TE Vwgh Erkenntnis 2014/8/27 Ro 2014/05/0062

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Veröffentlicht am 27.08.2014
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs8;
B-VG Art130 Abs4;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art151 Abs51 Z8;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §63 Abs1;
VwGG §63;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28 Abs2;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
VwGVG 2014 §28;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Revision des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 12. März 2014, Zl. LVwG-150092/3/VG/Ga, betreffend eine Bauangelegenheit (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2013, Zl. 2012/05/0030, zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis wurde aufgrund der Beschwerde von Nachbarn der aufsichtsbehördliche Vorstellungsbescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Dezember 2011 (die Vorstellung war gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 30. März 2011 betreffend Einwendungen gegen eine Planwechselbewilligung gerichtet gewesen) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

In der Folge dieses Erkenntnisses erließ das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG zuständig geworden war, den angefochtenen Beschluss. Mit diesem Beschluss wurde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG der Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 30. März 2011 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz zurückverwiesen (Spruchpunkt I.). Die ordentliche Revision wurde gemäß § 25a VwGG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

Begründend führte das Landesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bedeute, dass mit der Planwechselbewilligung Dachausbauten bewilligt worden seien, die aber, weil es sich dabei um keine Gaupen handle, unzulässig seien. Es bestehe eine "Bindungswirkung" des Landesverwaltungsgerichts an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes. Zu beachten sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach dem Bauwerber vor Versagung einer Baubewilligung nahezulegen sei, sein Projekt derart abzuändern, dass es den baurechtlichen Bestimmungen entspreche, sofern dadurch das Wesen des Bauvorhabens nicht verändert werde. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ziehe somit ein neuerliches Ermittlungsverfahren nach sich. § 28 Abs. 2 und Abs. 3 zweiter Satz VwGVG seien analog auf einen Fall wie den vorliegenden anzuwenden. Eine Behebung des angefochtenen Bescheides und eine Zurückverweisung an die Behörde zur neuerlichen Entscheidung seien zulässig, wenn die Behörde ihr neuerliches Ermittlungsverfahren vorrausichtlich mindestens zum gleichen Datum abschließen könne, wie es das Verwaltungsgericht könnte. Bezüglich der Kosten sei eine Zurückverweisung zulässig, wenn dadurch höchstens etwas höhere Kosten entstünden, als wenn das Verwaltungsgericht das Ermittlungsverfahren durchführte. Es sei nicht ersichtlich, dass die eigene Sachverhaltsermittlung durch das Landesverwaltungsgericht eine Kostenersparnis in welche Richtung auch immer (konkrete Amtshandlung/Gesamtverfahren) bewirken könnte. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Behörde ihr Ermittlungsverfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt abschließen könnte als das Landesverwaltungsgericht. Zudem erschienen aus rechtsstaatlichen Erwägungen eine allfällige erstmalige Versagung einer Planwechselbewilligung durch das Landesverwaltungsgericht und die damit einhergehende Quasi-Verkürzung des Instanzenzuges verfassungsrechtlich bedenklich. Dies vor allem deshalb, weil es sich um einen Übergangsfall nach Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG handle und die ursprünglich zuständig gewesene Landesregierung den angefochtenen Bescheid des Stadtsenates aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hätte jedenfalls aufheben müssen. Eine Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände ergebe somit, dass die neuerliche Prüfung und Entscheidung durch die Berufungsbehörde zu präferieren sei. Die ordentliche Revision sei zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, insbesondere weil noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den hier aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit Übergangsfällen nach Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG existiere.

Gegen Spruchpunkt I. dieses Beschlusses richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, diesen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

In der Revision wird im Wesentlichen dargelegt, das Konzept der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 sehe vor, dass die Verwaltungsgerichte erster Instanz grundsätzlich in der Sache selbst entscheiden sollten (wird unter Verweis auf § 28 Abs. 3 VwGVG näher ausgeführt). Das belangte Landesverwaltungsgericht wäre auch schon gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG zu einer Sachentscheidung verpflichtet gewesen, zumal im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Beschlusses weder ein vom Bauwerber geändertes Projekt vorgelegen sei noch sich die Rechtslage in einem wesentlichen Punkt verändert habe. In der bloßen Anleitung des Bauwerbers zur Vornahme einer Projektänderung sei noch keine in jedem Fall eine Ermittlungspflicht auslösende Verfahrenshandlung zu sehen. Einerseits stehe nicht fest, ob der Bauwerber überhaupt das Projekt ändern wolle, und andererseits würde auch eine Projektänderung nicht in jedem Fall eine Notwendigkeit zur Ergänzung des Sachverhaltes begründen. Dies gelte insbesondere im vorliegenden Fall, wo es nur um den "Gaupenbegriff" gehe. Im Übrigen sei die Durchführung von Sachverhaltsergänzungen durch das Verwaltungsgericht z.B. dann im Interesse der Raschheit gelegen, wenn, wie im konkreten Fall, das Verfahren im Lichte des Art. 6 EMRK ohnehin schon problematisch lange dauere. Das Planabweichungsbewilligungsverfahren sei bereits seit 18. Juni 2010 anhängig. Die Zurückverweisung würde wieder nur einen neuerlichen Rechtszug eröffnen. Somit wäre auch eine Pflicht zur Sachentscheidung gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG gegeben gewesen. Sei ferner, wie im vorliegenden Fall vom Verwaltungsgerichtshof festgestellt, von der belangten Verwaltungsbehörde eine Bewilligung zu Unrecht erteilt worden, sei der Bescheid der Verwaltungsbehörde aufzuheben und der verfahrenseinleitende Antrag abzuweisen. Dass es dabei zu einer rechtsstaatlich bedenklichen "Quasi-Verkürzung" des Instanzenzuges käme, sei nicht nachvollziehbar, liege es doch (vergleichbar mit dem Verhältnis zwischen erstinstanzlicher Behörde und Berufungsbehörde) im Wesen einer Sachentscheidung, dass damit in Abänderung der ursprünglichen Entscheidung erstmals eine Bewilligung entweder versagt oder erteilt werde. Auch das Argument, die ehemals zuständig gewesene Landesregierung hätte den angefochtenen Bescheid jedenfalls aufheben müssen, sei nicht stichhaltig, zumal es der Wille des Verfassungsgesetzgebers gewesen sei, die lediglich zur nachprüfenden Kontrolle berufene und somit rein kassatorisch entscheidende Vorstellungsbehörde ab 1. Jänner 2014 durch ein mit voller Sachentscheidungspflicht ausgestattetes, unabhängiges Gericht zu ersetzen. Die Anfechtung erfolge daher insoweit, als das belangte Landesverwaltungsgericht eine Sachentscheidung nach § 28 Abs. 2 oder Abs. 3 erster Satz VwGVG unterlassen und die Angelegenheit nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG unter bloßer Aufhebung des beschwerdegegenständlichen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen habe.

Die Oberösterreichische Landesregierung vertrat in einer Revisionsbeantwortung die Auffassung, dass das Landesverwaltungsgericht den Antrag auf Planabweichungsbewilligung entweder abzuweisen gehabt hätte oder (im Fall einer zulässigen und die Genehmigungsfähigkeit begründenden Projektänderung) die Beschwerde hätte abweisen müssen.

Vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wurde auch die (wegen eigener Revisionslegitimation - gleiches gilt für die Nachbarn - im gegenständlichen hg. Verfahren nicht mitbeteiligte) Bauwerberin dem Verfahren beigezogen, die sich in einer Äußerung vom 20. Mai 2014 der Meinung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz anschloss.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legte dem Verwaltungsgerichtshof die gegenständliche Revision und die Revisionsbeantwortung der Oberösterreichischen Landesregierung sowie die Äußerung der Bauwerberin unter Anschluss der Akten des Verfahrens vor.

