TE Vfgh Beschluss 2014/9/18 E37/2014

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Veröffentlicht am 18.09.2014
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

VfGG §33, §85
ZPO §149 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrags mangels gleichzeitiger Nachholung der versäumten Prozesshandlung; Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Spruch

I.              Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

II.              Der Antrag, dem Wiedereinsetzungsantrag aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Mit Beschluss vom 5. Juni 2014 wies der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde des Beschwerdeführers gemäß §19 Abs3 Z2 litc VfGG zurück, weil es der Beschwerdeführer verabsäumt hatte, einen vom Verfassungsgerichtshof erteilten Verbesserungsauftrag innerhalb der ihm aufgetragenen Frist vollständig zu erfüllen. So hatte es der Beschwerdeführer entgegen §14a Abs4 iVm §82 Abs5 VfGG unterlassen, die zunächst postalisch eingebrachte Beschwerde vollständig, inklusive aller Beilagen, per elektronischen Rechtsverkehr einzubringen.

2. Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil er an der Erfüllung des Verbesserungsauftrages durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gehindert worden sei:

2.1. In der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters bestehe auf Grund der technischen Einrichtungen keine Möglichkeit, "eine Datei von mehr als fünf Seiten einzuscannen und im elektronischen Rechtsverkehr zu übermitteln, da mit dem Drucker Brother DCP- 7030 jede Seite als einzelnes Dokument abgespeichert wird". Um einzelne Seiten zusammenfügen zu können, müssten diese nacheinander im Programm Microsoft Word eingefügt werden, wodurch "die MB- Größe durch das Umwandeln in das PDF- Format um ein Vielfaches überschritten werden würde". Die angefochtene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes habe aus 45 Seiten bestanden.

2.2. Der Beschwerdeführervertreter habe deshalb seiner Kanzleileiterin den Auftrag erteilt, dem Verfassungsgerichtshof mitzuteilen, dass die elektronische Einbringung technisch nicht möglich sei. Als die Kanzleileiterin das Büro des Beschwerdeführervertreters verlassen habe, sei sie mit dem linken Fuß geknickt und dabei so unglücklich gestrauchelt, dass sie wegen des Schocks und der Hochlagerung des verletzten Beines und entsprechender Kühlung des geschwollenen Fußes nach Hause gebracht werden haben müssen und zwei Tage im Krankenstand gewesen sei. Durch den beim Sturz erlittenen Schock sei die auftragsgemäße Verpflichtung der Kanzleileiterin bei dieser "in geistigen Verstoß" geraten. Erst mit der Zustellung des zurückweisenden Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Juni 2014 sei dem Beschwerdeführervertreter dieses Versäumnis bewusst geworden.

3. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 VfGG die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden.

Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. §149 Abs1 ZPO sieht vor, dass zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag auch die versäumte Prozesshandlung nachzuholen ist.

4. Die versäumte Prozesshandlung der Einbringung der angefochtenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2014 im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs holte der Beschwerdeführer auch im Zuge seines Antrags auf Wiedereinsetzung nicht nach.

4.1. In seinem Antrag behauptet der Beschwerdeführer, die angefochtene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht elektronisch einbringen zu können, weil mit dem in der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters vorhandenen Drucker nur einzelne Seiten eines Schriftsatzes eingescannt werden könnten und diese auf Grund der Dateigröße nur zu einem höchstens fünfseitigen Dokument elektronisch zusammengefügt werden könnten.

4.2. Nach diesem Vorbringen wäre es dem Beschwerdeführervertreter jedoch möglich gewesen, dem Verfassungsgerichtshof die angefochtene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in mehreren Einzeldokumenten zu je fünf Seiten elektronisch zu übermitteln. Dem Vorbringen fehlt daher von vornherein die Eignung, die Unterlassung des Nachholens der versäumten Prozesshandlung gemäß §149 Abs1 ZPO zu begründen.

4.3. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung, mit dem nicht gleichzeitig die versäumte Prozesshandlung nachgeholt wird, ist, ohne dass der Verfassungsgerichtshof das Vorliegen der sonstigen Prozessvoraussetzungen zu prüfen hatte, zurückzuweisen (vgl. VfSlg 13.265/1992, 17.667/2005).

5. Der Antrag des Beschwerdeführers, dem "Wiedereinsetzungsantrag die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen", war schon aus dem Grund zurückzuweisen, dass gemäß §85 VfGG nur einer Beschwerde – und nicht etwa einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §33 VfGG – die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden kann.

6. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Mängelbehebung, elektronischer Rechtsverkehr, VfGH / Wirkung aufschiebende

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:E37.2014

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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