Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des H und des JF, beide in R, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) vom 1. Februar 2000, Zl. 319.807/5-III/A/9/1999, betreffend Verfahren gemäß § 77 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: S AG in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Bescheid vom 1. Februar 2000 erteilte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 74 und 77 GewO 1994 in Verbindung mit § 93 Abs. 2 ASchG die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Tankstelle an einem näher bezeichneten Standort nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Pläne und der in den (erstbehördlichen) Bescheid aufgenommenen Betriebsbeschreibung unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, entgegen dem Vorbringen in der Berufung der Beschwerdeführer müsse die Höhe der Lärmschutzwand nicht durch Auflagen festgelegt werden, da sie bereits im Projekt ausreichend beschrieben sei. Im Übrigen sei auf Grund des Berufungsvorbringens das Gutachten eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen eingeholt worden, das in der Folge in der Begründung des angefochtenen Bescheides wörtlich wiedergegeben wird. Soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, habe dieses Gutachten demgemäß folgenden Wortlaut:
"a) Stickstoffoxide:
Stickstoffoxide entstehen beim Betrieb einer Tankstelle in erster Linie durch die Fahrvorgänge zu bzw. von den Zapfsäulen, bei Zu- und Abfahrten von Betriebsparkplätzen und bei der Benützung einer Waschstraße (wie im vorliegenden Fall vorhanden). Im praktischen Betrieb wird sich eine Kombination dieser Fahrvorgänge ergeben, d.h. Tanken mit Waschen, nur Tanken, oder Tanken und kurzfristiges Abstellen und Benützung des Tankstellen-Shops. Aus diesen Kombinationen ergibt sich eine anzunehmende mittlere Fahrweglänge von rund 100 m für Pkw und 60 m für Lkw (kein Waschen). Die von der Konsenswerberin angegebenen voraussichtlichen Benützerfrequenzen werden für das gegenständliche Gutachten übernommen, da sie praktisch üblichen Erfahrungswerten für einen derartigen Standort entsprechen und vom Berufungswerber auch nicht bezweifelt wurden. Daraus ergibt sich nach einer im Anhang angegebenen Literaturquelle eine stündliche Quellstärke an Stickstoffoxiden von 900 mg (im langfristigen Durchschnitt). Dieser Wert verdünnt sich durch vertikalen, thermischen Aufstieg und seitliche Luftbewegungen. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass in den Kraftfahrzeugabgasen nur etwa 5 bis 12 % des Stickstoffoxids (NO2) als Stickstoffdioxid emittiert werden. Für umweltrelevante Fragen ist jedoch in erster Linie Stickstoffdioxid von Bedeutung und auch durch Grenzwerte geregelt. In unmittelbarer Nähe des Entstehungsortes erfolgt keine vollständige Oxidation des Stickstoffmonoxids zu Stickstoffdioxid, es ist nur ein Wert von etwa 40 % anzunehmen. Erst in verkehrsfernen Lagen (das sind Messstellen mit mindestens 200 m Entfernung zu verkehrsbedingten Emittenten) steigen die NO2-Werte auf etwa 70 %.
Auf Grund dieser Annahmen ergibt sich ein langfristiger Mittelwert an der Betriebsgrenze von 0,00025 mg/m3 NO2. Die Station Voitsberg weist einen Monatsmittelwert von 0,012 mg/m3 NO2 auf, die Station Köflach einen solchen von 0,016 mg/m3. Messungen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung an der Südautobahn, nahe der Landesgrenze zu Kärnten, ergaben nahe dem Fahrbandrand Werte von 0,06 mg/m3 NO2. Die Verkehrsfrequenz betrug in diesem Fall etwa das Doppelte der Verkehrsfrequenz der B 70 neben dem vorgesehenen Betriebsstandort. Nach übereinstimmender technischer Ansicht sind Zusatzbelastungswerte im Ausmaß von weniger als 5 % der örtlichen Grundbelastung messtechnisch nicht mehr erfassbar. Daher erübrigt sich die weitere Beurteilung eines Immissionsanteils der unterhalb dieses Wertes liegt. Dies trifft im vorliegenden Fall zu, sodass die Schlussfolgerung im immissionstechnischen Gutachten des bekämpften Bescheides in dieser Hinsicht zu bestätigen ist.
