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E1P;Norm
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Revision des J in P, Deutschland, vertreten durch Dr. Georg Legat, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 9/11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 8. Juli 2014, Zl LVwG-1- 239/R7-2014, betreffend Übertretungen der StVO, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Der Revisionswerber wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 10. Juli 2012 zweier Übertretungen der StVO für schuldig erkannt. Wegen einer Übertretung des § 99 Abs 3 lit b StVO (Strafdrohung: Geldstrafe bis zu 726 Euro) wurde über den Revisionswerber eine Geldstrafe von EUR 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 75 Stunden) verhängt, wegen einer Übertretung des § 99 Abs 2 lit a StVO (Strafdrohung nach der im Revisionsfall maßgebenden Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 50/2012: Geldstrafe von 36 bis zu 2180 Euro) eine Geldstrafe von EUR 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden).
Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht der gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers keine Folge gegeben. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig ist.
2. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
Gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde.
Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Fall hinsichtlich der Übertretung des § 99 Abs 3 lit b StVO zu, sodass die Revision diesbezüglich als gemäß § 25a Abs 4 VwGG absolut unzulässig zurückzuweisen ist.
3. Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision). Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl in diesem Sinne den hg Beschluss vom 23. Juni 2014, Ra 2014/12/0002).
Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.
4. Zu den Voraussetzungen für die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber vor, dass mehrfache Verstöße gegen seine Verfahrens- und Verteidigungsrechte "im Vorfeld und aus Anlaß der mündlichen Verhandlung" vorlägen, wobei es sich "um Rechtsfragen handelt, die jeweils grobe Verfahrensfehler betreffen." Diesen Verfahrensfehlern komme schon deshalb grundsätzliche Bedeutung zu, weil es zu den dafür erst seit 1. Jänner 2014 maßgeblichen Bestimmungen der §§ 23 bis 25 VwGVG noch keine gefestigte Judikatur des Verwaltungsgerichtshof gebe. Die Grundsätzlichkeit stütze sich auch darauf, dass es sich um verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrechte nach den Art 6 und 13 EMRK handle. Zusätzlich handle es sich im Fall des Revisionswerbers "auch um die Wahrung bzw. Verletzung EU-grenzüberschreitender Verfahrensrechte", auf welche auch Art 47 und 48 GRC Anwendung fänden. Den Verfahrensfehlern komme auch Relevanz zu, weil dem Revisionswerber durch die "fehlende Namhaftmachung eines angeblichen Augenzeugen schon in der Verhandlungsladung als auch durch das fehlende schriftliche Sachverständigen-Gutachten sowohl die Möglichkeit als auch die hinreichende Zeit zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Vorarlberg und zur Wahrung (seiner) Verteidigungsrechte genommen worden" seien. Gleiches gelte für die Beiziehung eines Amtssachverständigen zur Erstattung eines bloß mündlichen Gutachtens erst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung.
5. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass eine im Rahmen der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nicht weiter substantiierte Behauptung von Verfahrensmängeln nicht ausreicht, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der Revision abhängt. Auch der Hinweis auf fehlende Rechtsprechung zu den §§ 23 bis 25 VwGVG zeigt nicht auf, zu welchen konkreten Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf diese Bestimmungen zur Entscheidung über die Revision Stellung nehmen müsste. Schließlich genügt auch der pauschale Verweis auf Art 6 und 13 EMRK bzw Art 47 und 48 GRC nicht den Anforderungen an eine gesonderte Darlegung der Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung.
Das weitere Vorbringen in der Darlegung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision kann dahin verstanden werden, dass der Revisionswerber eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin sieht, dass seiner Ansicht nach seine Verteidigungsrechte dadurch beeinträchtigt worden seien, dass ihm die Identität des in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen nicht vor der Verhandlung mitgeteilt und dass kein schriftliches Sachverständigengutachten erstattet (und ein solches daher auch nicht vor der Verhandlung dem Revisionswerber übermittelt) wurde. Abgesehen davon, dass der Revisionswerber auch in der weiteren Ausführung der Revision die Relevanz dieser beiden Umstände für den Verfahrensausgang nicht darlegt, ist auch nicht zu erkennen, dass diese Umstände - wie vom Revisionswerber behauptet - als "grobe Verfahrensmängel" anzusehen wären, zumal die gemäß § 38 VwGVG iVm § 24 VStG auch im Verfahren der Verwaltungsgerichte über Beschwerden in Verwaltungsstrafsachen anzuwendende Bestimmung des § 52 AVG für die Abgabe eines Gutachtens keine besondere Formvorschrift normiert (vgl das hg Erkenntnis vom 22. September 1989, 87/17/0164) und daher auch eine mündliche Erstattung des Gutachtens in Betracht kommt und es schließlich zur Wahrung der Verteidigungsrechte auch nicht in jedem Fall erforderlich ist, dass der Name eines in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen dem Beschwerdeführer vor Beginn der Verhandlung mitgeteilt wird.
6. Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision daher - auch im Hinblick auf die Übertretung des § 99 Abs 2 lit a StVO - gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 10. Oktober 2014
Schlagworte
Anforderung an ein GutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014020109.L00Im RIS seit
27.11.2014Zuletzt aktualisiert am
12.04.2016