TE Vwgh Erkenntnis 2014/8/27 2013/05/0191

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Veröffentlicht am 27.08.2014
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauO Wr §64;
BauO Wr §70 Abs2;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde des H L in W, vertreten durch Lattenmayer, Luks & Enzinger Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mahlerstraße 11, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. September 2013, Zl. BOB - 295371/2013, betreffend Bauauftrag (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, erteilte mit Bescheid vom 6. März 2013 gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien (BO) dem Beschwerdeführer und weiteren neun Personen als Eigentümer der Baulichkeit auf der Liegenschaft H. Straße 30 den Auftrag, 1. das Dach niederschlagsdicht herzustellen, 2. die hölzerne Dachkonstruktion (Gespärre) bauordnungsgemäß und konsensgemäß zu sanieren und wieder tragsicher herzustellen, 3. den Zugang zu den Abgasanlagen für den Rauchfangkehrer aus dem allgemein zugänglichen Bereich sicher begehbar herzustellen, 4. den Fußboden in Top Nr. 10 bauordnungskonform, konsensgemäß und trittsicher wieder herzustellen und 5. die nicht bewilligten Trennwände im Bereich des Dachgeschosses entlang der Treppe und im Bereich des Podestes zu entfernen und den Zustand entsprechend der letztgültigen Baubewilligung vom 2. Mai 1930 wieder herzustellen, um damit den Zugang zum allgemeinen Teil des Hauses (Dachboden) über die bewilligte und konsensgemäße Treppenanlage zu ermöglichen (der Auftrag unter Punkt 5. wurde auf § 129 Abs. 10 BO gestützt; der Auftrag zu 4. erging nur an den Beschwerdeführer).

In der gegen Punkt 3. und 5. erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die baulichen Abtrennungen über einen Konsens verfügen würden. Mit Bescheid vom 2. Mai 1930 sei die Errichtung von Trennwänden im Dachgeschoss genehmigt worden. Dies sei ebenfalls in den Untergeschossen genehmigt worden, wodurch auch in der unter der Top Nr. 10 liegenden Wohnungseigentumseinheit die Treppe nicht allgemein zugänglich sei. Genauere Pläne zum Bescheid aus 1930 seien jedoch nicht vorhanden. Dem Bescheid vom 23. Jänner 1936 sei ein Plan zu Grunde gelegen, aus dessen gelben bzw. roten Markierungen sich ergebe, dass die Trennwände entlang der Treppe im Dachgeschoss über einen Konsens verfügen würden. Weiters sei aus einer angefertigten Kopie dieses Planes erkennbar, dass der durch die angeblich nicht bewilligten Trennwände entlang der Treppe und im Bereich des Podestes entstandene Raum schraffiert eingezeichnet und der Wohnung Top Nr. 10 zugeordnet sei. Im originalen Plan seien diese nicht mehr eingezeichnet, es sei jedoch mit freiem Auge erkennbar, dass Radierungen vorgenommen worden seien. Da diese Schraffierungen in einer 2005 angefertigten Kopie noch vorhanden gewesen seien, müssten diese nach 2005 vorgenommen worden sein. Auch sei im Mietvertrag von 1959 vereinbart worden, dass der Mieter den Zutritt zu den Kaminputztüren (die damals und heute in Top Nr. 10 gelegen seien) jederzeit zu gestatten habe.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die nur gegen die Punkte 3. und 5. gerichtete Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass durch den Bescheid vom 23. Jänner 1936 keine Änderung zum Bescheid vom 2. Mai 1930 erfolgt sei, da der gegenständliche Bauteil in schwarzer Farbe dargestellt worden und somit nicht als neuer Bauteil anzusehen sei. Aus den der Baubewilligung vom 2. Mai 1930 zu Grunde liegenden Einreichplänen ergebe sich, dass alle Änderungen in roter bzw. in gelber Farbe dargestellt worden seien. Demnach seien im Dachgeschoß parallel zur Treppe unter Freihaltung eines Ganges eine Zwischenwand errichtet und an Stelle eines Ateliers zwei Zimmer geschaffen worden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die vom Dachgeschoss in den Dachboden führende Treppe und daraus folgend auch der Zugang zu den Abgasanlagen von den allgemeinen Teilen des Gebäudes erreichbar sei. Auf eine Vergrößerung der Wohnung Top Nr. 10 unter Einbeziehung des Gangbereiches zwischen der allgemeinen Treppe und den Zimmern sei im Bescheid vom 23. Jänner 1936 nicht Bezug genommen worden. Die Schraffuren im Plan würden lediglich der besseren Übersichtlichkeit der den beiden Wohnungen zugehörigen Räume dienen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Annahme, wonach der konsentierte Bestand im Bescheid vom 23. Jänner 1936 schwarz und damit nicht in Übereinstimmung mit dem Bescheid vom 2. Mai 1930 ausgewiesen sei, aktenwidrig sei, da ersichtlich sei, dass die roten Änderungen nur schwarz übermalt worden seien. Auch die Vermerke "A" und "F" könnten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung (23. Jänner 1936) noch nicht vorhanden gewesen sein, da der Mietvertrag A erst 1959 abgeschlossen worden sei. Es hätte ein Sachverständiger beigezogen werden müssen, um den Zeitpunkt der Übermalungen festzustellen. Der grob mangelhaft ermittelte Sachverhalt führe zu einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens, da das Vorliegen eines Konsenses eine wesentliche Vorfrage für die Erteilung eines baubehördlichen Auftrages nach § 129 Abs. 10 BO sei. Dies besonders deshalb, da bereits in der Berufung auf die Radierungen und Manipulationen hingewiesen worden sei und da die Farbe Schwarz in der damals geltenden Planzeichenverordnung nicht enthalten gewesen sei. Auch wenn im Übrigen die Abmauerungen im Ausführungsplan von 1936 fälschlicherweise als Konsens - also unrichtigerweise in schwarz - dargestellt worden sein sollten, hätte die Behörde von einem vermuteten Konsens ausgehen müssen.

