TE Vwgh Erkenntnis 2014/10/9 2013/05/0141

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Veröffentlicht am 09.10.2014
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde der P S in W, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Loquaiplatz 13/19, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 25. Juni 2013, Zl. MA 64-179810/2012, betreffend Versagung der Gebrauchserlaubnis (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit am 15. Juni 2011 beim Magistrat der Stadt Wien eingelangtem Schreiben vom 2. Mai 2011 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der erforderlichen Bewilligung für das Aufstellen eines transportablen Straßenstandes auf dem öffentlichen Gut in Wien 12, Wilhelmstraße 66.

Über Ersuchen des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 59 (MA 59) teilte ein Vertreter der Magistratsabteilung 46 - Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten (MA 46) mit E-Mail vom 26. September 2011 mit, dass Verkaufsstände vor der "Arcade Meidling" aus Sicherheitsgründen abgelehnt würden.

Weiters erstattete der Amtssachverständige der Magistratsabteilung 19 - Architektur und Stadtgestaltung (MA 19) über Ersuchen des Magistrates der Stadt Wien (MA 59) ein Gutachten, in welchem er zu dem Schluss gelangte, dass es durch die Aufstellung des gegenständlichen Verkaufsstandes zu einer Störung des örtlichen Stadtbildes komme.

Nach Durchführung einer Augenscheinsverhandlung am 20. Jänner 2012 erstattete der Amtssachverständige der MA 46 mit E-Mails vom 23. Jänner 2012 und vom 1. Februar 2012 Stellungnahmen, in welchen er die Errichtung des transportablen Verkaufsstandes aufgrund der dadurch verbleibenden, zu geringen Restdurchgangsbreite ablehnte.

Mit Schreiben vom 1. März 2012 legte die Beschwerdeführerin u. a. eine Stellungnahme des Zivilingenieurs Arch. Dipl.-Ing. L. vom 21. Februar 2012 zu den Stellungnahmen der MA 19 und der MA 46 vor.

Über Ersuchen des Magistrates der Stadt Wien, MA 59, erstatteten die Amtssachverständige der MA 19 mit Schreiben vom 28. März 2012 sowie die Amtssachverständige der MA 46 mit Schreiben vom 23. Mai 2012 ergänzende Stellungnahmen, in welchen sie sich mit der Stellungnahme des Zivilingenieurs Arch. Dipl.- Ing. L. vom 21. Februar 2012 auseinandersetzten und mit näherer Begründung zu dem Schluss gelangten, dass durch die Aufstellung des gegenständlichen Verkaufsstandes das örtliche Stadtbild gestört (MA 19) bzw. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs wesentlich beeinträchtigt werde (MA 46).

Diese ergänzenden Stellungnahmen der Amtssachverständigen der MA 19 und der MA 46 wurden der Beschwerdeführerin übermittelt, welche daraufhin mit Schreiben vom 9. August 2012 eine weitere Stellungnahme des Zivilingenieurs Arch. Dipl.-Ing. L. vom selben Tag vorlegte, in welcher dieser der ergänzenden Stellungnahme der Amtssachverständigen der MA 19 entgegentrat.

Mit Schreiben vom 21. September 2012 teilte die Beschwerdeführerin über Aufforderung des Magistrates der Stadt Wien, MA 59, mit, dass der Verkaufsstand, wie in den Gutachten des Arch. Dipl.-Ing. L. angeführt, versetzt aufgestellt werden solle, und legte die diesbezüglich geänderten Pläne vor. Um Genehmigung der MA 28 für die vorgesehenen Sitzbänke könne erst angesucht werden, sobald die Genehmigung für den Imbissstand erteilt sei.

Mit Spruchpunkt II) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 16. November 2012 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Aufstellung eines transportables Verkaufsstandes gemäß § 1 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 2 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 (GAG) abgewiesen und die beantragte Gebrauchserlaubnis versagt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Stellungnahmen der MA 19 und der MA 46 bereits auf den zuletzt - laut Schreiben der Beschwerdeführerin vom 21. September 2012 - projektierten Standort beziehen würden und die angeführten zusätzlichen Sitzbänke nicht Teil der Betriebsanlage seien. Auf Grund der schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der MA 19 und der MA 46 sei davon auszugehen, dass es durch die Aufstellung des beantragten Verkaufssandes einerseits zu einer Störung des Stadtbilds und andererseits zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs komme. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Stellungnahmen seien diesen Gutachten nicht wirksam entgegengetreten.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung behauptete die Beschwerdeführerin mit näherer Begründung, dass die Argumente der MA 19 und der MA 46 ihrer Ansicht nach nicht ganz nachvollziehbar seien.

Im Berufungsverfahren wurde ein ergänzendes verkehrstechnisches Gutachten der MA 46 vom 29. Mai 2013 eingeholt, in welchem der Amtssachverständige der MA 46 nach allgemeiner Darstellung des Auftrages und der Fragestellung auszugsweise wie folgt ausführte:

"2. Befund

Vor Wien 12., Wilhelmstraße 66 ist der öffentliche Straßenraum platzartig gestaltet. Die nördliche Begrenzung wird durch die Gebäude Wilhelmstraße ONr. 64, ONr.66, ONr. 68 und ONr. 70 gebildet. An den übrigen drei Seiten - die Vivenotgasse im Osten, die Eichenstraße im Süden, die Meidlinger Hauptstraße im Westen - wird dieser platzartige Bereich von Verkehrswegen für den motorisierten Individualverkehr, den Öffentlichen Verkehr und den Radverkehr begrenzt.

Der Höhenunterschied zwischen dem Bereich vor den Gebäuden und der Eichenstraße wird durch Stufen und eine in etwa kniehohe Mauer überwunden, welche auch als informelle Sitzangelegenheit dient. Die Stufen befinden sich an der Westseite des Aufnahmegebäudes für das Stationsbauwerk des ÖBB-Bahnhofs Meidling und der U6-Station 'Philadelphiabrücke', und zwar beiderseits des Ein-/Ausganges. In Richtung der Gebäude Wilhelmstraße ONr. 64, ONr. 66, ONr. 68 und ONr. 70 sind zwei Stufen - dem Verlauf des Geländes angepasst - angeordnet, in Richtung Eichenstraße sind - im Verlauf der Gehrelation zu den Haltestellen der Straßenbahnlinie 62 und der Wiener Lokalbahnen ('Badner Bahn') sowie der Autobuslinien 7A, 8A, 9A und 62A - zur Überwindung des Höhenunterschiedes vier Stufen erforderlich.

Auf dem platzartig gestalteten Bereich befindet sich vor Wilhelmstraße ONr. 64 das Aufnahmegebäude/der Ein- und Ausgang 'Meidlinger Hauptstraße' für das Stationsbauwerk des ÖBB-Bahnhofs Meidling und der U6-Station 'Philadelphiabrücke'. Dieser Ein- /Ausgang wird von jenen FußgängerInnen benützt, welche in das angrenzende Wohngebiet oder in die Einkaufsstraße Meidlinger Hauptstraße gelangen möchten bzw. von dort kommen und von jenen Personen, welche die Haltestellen der Straßenbahnlinie 62 und der Wiener Lokalbahnen ('Badner Bahn') sowie der Autobuslinien 7A, 8A, 9A, 59A und 62A erreichen möchten bzw. von dort weggehen.

Die derzeit dem Bahnhof Meidling zugeordnete Funktion des ehem. Südbahnhofes/des zukünftigen Hauptbahnhofes Wien hat keine relevanten Auswirkungen auf die Zahl der FußgängerInnen im Bereich des Ein-/Ausganges 'Meidlinger Hauptstraße', da die Verknüpfung zwischen den überregionalen Fahrverbindungen der ÖBB mit den hochrangigen regionalen und innerstädtischen Verkehrslinien S-Bahn und U6 über die Verbindungswege innerhalb des Stationsbauwerkes erfolgt.

