Index
L8000 RaumordnungNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Unzulässigkeit eines Individualantrags auf Aufhebung einer Flächenwidmungsplanänderung betr die Rückwidmung eines im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstücks in Grünland; Zumutbarkeit der Erwirkung einer Bescheides im Bauplatzbewilligungsverfahren trotz des seit 1987 rechtskräftigen Beseitigungsauftrags für ein bewilligungslos errichtetes WochenendhausSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Mit ihrem auf "Art139 Abs1 letzter Satz B-VG" gestützten Antrag begehren die Antragsteller die Aufhebung der "Abänderung des Flächenwidmungsplans Nr 3/2008 entsprechend dem Abänderungsplan Nr 3.10. gemäß dem Beschluss des Gemeinderates der Gemeinde Fischlham vom 08.05.2014, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 16.05.2014, kundgemacht durch Anschlag auf der Amtstafel vom 22.05.2014 bis 09.06.2014" durch den Verfassungsgerichtshof wegen Gesetzwidrigkeit.
2. Nach den Ausführungen liegt dem Antrag folgender Sachverhalt zugrunde:
2.1. Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Nr 523/8, KG Fischlham. Auf diesem Grundstück befindet sich "seit jeher" im südöstlichen Bereich ein Wochenendhaus mit einem Flächenausmaß von 48 m².
2.2. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 31. August 1987 trug der Gemeinderat der Gemeinde Fischlham den damaligen Eigentümern des Grundstücks die Beseitigung des "bewilligungslos errichteten Wochenendhauses" auf. Ein in der Folge eingeleitetes Vollstreckungsverfahren wurde ausgesetzt.
2.3. Mit Beschluss des Gemeinderats der Gemeinde Fischlham vom 2. Juli 2007, kundgemacht am 7. August 2008, wurde im Flächenwidmungsplan das Wochenendhaus auf dem Grundstück Nr 523/8, KG Fischlham, mit der Signatur "+35" ("Sternchenbau") ausgewiesen.
2.4. Mit Beschluss des Gemeinderats vom 8. Mai 2014, kundgemacht am 22. Mai 2014, wurde das gesamte Grundstück Nr 523/8, KG Fischlham, im Flächenwidmungsplan in Grünland "ohne Sonderausweisung" rückgewidmet. Zeitgleich setzte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land das 1987 ausgesetzte Vollstreckungsverfahren fort.
3. Die Antragsteller führen zur Zulässigkeit ihres Antrags Folgendes aus:
"[…] Die Abänderung Nr 10 des Flächenwidmungsplans Nr 3/2008 der Gemeinde Fischlham betrifft ausschließlich die zu gleichen Teilen im Eigentum der Antragsteller stehende Liegenschaft mit der GStNr 523/8, KG Fischlham. Durch die – rechtswidrige - Rückwidmung wird tatsächlich und aktuell in die Rechtssphäre der Antragsteller unmittelbar eingegriffen. Durch die Aufhebung der bisherigen Sonderausweisung als 'Sternchenbau' wird dem bestehenden Wochenendhaus die Rechtsgrundlage entzogen und eine (nachträgliche) Erteilung einer Baubewilligung nach Maßgabe der relevanten baurechtlichen Vorschriften jedenfalls ausgeschlossen.
Damit wurde bzw wird gleichzeitig auch die Grundlage für die Fortsetzung des Vollstreckungsverfahren zur Beseitigung des im südöstlichen Bereich des Grundstückes bereits errichteten Wochenendhauses mit einer bebauten Fläche von 48 m² geschaffen. Im Hinblick auf die bereits behördlich angedrohte Ersatzvornahme kann die tatsächliche Beseitigung des Gebäudes von der Behörde jederzeit verfügt werden. Für die Antragsteller besteht daher die konkrete Gefahr des jederzeit möglichen zwangsweisen Abbruchs des Wochenendhauses.
[…] Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es zwar zumutbar, ein Ansuchen um Bauplatzerklärung für die Bebauung ihres Grundstückes einzubringen und gegen einen Bescheid mit dem eine Bauplatzbewilligung verweigert wird - nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges - Beschwerde an die Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu erheben. Ein solches Vorgehen ist den Antragstellern angesichts der Besonderheit des vorliegenden Falles nicht zumutbar. Ein Ansuchen um Bauplatzerklärung würde nämlich die Vollstreckung des rechtskräftigen Beseitigungsauftrages nicht unzulässig machen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Vollstreckung eines Beseitigungsauftrages während der Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung nur dann unzulässig, wenn überhaupt eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden kann (VwGH 28.10.2013, 2011/05/0152). Nachdem der hier bekämpfte Flächenwidmungsplan die gegenständliche Liegenschaft zur Gänze als Grünland ausweist, könnte mangels Genehmigungsfähigkeit des Wochenendhauses weder eine Bauplatzbewilligung noch eine Baubewilligung nachträglich erteilt werden. Ein Antrag auf Bauplatzbewilligung/Baubewilligung hätte daher für das fortgesetzte Vollstreckungsverfahren jedenfalls keine 'aufschiebende' Wirkung, sodass dieser Umweg den Antragsstellern nicht zumutbar ist.