b) Kohlenwasserstoffe/Benzol:
Die Berufungswerber wenden in diesem Zusammenhang vorerst ein, dass ihr Vorbringen bezüglich Ozon in der Genehmigungsverhandlung nicht berücksichtigt worden sei. Dazu ist zu bemerken, dass die Bildungsmechanismen von Ozon äußerst komplex sind. Eine Proportionalität zwischen Vorläufersubstanzen von Ozon und der Ozonbildung und somit die Zuordnung eines Ozonanteils zu einem bestimmten Verursacher ist nicht möglich. Aus technischer Sicht ist hier lediglich das Vorsorgeprinzip anzuwenden, d.h. es sind alle nach den Regeln der Technik gebräuchlichen Maßnahmen zur Vermeidung der Bildung von Vorläufersubstanzen (i.a. Kohlenwasserstoffe) vorzusehen. Dies ist im vorliegenden Fall durch die gesetzlich vorgeschriebene Installierung des Gasrückführsystems erfolgt. Hinsichtlich Benzol ist das Berufungsvorbringen dahingehend zu bestätigen, dass die Benzolemissionen durch den Tankstellenbetrieb durchaus nicht als geringfügig anzunehmen sind. Wie auch der Berufungswerber richtig feststellt, werden nicht alle beim Betanken aus dem Kraftstofftank verdrängten Kraftstoff-Luft-Dämpfe erfasst. Aus entsprechenden Messungen (siehe Anhang) ist bekannt, dass es auch bei ordnungsgemäßem Betrieb des Gasrückführsystems zu einer Restemission von 0,2 g Kohlenwasserstoffdampf pro Liter abgegebenem Kraftstoff kommt. 1 % dieses Kohlenwasserstoffes entfällt auf Benzol. Aus einer analogen Berechnung zu a) lässt sich ermitteln, dass im langfristigen Durchschnitt 0,6 g/h Benzol emittiert werden. Mit Annahme der gleichen Verdünnung, wie sie für die Stickstoffoxidimmissionen verwendet wurde, lässt sich somit eine durchschnittliche Benzolkonzentration an der Betriebsgrenze von 0,42 µg/m3 angeben.
Im Immissionsschutzgesetz-Luft, BGBl. Nr. 115/97, wird ein Jahresmittelwert von 10 µg/m3 festgelegt. Die österreichischen Luftmessstellen in verkehrsbeeinflussten Gebieten geben Werte zwischen 5 und 12 µg/m3 an. Werte über 10 µg treten aber nur in extrem verkehrsbelasteten städtischen Gebieten auf. Wie selbst die von den Berufungswerbern vorgelegte Beilage 3 zeigt, sind bei Messstellen nahe von Straßen mit Fahrgeschwindigkeiten um oder über 50 km/h (Graz Ost, Hall, Autobahnausfahrt, Wien Spittelauer Lände) bereits Werte unter 10 µg festzustellen. Der im Berufungsvorbringen behauptete Bezug zu Tankstellenstandorten ist nicht beweiskräftig, da der angegebene Bericht des Umweltbundesamtes auf Werten beruht, welche noch vor der Einführung des Gasrückführsystems datieren.
Es ist daher davon auszugehen, dass auch unter Hinzurechnung des angegebenen Immissionsanteils für Benzol der Jahresmittelwert von 10 µg/m3 nicht überschritten ist. Es ist auch in diesem Punkt die Schlussfolgerung des immissionstechnischen Gutachtens des bekämpften Bescheides zu bestätigen.
...