Der in Rede stehende platzartig gestaltete Bereich dient den Fußgängerinnen und Fußgängern sowohl für die Fortbewegung als auch für den Aufenthalt.

Die Aufenthaltsfunktion im gegenständlichen Bereich resultiert u.a. aus der Hochrangigkeit des Knotenpunkts Öffentlicher Verkehrsmittel, d.h. aus der Verknüpfung von Eisenbahn/Schnellbahn, Badner Bahn, U-Bahn, Straßenbahn und öffentlichen Linienbussen. Der in Rede stehende platzartig gestaltete Bereich dient der Überbrückung von Wartezeiten und ist Treffpunkt.

Im Bereich der verfahrensgegenständlichen Örtlichkeit verlaufen mehrere Gehrelationen, im folgendem jeweils mit ?? gekennzeichnet:

1. Wilhelmstraße, Bereich ONr 70 bis ONr. 64 ?? tafelgesicherter Schutzweg über die Vivenotgasse im Zuge der Wilhelmstraße auf Seite der geraden ONrn. ?? Wilhelmstraße, Bereich ONr. 62 bis ONr. 56 ff.

2. Wilhelmstraße, Bereich ONr. 70 bis ONr. 64 ?? Aufnahmegebäude für das Stationsbauwerk des ÖBB-Bahnhofs Meidling und der U6-Station 'Philadelphiabrücke'

3. Aufnahmegebäude für das Stationsbauwerk des ÖBB-Bahnhofs Meidling und der U6-Station 'Philadelphiabrücke' ?? Haltestellenbereich der Straßenbahnlinie 62 und der Wiener Lokalbahnen ('Badner Bahn') für beide Fahrtrichtungen sowie Haltestellenbereich der Autobuslinien 7A, 8A, 9A und 62A in der Eichenstraße, Fahrtrichtung stadtauswärts.

4. Wilhelmstraße, Bereich ONr. 70 bis ONr. 64 ?? tafelgesicherter Schutzweg über die Vivenotgasse im Zuge der Wilhelmstraße auf Seite der ungeraden ONrn. ?? Wilhelmstraße, Bereich ONr. 53 bis ONr. 47 ff. bzw. Haltestelle der Autobuslinie 59A, Fahrtrichtung 'Kärntner Ring, Oper' und der Nachtbuslinie N64

( ... )

Für die Ermittlung des Platzbedarfes des transportablen Verkaufsstandes im verfahrensgegenständlichen Standort sind neben den Ausmaßen des Verkaufsstandes, 3,50 m x 2,20 m, weitere Faktoren und daraus resultierende Zuschläge maßgeblich.

Diese maßgeblichen Faktoren sind:

-

Breite des jeweiligen Verkaufs-/Konsumationspultes;

-

Platzbedarf für Personen, die beim jeweiligen Verkaufs- /Konsumationspult verweilen;

-

Sicherheitsabstand zwischen beim jeweiligen Verkaufs- /Konsumationspult verweilenden Personen und vorbei gehenden FußgängerInnen.

Daraus resultieren folgende Zuschläge:

0,20 m Breite des jeweiligen Verkaufs-/Konsumationspultes;

1,00 m Platzbedarf für Personen, die beim jeweiligen Verkaufs-

/Konsumationspult verweilen;

0,50 m Sicherheitsabstand zwischen beim jeweiligen Verkaufs- /Konsumationspult verweilenden Personen und vorbei gehenden FußgängerInnen.

Bei Berücksichtigung der vorgenannten Faktoren und den daraus resultierenden Zuschlägen beträgt der Platzbedarf des transportablen Verkaufsstandes in Längsrichtung - das ist in Richtung West-Ost:

( ... )

Das ergibt in Summe einen Platzbedarf in West-Ost-Richtung, das ist in Längsrichtung des transportablen Verkaufsstandes, von 5,20 m.

Bei Berücksichtigung der vorgenannten Faktoren und den daraus resultierenden Zuschlägen beträgt der Platzbedarf des transportablen Verkaufsstandes in Querrichtung - das ist in Richtung Nord-Süd:

( ... )

Das ergibt in Summe einen Platzbedarf in Nord-Süd-Richtung, das ist in Querrichtung des transportablen Verkaufsstandes, von 3,90 m.

Bei plangemäßer Realisierung soll die südliche Langseite des transportablen Verkaufsstandes von der eingangs erwähnten, in etwa kniehohen Stützmauer ca. 0,15 m bis 0,20 m entfernt positioniert sein.

Daraus folgt, dass der in Rede stehende transportable Verkaufsstand bei Berücksichtigung des gesamten Platzbedarfes in Nord-Süd-Richtung und in West-Ost-Richtung 3,90 m x 5,20 m beträgt. Sohin ergibt sich an der schmalsten Stelle eine barrierefreie Restgehsteigbreite für drei aufeinander treffende, jeweils stark frequentierte Fußgängerachsen von nur 4,60 m.

( ... )

              3.              Gutachten

An der schmalsten Stelle beträgt die barrierefreie Durchgangsbreite für drei aufeinander treffende, jeweils stark frequentierte Fußgängerachsen nur 4,60 m. Diese geringe Breite würde die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs wesentlich beeinträchtigen.

     ( ... )

     Aus verkehrstechnischer Sicht kann daher der Situierung des

beantragten transportablen Verkaufsstandes ( ... ) im Standort

Wien 12., Wilhelmstraße vor ONr. 66 nicht zugestimmt werden."

Mit Schreiben vom 29. Mai 2013 wurde der Beschwerdeführerin das Gutachten der Amtssachverständigen der MA 46 zur allfälligen Stellungnahme bis 12. Juni 2013 einlangend übermittelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin mit E-Mail vom 7. Juni 2013 eine Fristverlängerung um mindestens zwei, wenn möglich um vier Wochen, und begründete diesen Antrag damit, dass der Architekt, mit dem sie in dieser Angelegenheit zusammenarbeite, auch große laufende Projekte habe und zeitlich nicht so verfügbar sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen Punkt II) des erstinstanzlichen Bescheides vom 16. November 2012 als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, dass die aus dem Blickwinkel der Stadtgestaltung negativen Auswirkungen des Verkaufsstandes auf Grund der Gutachten der MA 19 als erwiesen anzunehmen seien. Das Gutachten der MA 46 stelle anhand einer ausführlichen Befundaufnahme der derzeitigen, für die Beurteilung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs relevanten Gegebenheiten im Bereich des beantragten Standortes nachvollziehbar dar, dass die Errichtung des Verkaufsstandes, die zu einer Einschränkung der Restgehsteigbreite auf an der schmalsten Stelle nur 4,60 m für drei aufeinandertreffende, jeweils stark frequentierte Fußgängerachsen führen würde, eine Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs bewirken würde, und daher abzulehnen sei. Dies erscheine im Hinblick darauf, dass entsprechend dem Stand der Technik für den störungsfreien Begegnungsverkehr auf einem üblichen, zur Gebäudefront parallelen Gehsteig ohne platzartige Erweiterung bereits 2 m Restgehsteigbreite zu fordern seien und im gegenständlichen Bereich gegenüber einem üblichen Gehsteig eine Vielzahl an Personen aus verschiedenen Richtungen zusammenträfen, durchaus nachvollziehbar. Die Tatsache, dass der Bahnhof Meidling bis zur Fertigstellung des Hauptbahnhofes als Ausweichquartier für den Südbahnhof diene und die derzeitige erhöhte Passagierfrequenz damit nur vorübergehend gegeben sei, könne im gegenständlichen Verfahren insofern nicht zu einer anderen Beurteilung aus dem Gesichtspunkt der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs führen, als sich die Beurteilung durch die Amtssachverständige auf den Zeitpunkt des Bewilligungsbeginns beziehen müsse, da ab diesem Zeitpunkt die Vereinbarkeit der Nutzung mit den in § 2 Abs. 2 GAG genannten öffentlichen Interessen sichergestellt sein müsse. Allfällige zukünftige Änderungen im Fußgängeraufkommen wären bei einer neuerlichen Antragstellung jedoch zu berücksichtigen.

Da der Aufstellung des verfahrensgegenständlichen Verkaufsstandes somit sowohl Einwände aus dem Gesichtspunkt des Stadtbildes als auch Bedenken hinsichtlich der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs entgegenstünden, die durch das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht hätten entkräften werden können, sei die Versagung der Gebrauchserlaubnis zu Recht erfolgt.

Dem Fristerstreckungsantrag sei keine Folge zu geben gewesen, da der Beschwerdeführerin ausreichend Zeit zur Abgabe einer Stellungnahme zur Verfügung gestanden sei und außerdem nicht nachvollziehbar sei, inwiefern für die Abgabe einer Stellungnahme zum Gutachten der MA 46 die Beiziehung eines Architekten erforderlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung und Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe mangelhaft ermittelt und es unterlassen, Gutachten der MA 46 und MA 19 einzuholen, welche die zwei Sitzbänke außer Betracht ließen. Die belangte Behörde hätte die Stellungnahmen der MA 46 und MA 19 ihrer Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen, da einerseits die Anforderungen an ein Gutachten nicht erfüllt seien und die Stellungnahmen nicht zum verfahrensgegenständlichen Projekt abgegeben seien worden (keine Sitzbänke) sowie andererseits die Stellungnahmen zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung insofern veraltet gewesen seien, als sich die örtlichen Gegebenheiten maßgeblich verändert hätten (Absturzsicherung, Wegfall der Sitzplätze).

Die belangte Behörde habe ferner die Manuduktionspflicht verletzt, indem sie die Beschwerdeführerin nicht angeleitet habe, dass ein Gutachten eines Architekten nicht geeignet sei, einem verkehrstechnischen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Zudem war die festgesetzte Frist von zwei Wochen nicht geeignet und angemessen, um dem Gutachten der MA 46 fachlich entgegenzutreten. Darin liege auch eine Verletzung des Parteiengehörs.

Weiters wird ein Begründungsmangel geltend gemacht, da aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervorgehe, aus welchen Gründen die Versagung der Gebrauchserlaubnis erfolgt sei. Auch habe die Behörde bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt, indem sie der Beschwerdeführerin einerseits keine Fristerstreckung gewährt habe und sie sich andererseits nicht mit den Gründen auseinandergesetzt habe, die für die Bejahung der Anspruchsberechtigung sprächen.

Im Übrigen tritt die Beschwerdeführerin den Gutachten der Amtssachverständigen der MA 19 und der MA 46 inhaltlich entgegen.

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 sind auf das vorliegende, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des GAG in

der Fassung LGBl. Nr. 11/2013 lauten auszugsweise:

     "§ 1

     Gebrauchserlaubnis

     (1) Für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde,

der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den

dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines

Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher

eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches

im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. ( ... )

     § 2

     Erteilung der Gebrauchserlaubnis

     (1) Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist nur auf Antrag

zulässig. ( ... )

(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, beispielsweise Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, des Platzbedarfes für Lade- und Liefertätigkeit, der Aufenthaltsqualität für Personen (insbesonders Gewährleistung von Aufenthalts- und Kommunikationsbereichen), städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen; bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist."

Die Beschwerdeführerin ist dem Gutachten des Amtssachverständigen der MA 46 vom 29. Mai 2013, auf das die belangte Behörde die Versagung der Gebrauchserlaubnis u. a. gestützt hat, im Verwaltungsverfahren nicht entgegengetreten, weshalb das dazu erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt. Angemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass die belangte Behörde die zu den Sitzbänken getroffenen Aussagen im Gutachten außer Acht gelassen und sich ausschließlich auf jene Passagen des Gutachtens gestützt hat, in denen eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs bereits (allein) durch die Aufstellung des gegenständlichen Verkaufsstandes als verwirklicht angesehen wurde.