Im Vorlageschreiben erstattete das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine Äußerung dahingehend, dass der Revisionswerber den Beschluss zum Anlass nehme, eine allgemeine, grundsätzliche Rechtsfrage betreffend die Anwendbarkeit von § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG zu stellen, die von der Zulassungsentscheidung nicht umfasst sei. Grundsätzliche Rechtsfragen bestünden in Bezug auf die Bindungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2013 und die Frage, ob dem Bauwerber vor Versagung der Baubewilligung eine Projektänderung nahezulegen sei, sofern dadurch das Wesen des Bauvorhabens nicht verändert werde. Beide Fragen seien vom belangten Landesverwaltungsgericht bejaht worden (und dies würde in der vorliegenden Revision nicht in Abrede gestellt, sondern vielmehr geteilt).

Vor diesem Hintergrund sei das Landesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die aufhebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zwingend ein neuerliches Ermittlungsverfahren nach sich ziehe. Es komme nicht darauf an, ob der Projektwerber im Entscheidungszeitpunkt des Landesverwaltungsgerichts bereits eine Initiative zur Projektänderung gesetzt und sich somit der Sachverhalt geändert habe. Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich, dass eine Versagung der Baubewilligung ohne Aufforderung des Projektwerbers, sein Projekt zu ändern, damit es den baurechtlichen Bestimmungen entspreche, unzulässig sei. Aus dieser Verpflichtung resultiere zwangsläufig die Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens. Es sei somit nicht nur eine reine Rechtsfrage zu lösen gewesen. Das Landesverwaltungsgericht gehe davon aus, dass eine Zurückverweisung an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auch dann zulässig sein müsse, wenn sich die notwendigen Sachverhaltserhebungen durch die Behörde erst nachträglich als zwingend erforderlich erwiesen.

Im konkreten Fall sei die Zurückverweisung zudem mit Erwägungen zu § 28 Abs. 2 VwGVG betreffend Verfahrenskosten und Verfahrensdauer untermauert und auf die Besonderheit des gegenständlichen Übergangsfalles (Quasi-Verkürzung des Instanzenzuges) hingewiesen worden.

Es bestehe keine höchstgerichtliche Judikatur zu der Frage, ob Projektänderungen (seitens des Bauwerbers oder durch projektändernde Auflagen) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überhaupt zulässig sind. Es sprächen gute Gründe dafür, dass die Verwaltungsgerichte eingerichtet worden seien, um das verwaltungsbehördliche Verfahren und somit das dort gegenständliche Projekt zu überprüfen. In der Literatur werde bereits die Auffassung vertreten, dass Prozessgegenstand des Beschwerdeverfahrens jene Verwaltungssache sei, die den Inhalt des Spruchs des angefochtenen Bescheids dargestellt habe, weshalb eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren als unzulässig erachtet werde (Hinweis auf Ennöckl/Wessely, Das Administrativverfahren der VwG, ecolex 2013, 587). Für diese Ansicht spreche auch die Rolle der Baubehörden im Baubewilligungsverfahren. Die Baubehörden hätten nicht nur die Interessen der Parteien (z.B. auch der Nachbarn) zu beachten, sondern müssten das Projekt bzw. eine allfällige Projektänderung von Amts wegen auch im Hinblick auf die öffentlichen Interessen überprüfen. Ausgehend davon, dass Projektänderungen auf verwaltungsgerichtlicher Ebene wegen der damit einhergehenden Änderung des Prozessgegenstandes unzulässig seien, liege der Schluss nahe, dass dem Landesverwaltungsgericht bereits allfällige Ermittlungsschritte hinsichtlich etwaiger Projektänderungen verwehrt seien. Solche Ermittlungsschritte könnten folglich nur im verwaltungsbehördlichen Verfahren durch die Baubehörden gesetzt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG idF BGBl. I Nr. 33/2013 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

§ 17 VwGVG idF BGBl. I Nr. 33/2013 lautet:

"3. Abschnitt

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."

Gemäß (dem im I. Teil des AVG befindlichen) § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

§ 28 VwGVG idF BGBl. I Nr. 33/2013 lautet auszugsweise:

"4. Abschnitt

Erkenntnisse und Beschlüsse Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.

der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

..."

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 zweiter Satz B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen auf die Verwaltungsgerichte über.

Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde stattgegeben hat, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG in der seit 1. Jänner 2014 geltenden Fassung sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Soweit das Landesverwaltungsgericht nunmehr vorbringt, die ordentliche Revision sei nur eingeschränkt zugelassen worden, indem die Anwendbarkeit von § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG nicht erfasst worden sei, findet dies im angefochtenen Beschluss keine Deckung. Der Revisionswerber muss nämlich in der Lage sein, den für die Nichtzulassung maßgeblichen Erwägungen entgegenzutreten, was voraussetzt, dass diese vom Verwaltungsgericht entsprechend offengelegt werden (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, S. 205, K 6). Eine Differenzierung in dieser Hinsicht zwischen Zulässigkeit und Unzulässigkeit der ordentlichen Revision wurde im angefochtenen Beschluss nicht vorgenommen.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der Parteien des hg. Verfahrens, dass sich die Bindungswirkung gemäß § 63 VwGG auch auf einen Übergangsfall im Sinne des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG bezieht. Die Bindungswirkung ist nämlich für einen konkreten Fall normiert, und es kann kein Zweifel bestehen, dass dieser konkrete Fall, der hier zur Weiterführung des Verfahrens im Sinne des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geführt hat, jener ist, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2013, Zl. 2012/05/0030, zugrunde gelegen ist.

Zutreffend verweisen die Parteien des hg. Verfahrens auch auf die ständige hg. Rechtsprechung, wonach die Baubehörde (auch im Berufungsverfahren) verpflichtet ist, dem Bauwerber bei Widerspruch seines Bauvorhabens zu baurechtlichen Bestimmungen nahezulegen, sein Bauvorhaben entsprechend zu ändern, um einen Abweisungsgrund zu beseitigen. Das Projekt darf dabei nur so verändert werden, dass es nicht als ein anderes Projekt zu beurteilen wäre (vgl. die Nachweise zur hg. Rechtsprechung bei Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht I, 6. Auflage, S. 234 Rz 6).

Im Hinblick auf § 17 VwGVG in Verbindung mit § 13 Abs. 8 AVG ist diese Auffassung auch für das Verfahren vor den Landesverwaltungsgerichten aufrechtzuerhalten. Modifikationen des Projekts sind allerdings nur so weit möglich, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruchs des verwaltungsbehördlichen Bescheids dargestellt hat, ausgewechselt wird. Solange dies nicht der Fall ist, sind Projektmodifikationen auch vor dem Landesverwaltungsgericht zulässig. Das Verwaltungsgericht hat also die Angelegenheit zu entscheiden, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war (bei Parteibeschwerden iSd Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG von Parteien mit nur einzelnen subjektiv-öffentlichen Rechten - wie regelmäßig Nachbarn im Baubewilligungsverfahren - aber stets nur im Rahmen dieser Bestimmung, also nur insoweit, als die Frage einer Verletzung derartiger subjektiv-öffentlicher Rechte Gegenstand ist; dies folgt schon daraus, dass die Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes nicht weiter gehen kann als die der Berufungsbehörde im jeweiligen Verfahren - vgl. zu deren Entscheidungsbefugnis Hengstschläger/Leeb, AVG III, S. 958 f Rz 68; vgl. im Übrigen auch Wiederin, Der Umfang der Bescheidprüfung durch das Verwaltungsgericht im Parteibeschwerdeverfahren, ÖJZ 2014, 149).

Was die Frage der Zulässigkeit einer kassatorischen Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht betrifft, ist auf das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dort mit dieser Frage auseinandergesetzt und dargelegt, dass ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt ist. Die nach § 28 VwGVG von der meritorischen Entscheidungspflicht verbleibenden Ausnahmen sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Krasse bzw. besonders gravierende Ermittlungslücken, die eine Zurückverweisung rechtfertigen würden, sind in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Beschlusses nicht genannt. Sie sind insbesondere auch nicht durch in einem Verfahren zulässige Projektänderungen bzw. die Aufforderung zu solchen gegeben bzw. auch nicht mit derartigen Verfahrensschritten verbunden.

Der angefochtene Beschluss war daher (wegen Untrennbarkeit zur Gänze, vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Wien, am 27. August 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014050062.J00

Im RIS seit

21.10.2014

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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