Anhang (verwendete Literatur):
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'Emissionsverhalten von Fahrzeugen bei speziellen Fahrzuständen mit niedrigen Geschwindigkeiten', TU Graz 1996, Heft 69
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'Abgasemissionsfaktoren von PKW in der BRD', UBA-FB 91-042/1994'"
Zu diesem Gutachten haben die Beschwerdeführer nach der Begründung des angefochtenen Bescheides die Stellungnahme des Technischen Büros Dipl. Ing. W.L. vorgelegt. Dazu habe der Amtssachverständige wie folgt Stellung genommen:
"Im Verfahren S AG, Tankstelle R, Steiermark wurde vom Berufungswerber F mit Schreiben vom 4.11.1998 eine Stellungnahme zum Gutachten der Abteilung III/6 vom 26. Mai 1998 abgegeben. Zu den fachlichen Ausführungen ist aus technischer Sicht zu bemerken:
Luftschadstoffe: In der Stellungnahme des Berufungswerbers wird die Ansicht vertreten, dass zwischen der gutächtlichen Stellungnahme der Abteilung III/6 vom 26.5.1998 und bestimmten Ausführungen des immissionstechnischen Amtssachverständigen im vorinstanzlichen Verfahren Widersprüche bestünden. Insbesondere wird auf die Anmerkung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen, wonach im Bereich der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage in Straßennähe NO2-Emissionen auftreten könnten die 'in den Bereich des Grenzwertes nach der Landesverordnung gelangen'. Ferner wird die Ansicht vertreten, es seien nicht die für den Berufungswerber ungünstigsten Fälle berücksichtigt worden. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich sowohl das Gutachten in der Vorinstanz als auch das Gutachten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vor allem auf den zu erwartenden niedrigen Zusatzbelastungswert an Luftschadstoffen (gemessen am hauptsächlichen Parameter NO2) stützen. Dieser wurde im Gutachten vom 26.5.1998 den niedrigsten in der Umgebung gemessenen Monatsmittelwerten gegenübergestellt (Anmerkung: Diese sind im Übrigen geringfügig zu korrigieren, nämlich für die Station Voitsberg von 0,012 mg/m3 NO2 auf 0,010 mg/m3 NO2, für die Station Köflach von 0,016 mg/m3 NO2 auf 0,015 mg/m3 NO2). Durch die Gegenüberstellung der Zusatzbelastung mit den niedrigsten Vorbelastungswerten ist bereits der für den Berufungswerber ungünstigste Fall berücksichtigt. Der im Gutachten vom 26.5.1998 ebenfalls genannte Vergleichswert eines NO2-Belastungswertes an der Südautobahn sollte lediglich dazu dienen, die Dimension der messtechnisch erwiesenen NO2-Werte an Straßen mit starker Verkehrsfrequenz zu verdeutlichen. Da es sich weiters um einen Beurteilungsfall mit kleineren Ausbreitungsdistanzen von 50 bis 100 m handelt, haben die in der Stellungnahme des Berufungswerbers ebenfalls geforderten großklimatischen Daten wie Inversionen, Windrichtungen usw. keine Aussagekraft.
Die Behauptung, wonach eine Proportionalitätsbeziehung zwischen Ozonvorläufersubstanzen und einem Ozonimmissionswert bestünde, ist eindeutig unrichtig. Die Berechnung eines konkreten, zahlenmäßig angebbaren Immissionswertes auf Basis einer bestimmten NO2- und Kohlenwasserstoffemission ist nicht möglich. Dies geht unter anderem auch aus der Literaturstelle hervor, welche als Basis für das obzitierte Gutachten gedient hat (siehe Anhang dieses Gutachtens). Sinngemäß gilt dies auch für die Aussage, dass 'die Zulässigkeit eines gleichen Verdünnungsprozesses für NO2- und Benzolimmissionen' angezweifelt werden müsse. Die in der Stellungnahme erwähnte Verpflichtung des Begrenzens von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik bezieht sich aus technischer Sicht nur auf technisch sinnvollerweise zu treffende Maßnahmen; diese Verpflichtung ist mit der Einrichtung des Gasrückführsystems erfüllt. Es ist mit Sicherheit nicht zulässig, eine Genehmigung unter Hinweis auf diese Gesetzesverpflichtung zu verweigern.
