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L10011 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Burgenland;Norm
AVG §66 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2013/06/0010Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerden 1. der Maria Pasler (Zl. 2013/06/0009) und 2. des Georg Pasler (Zl. 2013/06/0010), beide in Jois, beide vertreten durch Mag. Andreas Kleiber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Riemergasse 6, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 29. November 2012, Zl. ND-02-04-186-5-2012, jeweils betreffend Abtretungsverpflichtungen (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Jois, vertreten durch Dr. Manfred Moser, Dr. Martin Fischer, Rechtsanwälte in 7033 Pöttsching, Wr. Neustädter Straße 57), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben jeweils zur Hälfte dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 5. Jänner 2005 wurde der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1, 3 und 8 Burgenländisches Baugesetz und § 27 Abs. 3 und 4 Burgenländisches Raumplanungsgesetz die Verpflichtung zur unentgeltlichen Abtretung einer Teilfläche des Grundstückes Nr. 115 im Ausmaß von 92 m2 und weiterer 45 m2 gegen eine Entschädigung von EUR 720,-- an das öffentliche Gut vorgeschrieben.
Der Zweitbeschwerdeführer wurde mit fünf im Wesentlichen gleichlautenden Bescheiden jeweils vom 5. Jänner 2005 verpflichtet, näher angeführte Teilflächen im Einzelnen beschriebener Grundstücke an das öffentliche Gut abzutreten.
Mit Schreiben vom 12. Jänner 2005 berief die Erstbeschwerdeführerin, mit Schriftsatz vom 14. Jänner 2005 der Zweitbeschwerdeführer gegen die Verpflichtung zur Abtretung von Grundstücksanteilen.
Mit Bescheiden des Gemeinderates vom 13. November 2007 (Erstbeschwerdeführerin) bzw. vom 4. Dezember 2007 (Zweitbeschwerdeführer) wurden diese Berufungen abgewiesen. Der Erstbeschwerdeführerin wurde der Berufungsbescheid am 7. Dezember 2007, dem Zweitbeschwerdeführer am 13. Dezember 2007 zugestellt.
Am 7. Jänner 2008 langte bei der mitbeteiligten Marktgemeinde ein Schriftstück der Erstbeschwerdeführerin mit folgendem Wortlaut ein:
"Vorstellung gegen den Bescheid 'Abtretung Sätzgasse' für (die Erstbeschwerdeführerin), Zl. GR 115/1531-2005-2007, Gst. 115;
Ich komme auf mein Gespräch vom 14.12.2007 mit Herrn Bürgermeister S(...) und Herrn Amtmann K(...), wo ich persönlich vorstellig wurde und fasse nochmals zusammen:
1.
Genehmigter Tunnel
2.
Kanalführung
3.
Wasserverbindung
4.
Brückenwaage
5.
Ablöse
6.
Parkplätze
In der Annahme, dass unser Gespräch bereits aktenkundig ist, ersuche ich um einen weiteren Gesprächstermin, um die Angelegenheit zu aller Zufriedenheit zu erledigen. Als Bearbeitungsgebühr liegen EUR 13,50 in bar bei.
Hochachtungsvoll
(die Erstbeschwerdeführerin)"
Mit gleichem Datum langte ein weiteres, im Wesentlichen inhaltsgleiches und ebenfalls von der Erstbeschwerdeführerin unterschriebenes Schreiben ein, in dem jedoch die an den Zweitbeschwerdeführer gerichteten Bescheide des Gemeinderates und die in dessen Eigentum stehenden Grundstücke angeführt waren.
Diese Schreiben wurden von der mitbeteiligten Marktgemeinde vorerst nicht als Vorstellungen gewertet und daher nicht an die Vorstellungsbehörde weitergeleitet. Erst als im Zuge des Vollstreckungsverfahrens die Erstbeschwerdeführerin bei der belangten Behörde vorsprach und darauf hinwies, dass "gegen alle Bescheide der Gemeinde jeweils Rechtsmittel" eingebracht worden seien, legte die mitbeteiligte Marktgemeinde nach Aufforderung der belangten Behörde die Schreiben vom 7. Jänner 2008 vor.
Mit den angefochtenen Bescheiden (vom 29. November 2012, beide Bescheide haben dieselbe Aktenzahl, jedoch unterschiedliche Adressaten und beziehen sich auf verschiedene Grundstücke) gab die belangte Behörde den Vorstellungen der beschwerdeführenden Parteien keine Folge. Begründend führte sie im Hinblick auf die Erstbeschwerdeführerin zunächst aus, aus dem Schreiben vom 7. Jänner 2008 sei erkennbar, dass damit eine Vorstellung habe erhoben werden sollen. Es sei als Vorstellung bezeichnet gewesen und habe den Bescheid genannt, der bekämpft werden sollte. Darüber hinaus sei eine Eingabegebühr nach dem Gebührengesetz beigelegt gewesen. Schon allein daraus liege der Schluss nahe, dass mit dem Schreiben ein gebührenpflichtiges Rechtsmittel habe eingebracht werden sollen und nicht bloß um einen Gesprächstermin mit dem Bürgermeister oder Gemeinderat ersucht worden sei. Da sich der eingebrachte Schriftsatz somit inhaltlich gegen den Berufungsbescheid richte und dessen Bekämpfung zum Inhalt habe, sei er als "fristgerecht eingebrachte und formell richtige Vorstellung zu werten und in weiterer Folge auf dessen inhaltliche Richtigkeit zu prüfen".
Hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, die Erstbeschwerdeführerin habe als Vertreterin des Zweitbeschwerdeführers "fristgerecht" eine Vorstellung eingebracht. Die weitere Begründung ist wortgleich mit jener betreffend die Erstbeschwerdeführerin.
In weiterer Folge wurden in beiden Bescheiden gleichlautend die Vorstellungen inhaltlich gewürdigt und ihnen keine Folge gegeben.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verwies auf die Gegenschrift der mitbeteiligten Marktgemeinde und beantragte ebenso wie diese die Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf die vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefälle sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
§ 84 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 55/2003, der im gegenständlichen Verfahren anzuwenden war, lautet auszugsweise:
"§ 84
Vorstellung
(1) Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in einer aus dem Vollziehungsbereich des Landes stammenden Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach Erschöpfung des Instanzenzugs (§ 83 Abs. 1) innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheids dagegen Vorstellung erheben.
(2) Die Vorstellung ist bei der Gemeinde schriftlich einzubringen; sie hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Antrag zu enthalten. ..."
Den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid zufolge, die mit den vorgelegten Verwaltungsakten im Einklang stehen, wurde der Erstbeschwerdeführerin der Berufungsbescheid am 7. Dezember 2007 und dem Zweitbeschwerdeführer am 13. Dezember 2007 zugestellt. Die dagegen erhobenen Vorstellungen (datiert mit 7. Jänner 2008) langten jedoch erst am 7. Jänner 2008 bei der Gemeinde Neusiedl am See ein. Gemäß § 84 Abs. 1 Burgenländische Gemeindeordnung (Bgld GO) waren die Vorstellungen somit verspätet und wären zurückzuweisen gewesen. Die beschwerdeführenden Parteien brachten dazu im Rahmen des ihnen vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumten Parteiengehörs vor, sie hätten am 14. Dezember 2007 in einer Besprechung mit dem Bürgermeister und einem Gemeindebediensteten ausdrücklich erklärt, Vorstellung zu erheben. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend, weil Vorstellungen nach dem eindeutigen Wortlaut des § 84 Abs. 2 Bgld GO schriftlich bei der Gemeinde einzubringen sind.
Dadurch, dass die belangte Behörde statt einer Zurückweisung mit einer Abweisung vorging, wurden die beschwerdeführenden Parteien nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 2003, Zl. 2001/07/0035, mwN).
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von den in beiden Beschwerden beantragten mündlichen Verhandlungen konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014). Das auf die Erstattung des Schriftsatzaufwandes gerichtete Begehren der belangten Behörde war abzuweisen, weil sie keine Gegenschrift verfasste, sondern lediglich auf die Bescheidbegründung verwies.
Wien, am 16. Oktober 2014
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2013060009.X00Im RIS seit
28.11.2014Zuletzt aktualisiert am
23.12.2014