TE Vfgh Beschluss 2014/11/20 U217/2014

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Veröffentlicht am 20.11.2014
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

VfGG §33, §82 Abs1
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit
ZPO §39, §146

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrags zur Erhebung einer Beschwerde; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als aussichtslos

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung

1.              Mit am 10. Juni 2014 zur Post gegebenem Schriftsatz begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrags zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 1. September 2011. Mit demselben Schriftsatz wird der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang gestellt.

2.              Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags führt der Einschreiter im Wesentlichen aus, dass er während des Asylverfahrens noch minderjährig gewesen sei, weshalb dem Jugendamt der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung die gesetzliche Vertretung oblag. Die Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 1. September 2011 sei dem gesetzlichen Vertreter im Asylverfahren zugestellt worden, dieser habe den Antragsteller von der Zustellung jedoch nicht informiert. Der Einschreiter habe erst – nach Einbringung diverser Unterlagen beim Bundesverwaltungsgericht am 13. Mai 2014 – am 27. Mai 2014 vom Bundesverwaltungsgericht erfahren, dass bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliege und sei daher ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen, von der angefochtenen Entscheidung Kenntnis zu erlangen und einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe beim Verfassungsgerichtshof einzubringen.

3.              Da das VfGG in §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 Abs1 leg.cit. die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden: Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert ist und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg 9817/1983, 14.639/1996, 15.913/2000 und 16.325/2001 mwN).

Bringt der Antragsteller vor, dass er von der rechtswirksamen Zustellung ohne sein Verschulden keine Kenntnis erlangt hat, ist ihm entgegenzuhalten, dass die unterlassene Mitteilung seines gesetzlichen Vertreters an ihn einen groben Sorgfaltsverstoß darstellt, der einer Bewilligung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegensteht. Aus §39 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ergibt sich, dass das Verschulden des Bevollmächtigten einem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG §71 Rz 43 f. und auch VwGH 14.5.2002, 2001/01/0542).

3.1.              Damit liegen aber die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor. Der Antrag ist sohin gemäß §149 Abs2 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ohne weiteres Verfahren mit in nichtöffentlicher Sitzung gefasstem Beschluss abzuweisen.

Da die sechswöchige Beschwerdefrist des §88a iVm §82 Abs1 VfGG zum Zeitpunkt der Postaufgabe des vorliegenden Verfahrenshilfeantrages schon verstrichen war, aber nur ein innerhalb dieser Frist gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe deren Unterbrechung zu bewirken vermag (§464 Abs3 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG), erwiese sich eine künftige Beschwerde als verspätet (vgl. auch VfGH 14.03.2012, U1391/11; 11.6.2012, U30/2012).

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG) mit in nichtöffentlicher Sitzung gefasstem Beschluss (§72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG) abzuweisen (vgl. zB VfSlg 14.582/1996; VfGH 17.3.1999, B311/99).

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Fristen, Beschwerdefrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:U217.2014

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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