Der vom Verfassungsgerichtshof grundsätzlich geforderte Administrativweg ist schon deshalb nicht zumutbar, weil nach Durchlaufen des Instanzenzuges das ursprünglich als 'Sternchenbau' gewidmete Wochenendhaus durch eine von der Bezirksverwaltungsbehörde verfügte Ersatzvornahme bereits beseitigt worden sein könnte. Selbst wenn dann der Verfassungsgerichtshof zur Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Verordnung käme, käme dies im Ergebnis faktisch zu spät, da für die Antragsteller mit der zwangsweisen Beseitigung des Wochenendhauses bereits ein unwiederbringlicher Schaden eingetreten wäre. Die Unzumutbarkeit begründet sich im vorliegenden Fall daher im Verzögerungseffekt und des damit einhergehenden Nachteils, der eintreten würde, müssten die Antragsteller zuvor einen Bescheid erwirken um zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der sie rechtlich belastenden Verordnung zu gelangen (VfSlg 9823/1983)."
3.1. In der Sache bringen die Antragsteller im Wesentlichen vor, es fehle für die angefochtene Änderung des Flächenwidmungsplans die erforderliche Begründung nach §36 OÖ ROG 1994. Die Gemeinde habe mit der Rückwidmung in Grünland in missbräuchlicher Weise von dem ihr eingeräumten Planungsermessen Gebrauch gemacht.
4. Der Antrag ist unzulässig.
Gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheids für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).
5. Wie die Antragsteller selbst ausführen, steht ihnen offen, für die Errichtung des Wochenendhauses auf ihrem Grundstück eine Bauplatzbewilligung zu beantragen.
Gemäß §3 Abs1 OÖ Bauordnung 1994 (OÖ BauO 1994) darf der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden nur auf Grundflächen bewilligt werden, für die eine Bauplatzbewilligung nach Maßgabe der Bestimmungen der §§4 bis 7 leg.cit. vorliegt oder gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt wird. Ein Ansuchen um eine solche Bauplatzbewilligung hat zwar gemäß §4 leg.cit. verschiedene Angaben und Beilagen zu enthalten, Planunterlagen und ausführliche Beschreibungen sind jedoch hiefür nicht erforderlich. Auf Grund eines solchen Antrags auf Erteilung einer Bauplatzbewilligung für das Grundstück der Antragsteller hätte die Behörde auch zu prüfen, ob dieser Bewilligung – sei es auch nur teilweise – ein Flächenwidmungsplan entgegensteht (vgl. unter vielen VfSlg 16.886/2003).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs steht der Partei mit dem Antrag auf Bauplatzbewilligung nach §3 Abs1 OÖ BauO 1994 ein zumutbarer Weg offen, ihre Bedenken gegen einen Flächenwidmungsplan in einer Beschwerde gegen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung im Bauplatzbewilligungsverfahren an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. VfSlg 16.428/2002, 16.730/2002, 16.783/2003). Seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 besteht darüber hinaus bereits vorher im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht die Möglichkeit, die Bedenken gegen die vom Landesverwaltungsgericht anzuwendenden Bestimmungen des Flächenwidmungsplans vorzutragen und das gemäß Art139 Abs1 Z1 B-VG antragsberechtigte Verwaltungsgericht zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof zu veranlassen.
6. Die Antragsteller bringen in ihrem Antrag vor, der Weg über das Bauplatzbewilligungsverfahren sei ihnen im vorliegenden Fall nicht zumutbar, weil während eines solchen Verfahrens der seit 1987 rechtskräftige Beseitigungsauftrag für das Wochenendhaus vollstreckt werden könnte. Dem Antrag auf Bauplatzbewilligung komme nämlich keine "aufschiebende Wirkung" im fortgesetzten Vollstreckungsverfahren zu.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, außergewöhnliche, besondere Umstände für die Unzumutbarkeit des Wegs zum Landesverwaltungsgericht und Verfassungsgerichtshof über die Erwirkung eines Bescheids im Bauplatzbewilligungsverfahren darzulegen. Der rechtskräftige Beseitigungsauftrag aus 1987 schränkt nämlich die Möglichkeit der Antragsteller, im Bauplatzbewilligungsverfahren ihre Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Flächenwidmungsplans vor dem Verfassungsgerichtshof geltend zu machen, nicht ein. Im Übrigen ist es nicht der Zweck des Antrags gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG, mit einem solchen Antrag die Vollstreckung eines rechtskräftigen Beseitigungsauftrags faktisch verzögern zu können. Dies ganz abgesehen davon, dass auch während des verfassungsgerichtlichen Verfahrens der Beseitigungsauftrag vollstreckt werden könnte.
7. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
8. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, BauplatzgenehmigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:V85.2014Zuletzt aktualisiert am
27.10.2014