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L55005 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Salzburg;Norm
ABGB §863;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des H G in H, vertreten durch Mag. Christian Posch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Fürstenallee 17/3, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 13. August 2012, Zl. 21301-RI/939/9- 2012, betreffend naturschutzbehördlichen Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid vom 23. Februar 2012 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (die Erstbehörde) einerseits an den Beschwerdeführer und andererseits an den Maschinenring F. als "die Verursacher" gemäß § 46 Abs. 1 Salzburger Naturschutzgesetz 1999 (Sbg. NSchG) iVm §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und Abs. 3 lit. d der Fuschlsee-Naturschutzgebietsverordnung den Auftrag, auf näher bezeichneten Grundstücken im Naturschutzgebiet Fuschlsee durchgeführte Maßnahmen, nämlich die Neuanlage bzw. Verlängerung von insgesamt sieben Entwässerungsgräben mit einer Gesamtlänge von 419 lfm, binnen festgesetzter Frist auf näher bestimmte Weise zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.
Der Beschwerdeführer und der Maschinenring F. hätten im Naturschutzgebiet Fuschlsee einen verbotenen Eingriff, nämlich eine Bodenverletzung durch die Anlage von Gräben, vorgenommen, obwohl sie dafür keine Ausnahmebewilligung der belangten Behörde gehabt hätten (vgl. § 3 Abs. 1 Fuschlsee-Naturschutzgebietsverordnung).
2. In seiner dagegen erhobenen umfangreichen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er keinen Auftrag zur Fräsung der Gräben erteilt habe; er habe "niemals den Maschinenring" wegen der "Grabenfräse" angerufen, und es treffe ihn "keine Schuld", was diese Fräsung betreffe.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Salzburger Landesregierung diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab.
Zur Begründung gab die belangte Behörde zunächst umfangreich den Verfahrensverlauf wieder.
So seien laut der Anzeige vom 2. Mai 2011 auf den gegenständlichen Grundstücken mehrere Entwässerungsgräben mit einer Grabenfräse gezogen worden, was (u.a.) nachteilige Auswirkungen auf den Wasserhaushalt nach sich ziehen könne.
Der Verhandlungsleiter einer von der Erstbehörde am 21. September 2011 durchgeführten Verhandlung habe unter Hinweis auf vorliegende Lieferscheine des Maschinenrings (u.a.) "dargetan", dass offenbar eine mündliche Anordnung vor Ort getroffen worden sei; in der Auftragsliste des Maschinenrings liege kein schriftlicher Auftrag vor. Ein Vertreter des Maschinenrings habe angegeben, der Beschwerdeführer als der Verwalter der Grundeigentümerin sei als Auftraggeber "zur Verantwortung zu ziehen", weil der Maschinenring im Auftrag des Beschwerdeführers gehandelt habe.
Im Weiteren wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides das von der belangten Behörde durchgeführte ergänzende Ermittlungsverfahren referiert, in dem ein befragter Zeuge (u.a.) angegeben habe, dass die Unterschrift auf den Lieferscheinen des Maschinenrings vom 23. Februar 2012 und 25. November 2011 jene des Beschwerdeführers sei. Der Beschwerdeführer habe in einem Schreiben wiederum vorgebracht, dass er mit dem Auftrag "nichts zu tun" habe.
Der Maschinenring habe in einem Schreiben dem gegenüber (im Wesentlichen) ausgeführt, aus seiner Sicht sei eindeutig der Beschwerdeführer für den Auftrag und "für die daraus resultierenden Probleme verantwortlich". Es würden daher gegen den Beschwerdeführer rechtliche Schritte eingeleitet werden, um die entstandenen Kosten sowie den Anteil an den Wiederherstellungsmaßnahmen geltend zu machen.
Der Beschwerdeführer habe ein Ersuchen der belangten Behörde um Bekanntgabe, ob die Unterschrift auf den genannten Lieferscheinen von ihm stamme, nicht beantwortet; die Zustellung des behördlichen Schreibens an ihn sei nachgewiesen.
In ihren Erwägungen gab die belangte Behörde die angewendeten Bestimmungen wieder und fasste den Standpunkt des Beschwerdeführers in der Weise zusammen, dass dieser eine Auftragsvergabe durch ihn selber an den Maschinenring verneine.
Zur Frage der Ausführung bzw. der Veranlassung der Anlage der Gräben, deren Rückbau mit dem Bescheid der Erstbehörde aufgetragen worden war, führte die belangte Behörde das Folgende aus:
"Im Zuge des ergänzenden Ermittlungsverfahrens wurde allerdings ersichtlich, dass die Unterschrift auf dem Lieferschein vom 25.11.2010 und 23.02.2011, welche unmittelbar nach Durchführung der Arbeiten erfolgt sind, vom (Beschwerdeführer) selbst stammen. Dies wurde zum einen vom Durchführenden der Grabungsarbeiten des Maschinenrings eindeutig bestätigt und wird dies zu anderen durch die Unterschrift auf dem Rückschein vom 27.07.2012 (Beilage 2) deutlich, dass diese ohne Zweifel vom (Beschwerdeführer) selbst getätigt worden sind. Auf Nachfrage wurde dies vom (Beschwerdeführer) auch nicht bestritten. Ob dieser von der Grundstückeigentümerin beauftragt worden ist oder nicht, kann an dessen Verantwortlichkeit nichts ändern. Es steht sohin unbestritten fest, dass die Fräsarbeiten des Maschinenrings durch den (Beschwerdeführer) (entgegen seinen Ausführungen) in Form von Unterschriften auf den Lieferscheinen abgesegnet worden sind. Die Grundstückseigentümerin war zu diesem Zeitpunkt aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend und der Schutzgebietsbetreuer für die Schutzgebietsbetreuung gar nicht mehr zuständig, weshalb eine Beauftragung durch diesen nicht nachvollzogen werden kann."
4. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 anhängigen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
2. Das Salzburger Naturschutzgesetz 1999 (Sbg. NSchG), LGBl. Nr. 73/1999 idF BGBl. Nr. 66/2011, lautet auszugsweise wie folgt:
"Wiederherstellung
§ 46
(1) Wurden bewilligungspflichtige oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder unrechtmäßig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen oder auferlegte Ausgleichsmaßnahmen nach § 3a Abs. 4 bzw § 51 nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung demjenigen, der das Vorhaben rechtswidrig ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen angemessener Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand in einer von ihr als sachgemäß bezeichneten Weise wieder herzustellen bzw den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass den Interessen des Naturschutzes möglichst weitgehend Rechnung getragen wird. Kann ein zur Beseitigung Verpflichteter nicht ermittelt werden, obliegt die Wiederherstellung dem Land, welchem hieraus ein Anspruch gegen den zur Beseitigung Verpflichteten auf Ersatz des Aufwandes erwächst.
(...)"
Die Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 19. Jänner 1983, mit der Teile der Marktgemeinde Thalgau und der Gemeinden Hof bei Salzburg und Fuschl am See zu einem Naturschutzgebiet erklärt werden (Fuschlsee-Naturschutzgebietsverordnung), LGBl. Nr. 19/1983 idF LGBl. Nr. 39/2000, lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 1
(1) Der in der Marktgemeinde Thalgau und in den Gemeinden Hof bei Salzburg und Fuschl am See, politischer Bezirk Salzburg-Umgebung, am Nordwest-Ufer des Fuschlsees beiderseits der Fuschler Ache gelegene Sumpfwiesenbereich wird unter Einbeziehung des nordwestlichen Teiles der Seefläche des Fuschlsees sowie unter Ausklammerung des Naturstrandbades der Gemeinde Hof bei Salzburg zum Naturschutzgebiet erklärt.
(...)
§ 2
(1) In dem gemäß § 1 festgelegten Naturschutzgebiet sind alle Eingriffe in die Natur untersagt.
(...)
(3) Als verbotene Eingriffe im Sinne des Abs. 1 gelten insbesondere:
(...)
d) jede Bodenverletzung, wie Aufschüttungen und Abtragungen, das Lagern und Stapeln von Materialien jeder Art, Sprengarbeiten, die Beseitigung oder Beschädigung von Findlingsteinen u. dgl., die Anlage und der Betrieb von Gräben, Torfstichen, Schottergruben u. dgl.;
(...)"
3. Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe gar nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer dem Maschinenring F. "oder wem auch immer" einen Auftrag zur Durchführung der rechtswidrigen Maßnahmen im Naturschutzgebiet Fuschlsee erteilt hätte. Die im Akt erliegenden zwei Lieferscheine (deren Unterfertigung der Beschwerdeführer im Übrigen niemals zugestanden habe) stellten bloß eine Wissenserklärung dahin dar, dass die darin aufgelisteten Leistungen tatsächlich erbracht worden seien; aus ihnen sei aber kein rechtsgeschäftlicher Wille ableitbar.
Der vorliegende Sachverhalt reiche daher keinesfalls aus, um den Beschwerdeführer als Verursacher und Veranlasser des Eingriffs zu qualifizieren.
4. Mit diesem Vorbringen wird eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan:
Gemäß § 46 Abs. 1 Sbg. NSchG ist (u.a.) demjenigen die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes aufzutragen, welcher ein bewilligungspflichtiges oder anzeigepflichtiges Vorhaben rechtswidrig "ausgeführt hat oder ausführen hat lassen".
Die Bestimmung stellt somit entweder auf die unmittelbare Ausführung des (nach dem Sbg. NSchG bewilligungspflichtigen oder anzeigepflichtigen) Vorhabens oder auf dessen Veranlassung (etwa durch Beauftragung entsprechender Arbeiten) ab.
Zwischen den Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist unstrittig, dass die gegenständlichen Fräsarbeiten durch den Maschinenring F. ausgeführt wurden.
Dass der Beschwerdeführer die Arbeiten tatsächlich (durch Beauftragung des Maschinenringes F.) veranlasst hätte, hat die belangte Behörde allerdings - wie oben ersichtlich - gerade nicht festgestellt.
Mit der Ausführung der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer Lieferscheine (über die durchgeführten Arbeiten) unterfertigt hätte, wurde eine solche Feststellung gerade nicht getroffen, wird doch durch Lieferscheine - wie die Beschwerde richtig darlegt - lediglich die Ausführung bestimmter Arbeiten oder etwa die Anlieferung von Materialien bestätigt (vgl. zur Funktion des Lieferscheines etwa den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 20. Mai 2008, Zl. 4 Ob 59/08t = ecolex 2008, 813 oder RdW 2008, 709). Die Person, welche auf einem Lieferschein eine derartige Bestätigung ausstellt, muss jedoch keineswegs - wovon die belangte Behörde auszugehen scheint - mit der Person des Auftraggebers ident sein.
5. Da sich somit der von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt als unvollständig erweist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 8. Oktober 2014
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2012100172.X00Im RIS seit
21.11.2014Zuletzt aktualisiert am
05.01.2015