverwaltungsteilen beseitigt werden könnten […]. Im Übrigen sind in diesem Zusammenhang die Möglichkeiten des elektronischen Behördenverkehrs via E-Government ins Treffen zu führen, wodurch der Kontakt mit Behörden teils ortsunabhängig gestaltet werden kann. Darüber hinaus ist auf die […] Ausführungen der Antragstellerin in ihrem Örtlichen Entwicklungskonzept 4.00 zu verweisen, wonach die 'Mobilität der Bevölkerung ... quasi zu 100%' bestehe." (Zitat ohne die im Text enthaltenen Hervorhebungen)

II.              Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die mit dem Eventualantrag angefochtene Gesetzesbestimmung ist hervorgehoben):

5. Die §§6, 8 und 11 Abs1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 – GemO, LGBl 115, idF LGBl 87/2013, lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§6

Gebietsänderungen

(1) Gebietsänderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Grenzänderungen (§7), die Vereinigung von Gemeinden (§8), die Teilung einer Gemeinde (§9), die Neubildung und Aufteilung einer Gemeinde (§10).

(2) Gebietsänderungen nach Abs1 dürfen nur aus Gründen der durch dieses Gesetz geregelten öffentlichen Interessen und unter Bedachtnahme auf die geografische Lage der Gemeinde erfolgen, wobei jedenfalls darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass die Gemeinden fähig sind, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Als öffentliche Interessen sind insbesondere wirtschaftliche, infrastrukturelle, raumordnungs- und verkehrspolitische, demografische oder finanzielle Gründe zu verstehen.

[…]

§8

Vereinigung

(1) Zwei oder mehrere angrenzende Gemeinden können sich auf Grund übereinstimmender Gemeinderatsbeschlüsse mit Genehmigung der Landesregierung zu einer neuen Gemeinde vereinigen.

(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nach §6 Abs2 vorliegen. Die genehmigte Vereinigung ist im Landesgesetzblatt zu verlautbaren; die Genehmigung der Landesregierung ist auch für den Fall erforderlich, wenn zwischen Verlautbarung und Rechtswirksamkeit der Vereinigung eine Auf-hebung oder Abänderung der beschlossenen Maßnahme durch Gemeinderatsbeschluss oder eine dem Gemeinderatsbeschluss gleichzuhaltende Entscheidung erfolgt.

(3) Zur Vereinigung von zwei oder mehreren angrenzenden Gemeinden gegen den Willen einer beteiligten Gemeinde ist ein Gesetz erforderlich.

(4) Die Vereinigung hat den vollständigen Übergang der Rechte und Pflichten der betroffenen Gemeinden auf die neue Gemeinde zur Folge.

(5) Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung in den bisherigen Gemeinden anhängige Verwaltungsverfahren sind zunächst vom gemäß §11 Abs1 eingesetzten Regierungskommissär und ab Angelobung des Bürgermeisters der neu geschaffenen Gemeinde von den ab diesem Zeitpunkt zuständigen Gemeindebehörden weiterzuführen.

(6) Die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung bestehenden öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnisse zu einer der bisherigen Gemeinden gelten als entsprechende Dienstverhältnisse zur neu geschaffenen Gemeinde.

§11

Gemeinsame Bestimmungen

(1) Für die gemäß §§8, 9 und 10 Abs1 neu geschaffenen Gemeinden hat die Landesregierung binnen sechs Monaten nach den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung Neuwahlen des Gemeinderates auszuschreiben. Bis zur Angelobung des neugewäh

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten