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66/01 Allgemeines SozialversicherungsgesetzNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Nichtaufnahme der Arzneispezialität Nivestim in den grünen Bereich des Erstattungskodex mangels Wirtschaftlichkeit; vertretbare Annahme der Wirkstoffgleichheit des Biosimilars Nivestim und des Referenzarzneimittels NeupogenRechtssatz
Die Beschwerde richtet sich gegen die der mündlichen Verkündung nachfolgend zugestellte schriftliche Ausfertigung der Entscheidung der Unabhängigen Heilmittelkommission (UHK), die mit der Zustellung dieser Ausfertigung jedenfalls ordnungsgemäß erlassen worden ist. Daher muss nicht untersucht werden, ob die Entscheidung schon vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung mündlich wirksam erlassen worden war (vgl dazu VfGH 24.09.2014, B1020/2012 ua).
Keine Unbestimmtheit der gesetzlichen Grundlagen.
Abgesehen davon, dass die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (HEK) ein beratendes Gremium des Hauptverbandes ohne Behördenfunktion ist, legt §351g Abs3 ASVG unmissverständlich fest, aus welchen Institutionen bzw wissenschaftlichen Fachrichtungen Vertreter in welcher Zahl der HEK angehören.
Soweit die beschwerdeführende Partei behauptet, das Verfahren zur Verordnungserlassung sei gleichheitswidrig geregelt, weil das Gesetz in §351g Abs1 zweiter Satz ASVG zwar die Anhörung der Wirtschaftskammer, nicht aber der Bundesarbeitskammer anordne, so ist ihr zu entgegnen, dass für die Erlassung von Regelungen über die Aufnahme von Medikamenten in den Erstattungskodex nicht ein Ausgleich zwischen Interessen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer erforderlich ist.
Keine denkunmögliche Anwendung des §351c Abs10 Z1 ASVG.
Die belangte Behörde durfte in vertretbarer Weise davon ausgehen, dass es für die Einstufung nach den gesetzlichen Aufnahmekriterien des Erstattungskodex auf das Vorliegen des gleichen Wirkstoffs, dessen Bioäquivalenz (bzw deren Biosimilarität) und auf die Gleichartigkeit der therapeutischen Effekte ankommt, nicht aber auch darauf, ob es sich in jeder Hinsicht um ein Generikum im technischen Sinne handelt.
Letztlich entscheidend für die Anwendbarkeit von §351c Abs10 ASVG (Preisreduktion für Referenzarzneimittel und Generika) im vorliegenden Fall ist die gleiche therapeutische Wirksamkeit und damit die Austauschbarkeit der Mittel. Da das Vorliegen der Bioäquivalenz unstrittig ist, ist es vor dem Hintergrund des Normzwecks des §351c Abs10 ASVG nicht denkunmöglich, wenn die UHK §351c Abs10 Z1 ASVG auf das Biosimilar "Nivestim" angewendet hat.
Allfällige Unterschiede, die im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren zwischen Biosimilars und sonstigen wirkstoffgleichen Nachfolgeprodukten gemacht werden, stehen der Denkmöglichkeit der Annahmen der belangten Behörde nicht entgegen.
Unter der vertretbaren Annahme der Behörden, dass "Nivestim" keinen vom Referenzprodukt abweichenden Wirkstoff aufweist, ist es auch nicht denkunmöglich, wenn die belangte Behörde nicht vom Vorliegen eines sogenannten "Me too"-Medikaments oder eines Analogpräparates iSd §351c Abs9 Z1 ASVG ausgegangen ist.
Schlagworte
Sozialversicherung, Arzneimittel, Bescheiderlassung, Bescheid mündlicher, KollegialbehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:B223.2012Zuletzt aktualisiert am
13.11.2014