Mit ihrem Vorbringen, wonach die belangte Behörde ihr zu Unrecht keine Fristverlängerung zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gutachten des Amtssachverständigen der MA 46 gewährt und sie nicht entsprechend manuduziert habe, zeigt die Beschwerdeführerin keine relevanten Verfahrensmängel auf:

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist den Parteien dabei für ihre Stellungnahme eine ausreichende Frist einzuräumen.

Die Gelegenheit zur Stellungnahme erfordert die Gestaltung des Vorgangs in einer Weise, die der Partei jeweils nicht nur seine Bedeutung zum Bewusstsein bringt, sondern ihr auch die Möglichkeit zu Überlegungen und entsprechender Formulierung ihrer Stellungnahme bietet. Eine solche Möglichkeit zur Stellungnahme ist der Partei aber nur dann gegeben, wenn ihr hiefür auch eine ausreichende Frist für die Einholung fachlichen Rats bzw. zur Vorlage eines entsprechenden Gutachtens eingeräumt wird. Dabei ist die erforderliche Zeit für die Auswahl eines entsprechenden Sachverständigen und seine Beauftragung einerseits und der für die Ausarbeitung eines Gutachtens erforderliche Zeitraum andererseits zu berücksichtigen. Die Frist zur Stellungnahme muss dazu ausreichen, um ein Gutachten durch ein Gegengutachten entkräften zu können (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 8. April 2014, Zl. 2012/05/0004, mwN).

Die der Beschwerdeführerin nicht gewährte Fristerstreckung vermag schon deshalb keinen Verfahrensmangel zu begründen, weil die Beschlussfassung über den angefochtenen Bescheid erst am 26. Juni 2013 erfolgte - was der Beschwerdeführerin ihrem eigenem Vorbringen zufolge auf Grund ihres Fristerstreckungsantrages seitens der belangten Behörde mitgeteilt wurde - und der Beschwerdeführerin somit die von ihr beantragte Fristerstreckung von mindestens zwei Wochen faktisch nahezu (bis auf einen Tag) eingeräumt wurde.

Entgegen der Beschwerde war die belangte Behörde auch nicht gehalten, die Beschwerdeführerin zur Erstattung eines Gegengutachtens durch einen verkehrstechnischen Sachverständigen aufzufordern. Die Verpflichtung zur Rechtsbelehrung gemäß § 13a AVG (Manuduktionspflicht) verlangt von der Behörde nicht, dass die Parteien dahingehend beraten werden müssten, mit welchen Mitteln sie bereits von der Behörde aufgenommene Beweise widerlegen oder in Frage stellen könnten; die Manuduktionspflicht geht auch nicht so weit, einer Partei Unterweisungen für die Gestaltung eines für sie vorteilhaften Vorbringens zu geben, damit ihrem Standpunkt von der Behörde allenfalls Rechnung getragen werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 2011, Zl. 2012/03/0134, mwN).

Auch dem Vorwurf der mangelnden Begründung des angefochtenen Bescheides kann nicht gefolgt werden, zumal aus diesem klar hervorgeht, dass die Gebrauchserlaubnis u.a. deshalb versagt wurde, weil es durch die Aufstellung des gegenständlichen Verkaufsstandes zu einer wesentlicher Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs kommen würde.

Hinsichtlich der im Übrigen behaupteten Verfahrensmängel fehlt es schon an jeder Relevanzdarstellung, sodass nicht weiter darauf einzugehen war.

Insgesamt kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Erteilung der Gebrauchserlaubnis, gestützt auf das Gutachten des Amtssachverständigen der MA 46 vom 29. Mai 2013, versagt hat. Bei diesem Ergebnis muss auf die Frage, ob auch Gesichtspunkte des Stadtbildes der Aufstellung des Verkaufsstandes entgegenstünden, nicht mehr eingegangen werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 9. Oktober 2014

Schlagworte

Parteiengehör Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013050141.X00

Im RIS seit

21.11.2014

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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