TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/27 2000/04/0108

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Veröffentlicht am 27.09.2000
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Index

L72004 Beschaffung Vergabe Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
LVergG OÖ 1994 §58;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der P Gesellschaft mbH in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 20. April 2000, Zl. VwSen-550019/16/Gf/Km, betreffend Verfahren gemäß § 58 Oberösterreichisches Vergabegesetz (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich, weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zum Gang des Verfahrens bis zur Aufhebung des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. Mai 1999 durch das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 2000/04/0026, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in diesem Erkenntnis verwiesen.

In dem als Ersatzbescheid für den Bescheid vom 21. Mai 1999 ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 20. April 2000 lautet der Spruch wie folgt:

"Der Berufung wird statt gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 AVG idF 1992."

Zur Begründung führte der Unabhängige Verwaltungssenat im Wesentlichen aus, mit erstbehördlichem Bescheid vom 20. April 1999 seien die Anträge der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausschlusses ihres Angebotes vom weiteren Vergabeverfahren wegen Nichtvorliegens der in den Ausschreibungsbedingungen geforderten Vollmacht sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als unbegründet abgewiesen worden. In ihrer dagegen erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin die Aufhebung des erstbehördlichen Bescheides und die Feststellung beantragt, dass die Auftragsvergabe rechtswidrig gewesen sei. Nach eingehenden Ausführungen über die dem Oberösterreichischen Vergabegesetz zu Grunde liegende Kompetenzlage führte der Unabhängige Verwaltungssenat weiter aus, in der dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegenden Ausschreibung eines offenen Vergabeverfahrens des Landes Oberösterreich vom 23. November 1998, betreffend den konstruktiven Stahlbau (Teil 1) im Rahmen des Neubaus des Hauptgebäudes der Oberösterreichischen Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg, werde das Auftragsvolumen dieses Bauvorhabens mit S 16 Mio (exkl. Umsatzsteuer) geschätzt. Die Vergabe dieses Bauauftrages falle demnach gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 OÖ Vergabegesetz wohl in den persönlichen, zufolge § 3 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. (da es sich bei der Ausschreibung unmissverständlich um die Ausführung von Bauleistungen bzw. die Erstellung eines Bauwerkes handle) jedoch nicht in den sachlichen Geltungsbereich des Oberösterreichischen Landesvergabegesetzes, weil das Auftragsvolumen den in der letztgenannten Bestimmung festgelegten Schwellenwert von 5 Mio ECU bei weitem nicht erreiche. Für derartige Fälle sehe § 3 Abs. 5 leg. cit. vor, dass das Land als Auftraggeber bei der Vergabe von Aufträgen, mit einem geschätzten Auftragswert unter dem in § 3 Abs. 1 leg. cit. festgestellten Schwellenwert, die Ö-Norm A 2050 vom 1. Jänner 1993 anzuwenden habe. Demgegenüber ordne § 58 Abs. 1 leg. cit. an, dass ein Nachprüfungsverfahren gemäß den §§ 58 ff leg. cit. nur hinsichtlich der diesem Landesgesetz unterliegenden Verträge zulässig sei, sodass im vorliegenden Fall der im vierten Teil des OÖ Vergabegesetzes vorgesehene Rechtsschutz von vornherein nicht zum Tragen komme. Da die Erstbehörde somit sachlich nicht zuständig gewesen sei, sei der erstbehördliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufzuheben gewesen. Eine Feststellungsentscheidung gemäß § 61 Abs. 4 OÖ Vergabegesetz habe mangels sachlicher Zuständigkeit nicht getroffen werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit einem gleichlautenden Antrag.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem "Recht auf Feststellung, ob die behauptete Rechtsverletzung, nämlich der rechtswidrige Ausschluss der Beschwerdeführerin vom weiteren Vergabeverfahren vorliege und dass deswegen der Zuschlag nicht der Beschwerdeführerin als Bestbieterin erteilt wurde" verletzt.

Die Beschwerde erweist sich schon auf Grund folgender Erwägungen als berechtigt:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat - außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall - die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Daraus folgt aber, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1992, Zl. 92/04/0120) ausgesprochen hat, dass die Berufungsbehörde, wenn der meritorischen Entscheidung der Vorinstanz ein Antrag der Partei zu Grunde lag, - abgesehen vom Fall des § 66 Abs. 2 AVG - auch über diesen Antrag abzusprechen hat. Eine bloße - nicht auf § 66 Abs. 2 AVG gegründete - Behebung vorinstanzlicher Bescheide hätte nämlich zur Folge, dass die Unterbehörde über den Gegenstand nicht mehr neuerlich entscheiden darf und dass somit der auf die Entscheidung der Vorinstanz bezughabende Parteienantrag unerledigt bliebe.

Da die belangte Behörde, die ihren Abspruch über die ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides im bezeichneten Umfang sowohl nach der spruchmäßig bezogenen Gesetzesstelle als auch inhaltlich ausschließlich auf § 66 Abs. 4 AVG stützte, dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Daran vermag der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung ihren ursprünglichen Antrag im Hinblick auf die Bestimmung des § 61 Abs. 4 OÖ Vergabegesetz auf ein Feststellungsbegehren geändert hat, nichts zu ändern.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren sieht sich der Verwaltungsgerichtshof aus Gründen der Verfahrensökonomie zu dem Hinweis veranlasst, dass es im vorliegenden Fall im Hinblick einerseits auf den Wortlaut der den vorliegenden Verfahren zu Grunde liegenden Ausschreibung, der immerhin Hinweise darauf enthält, dass es sich dabei lediglich um einen Teil eines Gesamtvorhabens handelt, und andererseits auf die Bestimmung des § 14 Abs. 1 und 2 des OÖ Vergabegesetzes, wonach im Fall einer Teilausschreibung für die Ermittlung der Wertgrenze des § 3 Abs. 1 leg. cit. der Wert des Gesamtvorhabens maßgeblich ist, zur Beurteilung, ob im vorliegenden Fall die Wertgrenze des § 3 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. überschritten ist, entsprechender Feststellungen darüber bedurft hätte, ob es sich bei dem Gegenstand der Ausschreibung tatsächlich nur um einen Teil eines größeren Gesamtvorhabens oder doch um ein selbstständiges Gesamtvorhaben gehandelt hat, und gegebenenfalls wie hoch der geschätzte Auftragswert des größeren Gesamtvorhabens ist.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. September 2000

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung (siehe auch Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz) Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete Verfahrensrechtliche Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000040108.X00

Im RIS seit

24.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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