Index
E3R E05205000;Norm
32006R0561 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art10 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2014/11/0053 Ra 2014/11/0054 Ra 2014/11/0057 Ra 2014/11/0056 Ra 2014/11/0055Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, den Hofrat Dr. Grünstäudl und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revisionen des O B in F, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg jeweils vom 11. März 2014, Zlen. 1) LVwG-1-016/R5-2014, 2) LVwG-1-017/R7-2014, 3) LVwG-1- 1043/E10-2013, 4) LVwG-1-1044/E10-2013, 5) LVwG-1-1045/E10-2013 und 6) LVwG-1-1046/E10-2013, jeweils betreffend Übertretungen des § 28 AZG, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
In den vorliegenden (wörtlich fast gleichlautenden) Revisionen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
2.1. Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Erkenntnissen wurde der Revisionswerber jeweils in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Transportgesellschaft gemäß § 28 AZG bestraft, weil er es zu verantworten habe, dass im Einzelnen namentlich genannte Arbeitnehmer konkret aufgelistete Arbeitszeitbestimmungen (betreffend u.a. die höchstzulässige tägliche Lenkzeit, Mindestruhezeiten, usw.) nicht eingehalten hätten, wobei das Landesverwaltungsgericht die im erstinstanzlichen Straferkenntnis festgesetzte Strafhöhe in einigen Punkten herabsetzte. Gemäß § 25a VwGG wurde die Revision gegen diese Erkenntnisse nicht zugelassen.
Unstrittig ist, dass mit den gegen die erstinstanzlichen Straferkenntnisse erhobenen Berufungen (Beschwerden) nur die Strafen bekämpft wurden, wohingegen die Schuldsprüche dieser Straferkenntnisse mangels Anfechtung in Rechtskraft erwuchsen.
2.2. In den vorliegenden außerordentlichen Revisionen wird zur Darlegung ihrer Zulässigkeit gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG gesondert ausgeführt (§ 28 Abs. 3 VwGG), es wäre im Hinblick auf § 44a Z 1 VStG "spruchgemäß festzustellen" gewesen, dass der Revisionswerber als Arbeitgeber gehandelt habe, weil dies eine wesentliche Tatbestandsvoraussetzung für die Bestrafung gemäß § 28 AZG sei. Eine diesbezügliche klare Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle offenkundig.
Die aufgezeigte Rechtsfrage ist entgegen dem Revisionsvorbringen nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie durch bestehende hg. Judikatur geklärt ist. Wird nur der Strafausspruch des Straferkenntnisses bekämpft, nicht aber der Schuldspruch, so kann die Frage der Rechtswidrigkeit des Schuldspruches - auch in Bezug auf die Einhaltung des § 44a VStG - nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. etwa Walter/Thienel, Veraltungsverfahrensgesetze II, E. 126 zu § 51 VStG, und das dort zitierte hg. Erkenntnis vom 27. April 1992, Zl. 92/18/0033). Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass der behauptete Verstoß gegen § 44a Z 1 VStG hier gar nicht vorliegt, weil aus der Tatumschreibung, dass Arbeitszeitvorschriften von "Arbeitnehmern" des vom Revisionswerber vertretenen Unternehmens nicht eingehalten wurden, seine Stellung als Vertreter des Arbeitgebers hinreichend zum Ausdruck kommt.
2.3. Auch mit dem Vorbringen, die über den Revisionswerber verhängten Strafen widersprächen dem Unionsrecht bzw. dem Urteil des EuGH vom 2. Oktober 1991, Rechtssache C-7/90, wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan, weil eine Unionsrechtswidrigkeit eindeutig nicht vorliegt:
2.3.1. Konkret ist der Einwand des Revisionswerbers, die gegenständliche Strafsanktionsnorm des § 28 AZG sei unionsrechtswidrig, weil durch den unmittelbaren anwendbaren Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 kein Spielraum für § 28 AZG bleibe (sodass die letztgenannte Norm nach Ansicht des Revisionswerbers kraft Anwendungsvorranges unangewendet zu bleiben habe), schon im Ansatz unrichtig. Die beiden genannten Normen regeln nämlich Unterschiedliches und ergänzen einander, stehen somit zueinander nicht im Widerspruch. Während die genannte Verordnungsbestimmung das gebotene Verhalten des Verkehrsunternehmens gegenüber den angestellten Fahrern normiert, werden durch § 28 AZG - der teils sogar direkt an der Verordnungsbestimmung anknüpft (vgl. Abs. 5 Z 6 leg. cit.) - die Sanktionen für ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitgebers (fallbezogen: Verkehrsunternehmers) festgelegt.
Dass die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 der Sanktionsnorm des § 28 AZG keineswegs entgegensteht, ergibt sich insbesondere auch daraus, dass Art. 19 Abs. 1 dieser Verordnung von den Mitgliedstaaten sogar explizit die Festlegung von Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung verlangt.
2.3.2. Schließlich wird auch mit dem Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 2. Oktober 1991, Rechtssache C-7/90 (das somit nicht zur gegenständlich maßgebenden Verordnung Nr. 561/2006 ergangen ist), eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt. Aus diesem Urteil (Rn 16) ergibt sich entgegen dem Revisionsvorbringen ausdrücklich die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Unternehmers für seine Arbeitnehmer, die Lenk- und Ruhezeiten nicht einhalten (vgl. ebenso jenen - den Revisionswerber betreffenden - Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Juni 2014, E 292/2014-5). Soweit die Revisionen mit Bezugnahme auf Rn 15 dieses Urteils meinen, das Verwaltungsgericht hätte aufzeigen müssen, welche (Kontroll-)Maßnahmen der Revisionswerber unterlassen habe, so wird damit - vor dem Hintergrund der bestehenden, unter 2.2. angesprochenen Judikatur - keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil sich das Verwaltungsgericht mit dem Schuldspruch bzw. der Schuldfrage (Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Kontrollpflichten; vgl. aus vielen das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/11/0188) angesichts der bloßen Strafberufung, wie bereits ausgeführt, nicht mehr auseinander zu setzen hatte.
3. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.
Wien, am 30. September 2014
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014110052.L00Im RIS seit
18.11.2014Zuletzt aktualisiert am
21.05.2015