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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art119a Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätinnen Dr. Bayjones sowie Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der A in K, vertreten durch die Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 8, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 5. Juli 2013 (Berichtigung vom 28. August 2013), Zl. RoBau-8-1/848/5-2013, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. B in K, 2. Stadtgemeinde C, vertreten durch Dr. Simon Brüggl und Dr. Günter Harasser, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Rathausplatz 2/II), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 24. Juni 2008 suchte der Erstmitbeteiligte (Bauwerber) um Erteilung einer Baubewilligung für einen Zu- und Umbau am bestehenden Gebäude sowie die Errichtung einer Tiefgarage auf einem näher genannten Grundstück in der zweitmitbeteiligten Gemeinde an.
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des östlich unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erhob sie Einwendungen gegen das Bauvorhaben und brachte unter anderem vor, die Errichtung einer Tiefgarage sei gemäß § 41 Abs. 2 Tiroler Raumordnungsgesetz - TROG unzulässig, weil von dieser ein erhöhtes Gefahrenpotential insbesondere im Hinblick auf den Brandschutz ausgehe.
Der Bauwerber übermittelte daraufhin geänderte Planunterlagen. Der Beschwerdeführerin wurde die Stellungnahme des hochbautechnischen Sachverständigen vom 19. August 2010 zu den geänderten Planunterlagen übermittelt und im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern. Sie hielt in ihrer Stellungnahme vom 11. Oktober 2010 unter anderem ihre Bedenken hinsichtlich der Tiefgarage aufrecht.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 15. März 2011 wurde die Baubewilligung für den beantragten Zu- und Umbau sowie die Errichtung einer Tiefgarage erteilt.
Die Beschwerdeführerin berief mit Schriftsatz vom 4. April 2011, ergänzt mit Schreiben vom 26. Mai 2011.
Mit Schriftsatz vom 13. August 2012 stellte die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag, weil der Stadtrat der zweitmitbeteiligten Gemeinde nicht innerhalb der Frist gemäß § 73 Abs. 1 AVG über die Berufung entschieden habe.
Mit Bescheid des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 17. Dezember 2012 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen, der erstinstanzliche Bescheid jedoch hinsichtlich der Baumassenangaben und einiger Auflagen abgeändert. Unter anderem wurde in Spruchpunkt IV. des erstinstanzlichen Bescheides die Auflage 25. ergänzt ("Der untere Fußpunkt der Natursteinmauer ist soweit von der Garage entfernt zu errichten, dass dieser außerhalb des Schnittpunktes zwischen dem Gelände nach der Bauführung und einer gedachten, 33 Grad geneigten Böschungsebene, die im Schnittpunkt zwischen der Außenwand und der Dachhaut der Garage anschließt, liegt.").
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid (vom 5. Juli 2013, Berichtigung vom 28. August 2013) gab die belangte Behörde der dagegen eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin vom 2. Jänner 2013 statt, hob den Bescheid des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 17. Dezember 2012 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an diesen. Begründend führte sie aus, der Vorstellung sei aufgrund des Brandschutzes Erfolg beschieden gewesen. Im Bauverfahren habe trotz mehrmaliger Thematisierung der brandschutzrechtlichen Bedenken keine konkrete Erörterung dieser Frage stattgefunden und es sei trotz Monierens der gutachterlichen Unzulänglichkeit durch die Beschwerdeführerin keine Gutachtensergänzung erfolgt. Hinsichtlich der Baumassenberechnung und der Widmungskonformität des Bauvorhabens einschließlich der Zulässigkeit der Tiefgarage im Freiland, der Beweissicherung, der Nachvollziehbarkeit der Auflage betreffend den Fußpunkt der Natursteinmauer, des Abbruchauftrages, der Abstandsbestimmungen sowie der Baumaßnahmen und Anlagen im Mindestabstandsbereich und der Aufschüttungen folgte die belangte Behörde hingegen nicht dem Vorbringen in der Vorstellung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ersatzlos zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache an die Behörde erster Instanz zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens zurückzuverweisen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift - ebenso wie die zweitmitbeteiligte Gemeinde - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Auf dem vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG, i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012, kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Durch einen aufhebenden Vorstellungsbescheid können Rechte jener Partei, über deren Vorstellung der Bescheid der höchsten Gemeindeinstanz durch die Vorstellungsbehörde aufgehoben wurde (Art. 119a Abs. 5 B-VG i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012), nur insoweit verletzt werden, als dadurch der Gemeindebehörde eine bestimmte Rechtsansicht überbunden wird. Die tragenden Aufhebungsgründe eines solchen Bescheides sind im fortgesetzten Verfahren nicht nur von den Gemeindebehörden, sondern auch von der Vorstellungsbehörde und schließlich vom Verwaltungsgerichtshof zu beachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2013, Zl. 2011/06/0179, mwN). Der im Ergebnis erfolgreiche Vorstellungswerber kann daher nur insoweit - zur Vermeidung dieser Bindungswirkung für das fortgesetzte Verfahren - Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2012, Zl. 2009/05/0346, mwN).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine Bindung an die - einem kassatorischen aufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheid beigegebene - Begründung nur insoweit, als die Begründung für die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften gemeindebehördlichen Bescheides tragend ist. Dementsprechend ist auch der obsiegende Vorstellungswerber berechtigt, den aufhebenden Vorstellungsbescheid deswegen vor dem Verwaltungsgerichtshof anzufechten, weil jene Gründe, die die Aufhebung tragen, seiner Ansicht nach unzutreffend sind. Die Teile der Begründung des aufhebenden Bescheides, die darlegen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden sind, lösen jedoch keinerlei bindende Wirkung aus. Derartige Begründungselemente (mit denen die Vorstellungsbehörde etwa der Rechtsansicht der Gemeindebehörden in Teilbereichen beigetreten ist), die (ohne das Hinzutreten von Aufhebungsgründen hinsichtlich anderer Begründungselemente) zu einer Abweisung der Vorstellung führen hätten müssen, stellen keinen tragenden Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides dar (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2011/06/0179).
Im vorliegenden Verfahren hob die belangte Behörde den Berufungsbescheid deshalb auf, weil keine konkrete Erörterung des Brandschutzes in Zusammenhang mit der Tiefgarage stattgefunden habe und diesbezüglich keine Gutachtensergänzung erfolgt sei.
Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen diesen, die Aufhebung des Gemeinderatsbescheides tragenden und somit bindenden Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides. Sie bringt vielmehr vor, das rechtliche Gehör in Zusammenhang mit der Auflage betreffend den Fußpunkt der Natursteinmauer sei mangelhaft, die Änderung des Bauprojektes sei nicht einer entsprechend planlich konsolidierten Darstellung zugeführt worden, es seien keine Ermittlungen hinsichtlich der gerügten Nichteinhaltung der Abstandsbestimmungen durchgeführt worden, die Beschwerdeführerin habe - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Verletzung des Mindestabstandsbereiches durch die geplanten Aufschüttungen eingewendet, die zu errichtende Außentreppe sei nicht als untergeordneter Bauteil zu qualifizieren und dürfe daher nicht im Mindestabstandsbereich errichtet werden und eine gekuppelte Bauweise sei unzulässig. Das Beschwerdevorbringen richtet sich somit nur gegen die Ausführungen der belangten Behörde, in denen aufgezeigt wird, welche der in der Vorstellung geltend gemachten Rechtsverletzungen keine Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides nach sich zu ziehen hätte. Diese erzeugen jedoch keine Bindungswirkung; sie vermögen daher die Beschwerdeführerin nicht in ihren subjektiven Rechten zu verletzen (vgl. dazu nochmals die hg. Erkenntnisse Zl. 2011/06/0179 und Zl. 2009/05/0346, jeweils mwN).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014).
Wien, am 8. September 2014
Schlagworte
Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde ErsatzbescheidEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2013060148.X00Im RIS seit
21.10.2014Zuletzt aktualisiert am
22.10.2014