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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 10. Dezember 1997, Zl. 240.786/10-III/16f/97, betreffend Vordienstzeitenanrechnung nach § 12 Abs. 3 GG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1959 geborene Beschwerdeführer steht als Professor, Verwendungsgruppe L1, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe und Hotelfachschule in W, Oberösterreich.
Nach der Matura und Ableistung des Präsenzdienstes war der Beschwerdeführer ab Juni 1979 bei der S-D P AG als Sachgebietsleiter im Einkauf und dann ab 1. September 1984 bis 13. September 1992 im Wesentlichen als Einkaufsleiter bei einem in- und ausländische Betriebe umfassenden Unternehmen mit Schwerpunkt Verpackungen tätig. Parallel dazu studierte der Beschwerdeführer vom 6. Oktober 1980 bis 28. Oktober 1985 Betriebswirtschaftslehre und vom 28. September 1982 bis 25. Oktober 1989 Wirtschaftspädagogik an der Universität L. Nach Abschluss dieser Studien, aber noch neben seinem Hauptberuf, war der Beschwerdeführer vom 9. September 1991 bis 31. August 1992 als Vertragslehrer II an der Höheren Bundeslehranstalt S tätig.
Vom 1. September 1992 bis zu seiner Ernennung in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis mit Wirksamkeit vom 1. April 1997 war der Beschwerdeführer bereits an seiner nunmehrigen Dienststelle als Vertragslehrer eingesetzt.
Mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 21. Mai 1997 wurde infolge der vorher genannten Ernennung - ohne feststellbares Ermittlungsverfahren - über den Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers wie folgt abgesprochen:
"Gemäß Paragraph 12 des Geh.-Ges. 1956 wird mit Wirksamkeit vom 1. 4. 1997 für Sie der 18. 2. 1985 als Vorrückungsstichtag für die Verwendungsgruppe L1 festgesetzt.
Es gebühren Ihnen ab 1. 4. 1997 die Bezüge der Gehaltsstufe 8 in der Verwendungsgruppe L1.
Als Tag der nächsten Vorrückung wird gemäß Paragraph 8 Abs. 1 und 2 leg. cit. der 1. 1. 1999 in Betracht kommen."
Zur Begründung wurde lediglich ausgeführt, der für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages maßgebende Sachverhalt sei unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers im Erhebungsbogen aus den aufliegenden Personalunterlagen "angenommen" und auf Grund der dem Bescheid angeschlossenen und einen festen Bestandteil des Bescheides bildenden "Ermittlungen" festgestellt worden.
Dem genannten als "Ermittlungen" bezeichneten Beiblatt ist zu entnehmen, dass im Zeitraum vom 19. Mai 1977 bis 30. Juni 1989 gemäß § 12 Abs. 2 GG die Zeit der Mittelschulausbildung, die Präsenzdienstzeit und die Studienzeit, und zwar vom 1. Juli 1985 bis 30. Juni 1989, zur Gänze angerechnet worden seien; von den sonstigen Studienzeiten vom 1. Juli 1989 bis 31. August 1992 seien noch die vorgeschriebenen Praxiszeiten von zwei Jahren zur Gänze angerechnet worden. Die restlichen Zeiten wurden gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 GG (in Verbindung mit § 113 Abs. 5 GG) zur Hälfte berücksichtigt, sodass eine Vordienstzeit von 12 Jahren, 1 Monat und 13 Tagen ausgewiesen wurde.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, bei Ermittlung des Vorrückungsstichtages seien die von ihm in der Privatwirtschaft geleisteten Vordienstzeiten nur zur Hälfte bzw. die von ihm gleichzeitig während des Studiums der Wirtschaftspädagogik absolvierten Vordienstzeiten nicht berücksichtigt worden. Da er der Meinung sei, dass seine 13-jährige Wirtschaftserfahrung und auch das zusätzlich absolvierte Betriebswirtschaftsstudium für seinen Unterricht und für seine Schüler von besonderer Bedeutung sei, ersuche er, seine Studien- und außerschulischen Vordienstzeiten zur Gänze im öffentlichen Interesse gemäß § 12 Abs. 3 GG bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages zu berücksichtigen. Der Berufung habe er eine Gegenüberstellung der von ihm in der Wirtschaft ausgeübten Tätigkeiten mit dem Lehrplan der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe beigelegt, die zeigen solle, dass es ihm nur durch seine langjährige Praxis überhaupt möglich sei, die im Lehrplan ausdrücklich geforderte "Praxisrelevanz" herzustellen und die Schüler durch Fallbeispiele und Problemstellungen aus der Praxis zu problemlösendem Lernen anzuhalten und vernetztes Denken zu fördern. Ebenso sei durch seine Berufserfahrung gewährleistet, dass die Schüler auf die Bedeutung der Verwendung praxisgerechter Hilfsmittel zur rationellen Lösung kaufmännischer Problemstellungen hingewiesen würden und dies im Rahmen der Möglichkeit auch anwenden lernen könnten. Das vom Beschwerdeführer neben seiner beruflichen Tätigkeit absolvierte Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den von ihm gewählten Ausbildungsschwerpunkten Betriebsinformatik und Rechnungswesen und der stärkere Einsatz der EDV bei seiner früheren beruflichen Tätigkeit hätten ihm ermöglicht, den Lehrplan für das Pflichtfach "Wirtschaftsinformatik" außerordentlich fundiert abzudecken und die Möglichkeiten des Einsatzes der EDV für die Lösung betriebswirtschaftlicher Aufgaben und Problemstellungen durch praxisrelevante Beispiele aufzubereiten. Weiters werde an seiner Schule der Ausbildungsschwerpunkt "Umweltökonomie" unterrichtet, dessen Lehrplan auch betriebswirtschaftliche Inhalte aufweise. Da er in der Zeit vom 1. September 1984 bis 13. September 1992 in leitender Funktion in den in- und ausländischen Betrieben des Papier erzeugenden und verarbeitenden Konzerns tätig gewesen sei, für den Umweltschutz und Wiederverwertbarkeit der von ihm erzeugten Produkte im Unternehmensleitbild an oberster Stelle gestanden seien, sei er als Einkaufsleiter dieses Betriebes laufend mit Umweltschutz- und Energiesparinvestitionen betraut gewesen (wird näher ausgeführt).
Die belangte Behörde beantragte daraufhin beim damals zuständigen Bundesminister für Finanzen mit 5. September 1997 die Vollanrechnung von Vordienstzeiten für den Beschwerdeführer nach § 12 Abs. 3 GG. Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in seinem ergänzenden Schreiben vom 11. August 1997 sein Begehren dahin gehend konkretisiert, dass ihm wenigstens die vom 1. Juli 1984 bis 28. Oktober 1985 und vom 30. Oktober 1987 bis 31. August 1992 gelegenen Vordienstzeiten zur Gänze nach § 12 Abs. 3 GG berücksichtigt werden mögen. Der Beschwerdeführer unterrichte ab Eintritt in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis mit 1. April 1997 die Fächer Rechnungswesen (11 Wochenstunden), Betriebswirtschaftslehre (2 Wochenstunden), theologisches Seminar (2 Wochenstunden), Tourismus und Marketing (4 Wochenstunden), betriebs- und volkswirtschaftliche sowie gastgewerbliche Betriebswirtschaftslehre (2 Wochenstunden). Im Hinblick auf die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Berufung und in seiner Eingabe vom 11. August 1997 werde ersucht, einer Anrechnung der genannten Zeiten gemäß § 12 Abs. 3 GG zuzustimmen.
Dazu gab das Bundesministerium für Finanzen mit 19. November 1997 folgende Stellungnahme ab:
"Punkt 23.1 Abs. 2 lit. b sub. lit aa) der Anlage 1 zum BDG 1979 schreibt für Lehrer an mittleren und höheren Schulen, an land- und forstwirtschaftlichen berufspädagogischen Lehranstalten und an Akademien als Anstellungserfordernis für die EGr. L 1 zwingend die Zurücklegung einer zweijährigen facheinschlägigen Berufspraxis vor.
Die geforderte zweijährige facheinschlägige Berufspraxis legte der Genannte nach den Feststellungen des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten in der Zeit vom 29.10.1985 bis 29.10.1987 (Post Nr. 7) zurück.
R erfüllte daher sämtliche Ernennungserfordernisse erst am '29.10.1997' (richtig wohl: 1987).
Nach der Judikatur des VwGH können Zeiten vor dem Erfüllen sämtlicher Ernennungserfordernisse nur dann berücksichtigt werden, wenn sie für die jetzige Verwendung des Bediensteten unerlässlich sind.
Dies kann für die Zeit der Vortätigkeit (Post Nr. 6) sicher nicht behauptet werden, weswegen sich das Bundesministerium für Finanzen nicht in der Lage sieht, dem Antrag auf Berücksichtigung oben genannter Zeitspanne gem. § 12 Abs. 3 GG 1956 stattzugeben.
Der Lehrtätigkeit, die R nach Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses auszuüben hatte, ist eine völlig gleichartige Tätigkeit als Vertragslehrer des Bundes in der Dauer von 4 Jahren und 7 Monaten unmittelbar vorangegangen, sodass zwangsläufig die weiter zurückliegende Praxiszeit (Post Nr. 8) hinsichtlich ihrer Auswirkung auf den Verwendungserfolg als öffentlich-rechtlicher Bediensteter in den Hintergrund tritt; es kann daher auch dem Antrag auf Berücksichtigung der Zeitspanne unter Post Nr. 8 gem. § 12 Abs. 3 GG 1956 nicht stattgegeben werden."
Daraufhin wurde die Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen gemäß § 12 Abs. 3 GG 1956, BGBl. Nr. 54, in der derzeit geltenden Fassung, abgewiesen.
Zur Begründung wird nach kurzer Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage im Wesentlichen weiter ausgeführt, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei bei der Beurteilung der im § 12 Abs. 3 GG genannten Tatbestandsmerkmale des "öffentlichen Interesses" und der "besonderen Bedeutung" stets von jener Situation auszugehen, die zum Zeitpunkt der Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum Bund bestanden habe. Im vorliegenden Verfahren komme es daher nur auf die Bedeutung der Vortätigkeit für den Verwendungserfolg zum Zeitpunkt der "Pragmatisierung" (= Ernennung in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis) an.
Der Beschwerdeführer habe ab Beginn seiner Anstellung als Bundeslehrer die Fächer Rechnungswesen, Betriebswirtschaftslehre, theologisches Seminar, Tourismus und Marketing sowie betriebs- und volkswirtschaftliche und gastgewerbliche Betriebswirtschaftslehre unterrichtet. Nach Befassung des im Zustimmungsverfahren maßgebenden Bundesministeriums für Finanzen werde nach Prüfung der Sach- und Rechtslage Folgendes festgestellt:
Punkt 23.1 Abs. 2 lit. b sub. lit. aa der Anlage 1 zum BDG 1979 schreibe für Lehrer an mittleren und höheren Schulen als Anstellungserfordernis für die Verwendungsgruppe L1 zwingend die Zurücklegung einer zweijährigen facheinschlägigen Berufspraxis vor. Diese vom Gesetz geforderte zweijährige facheinschlägige Berufspraxis habe der Beschwerdeführer nach dem vorgelegten Anrechnungsentwurf in der Zeit vom 29. Oktober 1985 bis 29. Oktober 1987 zurückgelegt. Er habe daher sämtliche Ernennungserfordernisse erst am 29. Oktober 1987 erfüllt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei schon bei Vordienstzeiten, die nach Erfüllung des betreffenden Anstellungserfordernisses zurückgelegt worden seien, für die Berücksichtigung im vollen Ausmaß nach § 12 Abs. 3 GG jedenfalls verlangt, dass der durch die Vortätigkeit verursachte Erfolg der Verwendung im Bundesdienst ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre; die Gliederung der Beamtenschaft nach Verwendungsgruppen, die voneinander vornehmlich durch die Anstellungsvoraussetzungen unterschieden seien, bewirke bei der vollen Berücksichtigung unterwertiger oder vor der Erfüllung des einschlägigen Anstellungserfordernisses zurückgelegter Verwendungs- oder Ausbildungszeiten, dass bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 GG zuträfen, ein besonders strenger Maßstab angelegt werde, etwa in der Richtung, dass die Vortätigkeit für die nunmehrige Verwendung des Beschwerdeführers der Sache nach unerlässlich sei. Dies könne aber für die Zeit der Vortätigkeit des Beschwerdeführers vom 1. Juli 1984 bis 28. Oktober 1985 sicher nicht behauptet werden, weil ein Lehrer mit der Lehramtsprüfung aus Wirtschaftspädagogik zusammen mit einer zweijährigen facheinschlägigen Berufspraxis für den Unterricht in den von ihm vermittelten Gegenständen voll einsetzbar sei. Die belangte Behörde habe sich daher im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen nicht in der Lage gesehen, dem Antrag auf Berücksichtigung der genannten Zeitspanne stattzugeben.
Weiters müsse festgestellt werden, dass der Lehrtätigkeit, die der Beschwerdeführer nach Begründung seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses auszuüben gehabt habe, eine völlig gleichartige Tätigkeit als Vertragslehrer des Bundes in der Dauer von 4 Jahren und 7 Monaten unmittelbar vorangegangen sei, sodass zwangsläufig die weiter zurückliegende Praxiszeit vom 30. Oktober 1987 bis 31. August 1992 hinsichtlich ihrer Auswirkung auf den Verwendungserfolg in den Hintergrund getreten sei; es könne daher auch dem Antrag auf Berücksichtigung der Zeitspanne unter "Post Nr. 8" gemäß § 12 Abs. 3 GG nicht stattgegeben werden. Dies deshalb, weil auf Grund der in einer über dreijährigen, ununterbrochenen, einschlägigen Verwendung gesammelten Erfahrung von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass der Erfolg der Verwendung des Beamten ohne die weitere Tätigkeit in der Privatwirtschaft und unter der Voraussetzung, dass ihr nur die erwähnte gleichartige Praxis als Vertragslehrer vorangegangen wäre, nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf gesetzmäßige Entscheidung über seinen Antrag auf Vollanrechnung von Vordienstzeiten nach § 12 Abs. 3 GG samt entsprechender Verbesserung seines Vorrückungsstichtages und seiner dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung durch unrichtige Anwendung der vorzitierten Norm, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Nach § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der für die Entscheidung maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 61/1997, können Zeiten gemäß Abs. 1 Z. 3 (Anmerkung: sonstige Zeiten), in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist. Solche Zeiten sind jedoch ohne Zustimmung des Bundesministers für Finanzen zur Gänze zu berücksichtigen,
1. soweit sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis nach dem 1. Satz, nach § 26 Abs. 3 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 oder nach einer gleichartigen Bestimmung einer anderen Rechtsvorschrift zur Gänze berücksichtigt worden sind und
2. der Beamte bei Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses nach wie vor die hiefür maßgebende Verwendung ausübt.
Im Beschwerdefall ist die (Voll-)Anrechnung von Zeiten, die vor Erbringung des Anstellungserfordernisses gelegen waren, und von solchen Zeiten, die nach Absolvierung des Studiums und der zwingend vorgeschriebenen zweijährigen facheinschlägigen Berufspraxis situiert waren, strittig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 5. April 1973, Slg. N. F. Nr. 8393/A) - worauf die belangte Behörde ohne Zitierung Bezug nimmt - zur Berücksichtigung von Vordienstzeiten vor der Erfüllung der Anstellungserfordernisse ausgesprochen, dass schon für Vordienstzeiten, die nach Erfüllung des betreffenden Anstellungserfordernisses zurückgelegt wurden, für die Berücksichtigung im vollen Ausmaß nach § 12 Abs. 3 GG jedenfalls verlangt wird, dass der durch die Vortätigkeit verursachte Erfolg der Verwendung im Bundesdienst ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre; die Gliederung der Beamtenschaft nach Verwendungsgruppen, die voneinander vornehmlich durch die Anstellungsvoraussetzungen unterschieden sind, erfordere bei der vollen Berücksichtigung unterwertiger oder vor der Erfüllung des einschlägigen Anstellungserfordernisses zurückgelegter Verwendungs- oder Ausbildungszeiten, dass bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 GG zutreffen, ein besonders strenger Maßstab angelegt wird, etwa in der Richtung, dass die Vortätigkeit für die nunmehrige Verwendung des Beamten der Sache nach unerlässlich wäre.
In einem Verfahren nach § 12 Abs. 3 GG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1997, Zl. 96/12/0218, mwH) davon auszugehen, dass eine Vortätigkeit oder ein Studium für die erfolgreiche Verwendung eines Beamten von Bedeutung ist, wenn sie sich als eine ihrer Ursachen darstellt und von besonderer Bedeutung ist, wenn der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre. Die Frage nach der besonderen Bedeutung einer Vortätigkeit des Beamten für seine erfolgreiche Verwendung muss in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren geklärt werden. Es ist demnach festzustellen, welche tatsächlichen Verrichtungen während der Vordienstzeit besorgt wurden, in welchem Ausmaß dies geschehen ist und welche Kenntnisse und Fähigkeiten hiebei erworben wurden. Andererseits ist festzustellen, welche tatsächlichen Tätigkeiten der Anrechnungswerber auf dem Dienstposten, auf den er aufgenommen wurde, und zwar im ersten Halbjahr des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, zu verrichten hatte, inwieweit sein Verwendungserfolg in diesem Rahmen über dem vom Beamten ohne ähnliche Vortätigkeit lag und ob die Vortätigkeit für diesen Verwendungserfolg als Beamter ursächlich war. Trifft dies alles zu und wäre der durch die Vortätigkeit verursachte Verwendungserfolg ohne diese nur in einem beträchtlich geringerem Maß gegeben gewesen, dann ist die Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung als Beamter von besonderer Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GG.
Selbst bei einer neun Jahre dauernden Verwendung als Vertragslehrer - so der Verwaltungsgerichtshof in dem vorher genannten Erkenntnis vom 22. Oktober 1997 - und völlig ungeklärten Umständen hinsichtlich der Nichtanrechnung von Vordienstzeiten während der Vertragszeit könne bei der (im damaligen Beschwerdefall) gegebenen Sachlage nicht gesagt werden, dass den speziellen Fachkenntnissen des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit in der Privatwirtschaft bezogen auf die von ihm gelehrten Fächer zur Gänze von vornherein die besondere Bedeutung abzusprechen ist. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Verbindung der Erkenntnisse des (damaligen) Beschwerdeführers aus der praktischen Ausübung der kaufmännisch-wirtschaftlichen Tätigkeit mit den Erfahrungen der späteren Lehrtätigkeit einen "Quantensprung" bedeuten könne, dessen wesentliche Ursache in der erstgenannten Verwendung des (damaligen) Beschwerdeführers in der Privatwirtschaft liege; eine solche Voraussetzung könne auch durch die verhältnismäßig lange Vertragslehrerzeit, die primär zu einer Erweiterung pädagogischer Kenntnisse und Fähigkeiten in der Umsetzung der fachspezifischen Praxis-Kenntnisse im Schulalltag führe, nicht ausgeschlossen werden. Diese Betrachtung werde noch dadurch unterstützt, dass die Lehrpläne für die Fächer, in denen der (damalige) Beschwerdeführer unterrichte, besonders auf die berufliche Praxis abstellen.
Im Beschwerdefall meint die belangte Behörde zu den vor Erbringung der Anstellungserfordernisse gelegenen Vordienstzeiten zutreffend, dass bei einer solchen Anrechnung ein besonders strenger Maßstab anzulegen sei; die Vortätigkeit müsse für die Verwendung des Beamten praktisch unerlässlich sein, dies könne aber für die Vortätigkeit des Beschwerdeführers "sicher nicht behauptet werden". Weiters habe der Beschwerdeführer vor Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses eine völlig gleich gelagerte Tätigkeit als Vertragslehrer (vier Jahre und sieben Monate) ausgeübt, sodass die Auswirkung der weiter zurück liegenden Praxiszeit (30. Oktober 1987 bis 31. August 1992) in den Hintergrund trete.
Das vorliegend zu beurteilende Verwaltungsverfahren leidet schon daran, dass weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde die angewendete Rechtslage entsprechend dargestellt und zitiert haben. Der Hinweis auf das Gehaltsgesetz 1956 in der derzeit geltenden Fassung wird dem Erfordernis des § 59 Abs. 1 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG zur Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung insbesondere dann nicht gerecht, wenn (was hier der Fall ist) die Rechtslage vielfach geändert worden ist, weil dadurch dem rechtsunkundigen Beschwerdeführer die Verfolgung seines Rechtes wesentlich erschwert wird (siehe auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1998, Zl. 96/12/0026).
Dass der Bescheid erster Instanz keine Begründung im Sinne des § 60 AVG enthält, würde dann keinen relevanten Verfahrensmangel darstellen, wenn auf Grund der Berufung die belangte Behörde die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage in ihrem Bescheid - nach Durchführung des Parteiengehörs - klar und übersichtlich zusammengefasst hätte.
Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid aber nicht gerecht.
Dem angefochtenen Bescheid fehlen vielmehr hinreichende Feststellungen über den Inhalt der Fächer, mit denen der Beschwerdeführer im maßgebenden Zeitraum betraut war (- vom Beschwerdeführer wird in der Beschwerde überhaupt in Abrede gestellt, dass er den Gegenstand "Theologisches Seminar" unterrichtet habe -) und eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, mit dem der Beschwerdeführer in Form einer Gegenüberstellung durchaus plausibel versucht hat, die Lehrplan-Relevanz seiner früher ausgeübten privatwirtschaftlichen Tätigkeiten im Einzelnen darzustellen.
Was die erhöhten Anforderungen an die Vordienstzeiten vor Absolvierung des Anstellungserfordernisses durch den Beschwerdeführer betrifft, beschränkt sich die belangte Behörde auf die wertende Feststellung, dass die Unerlässlichkeit "sicher nicht behauptet" werden kann, ohne dafür eine Begründung zu liefern.
Der vorher genannten Rechtsprechung (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1997, Zl. 96/12/0218, und vom 25. März 1998, Zl. 96/12/0026) folgend, ist auch bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage nicht auszuschließen, dass die praktische Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers - ungeachtet der mehrjährigen Vertragslehrerzeit, die aber primär als Erweiterung der pädagogischen Erfahrungen zu werten ist - im Hinblick auf die ganz anders gelagerte wirtschaftlich orientierte Vordienstzeit für die festzustellende erfolgreiche Verwendung des Beschwerdeführers als Lehrer im facheinschlägigen Bereich von besonderer Bedeutung war.
Da ein für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis allenfalls in Form der Vollanrechnung eines Teiles seiner privaten Vordienstzeiten nicht ausgeschlossen werden kann, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. September 2000
Schlagworte
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998120054.X00Im RIS seit
25.02.2002