TE Vwgh Erkenntnis 2014/8/12 2013/06/0011

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Veröffentlicht am 12.08.2014
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Index

L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12a Abs1;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12a Abs2;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12a;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §24 Abs1;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §24 Abs3;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §24;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. der A in B und 2. der C in D, beide vertreten durch die e?k?m Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Giselakai 45, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 3. Dezember 2012, Zl. 20704-07/551/4-2012, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. E in F, vertreten durch die Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13; 2. Stadtgemeinde G), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft H (BH) vom 21. März 1983 (im Folgenden kurz: Bauplatzerklärung 1983) wurden die Grundstücke Nr. 109/3, .69 und .81, KG I, zu einem Bauplatz erklärt. Alle Grundstücke standen im Eigentum des Ehepaares L.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde vom 17. Juni 1991 (im Folgenden kurz: Bauplatzerklärung 1991) wurden die Grundstücke Nr. 109/3 und .69, beide im Eigentum des Ehepaares L, zu einem Bauplatz erklärt.

In der Folge wurde das Grundstück Nr. 109/5 (laut Angaben des Erstmitbeteiligten in der Gegenschrift durch Beschluss des Bezirksgerichtes Zell am See vom 10. September 1991) vom Grundstück Nr. 109/3 abgetrennt und der Erstmitbeteiligte erwarb mit Kaufvertrag vom 22. Februar 2008 das neu entstandene Grundstück Nr. 109/5 sowie das Grundstück Nr. .81.

Mit Antrag vom 6. Mai 2011 beantragte der Erstmitbeteiligte die Bauplatzerklärung für das Grundstück Nr. .81.

Mit Schreiben vom 11. Mai 2010 suchte er um Erteilung einer Baubewilligung für einen Zu-, Auf- und Umbau des Wohnhauses auf den Grundstücken Nr. .81 und 109/5 sowie um Erteilung einer Abstandsunterschreitung gemäß § 25 Abs. 8 Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) gegenüber den Grundstücken Nr. 79/3, 109/2, 109/5 und .79 an.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde vom 14. Juni 2011 (im Folgenden kurz: Bauplatzerklärung 2011) wurde der Bescheid der BH vom 21. März 1983, mit dem die damaligen Grundstücke Nr. 109/3, .69 und .81 zum Bauplatz erklärt worden waren, insofern abgeändert, als der Bauplatz nunmehr aus der Parzelle .81 bestand. Dieser Bescheid wurde ausschließlich dem Erstmitbeteiligten als Antragsteller zugestellt.

Die Beschwerdeführerinnen haben nunmehr (zu welchem Zeitpunkt das Eigentum vom Ehepaar L auf sie überging, ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen) je zur Hälfte Eigentum an den Grundstücken Nr. .69 und 109/3; letzteres grenzt westlich unmittelbar an das Grundstück Nr. 109/5 an.

Mit Eingabe vom 11. Mai 2010 beantragte der Erstmitbeteiligte eine Baubewilligung für einen Zu-, Auf- und Umbau auf den Grundstücken Nr. 109/5 und .81. In der mündlichen Bauverhandlung brachten die Beschwerdeführerinnen vor, der dem gegenständlichen Bauverfahren zugrunde liegende Bauplatz umfasse lediglich das Grundstück Nr. .81. Zum Zeitpunkt der Bauplatzerklärung vom 17. Juni 1991 sei das Grundstück Nr. 109/5 noch Teil des Grundstückes Nr. 109/3 und somit Teil des mit diesem Bescheid erklärten Bauplatzes gewesen. Die Beschwerdeführerinnen seien Rechtsnachfolgerinnen des Ehepaares L. Die zivilrechtliche Übereignung des aus dem Grundstück Nr. 109/3 abgeteilten und nun unter Nr. 109/5 ausgewiesenen Grundstückes bewirke nicht den Übergang des Bauplatzes; der Bauplatz und die Rechte aus dem Baurecht daraus verblieben einheitlich bei den Eigentümern des Grundstücks Nr. 109/3. Durch das eingereichte Projekt werde weder der Mindestabstand zu den Grenzen des Bauplatzes noch der Nachbarabstand zum Grundstück Nr. 109/3 eingehalten; das Projekt überschreite sogar die Grenzen seines Bauplatzes. Der Erstmitbeteiligte könne somit nicht ohne Einvernehmen der Beschwerdeführerinnen über diesen Bauplatz verfügen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde vom 2. August 2011 wurde dem Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung für die Durchführung von Zu-, Um- und Aufbauten auf den Grundstücken Nr. .81 und 109/5 sowie die ausnahmsweise Zulassung der Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes zu den Grundstücken Nr. 79/3, 109/2 und 109/5 erteilt.

Die Beschwerdeführerin beriefen mit Schriftsatz vom 23. August 2011.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde vom 22. September 2011 wurde diese Berufung abgewiesen.

Auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführerinnen vom 12. Oktober 2011 hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 1. März 2012 den Berufungsbescheid vom 22. September 2011 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Tragender Aufhebungsgrund war die falsche rechtliche Beurteilung der Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 und 8 BGG insbesondere hinsichtlich der Erteilung von Abstandsnachsicht.

Mit einem weiteren Antrag vom 13. Juli 2012 beantragte der Erstmitbeteiligte eine Bauplatzerklärung für die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke Nr. .81 und 109/5.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde vom 30. Juli 2012 (im Folgenden kurz: Bauplatzerklärung 2012) wurde die Bauplatzerklärung 1983, samt Abänderungsbescheid vom 14. Juni 2011, dahingehend abgeändert, dass der Bauplatz nunmehr aus dem Grundstück .81 und einem Teilstück des Grundstückes 109/5 besteht. Auch dieser Bescheid wurde nur dem Erstmitbeteiligten als Antragsteller zugestellt.

Auf Grund dieser geänderten Bauplatzerklärung führte der hochbautechnische Amtssachverständige in seiner Stellungnahme vom 3. August 2012 im Wesentlichen aus, dass nunmehr die Abstände zur westlichen Bauplatzgrenze eingehalten würden.

In ihrer Stellungnahme vom 20. August 2012 zu dem Gutachten des Amtssachverständigen wiesen die Beschwerdeführerinnen darauf hin, dass durch den Bescheid vom 30. Juli 2012 in die bestehende Bauplatzerklärung für die Grundstücke Nr. 109/3 und .69 eingegriffen werde, ohne dass ihnen als Eigentümerinnen des Großteils der betroffenen Grundstücke Parteistellung im Bauplatzerklärungsverfahren eingeräumt worden sei. Sie beantragten die Zustellung des Bescheides vom 30. Juli 2012 samt allen diesem Bescheid zugrunde liegenden Aktenteilen.

Die Gemeindevertretung der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde wies mit Bescheid vom 28. September 2012 die Berufung der beschwerdeführenden Parteien gegen den Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 2. August 2011 als unbegründet ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom 3. Dezember 2012) wurde die dagegen eingebrachte Vorstellung vom 12. Oktober 2011 als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte begründend aus, die Grundstücke Nr. 109/5 und .81 lägen unbestritten im Eigentum des Erstmitbeteiligten. Die Beschwerdeführerinnen seien Miteigentümerinnen der Grundstücke Nr. 109/3 und .69. Entgegen ihrer Ansicht hätten sie im Bauplatzerklärungsverfahren nicht als Partei beigezogen werden müssen, weil es bei einer Änderung eines Bauplatzes nur darauf ankomme, "wer Eigentümer der betreffenden Grundfläche ist". Dies sei im vorliegenden Fall der Erstmitbeteiligte. Ein Bauplatz müsse keineswegs mit einem Grundstück ident sein, er könne auch aus Grundflächen unterschiedlicher Grundbuchseinlagen bestehen. § 25 BGG stelle auch nicht auf die Grundgrenzen, sondern auf die Grenzen des Bauplatzes ab. Die Beschwerdeführerinnen seien somit auf Grund der Tatsache, dass es sich beim Bauplatzerklärungsverfahren um ein Einparteienverfahren handle, nicht in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Aus der schlüssigen Stellungnahme des hochbautechnischen Amtssachverständigen vom 3. August 2012 gehe hervor, dass die Nachbarabstände zur westlichen Bauplatzgrenze des Grundstücks Nr. 109/3 eingehalten würden. Daher liege keine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten der Beschwerdeführerinnen vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der beantragt wurde, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift - ebenso wie der Erstmitbeteiligte - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

§§ 12a, 24 und 25 Bebauungsgrundlagengesetz - BGG, LGBl. Nr. 69/1968, in der Fassung LGBl. Nr. 118/2009, lauten auszugsweise:

"Selbständige Bauplatzerklärung oder Bauplatzerklärung als Teil der Baubewilligung

§ 12a

(1) Die Bauplatzerklärung kann beantragt und erteilt werden:

a)

als selbständiger Verwaltungsakt oder

b)

als Teil der Baubewilligung, wenn

-

ein Bebauungsplan der Grundstufe besteht,

-

es sich bei der Grundfläche um eine Baulücke handelt oder

-

für die Grundfläche eine Einzelbewilligung gemäß § 46 ROG 2009 vorliegt.

(2) Partei im Bauplatzerklärungsverfahren (Abs 1 lit a) ist nur der Eigentümer der in Betracht kommenden Grundfläche. Dem Eigentümer ist eine Person gleichzuhalten, die einen Rechtstitel nachweist, der für die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes an der Grundfläche geeignet ist.

(3) ...

Änderung eines Bauplatzes

§ 24

(1) Die Änderung der Fläche oder Gestalt eines Bauplatzes, insbesondere die Zusammenlegung mehrerer Bauplätze oder die Unterteilung eines Bauplatzes, bedarf der Genehmigung der Baubehörde.

(2) Die Unterteilung eines bereits bebauten Bauplatzes darf nur genehmigt werden, wenn auf den durch die Unterteilung vorgesehenen bebauten Flächen die baurechtlichen Vorschriften, insbesondere die Vorschriften über die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundflächen und über die Lage der Bauten im Bauplatz, gewahrt bleiben.

(3) Auf die Genehmigung finden die Vorschriften über die Bauplatzerklärung sinngemäße Anwendung. Die Änderung der Bauplatzerklärung setzt aber das Bestehen eines Bebauungsplanes der Grundstufe nicht voraus.

III. Lage der Bauten im Bauplatz

§ 25

(1) Die Bauten sollen im Bauplatz und zueinander so gelegen sein, daß sowohl sie als auch die auf benachbarten Bauplätzen bestehenden oder zu errichtenden Bauten eine ihrem Zweck entsprechende Besonnung und Belichtung erhalten und daß die dem Aufenthalt von Menschen dienenden Räume so weit wie möglich vor Lärmeinwirkung geschützt sind.

(2) Soweit nicht durch die im Bebauungsplan festgelegten Bebauungsgrundlagen Bestimmungen über die Lage der Bauten im Bauplatz vorgesehen sind und soweit nicht durch andere Rechtsvorschriften ein größerer Abstand der Bauten zu den Grenzen des Bauplatzes oder der Bauten zueinander vorgeschrieben ist, gelten hinsichtlich der Lage der Bauten im Bauplatz die nachstehenden Bestimmungen.

(3) Für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche gilt die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen sein, daß ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben. Grenzt der Bauplatz an Flächen an, die ihrer Bodenbeschaffenheit nach nicht bebaubar sind (Gewässer, Böschungen u. dgl.), vermindert sich dieser Abstand um die Hälfte der Breite dieser Flächen, nicht jedoch unter 4 m. Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist an der jeweiligen Front vom gewachsenen Gelände aus zu berechnen. Nicht als oberste Dachtraufe gelten hiebei Traufen von bloß geringfügiger Länge, die keinen negativen Einfluß auf die sonst gegebenen Besonnungs- und Belichtungsverhältnisse ausüben (Traufen von Krüppel- oder Schopfwalmen).

(4) Im Bauplatz muß jeder Bau von einem anderen einen Abstand von mindestens der Summe ihrer nach Abs. 3 vorgeschriebenen Grenzabstände haben. Dabei gelten die im § 58 lit a ROG 2009 angeführten Gruppen von Bauten sowie gekuppelt errichtete Bauten (§ 58 lit b ROG 2009) als ein Bau. Diese Mindestabstandsbestimmung gilt nicht für eingeschoßige Nebenanlagen, die zu Wohnbauten gehören und dem Bedarf der Bewohner dienen.

(5) ...

(8) Die für die Baubewilligung zuständige Behörde kann auf Antrag die Unterschreitung der in den Abs. 3 und 4 festgesetzten Abstände durch Bescheid ausnahmsweise zulassen, wenn

a) die Einhaltung nach der besonderen Lage des Einzelfalles für den Ausnahmewerber eine unbillige Härte darstellt, wie etwa, wenn bestehende Bauten nicht in einer zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung ihrer Funktion dringend erforderlichen Weise geändert werden könnten oder die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ausgeschlossen oder wesentlich beeinträchtigt wäre;

b) benachbarte Grundstücke oder Bauten und Anlagen nicht erheblich beeinträchtigt werden, insbesondere nicht ihre Bebaubarkeit bzw. das gewährleistete und erforderliche Tageslicht verlieren oder in diesen Belangen wesentlich beeinträchtigt werden;

c) insgesamt der Vorteil des Ausnahmewerbers größer ist als der Nachteil für die benachbarten Grundstücke, Bauten und Anlagen und

d) die Lage des Baues sich nicht aus einem Bebauungsplan ergibt.

Die Voraussetzung der lit a gilt nicht für zu Wohnbauten gehörige und dem Bedarf der Bewohner dienende eingeschoßige Nebenanlagen, ebenso nicht die Voraussetzung der lit d, soweit es sich nicht um Festlegungen gemäß § 53 Abs 2 Z 12 und 16 ROG 2009 handelt.

Die Ausnahme kann mit der Baubewilligung verbunden werden. Parteien sind die Parteien des Baubewilligungsverfahrens. Bei der Festlegung der Lage der Bauten in einem Bebauungsplan kann in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Voraussetzungen eine Unterschreitung der Abstände gemäß Abs. 4 festgelegt werden."

§ 9 Baupolizeigesetz 1997 - BauPolG, LGBl. Nr. 40/1997, in der Fassung LGBl. Nr. 31/2009, lautet auszugsweise:

"Entscheidungen über das Bewilligungsansuchen § 9

(1) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn die bauliche Maßnahme vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unzulässig erscheint. Dies ist der Fall, wenn

1. die bauliche Maßnahme der durch den Flächenwidmungsplan gegebenen Widmung oder der jeweiligen Kennzeichnung widerspricht, sofern es sich nicht um eine im Einzelfall zulässige Verwendung (§§ 40 Abs 4, 46 und 47 ROG 2009) handelt;

2. die bauliche Maßnahme mit einem Bebauungsplan oder der Bauplatzerklärung nicht im Einklang steht;

2a ..."

Gemäß § 62 Z 5 Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 75/1976, in der Fassung LGBl. Nr. 107/2001, stellen unter anderem die Bestimmungen hinsichtlich der Einhaltung der erforderlichen Mindestabstände von der Bauplatzgrenze (§ 25 Abs. 3 BauPolG) sowie hinsichtlich einer allfälligen Unterschreitung derselben im Baubewilligungsverfahren für Nachbarn subjektiv-öffentliche Rechte dar.

Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, der Baubewilligung liege eine rechtswidrig geänderte Bauplatzerklärung zugrunde. Ohne diese würden die Abstandsbestimmungen verletzt. Das Grundstück Nr. 109/5 sei bis zur Abänderung durch den Bescheid vom 30. Juli 2012 Teil eines gemeinsamen Bauplatzes, der die Grundstücke Nr. 109/3 und .69 (jeweils im Hälfteeigentum der Beschwerdeführerinnen) sowie das Grundstück Nr. 109/5 (im Eigentum des Erstmitbeteiligten) umfasst habe, gewesen. Richtigerweise hätten die Beschwerdeführerinnen dem Verfahren zur Änderung der Bauplatzerklärung als Parteien beigezogen werden müssen. Da ihnen in diesem Verfahren zu Unrecht die Parteistellung vorenthalten worden sei, müssen sie die Rechtswidrigkeit der Bauplatzerklärung im Bauverfahren geltend machen.

Damit sind die Beschwerdeführerinnen im Recht.

Die Bauplatzerklärung 1983 umfasste die Grundstücke 109/3, .69 und .81. Für die Grundstücke Nr. 109/3 und .69 wurde auf Antrag der damaligen Eigentümer aller betroffenen Grundstücke mit Bescheid vom 17. Juni 1991 eine neue Bauplatzerklärung erlassen, wobei das Grundstück Nr. .81 nicht mehr Teil dieses neuen Bauplatzes war. Durch die Erteilung einer neuen Bauplatzerklärung für die Grundstücke Nr. 109/3 und .69 wurde der älteren Bauplatzerklärung 1983 derogiert (vgl. dazu die Ausführungen bei Giese, Salzburger Baurecht, Rz 17 zu § 12a mit Hinweis auf die Regierungsvorlage 1997, und Rz 4 zu § 22 BGG).

Im Juni 1991 war das Grundstück Nr. 109/5 noch Teil des Grundstückes Nr. 109/3 (die Teilung erfolgte erst mit Beschluss vom 10. September 1991) und somit von der Bauplatzerklärung 1991 mitumfasst (diesbezüglich stimmt der den Verwaltungsakten beiliegende und mit einem Genehmigungsvermerk des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 17. Juni 1991 versehene Lageplan nicht mit dem Spruch der Bauplatzerklärung 1991 überein). Die Teilung des Grundstückes änderte nichts an der Geltung der Bauplatzerklärung vom 17. Juni 1991, welche also trotz der späteren Grundstücksteilung auch das neu entstandene Grundstück Nr. 109/5 mitumfasste.

Gemäß § 24 Abs. 3 BGG sind in Verfahren zur Änderung eines Bauplatzes die Vorschriften für die Bauplatzerklärung sinngemäß anzuwenden. § 12a Abs. 2 BGG sieht für Bauplatzerklärungen als selbständiger Verwaltungsakt vor, dass nur der Eigentümer der in Betracht kommenden Grundfläche Parteistellung hat. Diese Vorgabe interpretiert die belangte Behörde im Zusammenhang mit den Anträgen des Erstmitbeteiligten vom 6. Mai 2011 und vom 13. Juli 2012 dahingehend, dass nur jeweils der Eigentümer der von diesem Antrag auf Änderung der Bauplatzerklärung betroffenen Grundstücke dem Verfahren als Partei beizuziehen ist.

Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden. Wenn § 24 Abs. 3 BGG von der "sinngemäßen Anwendung" der Vorschriften für die Bauplatzerklärung auch für das Verfahren zur Änderung derselben spricht, kann dies nur so interpretiert werden, dass jene Parteien bzw. deren Rechtsnachfolger im Eigentum, die im Bauplatzerklärungsverfahren Parteistellung hatten, auch im Verfahren betreffend die Änderung derselben Gelegenheit haben müssen, ihre Interessen zu wahren.

Anträge zur Änderung der Bauplatzerklärung müssen von allen Eigentümern der in der Betracht kommenden Grundflächen gestellt werden. Dabei handelt es sich um eine Antragsvoraussetzung (vgl. dazu die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zlen. 2012/06/0175 und 2013/06/0230). Da somit dem Antrag des Erstmitbeteiligten vom 13. Juli 2012 die Unterschriften der übrigen Eigentümerinnen der von der zu ändernden Bauplatzerklärung umfassten Grundstücke fehlte, wäre dieser Antrag wegen einer fehlenden Antragsvoraussetzung zurückzuweisen gewesen (vgl. nochmals die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zlen. 2012/06/0175 und 2013/06/0230). Den Beschwerdeführerinnen kommt im Rahmen der Änderung der Bauplatzerklärung 1991, weil davon die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke Nr. 109/3 und .69 betroffen sind, Parteistellung zu.

In ihrer Stellungnahme vom 20. August 2012 stellten die Beschwerdeführerinnen auch einen Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 30. Juli 2012. Den Verwaltungsakten ist nicht zu entnehmen, dass über diesen Antrag entschieden worden bzw. eine Zustellung erfolgt wäre. Die Beschwerdeführerinnen können die Änderung der Bauplatzerklärung 1991 noch bekämpfen.

Die Bauplatzerklärung vom 30. Juli 2012 ist somit noch nicht rechtskräftig. Die Baubehörden hätten diese nicht dem Bauverfahren zugrunde legen dürfen.

Die Bescheide enthalten keine Feststellungen darüber, ob die Abstände des Bauvorhabens zu den Grenzen des Bauplatzes gemäß einer auch gegenüber den Beschwerdeführerinnen rechtskräftigen Bauplatzerklärung eingehalten werden. Trifft das Beschwerdevorbringen zu, dass die Abstandsbestimmungen verletzt werden, machten die Beschwerdeführerinnen als Nachbarinnen im Bauverfahren erfolgreich die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte (§ 62 Z 5 BauTG) geltend.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am 12. August 2014

Schlagworte

Baurecht Grundeigentümer RechtsnachfolgerBaurecht NachbarNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013060011.X00

Im RIS seit

10.10.2014

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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