§ 129 BO idF LGBl. Nr. 46/2010 lautet auszugsweise:

"(2) Der Eigentümer (jeder Miteigentümer) hat dafür zu sorgen, dass die Bauwerke (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden.

...

(4) Die Behörde hat nötigenfalls die Behebung von Baugebrechen unter Gewährung einer angemessenen Frist anzuordnen. Sie ordnet die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen an und verfügt die aus öffentlichen Rücksichten notwendige Beseitigung von Baugebrechen entsprechend dem Stand der Technik im Zeitpunkt der Erteilung des Bauauftrages. ...

...

(10) Jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften ist zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten.

..."

Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass erkennbar ist, dass auf dem Plan aus 1936 Radierungen und Änderungen vorgenommen worden sind. Man sieht, dass blau schraffierte Linien im Gangbereich und eine rote Markierung im Bereich des Durchganges radiert worden sind. Ein vermuteter Konsens im Hinblick auf die Abmauerungen und den Durchgang wäre jedoch nur anzunehmen, wenn keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme, wie etwa Radierungen in vorhandenen Plänen, vorliegen (vgl. die bei Moritz, Bauordnung für Wien4, S. 321 zitierte hg. Rechtsprechung). Gleiches muss für Schwärzungen gelten. Ein vermuteter Konsens für die gegenständlichen Baumaßnahmen scheidet daher jedenfalls aus.

Liegt im Übrigen eine Diskrepanz zwischen der verbalen Beschreibung im Baubewilligungsbescheid und der zeichnerischen Darstellung in den genehmigten Bauplänen vor, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die verbale Beschreibung des Baubewilligungsbescheides maßgeblich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. April 1984, Zl. 83/06/0246, vom 19. September 1991, Zl. 91/06/0062, und vom 12. Oktober 1993, Zl. 93/05/0166). Im Beschwerdefall zeigen sowohl Einreichplan als auch Bescheid aus dem Jahr 1930, dass die gegenständlichen Trennwände (Einbeziehung des Ganges in die Wohnung mit einem Durchbruch) nicht vorhanden waren und auch nicht bewilligt wurden. Der Bescheid vom 23. Jänner 1936 enthält eine detaillierte verbale Aufzählung der mit ihm bewilligten Baumaßnahmen (im Kellergeschoß, Erdgeschoß und ersten Stock), erwähnt das Dachgeschoss aber mit keinem Wort. Auch eine mögliche Vergrößerung der Wohnung Top Nr. 10 (durch das Einbeziehen des Gangbereiches) wird im Bescheid in keiner Weise angesprochen. Gerade auf Grund von Radierungen im Plan kann nicht auf eine Bewilligung der gegenständlichen Abmauerungen geschlossen werden, wenn diese Baumaßnahmen im Text des Bescheides, der die bewilligten Baumaßnahmen auflistet, vollkommen unerwähnt geblieben sind. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass insgesamt eine Bewilligung für die zur Beseitigung aufgetragenen Trennwände nicht anzunehmen ist. Im Hinblick auf den Widerspruch zwischen Bescheidtext und Plan hätte an diesem Ergebnis auch die Beiziehung eines Sachverständigen nichts ändern können.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013, die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 weiter anzuwenden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 27. August 2014

Schlagworte

Spruch und BegründungInhalt des Spruches Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013050191.X00

Im RIS seit

21.10.2014

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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