TE Vwgh Erkenntnis 2014/8/12 2013/06/0068

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Veröffentlicht am 12.08.2014
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
96/01 Bundesstraßengesetz;

Norm

ABGB §863;
AVG §38;
AVG §42 Abs1;
BStG 1971 §25;
BStG 1971 §34b;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der A GmbH in B, vertreten durch Dr. Manfred Rath, Dr. Gunther Ledolter, Mag. Martin Sudi, Ing. Mag. Georg Siarlidis und Mag. Andreas Huber, Rechtsanwälte in 8020 Graz, Friedhofgasse 20, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 4. September 2012, Zl. BMVIT-326.600/0004-IV/ST3/2012, betreffend Entfernung von Werbetafeln gemäß § 25 Bundesstraßengesetz (mitbeteiligte Partei: C-Aktiengesellschaft in D, vertreten durch Dr. Hans-Joerg Luhamer, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Gersthoferstraße 10/18), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 2. März 2012 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 25 Bundesstraßengesetz 1971 (BStG 1971) aufgetragen, vier näher genannte Werbetafeln an der A2 Südautobahn, die ohne Genehmigung errichtet worden seien, bei sonstiger Ersatzvornahme binnen 14 Tagen ab Rechtskraft zu entfernen.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. September 2012 wurde die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung vom 20. März 2012 als unbegründet abgewiesen, der Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark bestätigt und ausgesprochen, dass die angeführten Werbetafeln binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Ersatzvornahme zu entfernen sind.

Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, bei den verfahrensgegenständlichen Tafeln handle es sich unbestritten um Ankündigungs- bzw. Werbetafeln im Sinne des § 25 BStG 1971. Diese Tafeln lägen unbestritten und zweifelsfrei innerhalb der Verbotszone des § 25 BStG 1971. Eine Zustimmung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) im Sinne des § 25 BStG 1971 liege nicht vor. Es liege hingegen ein Antrag des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) vor, die Beseitigung eines durch vorschriftswidriges Verhalten herbeigeführten Zustandes auf Kosten der Betroffenen anzuordnen (Antrag der mitbeteiligten Partei vom 11. November 2010). Die Beschwerdeführerin habe niemals in Abrede gestellt, dass die verfahrensgegenständlichen Tafeln konsenslos, d. h. ohne Zustimmung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) aufgestellt worden seien.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 25. Februar 2013, B 1209/12-4, deren Behandlung abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In ihrer vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift - wie die mitbeteiligte Partei - die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die Beschwerdeführerin replizierte.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4.1. Hat der Verfassungsgerichtshof in einem Verfahren gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember geltenden Fassung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 8 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, in einem solchen Verfahren die Bestimmungen des B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung und des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Im Beschwerdefall ist folgende Rechtslage im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides von Bedeutung:

§ 25 Bundesstraßengesetz 1971 (BStG 1971) idF BGBl. I Nr. 24/2010:

"Ankündigungen und Werbungen

§ 25. Akustische Werbungen und Vorrichtungen zur Abgabe akustischer Ankündigungen dürfen in jeder Richtung bis zu einer Entfernung von 100 m von der Bundesstraße (§ 21 Abs. 4) nicht errichtet werden. Optische Ankündigungen und Werbungen bedürfen in diesem Bereich - unbeschadet anderer einschlägiger Rechtsvorschriften, insbesondere der straßenpolizeilichen Vorschriften - einer Zustimmung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung), die nur dann erteilt werden darf, wenn diese Ankündigungen und Werbungen dem allgemeinen Interesse der Verkehrsteilnehmer dienen. Die Behörde hat auf Antrag des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) die Beseitigung eines durch vorschriftswidriges Verhalten herbeigeführten Zustandes auf Kosten des Betroffenen anzuordnen."

§ 34b BStG 1971 idF BGBl. I Nr. 58/2006 lautet:

"Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft

§ 34b. Hinsichtlich jener Bundesstraßen, über die sie mit dem Bund den Fruchtgenussvertrag gemäß § 2 des ASFINAG-Ermächtigungsgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 113/1997 Art. I, abgeschlossen hat, kommen der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft alle Rechte und Pflichten des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) nach diesem Bundesgesetz zu."

4.2. Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde vertrete die unrichtige Ansicht, die Beschwerdeführerin habe nie in Abrede gestellt, dass die gegenständlichen Ausfahrtswegweiser konsenslos, also ohne Zustimmung der mitbeteiligten Partei, aufgestellt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe jedoch an mehreren Stellen des Verfahrens den Rechtsstandpunkt geäußert, dass der mitbeteiligten Partei zumindest seit dem Jahr 2006 das Vorhandensein der gegenständlichen Schilder bekannt gewesen und sie auch an den seinerzeitigen Verfahren der Bezirkshauptmannschaft H (im Folgenden: BH) beteiligt gewesen sei. In den gesamten Jahren seit 2006 bis Ende 2010 sei der Zustand akzeptiert worden, zumal in den diesbezüglichen Verfahren der BH eindeutig hervorgekommen sei, dass die Schilder jedenfalls im Interesse der Verkehrsteilnehmer errichtet worden seien. Hieraus sowie aus den von der mitbeteiligten Partei im Verfahren vor der BH gesetzten Handlungen ergebe sich eindeutig, dass (zumindest konkludent) die Zustimmung zur Aufstellung der Tafeln erteilt worden sei.

Ende des Jahres 2010 habe die mitbeteiligte Partei plötzlich die Beseitigung der Tafeln beantragt, wobei nunmehr als Begründung vornehmlich - völlig verfehlt - ins Treffen geführt worden sei, es würde durch die Beschilderung "zu einer Informationsüberflutung für Verkehrsteilnehmer" kommen. Dieses Scheinargument sei nicht geeignet, die ursprüngliche, zumindest konkludent erteilte Zustimmung zu widerrufen bzw. - falls im Verfahren wider Erwarten hervorkommen sollte, dass eine Zustimmung tatsächlich nie erteilt worden sei - die Erteilung der Zustimmung mit dieser Argumentationsgrundlage künftig zu verwehren. Verfehlt sei auch die Annahme bzw. der Rechtfertigungsversuch der mitbeteiligten Partei, dass sie verpflichtet sei, "strenge Schutzvorschriften und Benützungsordnungen" mit den Raststationsbetreibern zu vereinbaren, zumal sich der wesentlichste Punkt solcher Vereinbarungen als Übernahme einer beträchtlichen finanziellen Last gegenüber der mitbeteiligten Partei entpuppe und hiervon daher nicht die Zustimmung zur Anbringung von Ausfahrtswegweisern abhängig gemacht werden könne.

Der wahre Hintergrund für die Einleitung des gegenständlichen Verfahrens liege darin, dass bislang mit der mitbeteiligten Partei kein Vertrag, der mit Entgeltzahlungen in beträchtlicher Höhe verbunden sei, abgeschlossen worden sei, was jedoch nun offenbar als Voraussetzung für die Erteilung der Zustimmung zur Anbringung von Ausfahrtswegweisern betrachtet werde.

Die hier maßgebliche Rechtsvorschrift des § 25 BStG 1971 räume weder der belangten Behörde noch der mitbeteiligten Partei die Möglichkeit ein, willkürlich über die Zustimmung zur Anbringung von Ausfahrtswegweisern für Raststationen zu entscheiden, zumal der Wortlaut des Gesetzes jedenfalls historisch zu interpretieren sei: Die entsprechende Bewilligung sei (zwingend) zu erteilen, wenn eine Ankündigungstafel (beispielsweise wie hier für eine Raststation) im allgemeinen Interesse der Verkehrsteilnehmer errichtet worden sei. Selbst wenn also hervorkommen sollte, dass bislang keine Zustimmung erteilt worden sei, läge kein nachvollziehbarer Grund seitens der mitbeteiligten Partei vor, diese Zustimmung zur Aufstellung der gegenständlichen Schilder zu verweigern.

Nach der Rechtsansicht der BH in den vorangegangenen Verfahren, welcher die Beschwerdeführerin vollinhaltlich vertraut habe, seien die hier gegenständlichen Ausfahrtswegweiser jedoch überhaupt bewilligungsfrei, zumal sie keine Werbung, sondern nur einen schräg angebrachten Richtungspfeil sowie den Wortlaut "Raststation" enthielten. Davon ausgehend sei eine Subsumption unter das Tatbestandsmerkmal "Werbung" oder "optische Ankündigung" nicht möglich, weil keine willkürliche Werbemaßnahme gesetzt, sondern lediglich der für die Erhaltung der Verkehrssicherheit zwangsläufig notwendige Hinweis auf das Vorhandensein einer Raststation dargetan worden sei.

4.3. Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass eine (ausdrückliche) Zustimmung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) gemäß § 25 BStG 1971 zur Errichtung der verfahrensgegenständlichen Werbetafeln nicht vorliegt.

Insoweit gleicht der vorliegende Beschwerdefall in den für seine Erledigung wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhalts als auch in Ansehung der zu lösenden Rechtsfragen - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/06/0064, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, es liege eine konkludente Zustimmung der mitbeteiligten Partei vor, weil diese in den seinerzeitigen Verfahren der BH (offenkundig gemeint: im Verfahren betreffen die Erteilung einer Bewilligung nach der StVO) beteiligt gewesen sei und in den Jahren von 2006 bis Ende 2010 den "Zustand" akzeptiert habe, ist Folgendes auszuführen:

Die Bewilligung nach den Vorschriften des Bundesstraßengesetzes ist nicht Gegenstand des straßenpolizeilichen Bewilligungsverfahrens, auch nicht in Form einer Vorfrage nach § 38 AVG (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl. 92/03/0220). Hätte die mitbeteiligte Partei im straßenpolizeilichen Bewilligungsverfahren rechtzeitig die privatrechtliche Einwendung erhoben, eine Zustimmung gemäß § 25 BStG 1971 aus bestimmten Gründen zu versagen, so hätte die Verwaltungsbehörde darüber keine Sachentscheidung fällen, sondern nur die Verweisung auf den Zivilrechtsweg aussprechen können. Demnach kann der Bund (Bundesstraßenverwaltung) auch nicht gemäß § 42 Abs. 1 AVG von der Versagung einer Zustimmung gemäß § 25 BStG 1971 präkludiert sein, wenn er im straßenpolizeilichen Bewilligungsverfahren eine auf § 25 BStG 1971 gestützte Einwendung unterlässt (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes 30. Juni 1998, 1 Ob 135/98d, sowie auch vom 19. Dezember 2013, 3 Ob 70/13k).

Der Umstand aber, dass die mitbeteiligte Partei nicht zeitnah nach Aufstellung der Werbetafeln den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Entfernung gemäß § 25 BStG 1971 gestellt hat, führt nicht dazu, dass vom Vorliegen einer konkludenten Zustimmung auszugehen wäre.

5. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

6. Die Entscheidung über den von der belangten Behörde im gesetzlichen Ausmaß beantragten Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl II Nr. 8/2014).

Wien, am 12. August 2014

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013060068.X00

Im RIS seit

13.10.2014

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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