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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
FSG 1997 §26 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des K L in L, vertreten durch die Dr. Eckhard Pitzl und Dr. Gerhard Huber Anwaltspartnerschaft in 4040 Linz, Rudolfstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 5. Dezember 2012, Zl. VwSen-523301/2/Sch/Eg, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot und begleitende Maßnahmen (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (UVS) vom 5. Dezember 2012 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von acht Monaten, gerechnet vom Tag der Führerscheinabnahme (29. September 2012), entzogen. Für dieselbe Zeitspanne wurde dem Beschwerdeführer das Lenken eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenfahrzeuges verboten und das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aufgetragen.
Begründend führte der UVS aus, der Beschwerdeführer habe am 29. September 2012 gegen 16 Uhr als Lenker eines PKW mit näher angeführtem Kennzeichen eine näher bezeichnete Tiefgaragenausfahrt in Linz vor der Ausfahrtsschranke in die F. Gasse insofern blockiert, als er innerhalb der Tiefgarage vor dem Schranken gestanden sei und ein nachfolgender Fahrzeuglenker nicht habe ausfahren können. Die Tiefgarage könne von jedem Lenker eines Fahrzeuges benützt werden, der einen Parkschein löse. Eintreffende Polizeibeamte hätten den Beschwerdeführer nicht befragen können, weil dieser nur lallend habe angeben können, dass er das Ausfahrtsticket "irgendwo eingesteckt haben müsse". Aufgrund deutlicher Alkoholisierungssymptome (Geruch von Alkohol, schwankender Gang, lallende Sprache) sei beim Beschwerdeführer gegen 16.45 Uhr eine Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt durchgeführt worden, das Messergebnis habe auf 1,25 mg/l gelautet.
Wenn der Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 2012, Zl. 2012/02/0038, verweise, demzufolge ein Parkhaus bzw. eine Tiefgarage nicht als Straße mit öffentlichem Verkehr anzusehen sei, so sei ihm entgegenzuhalten, dass § 7 Abs. 3 FSG nur eine demonstrative Aufzählung bestimmter Tatsachen enthalte. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei einem solchen auf einer öffentlichen Verkehrsfläche seiner Schwere nach gleichzuhalten, weshalb von seiner Verkehrsunzuverlässigkeit auszugehen sei. Auch die Entziehungsdauer sei in Anlehnung an § 26 Abs. 2 FSG zu bemessen gewesen, wobei der außerordentlich hohe Grad der Alkoholisierung dem Beschwerdeführer zum Nachteil gereiche.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Nach Beschwerdeerhebung wurde der Beschwerdeführer mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des UVS vom 8. Juli 2013 für schuldig befunden, er habe am 29. September 2012, 15.55 Uhr, in Linz beim linken Ausfahrtschranken der Tiefgaragenausfahrt der oben erwähnten Tiefgarage einen PKW mit näher bezeichnetem Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand in Betrieb genommen, da bei einer Messung mittels Atemluftalkoholmessgerätes ein Alkoholgehalt der Atemluft von 1,25 mg/l festgestellt worden sei. Dadurch habe der Beschwerdeführer gegen § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 verstoßen. Gegen diesen Bescheid richtete sich die zur hg. Zl. 2013/02/0193 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1.1. Das FSG lautet (auszugsweise):
''Allgemeiner Teil
Geltungsbereich
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für das Lenken von Kraftfahrzeugen und das Ziehen von Anhängern entsprechend den Begriffsbestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr.
...
Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),
...
Verkehrszuverlässigkeit
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;
...
(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.
...
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
...
(3) ... . Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des
Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:
...
3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960. ... . Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist
unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer
verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. ... . Die
Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das
Verkehrscoaching zu absolvieren ist. ... .
...
Dauer der Entziehung
§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
... .
...
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs. 3 Z 14 und 15.
...
Sonderfälle der Entziehung
§ 26.
...
(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges
1. erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen,
...
Folgen des Entziehungsverfahrens für Besitzer ausländischer
Lenkberechtigungen
§ 30. (1) Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen kann das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen. ... .
...
Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen
§ 32. (1) Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges
1. ausdrücklich zu verbieten,
...''
1.2. Die StVO 1960 lautet (auszugsweise):
"§ 99. Strafbestimmungen.
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,
a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,
..."
1.3. Da die vorliegende Beschwerde mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof bereits anhängig war, sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG darauf die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
2. Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.
2.1. Die Beschwerde erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 FSG nicht vorliege, weil der Beschwerdeführer anlässlich seines Lenkens eines Kraftfahrzeuges in der Tiefgarage in unbestritten alkoholisiertem Zustand keine Übertretung nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen habe. Für eine Lückenschließung, wie sie der belangten Behörde vorschwebe, bestehe keine Grundlage.
Mit diesem Vorbringen wird jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
2.2. Mit Erkenntnis vom 27. Juni 2014, Zl. 2013/02/0193, hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde gegen die Bestrafung wegen des in Rede stehenden Vorfalls am 29. September 2012 als unbegründet abgewiesen. In diesem Erkenntnis, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass die Tiefgarage eine Straße mit öffentlichem Verkehr iSd. § 1 Abs. 1 StVO 1960 darstellte.
Damit steht aber fest, dass der Beschwerdeführer am 29. September 2012 eine Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen hat.
Für die erstmalige Begehung dieses Deliktes hat der Gesetzgeber in § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG eine Mindestentziehungszeit von sechs Monaten festgelegt. Diese Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten durfte die belangte Behörde nur dann überschreiten, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit der strafbaren Handlung (§ 7 Abs. 4 FSG) die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung die Erkenntnisse vom 17. November 2009, Zl. 2009/11/0023, vom 19. Oktober 2010, Zl. 2010/11/0101, und vom 16. Oktober 2012, Zl. 2009/11/0245).
Im Hinblick auf den außerordentlich hohen Alkoholisierungsgrad des Beschwerdeführers kann die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei über die gemäß § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG vorgegebene Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten hinaus noch für zwei weitere Monate verkehrsunzuverlässig, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Diese Überlegungen gelten auch für die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Lenkverbote. Wegen des Vorliegens einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 sind auch die Anordnungen begleitender Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 FSG nicht zu beanstanden.
2.3. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 19. August 2014
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2013110038.X00Im RIS seit
06.10.2014Zuletzt aktualisiert am
07.10.2014