Letztlich wird in den Ausführungen zu der Frage der Luftschadstoffe auch behauptet, dass Benzolemissionen unvollständig erfasst wären, da die Benzolemissionen durch Tankatmungsverluste oder den Benzolanteil in den Kraftfahrzeugabgasen ebenfalls zu berücksichtigen wäre. Dies ist prinzipiell richtig, allerdings sind diese Anteile gegenüber den Verlusten bei der Kraftfahrzeugbetankung selbst vernachlässigbar gering (siehe ebenfalls die obzitierte Literaturstelle).
Lärm: Die gutächtlichen Ausführungen haben sich auf den Inhalt des Berufungsvorbringens vom 25.6.1997 beschränkt. Dieses bezog sich nur auf die Festlegung der Höhe der Lärmschutzwand und die Frage nächtlicher Lärmstörungen, insbesondere durch Zuschlagen von Autotüren. Zum allfälligen Lärm des Kälteaggregates wurde vom Berufungswerber nichts eingewendet. In den Berufungsausführungen zur Frage der Lärmbelastung durch den Tankstellenshop und die Störung der Nachtruhe durch das Zuschlagen von Autotüren wurde lediglich festgehalten, dass dies 'in das lärmtechnische Gutachten miteinbezogen (hätte) werden müssen'. Da dies aber eindeutig erfolgt ist, wurde lediglich die Intensität der diesbezüglich zu erwartenden Lärmspitzen überprüft und bestätigt. Ein Vorbringen hinsichtlich Mängel der medizinischen Beurteilungsgrundlagen erfolgte nicht."
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird sodann fortgesetzt, die Beschwerdeführer hätten dazu eine Stellungnahme des Landeshygienikers des Landes Steiermark vorgelegt, in der zum Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen Folgendes ausgeführt werde:
"* Die Erhebung der Ist-Situation der Emissionen bzw. Immissionen vor Ort, als wesentliche Beurteilungsgrundlage für den medizinischen ASV, ist unzureichend. Erforderliche Erhebungen vor Ort wurden nicht getätigt.
* Zur Abschätzung der relevanten Luftschadstoffe vor Ort (NOx, Benzol, Ozon bzw. Vorläufersubstanzen etc.) wurden Messdaten zweier straßenfernen Luftgüte-Messstationen (Voitsberg, Köflach) herangezogen, die erfahrungsgemäß erforderliche Messungen vor Ort nicht ersetzen können.
* Die widersprüchlichen Angaben zu den tankstellen- bzw. Kfz-spezifischen Schadstoffmengen (z.B. Benzolemissionen, Ozon bzw. deren Vorläufersubstanzen) sind aufklärungsbedürftig.
* Zusätzlich sei nur darauf verwiesen, dass sämtliche Emissions- bzw. Immissions-Prognosen von lediglich einer Leitsubstanz (NO2) abgeleitet wurden. Dieser Umstand lässt keine sachlich nachvollziehbaren Schlüsse zu und ist von äußerst großen Unsicherheitsfaktoren geprägt.
* Auf den Mangel eine fehlenden Erhebung der Lokalklimatologie wurde in div. Gutachten hingewiesen; erst bei Vorliegen dieser ist eine realistische Immissionsabschätzung im Nachbarschaftsbereich möglich!
* In Bezug auf die zu erwartende Lärmemission wäre zu klären, inwieweit der zu erwartende Betriebslärm das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen in benachbarten Baugebieten verursacht.
Das auf diesen Annahmen aufbauende medizinische Gutachten ist demnach inhaltlich nicht haltbar - es mangelt schon an einer konkreten Einschätzung bzw. Beurteilung der derzeitigen Belastungssituation vor Ort im Zusammenhang mit den Schadstoffkonzentrationen verursacht durch Kfz-Verkehr.
Weiters sind die Prognosen in Bezug auf eine mögliche Gesundheitsrelevanz erst bei einer realistischen Einschätzung aller relevanten Schadstoffflüsse aus dem Tankstellenbereich unter Einbeziehung der Lokalklimatologie möglich. Bis dato getätigte Einschätzungen des medizinischen Amtssachverständigen zu einer künftigen Belastungssituation basieren auf unzureichenden sachlichen Grundlagen und sind entsprechend zu bewerten."
Nach Darstellung des Inhaltes der maßgeblichen Gesetzesstellen führte der Bundesminister schließlich aus, es seien umfangreiche technische und auch medizinische Gutachten eingeholt worden. Die vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen des Bundesministers im Berufungsverfahren abgegebenen Gutachten inklusive der ergänzenden Stellungnahmen bestätigten jene der Vorinstanz. Die Stellungnahmen der Beschwerdeführer seien schon deshalb nicht geeignet, diese Gutachten zu entkräften, da sie im Unterschied zu den Amtsgutachten nicht ausführten, auf Grund welcher konkreten wissenschaftlichen Erkenntnisse diese Ausführungen gewonnen würden, und sich damit nicht auf dem gleichen fachlichen Niveau befänden. Da die belangte Behörde weder aus eigenem noch auf Grund der Stellungnahme der Nachbarn Grund gesehen habe, die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der eingeholten gewerbetechnischen Gutachten in Zweifel zu ziehen und diese auch die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten technischen Gutachten bestätigten, habe von der Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens Abstand genommen werden können, da die Basis des erstinstanzlichen medizinischen Gutachtens lediglich nochmals bestätigt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens erster Instanz vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach ihrem gesamten Vorbringen in den aus der Gewerbeordnung erfließenden Nachbarrechten verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringen sie im Wesentlichen vor, im angefochtenen Bescheid finde eine Auseinandersetzung mit den von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten nicht statt. Entgegen den Behauptungen der belangten Behörde handle es sich bei den Verfassern dieser Gutachten um qualifizierte Fachleute und es werde im Gutachten des Technischen Büros Dipl. Ing. W. L. auch auf wissenschaftliche Literatur hingewiesen. Die in den Amtsgutachten herangezogenen Werte der Messstationen Köflach und Voitsberg seien deshalb ungeeignet, weil diese Messstationen nicht an einer Durchzugsstraße lägen und daher als straßenferne Stationen zu bezeichnen seien. Die Ausführungen der Amtssachverständigen gingen überdies von den niedrigsten Vorbelastungswerten aus, nicht aber von dem für die Anrainer ungünstigsten Fall. Entgegen den Annahmen des Amtssachverständigen wären zwar nicht großklimatische Daten zu erheben, aber doch kleinklimatische Untersuchungen erforderlich gewesen. In Straßennähe, also im Bereich der in Rede stehenden Betriebsanlage, sei eine Belastung mit Stickoxiden in der Größenordnung mindestens in der doppelten Höhe der Messdaten der im Gutachten der Amtssachverständigen enthaltenen Stationen zu erwarten. Die Belastung der Beschwerdeführer liege demgemäß wesentlich über den in diesen Gutachten angeführten Werten. Da der Anhang zur ergänzenden Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen weder als Beilage zu dieser ergänzenden Stellungnahme noch im Schreiben der belangten Behörde an die Beschwerdeführer enthalten gewesen sei, könne diese zitierte (aber nicht bekannt gegebene) Literaturstelle und auch ihr Inhalt nicht beurteilt werden. Deshalb könne auch die Behauptung, die Anteile der Tankatmungsverluste und