TE Vfgh Beschluss 2014/9/18 V69/2014

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.09.2014
beobachten
merken

Index

27/02 Notare

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z3
NotariatsO §9
V des Bundesministers für Justiz über die Errichtung einer weiteren Notarstelle in Wien-Innere Stadt, BGBl II 97/2014

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Verordnung des Bundesministers für Justiz über die Errichtung einer weiteren Notarstelle in Wien-Innere Stadt mangels Eingriffs in die Rechtssphäre der antragstellenden Notarin

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Die Antragstellerin, öffentliche Notarin mit Amtssitz in Wien-Innere Stadt, stellte gemäß Art139 B-VG den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge die am 5. Mai 2014 ausgegebene Verordnung des Bundesministers für Justiz über die Errichtung einer weiteren (vierzehnten) Notarstelle in Wien-Innere Stadt, BGBl II 97/2014, als gesetzwidrig aufheben. Ihre Legitimation stützt sie auf dadurch zu gewärtigende Gefährdungen ihrer wirtschaftlichen Existenz und ihrer Tätigkeit als Gerichtskommissärin.

1.1. Die angefochtene, auf §9 Notariatsordnung gestützte und über Antrag der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland erlassene Verordnung lautet:

"Im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien wird mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2014 eine weitere Notarstelle mit dem Amtssitz in Wien-Innere Stadt errichtet."

1.2. Durch §9 Notariatsordnung, RGBl. 75/1871 idF BGBl I 72/1999, wird der Bundesminister für Justiz ermächtigt, unter näher bezeichneten Voraussetzungen durch Verordnung weitere Notarstellen zu errichten oder den Amtssitz von Notarstellen an einen anderen Ort zu verlegen. Wesentlicher rechtspolitischer Zweck der Systemisierung der Notarstellen ist die Sicherung der ortsnahen Betreuung der Bevölkerung mit notariellen Leistungen nach dem Prinzip der festen Amtsstellen (RV 1633 BlgNR 20. GP, 11).

2. Der Antrag ist unzulässig.

2.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).

2.2. Mit ihrem Vorbringen vermag die Antragstellerin nicht darzutun, dass die in Rede stehende Verordnung unmittelbar in ihre Rechtsposition eingreift. Die Antragstellerin ist nämlich nicht Normadressatin der angefochtenen Bestimmung, da sich diese nicht an im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechts-sachen Wien bereits amtierende Notare richtet, sondern die Anzahl der in Wien- Innere Stadt systemisierten dreizehn Amtsstellen auf vierzehn erweitert (vgl. VfSlg 17.443/2005). Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass die bekämpfte Verordnung geeignet sein kann, die von der Antragstellerin ins Treffen geführte wirtschaftliche Position künftig zu beeinträchtigen; dies stellt jedoch lediglich eine – in Ansehung der in Rede stehenden Prozessvoraussetzung unbeachtliche – potentielle (Reflex-)Wirkung der Regelung dar, ohne die Rechtsstellung der Antragstellerin im Sinne eines unmittelbaren Eingriffs in ihre Rechtssphäre zu gestalten (vgl. ua. VfSlg 14.463/1996, 15.219/1998, 15.445/1999, 16.015/2000, 16.186/2001).

Auch macht die behauptetermaßen mit der angefochtenen Errichtungsverordnung einhergehende "Reduktion des Gerichtskommissariates" – die sich ebenfalls bloß auf die Befürchtung wirtschaftlicher Existenzgefährdung bezieht – die Antragstellerin nicht zur Normadressatin (vgl. erneut VfSlg 17.443/2005).

2.3. Der Individualantrag ist daher schon mangels Vorliegens der Prozessvoraussetzung der Anfechtungsberechtigung als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Notare, Berufsrecht, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:V69.2014

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten