TE Vfgh Erkenntnis 2014/10/8 B1059/2013

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Veröffentlicht am 08.10.2014
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Index

41/01 Sicherheitsrecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall

Leitsatz

Aufhebung des angefochtenen Bescheides im Anlassfall

Spruch

I.              Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.              

Der Bescheid wird aufgehoben.

II.              Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit €               2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

1. Mit Bescheid vom 12. September 2013 trug die Bezirkshauptmannschaft Eferding dem Beschwerdeführer auf, sich wegen des Verdachtes des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß §65 Abs1 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl 566/1991 idF BGBl I 13/2012, zu unterziehen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 23. Juni 2014, G90/2013, §65 Abs1 SPG, BGBl 566/1991 idF BGBl I 13/2012, als verfassungswidrig aufgehoben.

2.2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des der angefochtenen Entscheidung der belangten Behörde zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg 10.616/1985, 11.711/1988). Im – hier allerdings nicht gegebenen – Fall einer Beschwerde, der ein auf Antrag eingeleitetes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, muss dieser verfahrenseinleitende Antrag überdies vor Bekanntmachung des dem unter Pkt. 2.1. genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes eingebracht worden sein (VfSlg 17.687/2005).

2.3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren begann am 17. Juni 2014. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 24. September 2013 eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

3. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG abgesehen.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlassfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:B1059.2013

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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