der Benzolanteil in den Kfz-Abgasen seien vernachlässigbar gering, nicht verifiziert werden. Der Hinweis auf diese Literaturstellen könne nicht ausreichen, die in den bisherigen Einwendungen und den vorgelegten Gutachten vorgebrachten Argumente zu übergehen, worin nachgewiesen worden sei, dass sowohl in "UBA-Report 95-124" deutlich höhere Benzol-Emissionen im Tankstellenbereich (im Vergleich zu anderen Messstellen) festzustellen gewesen seien (und sowohl in Wien als auch in Graz - Don Bosco), als auch bei der Messserie Graz Grabenstraße, wo ebenfalls die Benzolemissionen im Tankstellenbereich deutlich über jenen in einiger Entfernung lägen. Die Differenzen lägen weiter über dem 1 %-Bereich, der dem emissionstechnischen Gutachten entsprechen würde und dem sich offenbar auch der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige angeschlossen habe. Es wäre auch auf die Emission von Kohlenwasserstoffen einzugehen gewesen, weil sie relevante Vorläufersubstanzen für die Ozonbildung seien. Durch das Gaspendelsystem werde zwar ein Großteil der leichtflüchtigen Substanzen während des Tankvorganges erfasst. Die Hauptquelle dieser Emissionen stellten aber die (generell nicht luftdicht verschlossenen) Treibstofftanks der Kfz dar. Diese Emissionen würden in dem Amtssachverständigengutachten überhaupt nicht erfasst. Die Ausführungen des Amtssachverständigen, durch den Betrieb der Tankstelle lägen die zusätzlichen Emissionskonzentrationen in Größenordnungen, die unter der messtechnischen Nachweisgrenze lägen, treffe zweifelsohne nur auf einen Teil der Schadstoffe zu. Bei den relevanten Schadstoffen wäre diese Behauptung durch konkrete Messungen bei bestehenden Tankstellen in vergleichbarer Situierung nachzuweisen. Für Benzol sei diese Aussage sicher unrichtig. Im Gutachten des Büros Dipl. Ing. W.L. werde der Behauptung des Amtssachverständigen widersprochen, dass eine Proportionalität zwischen Vorläufersubstanzen von Ozon und der Ozonbildung nicht möglich sei und als Beleg auf die Akademie der Wissenschaften verwiesen. Darauf gehe der Amtssachverständige in der Folge nicht ein. Die nunmehrigen Ausführungen in der ergänzenden Stellungnahme des Amtssachverständigen, wonach sich die Verpflichtung des Begrenzens von Luftschadstoffen aus technischer Sicht nur auf technisch sinnvollerweise zu treffende Maßnahmen beziehe und dass diese Verpflichtung mit der Einrichtung des Gaspendelsystems erfüllt wäre, bedürfe einer genaueren Darstellung und einer juristischen Begründung durch die belangte Behörde. Die genaue Situierung und die Höhe der Lärmschutzwand zwischen Tankstelle und Liegenschaft der Beschwerdeführer sei unklar, insbesondere seien mehrmals unterschiedliche Angaben darüber gemacht worden. Dies gelte auch für die Lkw-Zufahrt und den Lkw-Parkplatz und die Zapfsäulen sowie für die Klimaanlage bzw. das Kühlaggregat auf dem Dach. Weiters sei bei einer Reihe von Annahmen nicht der ungünstigste Fall angenommen worden, wie z.B. für die Waschstraße, bei der ausschließlich die Variante mit im Betriebsfall stets geschlossenen Türen herangezogen worden sei. Der Tankstellenshop, bei dem es auch zum Ausschank von Getränken mit allen damit verbundenen Folgewirkungen komme, werde die Lärmbelastung nicht berücksichtigt. Auch fänden sich keinerlei Auflagen, die die Betriebszeiten dieses Shops regelten. Es könne aber auf die Erfahrungen des täglichen Lebens verwiesen werden, dass durch solche Shops vor allem in den Abend- und Nachtstunden zusätzliche Lärmbelastungen entstünden. Völlig unzureichend sei auch die Störung der Nachtruhe durch das Auf- und Zuschlagen der Autotüren berücksichtigt worden. Bei den von den Gutachtern genannten