TE Vwgh Erkenntnis 2014/9/30 2013/22/0369

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Veröffentlicht am 30.09.2014
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Revision gemäß § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz des E, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 15. November 2013, Zlen. UVS-8/10422/12-2013, UVS-110/49/5- 2013, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 31. Juli 2012 wurde gegen den Revisionswerber, einen deutschen Staatsangehörigen, - nachdem er zuvor mit Schreiben vom 8. Februar 2012 von der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn in Kenntnis gesetzt und ihm diesbezüglich Parteiengehör eingeräumt worden war - gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit dem am 7. September 2012 der Post übergebenen Schriftsatz Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg (im Folgenden: Behörde) wurde diese Berufung gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.

In ihrer Begründung verwies die Behörde darauf, dass hinsichtlich des erstinstanzlich verhängten Aufenthaltsverbotes durch einen Postbeamten am 3. August 2012 ein Zustellversuch unternommen und die Verständigung über die Hinterlegung des Dokumentes in den Briefkasten des Revisionswerbers eingeworfen worden sei. Beginn der Abholfrist sei der 6. August 2012 gewesen. Am 27. August 2012 habe der Revisionswerber den erstinstanzlichen Bescheid behoben und in der Folge durch seinen Rechtsvertreter Berufung erhoben.

Zum Vorhalt der Verspätung der Berufung habe der Revisionswerber zunächst vorgebracht, erst rund um den 27. August 2012 nach Hause gekommen zu sein und von der Hinterlegung erfahren zu haben. In der am 5. November 2013 abgehaltenen Verhandlung vor der Behörde habe der Revisionswerber angegeben, in der fraglichen Zeit auf Baustellen in Deutschland (Ingolstadt bzw. Nürnberg) tätig gewesen zu sein. Vor dem 27. August 2012 sei er im Zeitraum zwischen Ende Juli und Anfang August 2012 ein weiteres Mal nach Hause gefahren. Auf Nachfrage habe er ausgesagt, dies müsse - "ganz sicher" - der 4. oder 5. August 2012 gewesen sein. Weiters habe der Revisionswerber angegeben, es könne sein, dass er dabei nicht in den Postkasten geschaut habe, weil er so müde und erschöpft gewesen sei und einfach nur habe schlafen und sich ausruhen wollen.

Im Hinblick auf diese Aussage legte die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde, dass der Revisionswerber "entgegen den Berufungsausführungen", er wäre im fraglichen Zeitraum ortsabwesend gewesen, am 4. und/oder 5. August 2012 zu Hause gewesen sei. Auch aus dem der Behörde vorgelegten Rechnungskonvolut gehe eine Ortsabwesenheit des Revisionswerbers am Wochenende von 4. auf 5. August 2012 nicht hervor. Die Hinterlegungsanzeige habe sich an diesen Tagen bereits im Briefkasten des Revisionswerbers befunden.

In ihren rechtlichen Ausführungen verwies die Behörde auf die Regelung des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz, wonach hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt gelten. Anderes gelte, wenn sich ergebe, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne entsprechende Bescheinigungsmittel könne das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung aber nicht dargetan werden. Zu beachten sei auch, dass dem Revisionswerber die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes angekündigt worden sei. Er hätte daher mit der Zustellung behördlicher Dokumente rechnen und seinen Briefkasten regelmäßig überprüfen müssen.

Ausgehend von den dargestellten Umständen sei die Berufung als verspätet anzusehen und somit zurückzuweisen gewesen. Maßgebend sei allein der Umstand des Fristablaufs, nicht die dafür ausschlaggebenden Gründe. Ein vom Revisionswerber ebenfalls gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei an die zuständige BH Salzburg-Umgebung weitergeleitet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - auftragsgemäß ergänzte - Beschwerde, die - im Hinblick darauf, dass die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch offen war - gemäß § 4 Abs. 1 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) idF BGBl. I Nr. 122/2013 als Revision gilt. Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Revision nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch das gemäß § 9 VwGbk-ÜG iVm Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof an die Stelle der Behörde tretende Landesverwaltungsgericht Salzburg erwogen:

Für die Behandlung einer Revision nach § 4 Abs. 1 VwGbk-ÜG gelten gemäß § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann.

Die Beurteilung des gegenständlichen Falles richtet sich im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (21. November 2013) nach den Bestimmungen des FPG idF BGBl. I Nr. 144/2013.

Soweit der Revisionswerber - in der Revision erstmals - vorbringt, dass sein nunmehriger Rechtsvertreter mit Schreiben vom 27. Februar 2012 der erstinstanzlichen Behörde (nach den weiteren Revisionsausführungen: durch ein E-Mail an die Sachbearbeiterin) die Vertretungs- und Zustellungsvollmacht angezeigt habe und daher der erstinstanzliche Bescheid nicht an den Revisionswerber, sondern an den ausgewiesenen Rechtsvertreter zuzustellen gewesen wäre, ist dem Folgendes entgegenzuhalten: In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich - worauf auch das Landesverwaltungsgericht Salzburg in seiner Gegenschrift hinweist -

keine gegenüber der erstinstanzlichen Behörde (im Februar 2012) erfolgte Bekanntgabe eines Vollmachtsverhältnisses. Auch in der Berufung vom 5. September 2012, mit der ausdrücklich eine Vollmachtsbekanntgabe verbunden war, sowie in den - zum Vorhalt der Verspätung der Berufung ergangenen - Stellungnahmen vom 8. April 2013 und vom 6. November 2013 wurde nicht auf eine bereits im Februar 2012 gegenüber der erstinstanzlichen Behörde erfolgte Vollmachtsbekanntgabe hingewiesen. Schließlich werden auch mit der gegenständlichen Revision keine Bescheinigungsmittel für eine bereits im Februar 2012 erfolgte Vollmachtsbekanntgabe vorgelegt. Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, dass die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an den Revisionswerber als Empfänger verfügt wurde und auch erfolgt ist.

Darüber hinaus wird in der Revision vorgebracht, dass mit Schriftsatz vom 6. November 2013 eine ergänzende Einvernahme des Revisionswerbers beantragt worden sei, weil dieser nach Ansicht seines Rechtsvertreters in der Verhandlung (vom 5. November 2013) einen "wirren, verzweifelten und einfachen Eindruck" gemacht habe. Auch sei eine Erklärung des Zeugen U vorgelegt und dessen Einvernahme zum Beweis für die Ortsabwesenheit des Revisionswerbers im fraglichen Zeitraum verlangt worden. Dazu ist Folgendes anzumerken:

Der Revisionswerber bestreitet nicht, dass es sich bei der Anschrift E-Weg 21 in H, an der am 3. August 2012 ein Zustellversuch hinsichtlich des erstinstanzlichen Bescheides vorgenommen worden und eine Verständigung über die Hinterlegung erfolgt ist, um seine Abgabestelle handelt. Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz gelten hinterlegte Dokumente mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt (im vorliegenden Fall war dies der 6. August 2012). Anderes gilt nur, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Die Behörde stützte sich für ihre Beurteilung des Zeitpunktes der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides insbesondere auf die Aussage des Revisionswerbers in der Verhandlung vom 5. November 2013, in der dieser angegeben hat, ganz sicher am 4. oder 5. August 2012 zu Hause gewesen zu sein. Dass die Behörde diese Aussage als glaubwürdig erachtete und ausgehend davon ihrer Entscheidung zugrunde legte, der Revisionswerber habe die Möglichkeit gehabt, rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis zu erlangen, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/06/0059, wonach es nicht darauf ankommt, ob der - nur am Wochenende an der Abgabestelle anwesende - Empfänger auf Grund beruflicher Aktivitäten keine Zeit für die persönliche Abholung einer solchen Sendung findet). Auch aus der vom Revisionswerber vorgelegten Bestätigung des Zeugen U, wonach sich der Revisionswerber von Ende Juli 2012 bis Mitte September 2012 ständig nur mit einer kurzzeitigen Wochenendunterbrechung auf näher bezeichneten Baustellen in Süddeutschland befunden habe, lässt sich für eine behauptete Ortsabwesenheit des Revisionswerbers auch am Wochenende von 4. auf 5. August 2012 nichts gewinnen. Entgegen der Revisionsauffassung bestand auch keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme des Revisionswerbers, zumal dieser nach den Ausführungen in der Gegenschrift auf die Verhandlungsleiterin einen völlig normalen Eindruck hinterlassen habe. Auch dem im angefochtenen Bescheid in seinen wesentlichen Teilen wiedergegebenen Verhandlungsprotokoll lässt sich nicht entnehmen, dass auf Seiten des Revisionswerbers eine Unsicherheit oder Unklarheit betreffend seinen Aufenthalt an der Abgabestelle am 4. oder 5. August 2012 bestanden habe.

Anders als der Revisionswerber meint, ist es nicht maßgeblich, ob er - wie von ihm ebenfalls vorgebracht wird - knapp sechs Monate nach Einleitung des Verfahrens nicht mit der Zustellung weiterer behördlicher Schriftstücke rechnen habe müssen bzw. ob ihm - was von ihm bestritten wird - zum Vorwurf gemacht werden könne, dass er seinen Briefkasten nicht regelmäßig entleert habe. Es kommt nämlich nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme von einem Zustellvorgang an, sondern auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme, die von der Behörde auf Grund der Anwesenheit des Revisionswerbers an der Abgabestelle am Wochenende von 4. auf 5. August 2012 zu Recht angenommen wurde (vgl. diesbezüglich auch das hg. Erkenntnis vom 1. April 2008, Zl. 2006/06/0243).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG sowie § 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, iVm § 3 Z 1 und § 4 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 30. September 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013220369.X00

Im RIS seit

13.11.2014

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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