Häufigkeiten (maximal 2 x 10/Stunde während der Nacht) stellte dies jedenfalls für die Beschwerdeführer eine unzumutbare Belästigung dar, auf die die Behörde entsprechend hätte eingehen müssen. Im Gutachten des Technischen Büros Dipl. Ing. W.L. werde darauf hingewiesen, dass beim Abschnitt Lärm zwar 2 x 10 Fälle von Türenzuschlagen pro Stunde aufträten, im Gutachten des Amtssachverständigen seien aber nur zehn Fälle erkennbar. Im Gutachten des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen fehle eine Überprüfung, ob die Einreichunterlagen und Gutachten den Anrainern vollständig zur Kenntnis gebracht worden seien, ob von Sachverständigen und Behörden auf alle relevanten Einwendungen der Anrainer eingegangen worden sei und ob von Sachverständigen und Behörde auf die Einwendungen der Anrainer im erforderlichen Umfang und mit der erforderlichen Gründlichkeit eingegangen worden sei. Den Beschwerdeführern etwa sei lediglich eine Plandarstellung bekannt, die auf der Südseite des geplanten Tankstellenobjektes keine Lärmschutzwand aufweise. Auch die Beschreibung im erstinstanzlichen Bescheid bringe keine ausreichende Klarheit. Durch eine Akteneinsicht sei keine andere als die ursprüngliche Plandarstellung eruierbar gewesen. Bedenken hinsichtlich Länge und Höhe der Lärmschutzwand seien mehrmals im Zuge des Verfahrens vorgebracht worden, jedoch sei die belangte Behörde darauf nicht eingegangen.
In Erwiderung dieses Beschwerdevorbringens ist zunächst auf die Bestimmung des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zu verweisen, aus der sich ergibt, dass nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zu führen hat, sondern nur eine solche, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist diese Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht offenkundig, so ist es Sache des Beschwerdeführers, in der Beschwerde jenen Sachverhalt darzustellen, der der belangten Behörde als Konsequenz des unterlaufenen Verfahrensmangel verborgen geblieben ist (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2 I § 45 AVG E 536 zitierte hg. Judikatur).
Von dieser Rechtslage ausgehend vermögen die Beschwerdeführer schon mangels eines derartigen Beschwerdevorbringens mit dem Hinweis auf eine unterbliebene Überprüfung, ob alle Projektunterlagen und Gutachten den Anrainern zur Kenntnis gebracht wurden, ob Sachverständige und Behörden auf alle relevanten Einwendungen der Anrainer eingegangen sind, ebenso wie mit dem Vorbringen, es sei ihnen jener Plan, in dem die Lärmschutzwände dargestellt seien, nicht zur Kenntnis gebracht worden, eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit nicht darzutun.
Gleiches gilt für die Behauptung in der Beschwerde, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit dem mit dem Betrieb des Tankstellenshops verbundenen Lärmemissionen auseinander zu setzen. Denn eine Erfahrung des täglichen Lebens des in der Beschwerde in diesem Zusammenhang behaupteten Inhaltes ist dem Verwaltungsgerichtshof fremd.
Aktenwidrig ist die Behauptung, die genaue Situierung und Höhe der Lärmschutzwand sei unklar. Diese Lärmschutzwand wird auf Seite 17 des erstbehördlichen Bescheides im Rahmen der Betriebsbeschreibung beschrieben und dabei auch auf den "Plan Nr. 5, Proj.Nr. 94/01, vom 19.11.1996 des Arch.-Büros M" verwiesen, in dem die projektierte Lage der Lärmschutzwand sowie deren Höhe völlig eindeutig festgelegt ist.
Warum die Beschwerdeführer meinen, die genaue Situierung der Lkw-Zufahrt, des Lkw-Parkplatzes, der Zapfsäulen und der Klimaanlage bzw. des Kühlaggregates auf dem Dach sei unklar, ist für den Verwaltungsgerichtshof mangels entsprechender Beschwerdeausführungen nicht erkennbar.
Mit ihrer Beschwerderüge, in Ansehung der Waschanlage sei ausschließlich die Variante mit im Betriebsfall stets geschlossenen Türen herangezogen worden, sind die Beschwerdeführer auf die Auflage Nr. 124 des angefochtenen Bescheides zu verweisen, wonach während des Wasch- und Trockenvorgangs die Tore der Waschhalle geschlossen zu halten sind. Ein Betrieb der Waschanlage bei geöffneten Türen konnte daher von der belangten Behörde als nicht dem Konsens entsprechend außer Betracht gelassen werden.
Ob die in der Beschwerde behauptete Divergenz zwischen dem Inhalt des Gutachtens des in erster Instanz beigezogenen lärmtechnischen Amtssachverständigen, welcher von "2 x 10 Fällen von Türenzuschlagen pro Stunde" ausgehe und jenem des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen, welcher nur von 10 solchen Fällen spreche, tatsächlich besteht, kann dahingestellt bleiben. Denn der medizinische Amtssachverständige, welcher bereits in erster Instanz zugezogen wurde, hat seinem Gutachten jedenfalls die Ausführungen des in erster Instanz erstatteten Gutachtens des lärmtechnischen Amtssachverständigen und damit die die Beschwerdeführer belastendere Variante von 20-maligem Türenzuschlagen pro Stunde zu Grunde gelegt.
Soweit die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit ihren Ausführungen über die von der in Rede stehenden Betriebsanlage ausgehenden Luftschadstoffe eine ausreichende juristische Begründung dafür vermissen, warum die belangte Behörde die Forderung des § 77 Abs. 3 GewO 1994 als erfüllt ansieht, sind sie auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach den Nachbarn im Verfahren zur Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage ein subjektives öffentliches Recht auf die Einhaltung der Verpflichtung der Behörde zur Begrenzung der Luftschadstoffe nach dem Stand der Technik vom Gesetz nicht eingeräumt ist, sodass von ihnen mit einem entsprechenden Beschwerdevorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch nicht aufgezeigt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 98/04/0019, und die dort zitierte hg. Vorjudikatur).
Was die Divergenz zwischen dem Inhalt des Gutachtens des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen einschließlich seiner Ergänzungen und jenem der von den Beschwerdeführern vorgelegten Privatgutachten betrifft, ist den Beschwerdeführern einzuräumen, dass sich die belangte Behörde hinsichtlich des Gutachtens des Technischen Büros Dipl. Ing. W.L. zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berufen hat, wonach die Entkräftung eines von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachtens nur auf gleichem fachlichen Niveau zulässig ist. Denn diesem Gutachten kann ein derartiges Niveau nicht von vornherein abgesprochen werden. Damit ist aber für die Beschwerdeführer deshalb nichts gewonnen, weil sich der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige mit dem Inhalt dieses Privatgutachtens im Einzelnen auseinander gesetzt und auch dargelegt hat, warum er sich den dort gezogenen Schlussfolgerungen nicht anzuschließen vermag. Wenn unter diesen Umständen die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung dem Gutachten des Amtssachverständigen den Vorzug gegeben und dieses ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen.
Bei der von diesem Amtssachverständigen zitierten Literatur handelt es sich offensichtlich um allgemein zugängliche Veröffentlichungen, sodass es keinen Mangel dieses Gutachtens darstellt, wenn ihm diese Literatur nicht im Volltext angeschlossen war. Dass den Beschwerdeführern diese Literatur mit den im Gutachten genannten Fundstellen-Hinweisen nicht zugänglich gewesen wäre, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.
Die von den Beschwerdeführern vorgelegte Stellungnahme des Landeshygienikers des Landes Steiermark beschränkt sich auf die schlagwortartige Behauptung von Mängeln des Gutachtens des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen ohne jede Begründung. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass ein derartiges Vorbringen nicht geeignet ist, das durchaus schlüssig begründete Gutachten des Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen.
Da somit weder in der Beschwerde eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt wurde, noch im Rahmen der amtswegigen Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof Derartiges hervorgekommen ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. September 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000040069.X00Im RIS seit
10.01.2001